Z Gastroenterol 2019; 57(12): 1517-1632
DOI: 10.1055/a-1018-2516
Leitlinie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

S3-Leitlinie Magenkarzinom – Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und des ösophagogastralen Übergangs – Langversion 2.0 – August 2019. AWMF-Registernummer: 032/009OL

Markus Moehler
,
Salah-Edin Al-Batran
,
Tilo Andus
,
Jann Arends
,
Dirk Arnold
,
Gustavo Baretton
,
Jan Bornschein
,
Wilfried Budach
,
Severin Daum
,
Christoph Dietrich
,
Matthias Ebert
,
Wolfgang Fischbach
,
Michael Flentje
,
Ines Gockel
,
Lars Grenacher
,
Jörg Haier
,
Stefan Höcht
,
Rolf Jakobs
,
Christian Jenssen
,
Barbara Kade
,
Stefan Kanzler
,
Jost Langhorst
,
Hartmut Link
,
Florian Lordick
,
Dietmar Lorenz
,
Sylvie Lorenzen
,
Manfred Lutz
,
Helmut Messmann
,
Hans-Joachim Meyer
,
Stefan Mönig
,
Katja Ott
,
Michael Quante
,
Christoph Röcken
,
Peter Schlattmann
,
Wolff-H. Schmiegel
,
Andreas Schreyer
,
Andrea Tannapfel
,
Peter Thuss-Patience
,
Arved Weimann
,
Susanne Unverzagt
Weitere Informationen

Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Markus Möhler
Universitätsmedizin Mainz
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
11. Dezember 2019 (online)

 

Wesentliche Neuerungen durch die Aktualisierung der Leitlinie

Die Experten haben die gesamte Leitlinie durchgesehen und auf Aktualisierungsbedarf geprüft. Folgende Änderungen haben sich im Vergleich zur vorherigen Leitlinie von 2011 ergeben:

  • Risikofaktoren (Kapitel 3, 4, 5): Für den Risikofaktor H. pylori wurden Risikogruppen zur Eradikation und Krebsprävention definiert. Die genetische Klassifikation nach dem Cancer Genome Atlas TCGA wurde aufgenommen. Besondere Bedeutung haben die Charakterisierung von Patienten für die mit Mikrosatelliteninstabilität/HNPCC und Epstein-Barr-Virus assoziierten Tumoren.

  • Chirurgische Therapie (Kapitel 10–11): Die Laparaskopie ist ein zusätzlicher, wichtiger diagnostischer Schritt vor der perioperativen Therapie. Außerdem sind die Resektionsränder bei der Gastrektomie in Diskussion; in Einzelfällen kann hier von den Standards im Sicherheitsabstand abgewichen werden.

  • Neoadjuvante und palliative Chemotherapie (Kapitel 12–13): Als perioperatives Konzept hat sich FLOT etabliert. Als palliative Zweitlinientherapie ist Ramucirumab ggfs. in Kombination mit Paclitaxel zugelassen. Die Immuntherapie mit Checkpoint-Inhibitoren ist in Erprobung und nur bei MSI-Karzinomen sehr vielversprechend.

  • Supportive Maßnahmen (Kapitel 14, 15, 16, 17): Die Kapitel wurden für Ernährung und Lebensqualität konkretisiert und mit der S3-Leitlinie Supportivtherapie in Einklang gebracht. Mehr Information finden Sie unter dem folgenden Link: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/supportive-therapie/

Eine genaue Aufstellung über die Veränderung der einzelnen Empfehlungen findet sich Kapitel 19.1.


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1. Informationen zu dieser Leitlinie

1.1. Herausgeber

Leitlinienprogramm Onkologie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF), der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. (DKG) und der Deutschen Krebshilfe (DKH).


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1.2. Finanzierung der Leitlinie

Diese Leitlinie wurde von der Deutschen Krebshilfe im Rahmen des Onkologischen Leitlinienprogramms gefördert.


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1.3. Federführende Fachgesellschaft

Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e. V.

Zoom Image

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1.4. Kontakt

Office Leitlinienprogramm Onkologie c/o Deutsche Krebsgesellschaft e. V.
Kuno-Fischer-Straße 8
14 057 Berlin
leitlinienprogramm@krebsgesellschaft.de
www.leitlinienprogramm-onkologie.de


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1.5. Zitierweise

Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Magenkarzinom, Langversion 2.0, 2019 AWMF Registernummer: 032/009OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/home/


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1.6. Besonderer Hinweis

Die Medizin unterliegt einem fortwährenden Entwicklungsprozess, sodass alle Angaben, insbesondere zu diagnostischen und therapeutischen Verfahren, immer nur dem Wissensstand zurzeit der Drucklegung der Leitlinie entsprechen können. Hinsichtlich der angegebenen Empfehlungen zur Therapie und der Auswahl sowie Dosierung von Medikamenten wurde die größtmögliche Sorgfalt beachtet. Gleichwohl werden die Benutzer aufgefordert, die Beipackzettel und Fachinformationen der Hersteller zur Kontrolle heranzuziehen und im Zweifelsfall einen Spezialisten zu konsultieren. Fragliche Unstimmigkeiten sollen bitte im allgemeinen Interesse der OL-Redaktion mitgeteilt werden.

Der Benutzer selbst bleibt verantwortlich für jede diagnostische und therapeutische Applikation, Medikation und Dosierung.

In dieser Leitlinie sind eingetragene Warenzeichen (geschützte Warennamen) nicht besonders kenntlich gemacht. Es kann also aus dem Fehlen eines entsprechenden Hinweises nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

Das Werk ist in allen seinen Teilen urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Bestimmung des Urhebergesetzes ist ohne schriftliche Zustimmung der OL-Redaktion unzulässig und strafbar. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form ohne schriftliche Genehmigung der OL-Redaktion reproduziert werden. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung, Nutzung und Verwertung in elektronischen Systemen, Intranets und dem Internet.


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1.7. Ziele des Leitlinienprogramms Onkologie

Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V., die Deutsche Krebsgesellschaft e. V. und die Deutsche Krebshilfe e. V. haben sich mit dem Leitlinienprogramm Onkologie (OL) das Ziel gesetzt, gemeinsam die Entwicklung und Fortschreibung und den Einsatz wissenschaftlich begründeter und praktikabler Leitlinien in der Onkologie zu fördern und zu unterstützen. Die Basis dieses Programms beruht auf den medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen der Fachgesellschaften und der DKG, dem Konsens der medizinischen Fachexperten, Anwender und Patienten sowie auf dem Regelwerk für die Leitlinienerstellung der AWMF und der fachlichen Unterstützung und Finanzierung durch die Deutsche Krebshilfe. Um den aktuellen Stand des medizinischen Wissens abzubilden und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen, müssen Leitlinien regelmäßig überprüft und fortgeschrieben werden. Die Anwendung des AWMF-Regelwerks soll dabei Grundlage zur Entwicklung qualitativ hochwertiger onkologischer Leitlinien sein. Da Leitlinien ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung und des Qualitätsmanagements in der Onkologie darstellen, sollten sie gezielt und nachhaltig in den Versorgungsalltag eingebracht werden. So sind aktive Implementierungsmaßnahmen und auch Evaluationsprogramme ein wichtiger Bestandteil der Förderung des Leitlinienprogramms Onkologie. Ziel des Programms ist es, in Deutschland professionelle und mittelfristig finanziell gesicherte Voraussetzungen für die Entwicklung und Bereitstellung hochwertiger Leitlinien zu schaffen. Denn diese hochwertigen Leitlinien dienen nicht nur dem strukturierten Wissenstransfer, sondern können auch in der Gestaltung der Strukturen des Gesundheitssystems ihren Platz finden. Zu erwähnen sind in diesem Zusammenhang evidenzbasierte Leitlinien als Grundlage zum Erstellen und Aktualisieren von Disease-Management-Programmen oder die Verwendung von aus Leitlinien extrahierten Qualitätsindikatoren im Rahmen der Zertifizierung von Organtumorzentren.


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1.8. Weitere Dokumente zu dieser Leitlinie

Bei diesem Dokument handelt es sich um die Langversion der S3-Leitlinie Magenkarzinom. Neben der Langversion wird es folgende ergänzende Dokumente zu dieser Leitlinie geben:

  • Kurzversion der Leitlinie

  • Laienversion (Patientenleitlinie)

  • Leitlinienreport zum Erstellungsprozess der Leitlinie

  • Externe, separate Evidenzberichte bzw. Publikationen

  • Englische Version

Diese Leitlinie und alle Zusatzdokumente sind über die folgenden Seiten zugänglich.


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1.9. Zusammensetzung der Leitliniengruppe

1.9.1. Koordination und Redaktion

Prof. Dr. med. Markus Möhler
Tanja Bender, M.A.
Gabrielle Oestreicher, M.Sc.
Universitätsmedizin Mainz
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz


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1.9.2. Autoren der Leitlinie

Tab. 1

Autoren der Leitlinie.

Arbeitsgruppe

Autoren der Arbeitsgruppe

1. Ätiologie, Risikofaktoren, Pathogenese, Screening und Prävention (Helicobacter-pylori-Eradikation)

Bornschein, J., Daum, S., Fischbach, W., Quante, M., Röcken, C.

2. Diagnostik und Staging

Baretton, G., Gockel, I., Grenacher, L., Jenssen, C., Möhler, M., Schlattmann, P., Schreyer, A.

3. Endoskopische Therapie

Andus, T., Dietrich, C., Jakobs, R., Kanzler, S., Lorenz, D., Messmann, H., Tannapfel, A.

4. Multimodale Therapie mit kurativer Intention sowie neoadjuvante und adjuvante Therapie und Chirurgie

Al-Batran, S. E., Budach, W., Daum, S., Höcht, S., Kanzler, S., Lordick, F., Lorenz, D., Lutz, M. P., Meyer, H.-J., Mönig, S., Tannapfel, A., Thuss-Patience, P.

5. Tumorgerichtete, palliative Chemotherapie

Arnold, D., Flentje, M., Gockel, I., Höcht, S., Link, H., Lorenzen, S., Ott, K., Thuss-Patience, P.

6. Qualitätsindikatoren, Patientenleitlinie und Integration in die DKG-geplante Zentrumsstruktur

Ebert, M., Haier, J., Kade, B., Lordick, F., Ott, K., Schmiegel, W.

7. Supportive Therapie Lebensqualität, Psychoonkologie, Ernährung, Selbsthilfe, Bewegungs- und Physiotherapie

Arends, J., Langhorst, J., Link, H., Weimann, A.


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1.9.3. Beteiligte Fachgesellschaften, Organisationen und Mitglieder der Arbeitsgruppen

In [Tab. 2] sind die an der Leitlinienerstellung beteiligten medizinischen Fachgesellschaften und sonstigen Organisationen sowie deren mandatierte Vertreter (Leitliniengruppe) aufgeführt. Für die Leitlinienerstellung wurde 2016 eine Steuergruppe gegründet, die für die inhaltliche Kontinuität und die neuen Themenfelder gegenüber der alten Leitlinie verantwortlich war. Der Steuergruppe gehörten die folgenden Mandatsträger der Leitlinie von 2011 an: Al-Batran, S.E., Bornschein, J., Fischbach, W., Lordick, F., Messmann, H., Möhler, M., Mönig, S., Thuss-Patience, P. Die Fachgesellschaften haben ihre Mandatsträger bestimmt und in die Leitliniengruppe delegiert. Die Leitliniengruppe hat beim Kick-off-Treffen über die von der Steuergruppe vorgeschlagenen einzubindenden Fachgesellschaften, Experten und Themenfelder beraten. Die Fachgesellschaften haben Mandatsträger entsandt.

Weitere Fachgesellschaften wurden zu Beginn des Leitlinienprojekts zur Mitarbeit eingeladen und zum Start der Konsultationsfassung nochmals zur Teilnahme aufgefordert. Mehrheitlich wurde eine direkte Beteiligung aufgrund mangelnder Ressourcen abgelehnt. Zu den Fachgruppen gehörten u. a. Deutsche Schmerzhilfe, Dt. Gesellschaft für Nuklearmedizin, Dt. Verband Physiotherapie.

Tab. 2

Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen.

Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen

Mandatsträger (alphabetisch)

Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren (ADT)

Haier, J.1, 3

Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO)

Al-Batran, S. E.1, 2, Lorenzen, S.1, 2

Arbeitsgemeinschaft Onkologische Pathologie der DKG (AOP)

Röcken, C.2, 3

Arbeitsgemeinschaft Radiologische Onkologie der DKG (ARO)

Budach, W.1, 3, Schmidberger, H.

Arbeitsgemeinschaft Supportive Maßnahmen in der Onkologie (AGSMO) der DKG

Link, H.2, 3

Arbeitsgemeinschaft Onkologische Rehabilitation und Sozialmedizin (AGORS) der DKG

Körber, J.

Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP)

Tannapfel, A.2

Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie (DGAV)

Lorenz, D.1, 3, Ott, K.1, 3

Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)

Meyer, H.-J.1, 3, Mönig, S.1, 3

Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE)

Nöthlings, U.

Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin (DGEM)

Arends, J.2, Weimann, A.1–3

Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO)

Arnold, D.2, 3, Thuss-Patience, P.1–3

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)

Bornschein, J.1–3, Fischbach, S.2

Deutsche Gesellschaft für Interventionelle Radiologie und minimal-invasive Therapie (DeGIR)

Grenacher, L.3

Deutsche Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie (GMDS)

Schlattmann, P.2–3

Deutsche Gesellschaft für Naturheilkunde (DGNHK)

Langhorst, J.1–3

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP)

Wedding, U.

Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP)

Baretton, G.2, Röcken, C.2, 3

Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie (DEGRO)

Flentje, M.2, Höcht, S.2, 3

Deutsche Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM)

Dietrich, C.2, 3, Jenssen, C.2, 3

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)

Daum, S.1–3, Ebert, M.1, 3

Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)

Lordick, F.2, 3, Schmiegel, W.

Deutsche Röntgengesellschaft (DRG)

Grenacher, L.3, Schreyer, A.2, 3

Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin (DGKL)

Knabbe, C.

European Organisation for Research and Treatment of Cancer (EORTC)

Lutz, M. P.2, 3

Gastro Liga

Messmann, H.1–3, Jakobs, R.1–3

Gesellschaft für Rehabilitation bei Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (GRVS)

Körber, J.

Selbsthilfegruppe für Speiseröhrenerkrankungen (SHG-S)

Kade, B.1

Zeitraum der Beteiligung

¹ 2016: Kick-Off Meeting

² 2017: 1. Konsensuskonferenz

³ 2017: 2. Konsensuskonferenz

In [Tab. 3] sind die Mitglieder der jeweiligen Arbeitsgruppen aufgelistet.

Tab. 3

Arbeitsgruppen und deren Mitglieder.

Arbeitsgruppe

Mitglieder der Arbeitsgruppe (AG-Leiter fett markiert)

AG 1 Ätiologie, Risikofaktoren, Pathogenese, Screening und Prävention (Helicobacter-pylori-Eradikation)

Kapitel 3–5

Bornschein, J., Daum, S., Fischbach, W., Koukli, G., Quante, M., Röcken, C.

AG 2 Diagnostik und Staging

Kapitel 6–8

Baretton, G., Gockel, I., Grenacher, L., Jenssen, C., Knabbe, C., Möhler, M., Schlattmann, P., Schreyer, A., Wald, C.

AG 3 Endoskopische Therapie

Kapitel 9

Andus, T., Dietrich, C., Jakobs, R., Kanzler, S., Lorenz, D., Messmann, H., Rolfes, C., Tannapfel, A.

AG 4 Multimodale Therapie mit kurativer Intention sowie neoadjuvante und adjuvante Therapie und Chirurgie

Kapitel 10–11

Al-Batran, S. E. , Budach, W., Daum, S., Greiwe, F., Höcht, S., Kanzler, S., Lordick, F., Lorenz, D., Lutz, M. P., Meyer, H.-J., Mönig, S., Schmidberger H., Tannapfel, A., Thuss-Patience, P.

AG 5 Tumorgerichtete, palliative Chemotherapie

Kapitel 12–13

Arnold, D., Flentje, M., Gockel, I., Höcht, S., Jost, H., Kullmann, F., Link, H., Lorenzen, S., Ott, K., Thuss-Patience, P.

AG 6 Supportive Therapie Lebensqualität, Psychoonkologie, Ernährung, Selbsthilfe, Bewegungs- und Physiotherapie

Kapitel 14–17

Arends, J., Kade, B., Körber, J., Langhorst, J., Link, H., Nöthlings, U., Orthey, A., Wedding, U., Weimann, A.

AG 7 Qualitätsindikatoren, Patientenleitlinie und Integration in die DKG-geplante Zentrumsstruktur

Kapitel 18 und Patientenleitlinie

Ebert, M., Haier, J., Kade, B., Lordick, F., Ott, K., Schmiegel, W.


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1.9.4. Patientenbeteiligung

Die Leitlinie wurde unter direkter Beteiligung von einer Patientenvertreterin, Frau Barbara Kade, erstellt. Sie hatte eine gleichberechtigte Funktion wie ein Mandatsträger. Sie war vor allem in der AG 7 aktiv.

Die Patientenvertreterin ist im Redaktionsgremium der Patientenleitlinie.


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1.9.5. Methodische Begleitung

  1. durch das Leitlinienprogramm Onkologie

    • Prof. Dr. Ina Kopp (AWMF-IMWi, Marburg),

    • Dr. med. Markus Follmann MPH MSc (OL-Office, Berlin),

    • Dipl.-Soz.-Wiss. Thomas Langer (OL-Office, Berlin),

  2. durch externe Auftragnehmer

    • PD Dr. Susanne Unverzagt (Martin-Luther-Universität, Halle)

    • Diana Straub (Clinical Guideline Service Group, Kiel)

    • Dr. med. Simone Wesselmann, MBA (DKG-Zertifizierung, Berlin), Aktualisierung der Qualitätsindikatoren,

  3. durch freie Mitarbeit im Auftrag der DGVS

    • Dr. Julia Kofent (DGVS, Berlin)

  4. durch andere Mitarbeiter im Auftrag der Universitätsmedizin Mainz

    • Folgende medizinische Doktoranden der Universitätsmedizin Mainz haben unter Anleitung von Frau PD Dr. Unverzagt und Prof. Dr. Möhler die systematischen Literatursuchen und Evidenztabellen mit den einzelnen Arbeitsgruppen vorbereitet und erstellt: Hannah Andrä, Yousif Fadah, Friederike Greiwe, Christian Hagemann, Heinrike Jost, Georgia Koukli, Daniel Krutsch, Annika Orthey, Carolin Rolfes und Catharina Wald.

    • Daher werden auch Teile des Leitlinienreports in den jeweiligen medizinischen Doktorarbeiten erwähnt und die Doktoranden als aktive Teilnehmer der Arbeitsgruppen genannt.


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1.9.6. Mitarbeit als externe Experten

Nachfolgend finden Sie nicht stimmberechtigte Experten, die in die AG-Arbeit ihre Expertise eingebracht haben und somit Koautoren der Leitlinie sind. Diese wurden von der Leitliniengruppe angefragt.

  • Prof. Dr. Tilo Andus (Klinikum Stuttgart)

  • Prof. Dr. Ines Gockel (Universitätsklinikum Leipzig)

  • Prof. Dr. Stefan Kanzler (Leopoldina-Krankenhaus Schweinfurt)

  • Prof. Dr. Frank Kullmann (Klinikum Weiden Nordoberpfalz)

  • Prof. Dr. Kaja Ludwig (Klinikum Südstadt Rostock)

  • Prof. Dr. Dr. Pompiliu Piso (Barmherzige Brüder Krankenhaus Regensburg)

  • PD Dr. Michael Quante (Klinikum rechts der Isar München)


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1.10. Verwendete Abkürzungen

Tab. 4

Verwendete Abkürzungen.

Abkürzung

Erläuterung

AE

Adverse Event, unerwünschtes Ereignis

AEG

Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs

AIO

Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie

ASS

Acetylsalicylsäure

AUC

Area under the Curve

AWMF

Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften

ÄZQ

Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin

BED

biologisch effektive Dosis

BLI

Blue Laser Imaging; Blaulaser-Bildgebung

BMI

Body Mass Index

BSC

Best supportive care; beste supportive Behandlung

COX-2

Cyclooxygenase-2

CR

Complete response; komplettes Ansprechen

CRP

C-reaktives Protein, Inflammationsmarker

CT

Computertomografie

CTX

Chemotherapie

DFS

Disease free survival, erkrankungsfreies Überleben

DGVS

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten

DOR

Duration of Response, Dauer des Ansprechens

DOT1 L

Dot1-ähnliches Histon H3K79 Methyltransferase

DT

Distress-Thermometer

EBV

Epstein-Barr-Virus

ECL

Enterochromaffin-ähnlich

EGCG

Epigallocatechingallat

EK

Expertenkonsens

EMR

endoskopische Mukosaresektion

EORTC

Europäische Organisation für die Erforschung und Behandlung von Krebserkrankungen

EPIC

Early Postoperative Intraperitoneal Chemotherapy; frühe postoperative intraperitoneale Chemotherapie

ER

endoskopische Resektion

ESD

endoskopische Submukosadissektion

ESPEN

Europäische Gesellschaft für klinische Ernährung und Stoffwechsel

EUS

endoskopischer Ultraschall (Syn. Endosonografie)

EUS-FNA

endosonografisch geführte Feinnadel-Aspiration

FBFBXO24

F-Box-Protein 24

FIGC

autosomal dominanter Erbgang

FISH

Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung

FKJ

Feinnadel-Katheterjejunostomie

FN

febrile Neutropenie

G-17

Gastrin-17

G-CSF

Granulozytenkolonie stimulierender Faktor

GAPPS

Gastrales Adenokarzinom mit proximaler Polypose

GERD

gastroösophageale Refluxkrankheit

H. pylori

Helicobacter pylori

HDGC

hereditäres diffuses Magenkarzinom

HER-2

epidermaler Wachstumsfaktor-Rezeptor

HIPEC

hypertherme intraperitoneale Chemotherapie

HNPCC

hereditäres non-polypöses kolorektales Karzinom (Lynch-Syndrom)

HR

Hazard Ratio; relatives Risiko

HRQL

Health-related Quality of Life, gesundheitsbezogene Lebensqualität

IEN

intraepitheliale Neoplasie

IGCLC

International Gastric Cancer Linkage Consortium

IGRT

Image-guided Radiotherapy; bildgeführte Radiotherapie

IHC

Immunhistochemie

IM

intestinale Metaplasie

IMRT

intensitätsmodulierte Radiotherapie

INS

intensive perioperative Ernährungstherapie

INSR

Insulinrezeptor

IRR

Incidence Rate Ratio; Rate der Inzidenz

KG

Körpergewicht

KI

Konfidenzintervall

KM

Kontrastmittel

LAD

Lymphadenektomie

LK

Lymphknoten

LOE

„Level of Evidence“; Evidenzniveau

LQ

Lebensqualität

MBSR

Mindfulness-based Stress Reduction; achtsamkeitsbasierte Stressreduktion

MDCT

Multi-Detektor-Computertomografie

ME

Magnifikationstechnik

MMR

Mismatch Repair

MRT

Magnetresonanztomografie

MSI

Mikrosatelliteninstabilität

NBI

Narrow-Band Imaging; Schmalband-Bildgebung

NRS

numerische Ratingskala, Schmerzskala

NSAR

nichtsteroidales Antirheumatikum

NW

Nebenwirkungen

ÖGD

Ösophago-Gastro-Duodenoskopie

ÖGÜ

ösophagogastraler Übergang

OLGA

operative Link on Gastritis Assessment

OLGIM

operative Link on Gastric intestinal Metaplasia

OR

Odds Ratio; Chancenverhältnis

OS

overall Survival, Gesamtüberleben

p. o.

orale Applikation

PCI

Peritoneal Cancer Index; peritonealer Krebsindex

PEG

perkutane endoskopische Gastrostomie

PET

Positronenemissionstomografie

PFS

Progression-free Survival, progressionsfreies Überleben

PG

Pepsinogen

PIC

perioperative intraperitoneale Chemotherapie

PPI

Protonenpumpeninhibitoren

PRO

Patient-reported Outcome; von Patienten berichteter Ergebnisparameter

PSK

Polysaccharid K

RCT

randomized controlled Trial; randomisierte kontrollierte Studie

RCHT

Radiochemotherapie

SD

stable Disease, stabile Erkrankung

SEMS

Selbstexpandierende Metallstents

SGA

subjective global Assessment Score; subjektive Gesamteinschätzung

SIGN

schottisches interdisziplinäres Leitliniennetzwerk

SS

Schnellschnittuntersuchung

SSI

Stress-Strain Index, Verformungs-Spannungs-Index eines Knochens

TCM

traditionelle Chinesische Medizin

UICC

Union Internationale Contre le Cancer, Internationale Vereinigung gegen Krebs

VEGF

vascular endothelial Growth Factor; vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor

VMAT

volumenmodulierte Arc-Therapie

WHO

World Health Organization, Weltgesundheitsorganisation

WLE

Weißlichtendoskopie

1.10.1. Gängige Chemotherapien

Tab. 5

Gängige Chemotherapien und Immun-/Antikörpertherapien.

Klassische Chemotherapeutika

Immun- und Antikörpertherapie (derzeit nicht außerhalb klinischer Studien)

5-FU (5-Fluorouracil)

Avelumab

Capecitabin

Atezolizumab

Cisplatin

Durvalumab

Docetaxel

Ipilimumab

Epirubicin

Nivolumab

Fluoropyrimidine

Pembrolizumab

Folinsäure/Leucovorin

Ramucirumab

Irinotecan

Trastuzumab

Oxaliplatin

Tremelimumab

Paclitaxel

S-1


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1.10.2. Chemotherapiekombinationen

Tab. 6

Chemotherapiekombinationen.

