Drug Res (Stuttg) 2020; 70(S 01): S6
DOI: 10.1055/a-1119-2654
Extended Abstract

Allergisches Asthma – Behandlungsoptionen

Johann-Christian Virchow
 

    Allergisches Asthma ist eine der häufigsten chronischen Erkrankungen des Kindesalters, der Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Die Inzidenz und Prävalenz dieser Erkrankung war in den letzten Dekaden in den meisten westlichen Ländern, aber auch in solchen, die sich zunehmend westlichen Standards anpassten, steigend. Ursächlich wird eine unzureichende Exposition des Immunsystems mit nicht-infektiösen, bakteriellen Umweltantigenen angenommen, woraus sich experimentelle Ansätze zur Primärprävention ergeben. So ließ sich zeigen, dass bei genetisch verwandten Nachkommen europäischer Volksgruppen bei vergleichbaren Lebensbedingungen, die sich lediglich in der Exposition gegenüber Landwirtschaft-assoziierten Stäuben unterschieden, die Prävalenz von Asthma bei denen wesentlich geringer waren, die in engem Kontakt mit solchen Stäuben aufwuchsen.

    In der Sekundärprävention des Asthmas legen einige Studien an Kindern mit einer allergischen Rhinokonjunktivitis aufgrund einer Gräser- oder Bäumepollen-Sensibilisierung nahe, dass die Entwicklung eines Asthma bronchiale durch subkutane, aber auch sublinguale Allergen-Immuntherapie (AIT) verhindert bzw. zumindest hinausgezögert werden kann.

    Zur nicht-medikamentösen Therapie eines manifesten allergischen Asthmas kommt in erster Linie die Meidung der betroffenen Allergene in Betracht. Allerdings ist dies mit der Lebenswirklichkeit der meisten Patienten nicht vereinbar, und es besteht Einigkeit, dass eine möglichst konsequente Allergenkarenz zwar die Zunahme von Beschwerden verhindern kann, als Behandlungsmaßnahme eines manifesten Asthmas aber ungenügend ist. Zur Basistherapie eines allergischen Asthmas werden daher unverändert inhalative Glukokortikosteroide (ICS) empfohlen, die je nach Symptomatik und Schweregrad der Erkrankung mit langwirksamen beta-2-Agonisten (LABA) und gegebenenfalls mit langwirksamen Muscarin-Antagonisten (LAMA) kombiniert werden können. Neuere Studienergebnisse haben zudem zu der Empfehlung geführt, dass leichtes, sogar intermittierendes Asthma mit der bedarfsweisen Anwendung von Fixkombinationen aus ICS/LABA zu behandeln ist. Leukotrien-Rezeptor-Antagonisten wie Montelukast scheinen insbesondere bei leichteren Formen des allergischen Asthmas, bei jüngeren Patienten und solchen mit vergleichsweise geringer Krankheitsdauer hilfreich, ersetzen aber selten eine wirksame antiasthmatische Inhalationstherapie. Theophyllin, früher ein Standard-Medikament, wird heute nicht mehr empfohlen und sollte insbesondere wegen seiner geringen therapeutischen Breite gemieden werden. Antihistaminika erscheinen bei der Therapie des allergischen Asthmas wirkungslos, sollten aber bei begleitender allergischer Rhinokonjunktivitis erwogen werden. Gleiches gilt für intranasale Glukokortikosteroide.

    Aufgrund relativ neuer Ergebnisse, bei denen sich zeigen ließ, dass bei Patienten mit Asthma und einer klinisch relevanten Sensibilisierung gegen Hausstaubmilben-Allergen die sublinguale AIT gegen Hausstaubmilben in der Lage war, den Bedarf an ICS zu reduzieren, empfehlen Leitlinien heute bei entsprechenden Fällen, den Einsatz dieser Therapie zu erwägen.

    Zur Behandlung des schweren allergischen Asthmas stehen seit vielen Jahren der anti-IgE-Antikörper Omalizumab und seit kurzem der anti-Interleukin-4-Rezeptor-Antikörper (anti-IL-4R-Antikörper) Dupilumab (der zudem die Signaltransduktion von IL-13 verhindert) zur Verfügung. Während Omalizumab zur Therapie des allergischen Asthmas bei Sensibilisierung(en) gegen perenniale Allergene zugelassen ist, besteht die Hypothese, dass seine Wirkung auf die Exazerbationsfrequenz im Wesentlichen durch eine Restitution der Interferon-Produktion von Subpopulationen der Dendritischen Zellen besteht. Domäne des Omalizumabs ist das schwere Asthma mit Erstmanifestation im Kinder- und Jugendlichen-Alter. Zu Dupilumab, dem zuletzt zugelassenen Biologikum, bestehen hinsichtlich der Wirksamkeit durchaus Überschneidungen, aber im Gegensatz zu Omalizumab lassen sich mit der Eosinophilie des peripheren Blutes und der FeNO-Konzentration der Ausatemluft zwei Biomarker einsetzen, die das klinisch Ansprechen auf Dupilumab zuverlässig vorhersagen.

    Mit Hilfe differenzierter Phänotypisierung einerseits und einer adäquaten Einschätzung des individuellen Schweregrades haben sich die therapeutischen Möglichkeiten der Asthmatherapie heute in einen Bereich bewegt, der eine individualisierte und personalisierte Präzisionsmedizin ermöglicht.


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    Autor

    Johann-Christian Virchow

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    Prof. Dr., Abteilung für Pneumologie, Klinik u. Poliklinik für Innere Medizin, Universitätsklinikum Rostock

    Interessenkonflikt

    Der Autor hat Vorträge gehalten und Honoraria erhalten von: AstraZeneca, Avontec, Bayer, Bencard, Bionorica, Boehringer-Ingelheim, Chiesi, Essex/Schering-Plough, GSK, Janssen-Cilag, Leti, MEDA, Merck, MSD, Mundipharma, Novartis, Nycomed/Altana, Pfizer, Revotar, Sanofi/Regeneron, Sandoz-Hexal, Stallergens, TEVA, UCB/Schwarz-Pharma, Zydus/Cadila und möglicherweise andere. An Advisory Boards teilgenommen und dafür Honorare erhalten: Avontec, Boehringer-Ingelheim, Chiesi, Essex/Schering-Plough, GSK, Janssen-Cilag, MEDA, MSD, Mundipharma, Novartis, Regeneron, Revotar, Roche, Sanofi-Aventis, Sanofi/Regeneron, Sandoz-Hexal, TEVA, UCB/Schwarz-Pharma und möglicherweise andere. Forschungsförderung erhalten von: Deutsche Forschungsgesellschaft, Land Mecklenburg-Vorpommern, GSK, MSD

    Korrespondenzadresse

    Prof. Dr. Johann-Christian Virchow
    Abteilung für Pneumologie
    Klinik u. Poliklinik für Innere Medizin
    Universitätsklinikum Rostock
    Ernst-Heydemann-Straße 6
    18057 Rostock
    Deutschland   

    Publication History

    Article published online:
    17 November 2020

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