Pneumologie 2020; 74(07): 398
DOI: 10.1055/a-1108-8160
Pneumo-Fokus

Lungenembolie-Diagnostik: Algorithmus-konformer Verzicht auf Thorax-Bildgebung

Kearon C. et al.
Diagnosis of Pulmonary Embolism with D-Dimer Adjusted to Clinical Probability.

N Engl J Med 2019;
381: 2125-2134
 

    Retrospektive Analysen deuten darauf hin, so Kearon et al., dass pulmonale Embolien ausgeschlossen werden können bei einem D-Dimer < 1000 ng/ml bei Patienten mit einer niedrigen und bei einem D-Dimer < 500 ng/ml bei Patienten mit einer moderaten Vortestwahrscheinlichkeit (C-PTP: clinical pretest probability). Durchgeführt wurde nun eine prospektive Studie mit ambulanten Patienten ohne weiterführende radiologische Diagnostik.


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    Eine pulmonale Embolie wurde dabei ausgeschlossen mithilfe klinischer Hinweise und D-Dimer-Bestimmungen; bei einer niedrigen C-PTP und einem D-Dimer < 1000 ng/ml resp. einer moderaten C-PTP und einem D-Dimer < 500 ng/ml erhielten die Patienten keine weitere radiologische Bildgebung. Die Nachbeobachtungszeit erstreckte sich jeweils über 3 Monate. Zur Bestimmung der C-PTP wurde der Wells-Score verwendet, eine Punktzahl zwischen 0 und 12,5 ist möglich, eine niedrige Vortestwahrscheinlichkeit wurde definiert bei einem erreichten Punktwert von 0 – 4,0, eine moderate bei 4,5 – 6,0 Punkten und eine hohe Wahrscheinlichkeit, eine Lungenembolie aufzuweisen, bei einem Punktwert von ≥ 6,5. Das D-Dimer wurde nach Bestimmung des Wells-Score mit dem jeweils lokal erhältlichen Assay bestimmt. Lediglich bei einer hohen C-PTP und/oder bei einem D-Dimer > 1000 ng/ml resp. > 500 ng/ml wurde eine Computertomografie (CT) des Thorax mit Angiografie oder alternativ eine Perfusions-Ventilations-Lungenszintigrafie durchgeführt und bei dort gesicherter Diagnose eine Antikoagulation begonnen. 90 Tage nach der initialen Diagnostik wurden die Studienendpunkte durch bzgl. der initialen Diagnostik und daraus abgeleiteten Therapie verblindete Kollegen ermittelt. Der primäre Endpunkt war definiert als symptomatische objektiv verifizierte venöse Thromboembolie einschließlich Lungenembolie oder tiefer Beinvenenthrombose. Bei zwischenzeitlich auftretenden Beschwerden wurde eine entsprechende Bildgebung veranlasst, eine erneute D-Dimer-Bestimmung wurde nicht angeraten.

    2017 (ambulante) Patienten wurden von 2015 – 2018 an mehreren universitären kanadischen Zentren in die PEG-eD (Pulmonary Embolism Graduated D-Dimer)-Studie eingeschrieben. Das durchschnittliche Lebensalter war 52 Jahre, 86,9 % hatten eine niedrige C-PTP, 10,8 % eine moderate und 2,3 % eine hohe C-PTP. Insgesamt 7,4 % wiesen eine pulmonale Embolie in der initialen Diagnostik auf.

    • 1285 (63,7 %) der Patienten hatten eine niedrige C-PTP, 40 (2 %) eine moderate C-PTP und einen jeweils unter dem vordefinierten Grenzwert befindlichen D-Dimer (< 1000 resp. < 500 ng/ml) (insg. 1325 [67,3 %] von 1970 [97,7 %]).

    • Davon hatte niemand eine venöse Thromboembolie während der Nachbeobachtungszeit (95 %-Konfidenzintervall [KI] 0,00 – 0,29 %),

    • einschließlich 315 Patienten mit niedriger C-PTP und einem D-Dimer zwischen 500 und 999 ng/ml (95 %-KI 0,00 – 1,20 %).

    Bei 1863 Patienten (92,4 %) wurde initial keine pulmonale Embolie diagnostiziert. Davon wies 1 Patient in der Nachbeobachtungszeit eine venöse Thromboembolie auf (0,05 %; 95 %-KI 0,01 – 0,30); das D-Dimer hatte in diesem Fall 1200 ng/ml betragen, die C-TPT war niedrig und in der Angio-CT keine Lungenembolie nachweisbar gewesen. 19 Patienten begannen während der Nachbeobachtungszeit eine antikoagulatorische Therapie aus anderen Indikationen wie z. B. neu aufgetretenem Vorhofflimmern, 13 Patienten (0,6 %) konnten nach 3 Monaten nicht reevaluiert werden.

    Während der Nachbeobachtungszeit traten 7 Major-Blutungsereignisse auf, 23 Minor-Blutungen und 34 Todesfälle. Keiner der Todesfälle stand dabei in Zusammenhang mit einer pulmonalen Embolie.

    Die angewandte diagnostische Strategie führte zu einer Durchführung einer Thorax-Bildgebung bei 34,3 % der Patienten. Bei einem Vorgehen, bei welchem eine pulmonale Embolie ohne Bildgebung lediglich ausgeschlossen wird bei einer niedrigen C-PTP und einem D-Dimer < 500 ng/ml, hätten 51,9 % der Patienten eine Thorax-Bildgebung erhalten (Differenz – 17,6 %; 95 %-KI – 19,2 bis – 15,9).

    Fazit

    Die Kombination einer niedrigen Vortestwahrscheinlichkeit und eines D-Dimers unter 1000 ng/ml kennzeichnet, so die Autoren, eine Patientengruppe mit niedrigem Risiko einer pulmonalen Embolisation unter Berücksichtigung einer 3-monatigen Nachbeobachtungszeit. Die Anwendung des beschriebenen Algorithmus kann die Anzahl an Thorax-Bildgebungen erheblich reduzieren und damit auch die Strahlenbelastung, Kontrastmittelreaktionen, Kosten und Zeitaufwand, so Kearon et al.

    Dr. Birgit Gappa, Penzberg


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    Publikationsverlauf

    Artikel online veröffentlicht:
    16. Juli 2020

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    Stuttgart · New York