Chemotherapiekombination

Zusammenstellung

CAPOX

Zweifachkombination Capecitabin-Oxaliplatin

ECF

Dreifachkombination Epriubicin/Cisplatin/5-FU

EOX

Dreifachkombination Epirubicin/Oxaliplatin/Capecitabin

EOF

Dreifachkombination Epirubicin/Oxaliplatin/5-FU

ECX

Dreifachkombination Epirubicin/Cisplatin/Capecitabin

FLO

Dreifachkombination 5-FU/Folinsäure (Leucovorin)/Oxaliplatin

FLOT

Dreifachkombination Docetaxel/Oxaliplatin/5-FU

FLP

Dreifachkombination 5-FU/Folinsäure (Leucovorin)/Cisplatin

FOLFIRI

Dreifachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Irinotecan

FOLFIRINOX

Vierfachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Irinotecan/ Oxaliplatin

FOLFOX

Dreifachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Oxaliplatin

FOLFOXIRI

Vierfachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Oxaliplatin/Irinotecan

FP

Zweifachkombination 5-FU/Cisplatin

PLF

Dreifachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Cisplatin

SP

Zweifachkombination S-1/Cisplatin

T-PLF

Vierfachkombination Folinsäure (Leucovorin)/5-FU/Docetaxel/Cisplatin

XP

Zweifachkombination Capecitabin und Cisplatin


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2. Einführung

2.1. Geltungsbereich und Zweck

2.1.1. Zielsetzung und Fragestellung

Karzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs gehören weltweit zu den häufigsten tumorbedingten Todesursachen. Das Magenkarzinom nimmt in Deutschland bei Männern den fünften (Inzidenz 27,7/100 000 Einwohner/Jahr) und bei Frauen den sechsten Platz (Inzidenz 19,6/100 000 Einwohner/Jahr) in der Rangliste der Krebserkrankungen ein. Seit Jahrzehnten ist in Deutschland – wie auch in anderen Industrienationen – ein stetiger Rückgang der Erkrankungs- und Sterberaten an Magenkrebs zu beobachten. Dieser Trend setzt sich in allen Altersbereichen sowohl bei Frauen als auch bei Männern fort. Den größten Anteil an diesem Rückgang haben die Tumoren des Magenausgangs (Antrum und Pylorus) [1].

Das Erkrankungsrisiko steigt bei beiden Geschlechtern mit zunehmendem Alter. Männer erkranken im Mittel mit 72 Jahren, Frauen mit 75 Jahren an Magenkrebs. Etwa 1 % aller Todesfälle in Deutschland sind auf Magenkrebs zurückzuführen. Die Prognose der Patienten ist ungünstig mit einer 5-Jahres-Überlebensrate des Magenkarzinoms aller Stadien von nur 30 % für Männer und 33 % für Frauen [1].

Grund dafür ist vor allem, dass etwa 80 % der Patienten zu Erkrankungsbeginn in einem langen Intervall asymptomatisch bleiben. Die Diagnose wird oft erst im fortgeschrittenen und inoperablen Zustand gestellt. Trotz kurativer Resektion zeigen Patienten bereits in frühen Stadien II–III ein schlechtes 5-Jahres-Überleben mit ihrem hohen Risiko für ein Lokalrezidiv, lymphogene Mikrometastasen oder organische Fernmetastasierung. Daher sind Karzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs eine große Herausforderung für alle versorgenden Disziplinen [2].

Verwandte ersten Grades von Erkrankten haben ein 2- bis 3-fach höheres Risiko als die Allgemeinbevölkerung. Dabei ist unklar, ob dies am gemeinsamen Lebensstil, an der Übertragung von Helicobacter pylori in der Familie oder an erblichen Genveränderungen liegt. Einige erbliche Syndrome erhöhen das Magenkarzinomrisiko [1].

In den letzten 5–10 Jahren hat sich enormes Wissen in der medizinischen Fachwelt entwickelt, z. B. die zunehmend aufgeklärte Karzinogenese mit ggf. konsekutiv zu evaluierenden Prognosemarkern, wissenschaftlich evaluierte Endoskopietechniken, verbesserte diagnostische und histopathologische Schnittbildverfahren, neue klinisch-wissenschaftlich analysierte chirurgische, neoadjuvante und palliative Therapiekonzepte. Aufgrund zahlreicher neuer und interdisziplinärer Therapiekonzepte und der Gründung organbezogener Tumorzentren ist der klassische Überweisungsweg vom Hausarzt zum Gastroenterologen und danach zum Chirurgen in der Diskussion.

Die S3-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs“ befasst sich mit der Diagnostik und Therapie des Magenkarzinoms und der Karzinome des ösophagogastralen Übergangs und umspannt dabei die Themengebiete der Risikofaktoren, Ätiologie, Diagnostik, endoskopischer und chirurgischer Therapie sowie systemischer und Radiochemotherapie und auch Ernährung, Komplementärmedizin sowie Psychoonkologie.

Die vorliegende Leitlinie wurde nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Literatur und Ergebnissen internationaler Studien erarbeitet, um eine Versorgungsoptimierung anzustreben und patientenrelevante Endpunkte (PRO) zu verbessern.

Dazu gehören unter anderem die folgenden Parameter:

  • Mortalität/30-Tages-Mortalität

  • chirurgische Komplikationen (erfasst nach Clavien-Dindo [3] [4])

  • systemische/strahlentherapeutische Komplikationen (erfasst nach CTC [5])

  • Anastomoseninsuffizienzen Grad III (localized defect requiring surgical therapy) nach Gastrektomie.

  • Lebensqualität


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2.1.2. Adressaten

Die Empfehlungen dieser Leitlinie richten sich vorrangig an Ärztinnen und Ärzte aller Versorgungsbereiche. Die Leitlinie richtet sich vor allem an diejenigen, die in der Prävention, Diagnostik und Therapie des Magenkarzinoms im ambulanten und stationären Sektor tätig sind. Sie soll entsprechend der Definition einer Leitlinie Entscheidungshilfen geben, jedoch keine Richtlinie sein. Der behandelnde Arzt ist weiterhin verpflichtet, unter Würdigung der Gesamtsituation des Patienten und mit diesem gemeinsam die für die individuelle Situation angemessene Vorgehensweise zu finden. Es wird trotzdem empfohlen, Abweichungen von den Empfehlungen der Leitlinie zu begründen und festzuhalten.


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2.2. Verbreitung und Implementierung der Leitlinien

Die Art der verschiedenen Leitlinienprodukte wie auch deren Zugang finden sich unter:

Für die Verbesserung der Qualität der Patientenversorgung ist die flächendeckende Implementierung dieser aktuellen, evidenzbasierten Therapieempfehlungen entscheidend. Mithilfe von Qualitätsindikatoren, die mittels einer standardisierten Methodik von den Empfehlungen dieser Leitlinie abgeleitet wurden, kann überprüft werden, ob Strukturen, Prozesse und Ergebnisse der medizinischen Versorgung den Anforderungen von zuvor definierten Soll-Werten entsprechen. Die Erhebung von Qualitätsindikatoren dient dabei der Leitlinien-Implementierung und Evaluation, der Qualitätsverbesserung der breiten medizinischen Versorgung und der späteren Weiterentwicklung und Anpassung der Leitlinie.


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2.3. Gültigkeitsdauer und Aktualisierungsverfahren

Die Gültigkeitsdauer wird auf 5 Jahre geschätzt. Spätestens 2023 wird eine erneute Überarbeitung erfolgen. Sollte in der Zwischenzeit dringender Änderungsbedarf bestehen, werden Aktualisierungen gesondert als Amendment dokumentiert. Kommentare und Hinweise für den Aktualisierungsprozess aus der Praxis sind ausdrücklich erwünscht und können an magenkarzinom@leitlinienprogramm-onkologie.de adressiert werden.


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2.4. Grundlagen der Methodik

Die methodische Vorgehensweise bei der Erstellung der Leitlinie ist im Leitlinienreport dargelegt und richtet sich nach dem AWMF-Regelwerk. Der Leitlinienreport ist im Internet z. B. auf den Seiten des Leitlinienprogramms Onkologie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/magenkarzinom/) und den Seiten der AWMF (http://www.awmf.org/) frei verfügbar.

2.4.1. Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (Version 2009)

Zur Klassifikation der Stärke der Evidenz (LOE, Level of Evidence) der identifizierten Studien wurde in dieser Leitlinie das in [Tab. 7] aufgeführte System des Oxford Centre for Evidence-based Medicine in der Version von 2009 verwendet. Bei Empfehlungen, die auf Leitlinienadaptationen basieren, wurde die Stärke der Evidenz aus diesen Leitlinien übernommen. Dieses System sieht die Klassifikation der Studien für verschiedene klinische Fragestellungen (Nutzen von Therapie, prognostische Aussagekraft, diagnostische Wertigkeit) vor. Lagen randomisierte kontrollierte Studien zum Nutzen von Therapien vor, erfolgte zusätzlich eine endpunktspezifische Bewertung nach den GRADE-Richtlinien auf der Basis vorher festgelegter kritischer Endpunkte in die Kategorien hoch-moderat-niedrig oder sehr niedrig [6].

Tab. 7

Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (März 2009).

Level

Therapy/Prevention, Aetiology/Harm

Prognosis

Diagnosis

Differential diagnosis/symptom prevalence study

Economic and decision analyses

1a

SR (with homogeneity) of RCTs

SR (with homogeneity) inception cohort studies; CDR validated in different populations

SR (with homogeneity) of Level 1 diagnostic studies; CDR with 1b studies from different clinical centers

SR (with homogeneity) of prospective cohort studies

SR (with homogeneity) of Level 1 economic studies

1b

Individual RCT (with narrow Confidence Interval)

Individual inception cohort study with > 80 % follow-up; CDR validated in a single population

Validating cohort study with good reference standards; or CDR tested within one clinical centre

Prospective cohort study with good follow-up

Analysis based on clinically sensible costs or alternatives; systematic review(s) of the evidence; and including multi-way sensitivity analyses

2a

SR (with homogeneity) of cohort studies

SR (with homogeneity) of either retrospective cohort studies or untreated control groups in RCTs

SR (with homogeneity) of Level > 2 diagnostic studies

SR (with homogeneity) of Level 2b and better studies

SR (with homogeneity) of Level > 2 economic studies

2b

Individual cohort study (including low quality RCT; e. g., < 80 % follow-up)

Retrospective cohort study or follow-up of untreated control patients in an RCT; derivation of CDR or validated on split-sample only

Exploratory cohort study with good reference standards; CDR after derivation, or validated only on split- sample or databases

Retrospective cohort study, or poor follow-up

Analysis based on clinically sensible costs or alternatives; limited review(s) of the evidence, or single studies; and including multi-way sensitivity analyses

2c

“Outcomes” research; ecological studies

“Outcomes” research

Ecological studies

Audit or outcomes research

3a

SR (with homogeneity) of case-control studies

SR (with homogeneity) of 3b and better studies

SR (with homogeneity) of 3b and better studies

SR (with homogeneity) of 3b and better studies

3b

Individual case-control study

Non-consecutive study; or without consistently applied reference standards

Non-consecutive cohort study; or very limited population

Analysis based on limited alternatives or costs, poor quality estimates of data, but including sensitivity analyses incorporating clinically sensible variations

4

Case series (and poor quality cohort and case-control studies)

Case series (and poor quality prognostic cohort studies)

Case-control study, poor or non- independent reference standard

Case series or superseded reference standards

Analysis with no sensitivity analysis

5

Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or “first principles”

Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or “first principles”

Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or “first principles”

Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or “first principles”

Expert opinion without explicit critical appraisal, or based on physiology, bench research or “first principles”


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2.4.2. Schema der Empfehlungsgraduierung

Empfehlungen sind thematisch bezogene handlungsleitende Kernsätze der Leitlinie. Die Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie entspricht dem AWMF-Regelwerk (https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/AWMF-Regelwerk/20180608_Druckversion_AWMF-Regelwerk_2013_f_Vermerke_Links.pdf) und sieht eine Vergabe von Empfehlungsgraden durch die Leitlinienautoren im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens vor. Die Empfehlungsgrade drücken den Grad der Sicherheit aus, dass der erwartbare Nutzen der Intervention den möglichen Schaden aufwiegt (Nettonutzen) und die erwartbaren positiven Effekte ein für die Patienten relevantes Ausmaß erreichen. Im Fall von Negativempfehlungen (soll nicht) wird entsprechend der Sicherheit über einen fehlenden Nutzen bzw. möglichen Schaden ausgedrückt.

Bei der Graduierung der Empfehlungen werden neben den Ergebnissen der zugrunde liegenden Studien auch die klinische Relevanz der in den Studien untersuchten Effektivitätsmaßnahme, die beobachteten Effektstärken, die Konsistenz der Studienergebnisse, die Anwendbarkeit der Studienergebnisse auf die Patientenzielgruppe, die Umsetzbarkeit im ärztlichen Alltag und ethische Verpflichtungen sowie Patientenpräferenzen berücksichtigt. Dementsprechend wurden durch die AWMF moderierte, nominale Gruppenprozesse bzw. strukturierte Konsensuskonferenzen durchgeführt. Im Rahmen dieser Prozesse wurden die Empfehlungen von den stimmberechtigten Mandatsträgern (siehe Kapitel 1.9.2) formal abgestimmt. Die Ergebnisse der jeweiligen Abstimmungen (Konsensstärke) sind entsprechend den Kategorien in [Tab. 9] den Empfehlungen zugeordnet.

Tab. 9

Schema der Konsensstärke.

