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DOI: 10.1055/a-1166-0879
Kein Überlebensvorteil nach maschineller Beatmung ohne Sedierung
Nonsedation or Light Sedation in Critically Ill, Mechanically Ventilated Patients.
N Engl J Med 2020;
382: 1103-1111
DOI: 10.1056/NEJMoa1906759.
Schwerstkranke, beatmete Patienten sollen frei sein von Angst, deliranten Symptomen und Schmerzen. Sedativa und Opioide können aber eine maschinelle Beatmung und die Zeit auf der Intensivstation verlängern. Die skandinavische Arbeitsgruppe verglich erwachsene Patienten, die eine leichte Sedierung mit täglicher Unterbrechung oder keine Sedierung erhielten.
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Eine Single-Center-Studie hatte gezeigt, dass der Verzicht auf eine Sedierung mit einer kürzeren Intensivzeit, weniger Beatmungstagen und seltenerem Nierenversagen assoziiert war. Nun nahmen 8 Kliniken in Dänemark, Norwegen und Schweden teil. Ausschlusskriterien der Studie waren u. a. schwere Kopfverletzungen, therapeutische Hypothermie, nicht induziertes Koma und eine unzureichende Oxygenierung ohne Sedierung. Insgesamt 710 erwachsene Patienten mit einer endotrachealen Intubation ≤ 24 Stunden wurden randomisiert. 356 erhielten eine leichte Sedierung mit Propofol/Midazolam (Richmond-Agitations-und-Sedierungsskala [RASS]-2 bis -3). Jeden Morgen erfolgten eine Unterbrechung mit Aufwach- und Entwöhnungsversuch sowie Anpassung der Sedativa-Dosierung. 356 Erkrankte bekamen keine Sedierung. In beiden Gruppen wurden Analgetika und bei Bedarf antidelirante Medikamente verabreicht.
Die RASS-Werte stiegen als Zeichen der zunehmenden Wachheit an. In der nichtsedierten Gruppe waren die Werte numerisch höher (Tag 1 – 1,3 vs. – 2,3 und Tag 7 – 0,8 vs. – 1,8). Eine Umstellung auf eine Sedierung erfolgte bei 27 % (Tag 1) und 38,4 % (gesamte ICU-Zeit). Hauptursache waren delirante Symptome. In 90 Tagen starben 37,0 % (Sedierung bei Beatmung) und 42,4 % der Erkrankten (ohne Sedierung bei Beatmung). Der Unterschied war nicht signifikant. Der Tod trat nach durchschnittlich 12 respektive 13 Tagen ein. In den Gruppen waren die Patienten in den ersten 4 Behandlungswochen 26 und 27 Tage ohne Koma/Verwirrtheit. Tiefe Beinvenenthrombosen und Lungenembolien kamen unter Heparin-Prophylaxe bei 2,8 % und 0,3 % vor. Alle anderen Endpunkte unterschieden sich nicht wesentlich, darunter das RIFLE-Stadium als Parameter für die Nierenfunktion sowie beatmungsfreie und Gesamttage auf der Intensivstation. Akzidentelle Extubationen mit Reintubation waren mit 0,3 % und 1,1 % selten.Willkürliche Entfernungen von zentralen Venenkathetern kamen nicht vor.
Die erhoffte Mortalitätsreduktion durch den Verzicht auf die Sedierung trat nicht ein. Auch eine Verkürzung der intensivmedizinischen Behandlungszeiten und Beatmungstage bestätigte sich nicht. Die Autoren vermuten, dass keine ausreichenden Gruppenunterschiede in der Sedierungstiefe bestanden, um entsprechende Effekte hervorzurufen.
Dr. med. Susanne Krome, Melle
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Publication History
Article published online:
21 August 2020
© Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York