Konsenstärke

Prozentuale Zustimmung

Starker Konsens

> 95 % der Stimmberechtigten

Konsens

> 75–95 % der Stimmberechtigten

Mehrheitliche Zustimmung

> 50–75 % der Stimmberechtigten

Dissens

< 50 % der Stimmberechtigten

In der Leitlinie werden zu allen evidenzbasierten Statements (siehe Kapitel 2.5) und Empfehlungen das Evidenzlevel (Level of Evidence) (siehe Kapitel 2.4.1) der zugrunde liegenden Studien sowie bei Empfehlungen zusätzlich die Stärke der Empfehlung (Empfehlungsgrad) ausgewiesen. Hinsichtlich der Stärke der Empfehlung werden in dieser Leitlinie drei Empfehlungsgrade unterschieden (siehe [Tab. 8]), die sich auch in der Formulierung der Empfehlungen jeweils widerspiegeln.

Tab. 8

Schema der Empfehlungsgraduierung.

Empfehlungsgrad

Beschreibung

Ausdrucksweise

A

Starke Empfehlung

soll

B

Empfehlung

sollte

0

Empfehlung offen

kann

Die Entscheidungskriterien für die Festlegung der Empfehlungsgrade werden im Leitlinienreport zu dieser Leitlinie erläutert.


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2.5. Statements

Als Statements werden Darlegungen oder Erläuterungen von spezifischen Sachverhalten oder Fragestellungen ohne unmittelbare Handlungsaufforderung bezeichnet. Sie werden entsprechend der Vorgehensweise bei den Empfehlungen im Rahmen eines formalen Konsensusverfahrens verabschiedet und können entweder auf Studienergebnissen oder auf Expertenmeinungen beruhen.


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2.6. Expertenkonsens (EK)

Als Expertenkonses werden Empfehlungen bezeichnet, zu denen keine systematische Recherche nach relevanter Literatur durchgeführt wurde. In der Regel adressieren diese Empfehlungen Vorgehensweisen der guten klinischen Praxis, zu denen keine wissenschaftlichen Studien existieren bzw. erwartet werden können. Für die Graduierung des Expertenkonsenses wurden keine Symbole bzw. Buchstaben verwendet, die Stärke der Empfehlung ergibt sich aus der verwendeten Formulierung (soll/sollte/kann) entsprechend der Abstufung in [Tab. 8].


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2.7. Unabhängigkeit und Darlegung möglicher Interessenkonflikte

Die Aktualisierung der Leitlinie erfolgte in redaktioneller Unabhängigkeit von der finanzierenden Organisation, der Deutschen Krebshilfe (DKH). Die Mittel der DKH wurden für Personalkosten, Büromaterial, Literaturbeschaffung und die Konsensuskonferenzen eingesetzt.

Wir danken allen Mandatsträgern und Experten für die ausschließlich ehrenamtliche Mitarbeit an der Aktualisierung der S3-Leitlinie. Alle Mitglieder der Leitliniengruppe legten während des Leitlinienprozesses eine schriftliche Erklärung zu eventuell bestehenden Interessenkonflikten vor. Die offengelegten Interessenkonflikte sind im Leitlinienreport zu dieser Leitlinie (https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/magenkarzinom/) aufgeführt.

Die Erklärungen von Interessen wurden mit dem geltenden AWMF-Formblatt zu Beginn des Projekts von den Mitgliedern beim Koordinator abgegeben (Dezember 2016). Vor der 2. Konsensfindung wurde die standardisierte Zusammenfassung durch Rückmeldungen der Mitglieder aktualisiert (Dezember 2017). Die Zusammenfassung wurde dem OL-Office zur Bewertung übergeben. Für den Aktualisierungsprozess 2016–2018 sichteten das OL-Office sowie die Leitlinienkoordination die offengelegten Sachverhalte und Beziehungen.

Für die Aktualisierung wurden bei drei Themen (Ramucirumab, Trastuzumab, Immuncheckpoint-Inhibitoren) Abstimmungen mit Stimmenthaltungen von Personen mit Interessenkonflikten durchgeführt. Als Interessenkonflikt wurden jeweils finanzielle Beziehungen zu den Herstellern gewertet.

Die Beeinflussung durch Interessenkonflikte wurde auch dadurch reduziert, dass mit der Recherche, Auswahl und Bewertung der Literatur bei brisanten Themen externe, unabhängige Experten beauftragt wurden. Die formale Konsensbildung sowie die Erstellung der interdisziplinären Arbeitsgruppen waren weitere Maßnahmen, um eine kommerzielle Einflussnahme zu vermeiden.

Wir möchten darauf hinweisen, dass Recherche, Auswahl, Auswertung und Bewertung der Literatur durch externe Methodiker erfolgten, die sämtlich keine finanziellen Verbindungen zu Unternehmen der Gesundheitswirtschaft hatten. Die formale Konsensbildung mit externer, unabhängiger Moderation, die interdisziplinäre Erstellung der Leitlinie und die öffentliche Begutachtung der Leitlinie bilden weitere Aspekte zur Reduktion von Verzerrungen und unangemessener Einflussnahme.


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2.8. Redaktioneller Hinweis

Geschlechtsneutrale Formulierung

Ausschließlich zum Zweck der besseren Lesbarkeit wird auf die geschlechtsspezifische Schreibweise verzichtet. Alle personenbezogenen Bezeichnungen in diesem Dokument sind somit geschlechtsneutral zu verstehen.


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Partizipative Entscheidungsfindung

Alle Empfehlungen der Leitlinie sind als Empfehlungen zu verstehen, die im Sinne einer partizipativen Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient und ggf. Angehörigen getroffen werden und umzusetzen sind.


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3. Risikofaktoren

3.1. Helicobacter pylori

3.1.

Evidenzbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Level of Evidence

2a

Helicobacter pylori ist der wesentliche Risikofaktor für das Magenkarzinom.

De Novo [7] [8] [9], Siehe auch [10]

Starker Konsens (100 %)

3.2.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

B

Die H.-pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprävention sollte bei den folgenden Risikopersonen durchgeführt werden (siehe [Tab. 10]).

Level of Evidence

1a

De Novo [8],

siehe auch: [10] [11]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund 3.1.

Das Magenkarzinom ist eine multifaktorielle Erkrankung, bei der die Infektion mit H. pylori den wichtigsten Risikofaktor darstellt. Seit 1994 ist H. pylori durch die Weltgesundheitsorganisation als Klasse-I-Karzinogen anerkannt und wurde 2009 als solches bestätigt [12]. Belege für das Risiko gibt es aus epidemiologischen, histologischen und molekularbiologischen Untersuchungen sowie aus Tiermodellen, Therapiestudien und mehreren daraus resultierenden Metaanalysen [13]. Die ursprüngliche Einschätzung gründete sich auf epidemiologische Studien, die ein um den Faktor 2–3 erhöhtes Risiko für ein Magenkarzinom durch die Infektion mit H. pylori gezeigt haben. Schließlich beobachtete eine prospektive Follow-up-Studie an 1526 Patienten, von denen 1246 mit H. pylori infiziert waren, die Entwicklung eines Magenkarzinoms nur bei Infizierten [14]. Bei Patienten mit ausgeprägter Atrophie, korpusprädominanter Gastritis oder intestinaler Metaplasie zeigte sich dabei ein signifikant erhöhtes Risiko [15]. Eine Reihe weiterer auch prospektiver Interventionsstudien hat diesen Sachverhalt bestätigt [16] [17]. Eine Metaanalyse von 19 Studien an 2491 Patienten und 3959 Kontrollen erbrachte eine OR (Odds Ratio) von 1,92 (95 %-KI (Confidence Interval): 1,32–2,78) für die Entwicklung eines Magenkarzinoms in mit H. pylori infizierten Patienten [18]. In einer weiteren Metaanalyse von 16 Fallkontrollstudien wurde gezeigt, dass die Infektion mit einem cagA(cytotoxin-associated gene A)-positiven Stamm das Risiko um das 2,28- bis 2,87-Fache erhöht [19]. Später konnte durch populationsbasierte Fallkontrollstudien gezeigt werden, dass die OR für Nicht-Kardia-Karzinome bei H.-pylori-positiven Patienten von 2,2 (95 %-KI: 1,4–3,6) auf 21 (95 %-KI: 8,3–53,4) ansteigt, wenn ein spezieller Immunoblot gegen CagA-Antikörper, die nach einer Infektion länger persistieren, mit in die Analyse einbezogen wird [20].

Die Infektion mit H. pylori induziert immer eine chronisch-aktive Gastritis. Bei einem Teil der Patienten kommt es zu einer Progression, die über eine atrophische Gastritis und eine intestinale Metaplasie zu einem Magenkarzinom führen kann. Diese idealisierte Sequenz ist als Correa-Hypothese bekannt [15]. Dabei ist das Risiko für den intestinalen und diffusen Typ vergleichbar [21] [22] [23] [24]. Es gibt Hinweise auf einen frühen Einfluss der Infektion in der Karzinogenese, auch auf genetischem Niveau [25] [26] [27]. Das Risiko der Karzinomentstehung hängt allerdings auch von Wirts- [28] [29] [30], Umwelt- [31] und bakteriellen Virulenzfaktoren [32] ab. Ernährungsgewohnheiten tragen ebenfalls zum Karzinomrisiko bei [33] [34] [35]. Die zugrunde liegende chronisch-aktive Entzündung wird dabei allerdings als Grundvoraussetzung einer weiter progredienten Schädigung und Transformation der Mukosa angesehen, sodass derzeit 89,0 % der Nicht-Kardiakarzinome dem Einfluss einer H.-pylori-Infektion zugeschrieben werden [7].

Die karzinogene Bedeutung des H. pylori gilt anteilig auch für Tumoren am ösophagogastralen Übergang. Die ersten epidemiologischen Studien, die das mit H. pylori assoziierte Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms untersucht haben, waren ausschließlich auf distale Magenkarzinome fokussiert [36] [37]. Nur wenige Studien, die sich mit der Beurteilung des Effekts am ösophagogastralen Übergang befassen, führen eine Unterscheidung nach Siewert-Klassifikation zwischen Barrett-Karzinomen (AEG1), echten Übergangskarzinomen (AEG2) und proximalen Magenkarzinomen (AEG3) auf [38]. Für AEG3-Karzinome kann die Rolle des H. pylori als Karzinogen bestätigt werden [39]. Bei den AEG2-Tumoren, den „klassischen Kardiakarzinomen“, könnte es sich dagegen um zwei Entitäten handeln: mit H. pylori bzw. Reflux assoziierte Karzinome [9] [40] [41], wobei eine Unterscheidung derzeit nur vage über Surrogatparameter möglich scheint [42] [43]. Weiter proximal gelegene Tumoren scheinen einer anderen Ätiologie zu unterliegen [44] [45] [46] [47] [48] [49].

Der Beurteilung ätiologischer Einflüsse in der Pathogenese gastroösophagealer Adenokarzinome könnte jedoch zeitnah ein Paradigmenwechsel bevorstehen. Eine umfassende Studie des „The Cancer Genome Atlas“ (TCGA)-Konsortiums schlug 2014 eine neue Klassifikation des Magenkarzinoms in vier molekulare Subtypen vor [50]. Diese beruht im Wesentlichen auf genomischen Daten, konnte aber auch auf epigenetischer sowie Transkriptom- und Proteomebene nachvollzogen werden. Eine weiterführende Studie des Konsortiums belegte, dass auch Karzinome am gastroösophagealen Übergang sowie auch weiter proximal gelegene ösophageale Adenokarzinome den 2014 beschriebenen molekularen Subtypen des Magenkarzinoms zugeordnet werden können [51]. Die Verteilung der jeweiligen Subtypen ist jedoch je nach Lokalisation verschieden, und die zugrunde liegenden ätiologischen Faktoren müssen noch genauer differenziert werden.

Der Einfluss einer H.-pylori-Infektion wurde in diesen Studien leider nur unzureichend erfasst, allerdings wurde erneut der Einfluss des Epstein-Barr-Virus (EBV) als Risikofaktor bestätigt. Der Nachweis des Epstein-Barr-Virus in Magenkarzinomgewebe fällt in bis zu 9 % der Tumorpatienten positiv aus. Diese EBV-positiven Tumoren scheinen eine eigene Entität darzustellen. Weitere Schlussfolgerungen zu EBV-positiven Magenkarzinomen sowie die Ableitung klinischer Empfehlungen für das Management dieser Patienten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht möglich [52].

Hintergrund 3.2.

Tab. 10

Risikoindividuen bzw. -konstellationen, bei denen eine H.-pylori-Eradikation unter karzinomprotektiven Aspekten durchgeführt werden sollte.

Risikopersonen/-konstellationen

Anmerkungen

Risikogastritis

Pan-Gastritis oder korpusdominante Gastritis

Erstgradige Verwandte von Magenkarzinompatienten

Frühere Magenneoplasien

Endoskopische Resektion oder Magenteilresektion bei Magenadenom oder Frühkarzinom; MALT-Lymphom

Mögliche weitere Indikationen:

Atrophie und/oder intestinale Metaplasie

Ausgedehnte, mutlifokale Atrophie

Hintergrund

Die Eradikation von H. pylori hat grundsätzlich das Potenzial, die Entstehung eines Magenkarzinoms zu verhindern [53]. Neben Studien aus dem asiatischen Raum konnte dies auch in einer großen finnischen Kohorte sowie in einer Metaanalyse bestätigt werden [8] [54] [55] [56]. Entscheidend für die Effizienz der H.-pylori-Eradikation zur Prävention des Magenkarzinoms ist der Zeitpunkt der Behandlung [57]. Sie ist vor allem dann wirksam, wenn noch keine prä-/para-neoplastischen Veränderungen wie Atrophie oder intestinale Metaplasie vorliegen [57] [58] [59], kann aber auch bei fortgeschrittenen Veränderungen, wie beispielsweise nach endoskopischer Resektion eines Magenfrühkarzinoms, noch effektiv sein [24] [60] [61] [62] [63] [64]. Eine aktuelle Metaanalyse ergab, dass der karzinomprotektive Effekt einer H.-pylori-Eradikation umso größer war, je höher die zugrunde liegende Magenkarzinominzidenz in der untersuchten Population war [65]. Letztlich war er aber für alle Bevölkerungsgruppen, Risikopersonen und asymptomatischen Personen nachweisbar.

Die bislang größte Interventionsstudie zum karzinomprotektiven Effekt einer H.-pylori-Eradikation wurde in China initiiert [66]. Sie zeigt, dass ein bevölkerungsbasiertes Screening auf H. pylori und eine konsekutive Eradikationsbehandlung prinzipiell machbar sind. Ihre Auswirkung auf die Magenkarzinominzidenz bleibt abzuwarten. Aufgrund der vergleichsweise geringen Prävalenz der H.-pylori-Infektion und der geringen Inzidenz des Magenkarzinoms ist ein Massenscreening in Deutschland nicht sinnvoll und nicht kosteneffektiv [67]. Man wird sich daher auf Risikoindividuen beschränken, wie sie in obiger [Tab. 10] dargestellt sind [68] [69] [70] [71] und wie sie auch im Maastricht V/Florenz-Konsensusreport [53] und in der deutschen S2k-Leitlinie „H. pylori und gastroduodenale Ulkuskrankheit“ empfohlen werden [10].

Man sollte sich bewusst sein, dass auch nach einer erfolgreichen präventiven H. pylori-Eradikation das Karzinomrisiko nicht völlig eliminiert ist. Eine Kohortenstudie mit 753 Patienten und einem endoskopischen Follow-up über 6,2 ± 4,8 Jahren zeigte bei Patienten mit intestinaler Metaplasie oder schwerer endoskopischer Atrophie ein erhöhtes Magenkarzinomrisiko auch nach H.-pylori-Eradikation [72].


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3.2. Weitere Risikofaktoren

3.3.

Evidenzbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Level of Evidence

2

Wichtige Risikofaktoren für das Nicht-Kardiakarzinom sind Alter, niedriger sozioökonomischer Status, Tabakrauchen, Alkoholkonsum, familiäre Belastung, vorangegangene Magenoperationen, perniziöse Anämie, Leben in einer Hochrisikopopulation sowie Ernährungs- und Umweltfaktoren.

De Novo [73]

Starker Konsens (100 %)

3.4.

Evidendenzbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Level of Evidence

2b

Die Assoziation zwischen einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) und der Entstehung eines Adenokarzinoms des gastroösophagealen Übergangs ist wahrscheinlich.

De Novo (alt): [74] [75] [76] [77]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund 3.3.

Vorangegangene Magenoperationen

Die Einschätzung eines erhöhten Karzinomrisikos nach Magenteilresektionen basierte im Wesentlichen auf den Erfahrungen mit Patienten, die wegen einer benignen Erkrankung operiert worden waren. In dieser retrospektiven Studie wurden die Daten von 541 Patienten ausgewertet, die wegen eines Magenfrühkarzinoms eine subtotale Magenresektion erhalten hatten. Das kumulative Risiko für ein Karzinom im Restmagen lag nach 10 Jahren bei 2,6 % und nach 20 Jahren bei 4 %. Es bestand keine Korrelation zur operativen Technik (BI, BII, Y-Roux). Synchrone oder metachrone extragastrale Tumoren wurden bei 11,2 % der Patienten beobachtet. Eine Korrelation zur operativen Technik bestand nicht [78].

Perniziöse Anämie

Nach dieser bevölkerungsbasierten Fallkontrollstudie aus den USA war für Patienten mit perniziöser Anämie das Risiko für ein Nicht-Kardiakarzinom verdoppelt (OR 2,18; 1,94–2,45). Perniziosapatienten hatten weiterhin ein erhöhtes Risiko für neuroendokrine Magentumoren (OR 11,43), Hypopharynx- und Tonsillenkarzinome, Plattenepithelkarzinome des Ösophagus, Dünndarmkarzinome, HCC und einige hämatologische Neoplasien [79].

Protonenpumpeninhibitoren (PPIs) – siehe Darstellung der Evidenz in Kapitel 5.2

Übergewicht

Die Literaturdaten zu Übergewicht und Adipositas als Risikofaktoren für Adenokarzinome des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs und des Magens sind zum Teil widersprüchlich, auch weil nicht immer eine klare Differenzierung der Tumorlokalisationen vorgenommen wurde. Für die ösophagogastralen Übergangskarzinome zeigt sich überwiegend eine positive Korrelation zwischen Übergewicht und Karzinomrisiko (1, 2). In einer Metaanalyse von 22 Studien gingen Übergewicht (BMI 25–30 kg/m2) und Adipositas (BMI > 30 kg/m2) mit einem höheren relativen Risiko für Adenokarzinome des Ösophagus (RR 2,73; 95 %-KI: 2,16–3,46) als des Magens (RR 1,93; 95 %-KI: 1,52–2,45) einher [80]. Eine Metaanalyse von Beobachtungsstudien ergab für westliche Populationen eine 50 %ige Risikoerhöhung (OR 1,55; 95 %-KI: 1,31–1,84) für Kardiakarzinome [81]. Mit ansteigendem BMI erhöht sich kontinuierlich das Risiko für ein Karzinom am ösophagogastralen Übergang [82].

Neuere Daten sind eher inkonsistent. So korrelierten auf der Basis der Daten von 391 456 Individuen der EPIC-Studie Übergewicht und abdominelle Adipositas, gemessen anhand von BMI bzw. Taillenumfang, mit keinem Karzinomtyp (weder ösophageales Adenokarzinom noch Kardia- oder Nicht-Kardiakarzinom). Für den Hüftumfang fand sich eine Assoziation mit dem Adenokarzinom des Ösophagus, für das Kardiakarzinom war dies nicht eindeutig und für das Magenkarzinom negativ [83]. In China wurde die Linxiankohorte mit fast 30 000 Teilnehmern von 1985 bis 2014 beobachtet. In den 30 Jahren wurden 1716 Kardiakarzinome und 626 Nicht-Kardiakarzinome neu diagnostiziert. Ein höherer BMI ging mit einem niedrigeren Risiko für diese Tumoren einher. Für das Kardiakarzinom fand sich keine Assoziation mit dem BMI [84].

Hintergrund 3.4

Reflux und GERD stellen weiterhin die Grundvoraussetzung für die Entstehung einer Barrett-Metaplasie dar, aber allein aus dem statistisch engen Zusammenhang zwischen Reflux und Metaplasie lässt sich der enorme Inzidenzanstieg der Barrett-Metaplasie in den letzten Jahrzehnten nicht erklären [85]. Wenngleich das Vorliegen einer Refluxerkrankung der wichtigste Risikofaktor zu sein scheint, wurde zumindest in einer größeren Studie nachgewiesen, dass in der Kontrollgruppe ohne GERD-Symptomatik zusammen mehr Adenokarzinome, höhergradige Dysplasien und Barrett-Metaplasien zu finden waren als in der Gruppe der symptomatischen GERD-Patienten [86]. Refluxsymptomatik hat also nur einen geringen Vorhersagewert für das Vorliegen einer Barrett-Metaplasie und ist allein kein ideales Kriterium, um mit Vorsorgeuntersuchungen zu beginnen. Intensität, Frequenz und Dauer chronischer Reflux-/GERD-Symptome werden zurzeit als Hauptrisikofaktor für die Entwicklung von Barrett-Ösophoagus gesehen, können jedoch nicht in allen Studien konsequent bestätigt werden. So wurde zumindest in einer größeren Studie nachgewiesen, dass ohne GERD-Symptomatik mehr Adenokarzinome, höhergradige Dysplasien auftreten und Refluxsymptomatik somit nur einen geringen Vorhersagewert für eine maligne Entartung hat [86]. Leider ist zurzeit kein Parameter bekannt, der Patienten ohne Refluxsymptome mit erhöhtem Risiko für ein Adenokarzinom des Ösophagus zuverlässig identifizieren könnte, daher sind weitere Faktoren zur Risikostratifizierung der Patienten vonnöten [85] [87].

Es wird davon ausgegangen, dass die Refluxbeschwerden in erster Linie durch die Magensäure verursacht werden. Abhängig von der Funktion des Pylorus kann auch Duodenuminhalt den Ösophagus erreichen; auf diesem Weg kann das Ösophagusepithel in Kontakt mit Gallensäuren kommen. Reflux wird unter anderem mit einer Dysfunktion des unteren Ösophagussphinkters in Verbindung gebracht, die es ermöglicht, dass Magensäure wie auch Gallensäuren zu einer chemischen Reizung und lokalen Entzündung im Ösophagus führen. Magensäure wie auch Gallensäuren führen in erster Linie zu einer chemischen Reizung und zu einer lokalen Entzündung. Eine Rolle in der Karzinogenese durch die toxischen Eigenschaften wird den Gallensalzen zugeschrieben, da sie insbesondere eine unspezifische Schädigung der DNA und der Zellmembranen durch eine Erhöhung intrazellulärer Sauerstoffradikale induzieren. Im Mausmodell führte die Exposition gegenüber Gallensäuren zu einer Beschleunigung der Karzinogenese, die am ehesten durch ein verändertes Mikromilieu im Sinne einer veränderten Immunantwort zu erklären ist [88].

In einer schwedischen Fallkontrollstudie [74] lag bei Personen mit rezidivierenden Refluxsymptomen im Vergleich mit Personen ohne solche Symptome die Odds Ratio (OR) für das Kardiakarzinom bei 2,0, für das Adenokarzinom des distalen Ösophagus bei 7,7. Je häufiger, schwerer und länger dauernd die Symptome waren, desto größer war das Risiko. In einer Fallkontrollstudie aus den USA [75] fand sich eine höhere Prävalenz GERD-assoziierter Symptome bei Patienten mit einem Karzinom des gastroösophagealen Übergangs als bei Kontrollpatienten gleichen Alters und gleichen Geschlechts. In einer weiteren bevölkerungsbasierten Fallkontrollstudie aus den USA [76] fand sich nach Berücksichtigung demografischer Faktoren ein 3-fach erhöhtes Risiko für ein Ösophaguskarzinom bei Refluxsymptomen (OR 3,61; 95 %-KI: 2,49–5,25); bei Vorliegen einer Hiatushernie war das Risiko 6-fach (OR 5,85; 95 %-KI: 3,18–10,75) und bei Refluxsymptomen und Hiatushernie 8-fach (OR 8,11; 95 %-KI: 4,75–13,87) erhöht. Eine weniger starke, jedoch noch immer signifikante Assoziation errechnete sich für das Kardiakarzinom. In einer Studie aus den USA [77] wurden Patienten, bei denen endoskopisch ein Adenokarzinom des Ösophagus oder der Kardia oder ein Long-Segment-Barrett-Ösophagus festgestellt worden war, nach ihren Refluxsymptomen befragt. 61 % der Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus, 38 % derjenigen mit Kardiakarzinom und 70 % derjenigen mit Barrett-Ösophagus berichteten über chronische Refluxsymptome über mehr als fünf Jahre vor der Diagnosestellung.


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4. Risikogruppen

4.1. Familiäres Risiko

4.1.

Evidenzbasiertes Statement

Geprüft 2019

Level of Evidence

2a

Verwandte ersten Grades von Patienten mit einem Magenkarzinom haben ein im Vergleich zur Normalbevölkerung erhöhtes Risiko, ebenfalls an einem Magenkarzinom zu erkranken.

De Novo [73],

siehe auch [10]

Starker Konsens (100 %)

4.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Ein frühes Erkrankungsalter, das Vorliegen eines Magenkarzinoms und eine familiäre Häufung weisen auch bei gesunden Personen auf eine erbliche Form eines Magenkarzinoms hin. In diesen Fällen sollte die Indexperson einem multidisziplinären Team unter Einbeziehung eines Humangenetikers und mit Zugang zu psychosozialer Beratung vorgestellt werden.

Leitlinienadaptation [89]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund 4.1

Für Verwandte ersten Grades (Eltern, Geschwister, Kinder) eines Patienten mit Magenkarzinom ist das Magenkarzinomrisiko um das 2- bis 3-Fache erhöht [73] [90] [91] [92] [93] [94] [95]. Ursache des erhöhten Risikos könnten gemeinsame Umweltbedingungen bzw. Lebensgewohnheiten, eine gemeinsame genetische Veranlagung oder eine Kombination beider Faktoren sein. Obwohl eine Korrelation zwischen einer positiven Familiengeschichte und einer Helicobacter-Infektion besteht [10] [91] [96], scheinen beide voneinander unabhängige Risikofaktoren darzustellen [91] [96] [97] [98]. Möglicherweise führt das gleichzeitige Vorliegen beider Faktoren zu einem synergistischen Effekt [91]. Es wird empfohlen, bei Verwandten ersten Grades von Magenkarzinompatienten eine Eradikation von H. pylori durchzuführen [10] (siehe auch Empfehlung 2 zur Eradikation bei Risikopersonen). Ist mehr als ein Verwandter ersten Grades an einem Magenkarzinom erkrankt, so ist das Risiko etwa 10-fach erhöht [91]. Eine Empfehlung zu Screeninguntersuchungen (ÖGD) bei Personen mit positiver Familienanamnese kann dennoch nicht gegeben werden (es sei denn, es werden die Kriterien für ein HDGC-Syndrom erfüllt, siehe Empfehlung 11). Es existiert derzeit keine wissenschaftliche „Evidenz“ für einen Nutzen spezieller vorsorgender Maßnahmen bei nahen Verwandten von Patienten mit Magenkarzinom.

Hintergrund 4.2.

Bei ca. 1–3 % der Patienten mit Magenkarzinom liegt eine Keimbahnmutation zugrunde und damit ein hereditäres Magenkarzinom im eigentlichen Sinne [99]. Diese lassen sich primär in drei Gruppen unterteilen: hereditäres diffuses Magenkarzinom (HDGC; autosomal dominanter Erbgang), familiäres intestinales Magenkarzinom (FIGC; autosomal dominanter Erbgang) und Gastrales Adenokarzinom mit proximaler Polypose des Magens (GAPPS; autosomal dominant) [100] [101] [102].

Bei 30–40 % der Fälle mit einem HDGC findet sich eine Mutation im CDH1-Gen, das für E-Cadherin codiert. Bei drei Familien mit einem HDGC fand sich eine Keimbahnmutation in CTNNA1, das für α-E-Catenin kodiert [103]. Weitere potenzielle Kandidatengene für das hereditäre Magenkarzinom vom diffusen Typ sind u. a. der Insulinrezeptor (INSR), F-Box-Protein 24 (FBXO24) und DOT1-ähnliches Histon H3K79 Methyltransferase (DOT1 L) [104]. Bei ca. 70 % der Fälle mit HDGC ist die zugrunde liegende genetische Alteration unbekannt [100].

Es gelang die Beschreibung eines hereditären Magenkarzinoms vom intestinalen Typ bei Patienten mit proximaler Polypose [102], die auf eine Mutation im APC Promoter 1B zurückgeführt wird [105]. Weiterhin können Magenkarzinome bei anderen hereditären Tumorleiden in einer erhöhten Frequenz auftreten, wie z. B. der familiären adenomatösen Polypose (APC) [106], dem Lynch-Syndrom (hMLH1, hMLH2) (siehe [89]), dem Cowden-Syndrom (PTEN) [107], der juvenilen Polypose [108], dem Li-Fraumeni-Syndrom (TP53) [109], der MUTYH-assoziierten adenomatösen Polypose (MUTYH) [110] und dem Peutz-Jeghers-Syndrom (STK11) [111]. Entsprechend der Evidenz für ein vermehrtes Auftreten eines Magenkarzinoms wird derzeit beim MUTYH-, Li-Fraumeni-, Lynch- und Peutz-Jeghers-Syndrom eine programmierte Überwachung mittels Gastroskopie empfohlen. Eine erhöhte Inzidenz ist nicht gesichert beim hereditären Brust- und Eierstockkrebs (BRCA1/2) [112]. Weiterhin weisen Patienten mit CDH1-Keimbahnmutationen ein deutlich erhöhtes Risiko auf, an einem lobulären Mammakarzinom zu erkranken [89] [113].

4.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Bereits erkrankte Personen, Anlageträger und Risikopersonen für monogen erbliche Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für Magenkarzinome sollen auf die Möglichkeit und den Nutzen einer psychosozialen Beratung und Betreuung hingewiesen werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Auch wenn pro ad vitam belegt ist, dass Individuen von einer genetischen Beratung und Überprüfung des Vorliegens eines erblichen Tumorleidens profitieren, kann bei den Betroffenen und Angehörigen doch eine Vielzahl psychosozialer Stressfaktoren auftreten. Sechs wesentliche Problemfelder sind zu nennen:

  1. der persönliche Umgang mit dem Krebsrisiko

  2. praktische Probleme (Lebensversicherung, Krankenversicherung, Arbeitsplatzsicherheit)

  3. familiäre Probleme (Kommunikation mit Familienmitgliedern, Verantwortungsbewusstsein, Verantwortlichkeitsbewusstsein)

  4. Probleme mit der Für- und Vorsorge der Kinder

  5. das Leben mit dem Krebsleiden (eigenes und der Familienangehörigen; Schmerzen)

  6. Emotionen

Die prädiktive Testung Minderjähriger geht zusätzlich mit spezifischen Herausforderungen wie fehlender eigener Entscheidungsfähigkeit und eingeschränktem Verständnis von Sinn und Konsequenzen der Testung einher. Ergänzend zur klinischen und humangenetischen Beratung kann die psychosoziale Beratung die Patienten und Risikopersonen im Prozess der Entscheidungsfindung für bzw. gegen eine prädiktive genetische Diagnostik unterstützen und für die Verarbeitung von Testergebnissen hilfreich sein [89].

4.4.

Evidenzbasiertes Statement

Neu 2019

Level of Evidence

1

Personen aus Familien, die die Kriterien des International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) für das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms (HDGC) erfüllen, sind Risikopersonen.

De Novo [114], Leitlinienadaptation [89]

Konsens (89 %)

4.5.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Die Feststellung, ob bei einem Patienten die Kriterien des International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) für das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms erfüllt sind, soll anamnestisch durch die behandelnden Ärzte erfolgen.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Das hereditäre diffuse Magenkarzinom (HDGC) ist eine seltene autosomal dominante Erkrankung, die für ca. 1 % aller Magenkarzinome verantwortlich ist. Bei ca. 40 % der Patienten sind heterozygote inaktivierende Keimbahnmutationen im CDH1–Gen die Ursache der Erkrankung. CDH1 liegt auf Chromosom 16q22.1 und umfasst 16 Exone. Das Protein weist drei Domänen auf: eine große extrazelluläre Domäne (Exon 4–13), eine kleine transmembranäre Domäne (Exon 13–14) und eine zytoplasmatische Domäne (Exon 14–16). CDH1 ist ein Tumorsuppressorgen. Für die Entstehung des Karzinoms ist die Inaktivierung des zweiten Wildtyp-Allels erforderlich, z. B. durch Promotormethylierung, Verlust der Heterozygotie oder eine somatische Mutation. Träger der Keimbahnmutation haben bis zu ihrem 80. Lebensjahr ein 70 %iges (Männer; 95 %-KI: 59–80 %) bzw. 56 %iges (Frauen; 95 %-KI: 44–69 %) Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms. Das kumulative Risiko von Frauen mit CDH1-Keimbahnmutation, an einem lobulären Mammakarzinom zu erkranken, beträgt 42 % (95 %-KI: 23–68 %) [113] [115] [116].

Das International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) hat 2015 überarbeitete Empfehlungen zur Auswahl von Familien für die Mutationsanalyse formuliert. Eine CDH1-Keimbahnmutationsdiagnostik sollte angeboten werden, wenn eines der folgenden Kriterien zutrifft:

  1. Unabhängig vom Erkrankungsalter sind zwei oder mehr Verwandte ersten und zweiten Grades an einem Magenkarzinom erkrankt, wobei in mindestens einem der Fälle ein diffuses Magenkarzinom vorliegt;

  2. ein Familienmitglied hat vor dem 40. Lebensjahr ein diffuses Magenkarzinom entwickelt;

  3. in der Familie sind sowohl ein diffuses Magenkarzinom als auch ein lobuläres Mammakarzinom aufgetreten, in mindestens einem der Fälle vor dem 50. Lebensjahr [113].

Weiterhin kann bei folgenden Familien eine Testung erwogen werden:

  1. bilaterales lobuläres Mammakarzinom vor dem 50. Lebensjahr oder eine Familienanamnese von mindestens zwei lobulären Mammakarzinomen vor dem 50. Lebensjahr;

  2. Eigen- oder Familienanamnese einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte und eines diffusen Magenkarzinoms;

  3. histologischer Nachweis eines In-situ-Siegelringzellkarzinoms und/oder einer pagetoiden Ausbreitung von Siegelringzellen, da diese histopathologischen Befunde praktisch nie bei sporadischen Fällen beobachtet werden [113].

Die molekulargenetische Diagnostik sollte gemäß den „Richtlinien zur Diagnostik der genetischen Disposition für Krebserkrankungen“ der Bundesärztekammer erfolgen [89] [117].

Es sind inzwischen über 120 verschiedene CDH1-Keimbahnmutationen beschrieben worden, die auf dem gesamten Gen verteilt vorkommen. Es wurden verschiedene Mutationsarten beschrieben, u. a. Verkürzungen, Deletionen, Insertionen, Splicestellen- und Missense-Mutationen [114]. Bei der Mehrzahl der HDGC handelt es sich um verkürzende, pathogene Mutationen, die zu einem Funktionsverlust des Proteins führen (loss of function). Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse hat gezeigt, dass die größte Vielfalt an CDH1-Mutationen bei HDGC (87,5 %) in Regionen mit niedrigem Magenkarzinomrisiko gefunden wird, wozu auch Deutschland gehört. In Hochrisikogebieten für die Entstehung eines sporadischen Magenkarzinoms fand sich eine signifikant geringere Vielfalt an CDH1-Keimbahnmutationen. Die Ursachen sind unklar [113] [114].

Ca. 11 % der sporadischen Magenkarzinome weisen ebenfalls somatische CDH1-Mutationen auf, weshalb Tumorgewebe für die Keimbahndiagnostik ungeeignet ist [50]. Vorsicht ist bei Patienten geboten, die eine CDH1-Keimbahnmutation aufweisen ohne Eigen- oder Familienanamnese eines HDGC [113]. Die Relevanz der CDH1-Mutationen bezüglich eines erhöhten Risikos eines Magenkarzinoms vom diffusen Typ bedarf in diesen Fällen einer sorgfältigen Abwägung und kann u. U. nicht gesichert sein gerade im Hinblick auf eine prophylaktische Gastrektomie (s. u.).

Wenn die krankheitsverursachende Mutation bei einer Risikoperson ausgeschlossen wurde, unterscheidet sich das Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms nicht von dem der Allgemeinbevölkerung.

Die Betreuung von Individuen mit einer CDH1-Keimbahnmutation unklarer Signifikanz bezüglich eines HDGC-Risikos und negativer Testung bei Familienmitgliedern ist eine besondere klinische Herausforderung. Es gibt dazu keine Datenlage für Handlungsempfehlungen. Demgegenüber empfiehlt das International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) eine intensive endoskopische Überwachung bei jenen Familien, die die Kriterien eines HDGC erfüllen (s. o.), aber keine CDH1-Keimbahnmutation aufweisen. Die betreuten Individuen/Familien sollten darüber aufgeklärt werden, dass trotz regelmäßiger Endoskopie Magenkarzinome im frühen Krankheitsstadium übersehen werden können [113].

4.6.

Evidenzbasierte Empfehlung

Neu 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei Individuen mit gesicherter pathogener CDH1-Keimbahnmutation, bei denen keine prophylaktische Gastrektomie durchgeführt wird, soll eine regelmäßige Endoskopie (ÖGD) angeboten werden.

Level of Evidence

3b

De Novo [113]

Konsens (94 %)

Hintergrund

Der Nutzen einer gastroskopischen Vorsorge hinsichtlich einer Reduzierung der Mortalität bei CDH1-Mutationsträgern ist nicht belegt, da frühe Läsionen endoskopisch oft unentdeckt bleiben. In der Literatur finden sich Empfehlungen, dass ab dem 25. Lebensjahr mit der Vorsorgegastroskopie begonnen werden soll, spätestens aber 10 Jahre vor dem Erkrankungsalter des jüngsten Indexpatienten der betroffenen Familie. Es gibt keine gesicherten Datengrundlagen für ein optimales Vorsorgeintervall. Die Empfehlungen beruhen auf Erfahrungswerten und raten zu einer jährlichen Endoskopie [113]. Die Endoskopie sollte mit hochauflösender Optik in Weißlicht erfolgen und mindestens 30 Minuten in Anspruch nehmen, um eine sorgfältige Inspektion der Mukosa zu ermöglichen. Ein Mehrwert der Chromoendoskopie gegenüber Weißlicht ist nicht gesichert. Eine wiederholte Insufflation und Deflation der Magenschleimhaut hilft, hypomotile Magenwandabschnitte zu identifizieren (linitis plastica). Jede sichtbare Schleimhautläsion sollte biopsiert werden einschließlich sog. heller/weißer Areale [113]. Zusätzlich sollten zufällige Stichproben nach dem Cambridge-Protokoll gewonnen werden: jeweils fünf Biopsate von präpylorisch, Antrum, Übergangszone, Korpus, Fundus und Kardia, sodass mindestens 30 Biopsate gewonnen werden [113] [118]. Eine H.-pylori-Besiedlung sollte ausgeschlossen werden.

4.7.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Risikopersonen für ein HDGC soll mit Erreichen der Einwilligungsfähigkeit (ab dem 18. Lebensjahr) eine genetische Beratung empfohlen werden. Sobald die krankheitsverursachende Mutation in der betreffenden Familie bekannt ist, sollen Risikopersonen auf die Möglichkeit einer prädiktiven Testung hingewiesen werden.

Level of Evidence

3b

De Novo [113]

Starker Konsens (97 %)

4.8.

Evidenzbasierte Empfehlung

Neu 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei gesicherten Trägern einer pathogenen CDH1-Mutation soll eine prophylaktische Gastrektomie ab dem 20. Lebensjahr angeboten werden.

Level of Evidence

3b

De Novo [113]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Das Manifestationsalter des HDGC ist variabel. In Einzelfällen wurde zwar ein Karzinom vor dem 18. Lebensjahr nachgewiesen, aber das Risiko, vor dem 20. Lebensjahr an einem HDGC zu erkranken, wird als niedrig eingeschätzt. Eine genetische Testung vor Vollendung des 18. Lebensjahrs ist deshalb eine Einzelfallentscheidung und richtet sich nach dem Phänotyp des HDGC [119].

Individuen mit gesicherter pathogener CDH1-Keimbahnmutation im Hinblick auf ein erhöhtes HDGC-Risiko (z. B. Familienangehörige von Patienten mit HDGC) sollte eine prophylaktische Gastrektomie angeboten werden unabhängig vom endoskopischen Befund. Vorläuferläsionen sind häufig endoskopisch nicht sichtbar [113]. Bei Patienten, die einer prophylaktischen Gastrektomie zugeführt werden, sollte vorab eine Endoskopie erfolgen. Dies dient dem Ausschluss von Komorbiditäten (z. B. Barrett-Mukosa) und dem Ausschluss eines makroskopisch-endoskopisch bereits manifesten Tumorleidens, das u. U. eine andere, onkologische Therapieplanung notwendig macht [113].

Die komplette Gastrektomie (mit histologisch gesichert magenschleimhautfreien oralen und aboralen Absetzungsrändern) stellt für gesicherte Träger einer pathogenen CDH1-Keimbahnmutation die einzige Möglichkeit dar, die Entstehung eines HDGC zu verhindern. Der optimale Zeitpunkt für eine Gastrektomie ist unbekannt und wird auf individueller Basis ermittelt, da das Erkrankungsalter variieren kann. Im International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) besteht Konsens, dass eine prophylaktische Gastrektomie im frühen Erwachsenenalter, zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, erwogen und mit dem Träger diskutiert werden sollte. Dabei sollten der Phänotyp in der Familie und das Erkrankungsalter berücksichtigt werden [113]. Ein alternativer Vorschlag lautet, die prophylaktische Gastrektomie in einem Alter durchzuführen, das 5 Jahre vor dem Erkrankungsalter des jüngsten angehörigen Indexpatienten liegt [113] [115].

Das Gastrektomiepräparat sollte vollständig eingebettet werden gemäß veröffentlichten Protokollen (siehe [113]). In über 85 % der Fälle mit gesicherter pathogener CDH1-Mutation ist die Gastrektomie nicht prophylaktisch, sondern therapeutisch, da sich in den Resektaten bereits kleine Herde von In-situ-Siegelringzellen bis hin zu pT1a-diffusen Magenkarzinomen finden lassen [120]. In 63 % der Patienten mit prophylaktischer Gastrektomie konnte endoskopisch/bioptisch zuvor kein pathologischer Befund erhoben werden, obwohl Vorläuferläsionen häufig multifokal auftreten: Sie finden sich meist unter einer intakten Schleimhaut [120] [121] [122] [123]. Wird eine prophylaktische Gastrektomie abgelehnt, sollte trotzdem eine gastroskopische Überwachung erfolgen, um die Erkrankung in einem möglichst frühen Stadium zu diagnostizieren (s. o.).


#

4.2. Hereditäres nonpolypöses kolorektales Karzinom (HNPCC)

4.9.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei HNPCC-Patienten und Risikopersonen für HNPCC sollte ab dem 35. Lebensjahr zusätzlich zur Koloskopie regelmäßig eine ÖGD durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Das Lynch-Syndrom (HNPCC) ist eine autosomal-dominant vererbbare Karzinomprädisposition, die durch Keimbahnmutationen in einem der Mismatch-Repair(MMR)-Gene verursacht wird. HNPCC ist charakterisiert durch das frühe Auftreten von syn- und metachronen kolorektalen Karzinomen sowie von Karzinomen anderer Organlokalisationen, darunter Magenkarzinome. Informationen zur klinischen und molekulargenetischen Diagnostik des HNPCC finden sich auf der Internetseite des Verbundprojekts „Familiärer Darmkrebs“ (http://www.hnpcc.de). Das Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms bei Patienten mit HNPCC variiert zwischen 2 % und 30 % in Abhängigkeit von der Patientenpopulation [124]. In westlichen Ländern beträgt das Risiko für Mutationsträger etwa 2–9 % [125] [126] [127] – im Vergleich zu 1,5 % bei der Allgemeinbevölkerung. Eine Assoziation mit einem Pylorusadenom wurde in einzelnen Fällen beschrieben [128]. In Ländern mit hoher Magenkarzinominzidenz liegt das Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines mit HNPCC assoziierten Magenkarzinoms bei 30 % [129]. Das mittlere Erkrankungsalter variiert bei Patienten mit HNPCC zwischen 47 und 56 Jahren [124], während sporadische Magenkarzinome meist nach dem 55. Lebensjahr auftreten [130]. Meist liegt ein intestinaler Typ des Magenkarzinoms mit Mikrosatelliteninstabilität vor [131].

Obgleich keine prospektiven, randomisierten Daten oder ein allgemeiner Konsens bezüglich der Effizienz einer Überwachungsstrategie mittels ÖGD vorliegen, wird diese häufig empfohlen. So befürwortet das deutsche HNPCC-Konsortium eine jährliche Untersuchung ab dem Alter von 35 Jahren, unabhängig davon, ob bereits Magenkarzinome in der Familie aufgetreten sind. Grundlage dafür ist eine Untersuchung der deutschen HNPCC-Studiengruppe mit 281 Familien, in der das Magenkarzinom 5 % der Tumoren ausmachte, 98 % dieser Erkrankungen nach dem Alter von 35 Jahren aufgetreten sind und keine familiäre Häufung beobachtet wurde [132]. Der Zusammenhang zwischen Familiengeschichte und Magenkarzinomrisiko bei HNPCC ist unklar, die Daten sind widersprüchlich [126] [132]. Manche Autoren empfehlen Früherkennungsuntersuchungen nur in HNPCC-Familien, in denen mehr als ein Familienmitglied an einem Magenkarzinom erkrankt ist, oder in Ländern mit hoher Magenkarzinominzidenz [124] [133]. Einige europäische Kollegen sehen bei nicht signifikant erhöhtem Magenkarzinomrisiko bei Patienten mit HNPCC keinen Stellenwert einer Überwachungs-ÖGD [134]. Wird eine ÖGD durchgeführt, sollte diese immer bis zum Treitzʼschen Band erfolgen, da 50 % der mit HNPCC assoziierten Dünndarmtumoren im Duodenum lokalisiert sind [135]. Eine ggf. bestehende H.-pylori-Infektion bei HNPCC-Patienten sollte in jedem Fall behandelt werden [124].


#
#

5. Screening und Prävention

5.1. Screening

5.1.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Ein serologisches Screening der asymptomatischen Bevölkerung auf H. pylori, EBV sowie pathologische Serumpepsinogene soll nicht durchgeführt werden.

Level of Evidence

2b

De Novo [136] [137],

siehe auch: [10]

Konsens (94 %)

Hintergrund

Das Magenkarzinom wird häufig erst in einem bereits fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert. Die späte Diagnosestellung ist mit einer schlechten Prognose verbunden. Nichtinvasive Testmethoden wären hilfreich, das Magenkarzinom in einem frühen Stadium zu diagnostizieren. Bisher gibt es keinen verlässlichen Biomarker, der eine Früherkennung erlaubt. Es gibt allerdings Surrogatparameter, die eine Identifizierung von Patienten mit fortgeschrittenen prämalignen Veränderungen der Magenschleimhaut erlauben. Der intestinale Typ des Magenkarzinoms ist mit einer atrophisierenden Gastritis und dem Vorliegen einer intestinalen Metaplasie vergesellschaftet. Das Risiko, an einem Magenkarzinom zu erkranken, korreliert sowohl mit der Ausdehnung als auch mit dem Schweregrad der Atrophie [15] [138]. Serologische Marker wie Pepsinogen (PG) I und II, Gastrin 17 (G-17) geben Hinweise auf den Schweregrad und die Lokalisation der Atrophie [139] und ermöglichen dadurch die Erkennung von Hochrisikopatienten. PG I wird ausschließlich in den Hauptzellen des Korpus produziert, während PG II auch in der Kardia, dem Pylorus und von den duodenalen Brunnerʼschen Drüsen sezerniert wird [138]. Ein vermindertes PG-I/II-Verhältnis spricht mit einer Sensitivität von 66,7–84,6 % und einer Spezifität von 73,5–87,1 % für eine fortgeschrittene Drüsenkörperatrophie [140] [141] [142].

Watabe et al. nahmen 9293 Teilnehmer, die für H.-pylori-Antikörper und Serum- Pepsinogene gescreent wurden, für 4,7 Jahre in Beobachtung. In dieser Studie zeigte sich die Kombination der genannten Serummarker als hoch prädiktiv für die Entstehung eines Magenkarzinoms [143]. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt eine Langzeitstudie mit 2446 Teilnehmern, in der ein signifikanter Zusammenhang zwischen den Pepsinogen-Serumwerten und der Entwicklung eines Magenkarzinoms nachgewiesen wurde, der unabhängig von einer H.-pylori-Infektion war [144] [145]. Eine Metaanalyse aus dem asiatischen Raum beschreibt, dass das Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms bei einem pathologischen Serumpepsinogen-Test und positiver H.-pylori-Serologie um das 6- bis 60-Fache erhöht ist [137]. So identifizierte Individuen könnten dann gezielt einer weiteren endoskopischen Abklärung zugeführt werden [146]. Diese Strategie wurde in einer japanischen Metaanalyse von Daten aus 40 Studien mit mehr als 300 000 Individuen untermauert [147]. In Japan und Südkorea werden daher bereits Individuen anhand des Serumpepsinogen-Tests und ihres serologischen H.pylori-Status in unterschiedliche Risikogruppen eingeteilt, um so eine individuelle Risikostratifizierung und damit eine ökonomischere endoskopische Überwachung zu ermöglichen [143]. Damit konnte in diesen Regionen eine Reduktion magenkarzinombedingter Todesfälle um bis zu 76 % erreicht werden [10] [148].

Mehrere Kohortenstudien, auch aus Europa, mit langen Beobachtungszeiträumen von bis zu 14 Jahren bestätigen den Nutzen dieser Strategie in ähnlicher Weise [144] [149] [150] [151]. Dies ist auch in einer Metaanalyse angedeutet, in die auch europäische Studien mit einbezogen wurden, wobei die heterogene Studienlage nur bedingt valide Schlussfolgerungen zulässt [136]. Die Kosteneffektivität dieser Strategie konnte bislang nur für bestimmte Patientengruppen und in der Regel auch nur für Regionen mit hoher Magenkarzinominzidenz nachgewiesen werden, sodass eine bevölkerungsbasierte Pepsinogentestung für Deutschland derzeit nicht empfohlen werden kann [152].

Auch ein generelles Screen and Treat für H. pylori kann derzeit für Regionen mit vergleichsweise niedriger Inzidenz des Magenkarzinoms wie Deutschland nicht empfohlen werden [152]. Es ist jedoch wichtig, dass in den entsprechenden gesundheitsökonomischen Studien und Modellen auch andere positive Effekte, wie beispielsweise die Reduktion der Ulkuserkrankung, Dyspepsie und Ähnliches berücksichtigt werden [153] [154]. Eine weitere Möglichkeit zur Optimierung der Effizienz vergleichbarer Maßnahmen wäre auch, einen entsprechenden Test erst ab einem gewissen Alter an andere Vorsorgemaßnahmen wie beispielsweise die Vorsorgekoloskopie zu knüpfen [155]. Dies wird in mehreren nationalen und internationalen Studien derzeit untersucht.

Aufgrund der generell hohen Durchseuchungsrate der Bevölkerung ist ein Screening auf EBV nicht sinnvoll.

5.2.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Patienten mit fortgeschrittener Atrophie und intestinaler Metaplasie des Magens soll eine endoskopische Überwachung angeboten werden.

Level of Evidence

2b

Leitlinienadaptation [156]

Konsens (94 %)

Hintergrund

Fokale Atrophie und intestinale Metaplasie (IM) sind histologische Diagnosen. Speziell für die Graduierung der Atrophie der Magenschleimhaut besteht eine hohe Inter- und Intraobservervariabilität. Das Risiko für ein Magenkarzinom erhöht sich bei ausgeprägter IM und/oder Atrophie jeweils um das 5-Fache [57]. Zur Risikostratifizierung bieten sich bei aktiver H.-pylori-Gastritis Klassifizierungsschemata wie OLGA und/oder OLGIM an, bei denen die nach überarbeiteter Sydney-Klassifikation beurteilte Gastritis in Stadien eingeteilt wird [157] [158] [159]. Obwohl sich für OLGIM eine geringere Interobservervariabilität gezeigt hat, scheint insbesondere die Kombination beider Schemata optimale Resultate zur Risikoprädiktion zu zeigen (höchstes Risiko in Stadien III und IV) [160] [161] [162] [163]. Eine regelmäßige endoskopisch-bioptische Überwachung wird bei fokaler Atrophie und intestinaler Metaplasie nicht empfohlen, da das Magenkarzinomrisiko bei Atrophie und intestinaler Metaplasie auch nach 10 Jahren zu gering ist (< 1,8 %) [164] [165]. Allerdings sind Ausdehnung, Verteilung und bestimmte histologische Charakteristika mit einem deutlich erhöhten Risiko assoziiert [156] [166] [167] [168]. Bei Nachweis einer ausgeprägten Atrophie und Metaplasie sollte eine endoskopisch-bioptische Überwachung unter dem Aspekt durchgeführt werden, dass sich trotz erfolgreicher H.-pylori-Eradikation eine Progression zum Magenkarzinom entwickeln kann [57] [149] [169] [170] [171]. Europäische Leitlinien empfehlen bei diesen Patienten eine Endoskopie inklusive Biopsien nach dem Sydney-Protokoll[1] [172] alle drei Jahre [156]. Dieses Vorgehen wurde jüngst in mehreren europäischen Multicenterstudien untermauert [173]. Zusätzlich zu Biopsien nach dem Sydney-Protokoll [172] sollten auch Proben aus allen sichtbaren Läsionen entnommen werden [174]. Es konnte auch für Europa bestätigt werden, dass ein dreijähriges Überwachungsintervall bei Patienten mit fortgeschrittener gastraler Atrophie oder IM kosteneffektiv ist [175] [176]. Bei positiver Familienanamnese mit Magenkarzinomdiagnose bei einem erstgradigen Verwandten kann dieses Intervall bei Patienten mit fortgeschrittener IM/Atrophie individuell verkürzt werden [177]. In den Niederlanden wird alternativ ein einmaliges Populationsscreening im 60. Lebensjahr vorgeschlagen, wobei dort insbesondere prämalignen Konditionen im Korpus eine prädiktive Aussagekraft für eine weitere neoplastische Progression zugeschrieben wird [155] [168]. Aufgrund der allerdings insgesamt noch recht heterogenen Studienlage sind weitere multizentrische, prospektive Studien dringend erforderlich [173] [175]. Die oben aufgeführte Strategie soll aber in jedem Fall mit den betroffenen Patienten diskutiert werden.

5.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenkarzinomen soll in Deutschland nicht erfolgen.

Konsens (89 %)

Hintergrund

Derzeit wird ein populationsbezogenes Screening einer asymptomatischen Bevölkerung lediglich in Ländern mit sehr hoher Inzidenz des Magenkarzinoms durchgeführt (Korea, Japan, Taiwan). In Japan wird ab dem 40. Lebensjahr eine Bariumkontrastdarstellung und ab dem 50. Lebensjahr eine Gastroskopie angeboten [178]. In Korea besteht ebenfalls das Angebot, eine Gastroskopie durchzuführen, während in Taiwan zunächst der Serumpepsinogenspiegel bestimmt wird. Im Fall niedriger Spiegel wird endoskopiert [179]. Da Immigranten aus Hochrisikoländern zumindest in der 1. Generation ein signifikant erhöhtes Risiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms aufweisen, wird bei Immigranten aus Ostasien ein Screening empfohlen. Für Migranten aus osteuropäischen Ländern, Afrika und Südamerika scheint ebenfalls eine erhöhte Inzidenz vorzuliegen, jedoch existieren dazu keine präziseren Empfehlungen [180].

5.4.

Evidenzbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Level of Evidence

2a

Bezüglich einer möglichen endoskopischen Überwachung von Patienten mit reseziertem Magen ohne Magenkarzinomanamnese lässt sich aus den existierenden Daten keine Empfehlung ableiten.

DeNovo [181] [182] [183] [184] [185]

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Nach einer Operation am Magen (insbesondere Ulkuschirurgie) ist das Risiko für die Entstehung eines Magenstumpfkarzinoms ab dem 15.–20. postoperativen Jahr erhöht [181] [182] [183] [184] [185]. Das relative Risiko liegt zwei Meta-Analysen zufolge im Bereich zwische 1,5 und 3,0, abhängig von der Art der Operation und vor allem, der Zeitdauer seit de Operation [78] [181] [184]. Die Art der Rekonstruktion (Billroth-II-Resektion Gastrojejunostomie vs. Billroth-I-Resektion/Gastroduodenostomie) scheint nicht mit einem größeren Risiko verbunden zu sein. Ursächlich für das erhöht Magenkarzinomrisiko wird ein alkalischer Galle- und Pankreassaftreflux verantwortlic gemacht. Aufgrund des erhöhten Karzinomrisikos wird häufig eine regelmäßige Gastroskopie – beginnend nach 15 Jahren – empfohlen, ohne dass sich der Nutzen einer solchen Strategie belegen lässt. Aufgrund der weitgehenden Bedeutungslosigkeit der Ulkuschirurgie im Gefolge einer effizienten Pharmakotherapie mit zunächst H2 Blockern und jetzt Protonenpumpenhemmern wird das postoperative Magenstumpfkarzinom bald ein historisches Phänomen sein.


#

5.2. Prävention

5.5.

Evidenzbasiertes Statement

Geprüft 2019

Level of Evidence

2a

Es gibt keine klinischen Hinweise, dass Protonenpumpeninhibitoren (PPI) das Risiko für ein Magenkarzinom erhöhen.

De Novo [186] [187] [188] [189] [190] [191] [192] [193] [194] [195] [196] [197] [198]

Konsens (92 %)

Hintergrund

Die profunde Säuresuppression im Magen durch die Therapie mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) führt zu einer erhöhten Sekretion von Gastrin. Bei vielen Patienten, die eine Therapie mit einem PPI erhalten, lässt sich ein leichter Anstieg der Gastrin-Serumkonzentration nachweisen [187] [188]. Gastrin hat einen trophischen Effekt auf die Magenschleimhaut. Es wird von einem erhöhten Risiko für die Entstehung von neuroendokrinen Tumoren des Magens sowie von Magen- und Kolonkarzinomen durch eine Hypergastrinämie berichtet [189] [190] [191] [192] [193]. Bei Patienten unter einer langdauernden PPI-Therapie konnte eine Hyperplasie von Enterochromaffin-like Zellen (ECL-Zellen) beobachtet werden [187] [188]. Zusätzlich zeigen klinische Studien bei Patienten mit H.-pylori-Infektion eine erhöhte Inzidenz einer atrophischen Gastritis unter einer langdauernden PPI-Therapie [193], die als Risiko für Adenokarzinome des Magens angesehen werden muss [14] [194]. Nur wenige epidemiologische Studien haben die Assoziation einer PPI-Einnahme mit der Entstehung von Adenokarzinomen des Magens untersucht. Zwei Untersuchungen aus Großbritannien belegten ein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome bei Patienten unter PPI-Therapie, was aber auf die Tatsache zurückgeführt wurde, dass die Symptome eines Magenkarzinoms mit dyspeptischen Beschwerden häufig Ursache für die Einleitung einer PPI-Therapie sind. Dies muss als Confounder angesehen werden [195] [196], weil die Symptombefreiung die Krankheit maskiert und so zu einer verspäteten Diagnose führt. Eine populationsbasierte Kohortenstudie aus Dänemark, die eine Verzögerungsphase von einem Jahr in die Analyse miteinbezog, um einen solchen Effekt zu minimieren, untersuchte 15 065 Patienten, die einen PPI verschrieben bekommen hatten, und 16 176 Patienten, für die ein H2-Rezeptor-Blocker ordiniert wurde. Die Studie konnte keinen Unterschied in der IRR (incidence rate ratio) für ein Magenkarzinom zwischen beiden Patientengruppen zeigen (1,2 (95 %-KI: 0,8–2,0) vs. 1,2 (95 %-KI: 0,8–1,8)) [197]. Eine im Jahr 2016 durchgeführte Metaanalyse aus den Niederlanden konnte zwar ein leicht erhöhtes Risiko für die Entstehung von Funduspolypen (Drüsenkörperzysten) unter Einnahme von PPI für mehr als 12 Monate erkennen (1,43 (95 %-KI: 1,24–1,64) und 2,45 (95 %-KI: 1,24–4,83)), aber trotz einer Tendenz bezüglich eines Risikos zur Entstehung eines Magenkarzinoms waren die Daten dazu nicht ausreichend [186].

In einer systematischen Literaturanalyse und Auswertung von 16 Studien mit 1920 Patienten wurde kein erhöhtes Risiko für Magenkarzinome oder neuroendokrine Tumoren (NET) unter einer PPI-Langzeitmedikation über mehr als 3 Jahre beobachtet [199].

In einer Cochrane-Analyse von vier randomisierten kontrollierten Studien war die Einnahme von PPIs nicht mit dem Auftreten von präneoplastischen Veränderungen (Atrophie, intestinale Metaplasie) assoziiert [200].

Die Langzeitauswertung der SOPRAN und LOTUS-Studien, in denen Patienten mit Refluxkrankheit randomisiert operativ oder mit PPIs behandelt wurden, ließ über den Beobachtungszeitraum von 12 Jahren keinen Unterschied der beiden Gruppen im Hinblick auf prämaligne Veränderungen oder das Auftreten von gastralen NETs erkennen [198].

Eine 2018 veröffentlichte Arbeit aus Hongkong untersuchte die Daten von 63 397 Patienten, die nach einer H.-pylori-Eradikationstherapie für einen längeren Zeitraum PPI erhielten [201]. Ausgeschlossen aus der weiteren Analyse wurden Therapieversager mit einer Zweit- oder Drittlinientherapie, Patienten mit einem Magenkarzinom innerhalb von 12 Monaten nach der Eradikationstherapie, Patienten mit Magenulkus sowie Patienten mit der Verschreibung eines H2-Rezeptorantagonisten (H2-RA) oder eines PPI während eines Zeitraums von 6 Monaten vor der Karzinomdiagnose. Die Einnahme eines PPI ging mit einem erhöhten Karzinomrisiko einher (HR 2,44; 95 %-KI: 1,42–4,20), für die H2-RA war dies nicht der Fall. Das Karzinomrisiko nahm zudem mit der Dauer der PPI-Einnahme zu [201]. Die Autoren schlussfolgern, dass auch nach H.-pylori-Eradikation eine PPI-Langzeitmedikation zu einem erhöhten Karzinomrisiko führt, weshalb diese mit Zurückhaltung eingesetzt werden sollte. Diese Ergebnisse müssen mit Vorsicht bewertet werden. Ein kausaler Zusammenhang lässt sich aus dieser Observationsstudie nicht ableiten. Zudem waren die Patienten, die dauerhaft PPIs einnahmen, 10 Jahre älter als die Kontrollen ohne Medikation (64,1 vs. 54,3 Jahre), die Wahrscheinlichkeit für weiter fortgeschrittene prämaligne Veränderungen des Magens (Atrophie) war daher höher. Auch wurde der Erfolg der Eradikationsbehandlung nicht bestätigt und der Effekt einer möglichen H.-pylori-Persistenz daher unterschätzt. Eine generelle Empfehlung gegen eine PPI-Therapie lässt sich aus diesen Daten daher nicht ableiten.

5.6.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

ASS oder NSAR sollen nicht mit der Indikation der Prophylaxe eines Magenkarzinoms angewendet werden.

Level of Evidence

2b

De Novo (alt): [202] [203] [204] [205] [206] [207] [208] [209]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die Einnahme von bestimmten Medikamenten wie nichtsteroidalen antiinflammatorischen Rheumatika (NSAR) führen zu einer Verminderung der prokarzinogenen inflammatorischen Gewebereaktion. Obwohl die meisten Studien den protektiven Effekt dieser Medikamente belegen, können auf der Basis der bisher limitierten Studien keine definitiven Aussagen über mögliche Chemoprävention mithilfe dieser Medikamente getroffen werden [209]. In molekularen Analysen von Gewebeproben wurde eine Induktion der Cyclooxygenase-2 (COX-2) in Magenkarzinomen gezeigt [203] [210] [211]. In den letzten Jahren wurde in einer Vielzahl von Beobachtungs- und Kohortenstudien der protektive Effekt von ASS, NSAR oder selektiven COX-2-Inhibitoren auf die Magenkarzinogenese untersucht [212]. In einer Analyse an 650 000 Patienten, die über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren Aspirin eingenommen haben, wurde eine Risikoreduktion für die Entstehung gastraler Adenokarzinome von beinahe 50 % gezeigt [213]. Dieser Effekt bestand allerdings nur unter regelmäßiger Einnahme von ASS, nicht jedoch anderer NSAR, vergleichbar mit den Ergebnissen anderer Arbeitsgruppen [204] [214].

In einer anderen Untersuchung fand sich bei regelmäßiger Einnahme von COX-2-Inhibitoren eine Regression mukosaler Alterationen wie intestinaler Metaplasien und Atrophien, wobei dieser Zusammenhang in der Literatur nicht eindeutig belegt ist und in anderen Studien nicht bestätigt werden konnte [202] [205] [215]. Metaanalysen belegen eine Risikoreduktion nicht nur für die Entstehung von Magenkarzinomen, sondern auch von Adenokarzinomen des distalen Ösophagus. Der protektive Einfluss war auch in diesen Fällen ausgeprägter unter Einnahme von ASS als bei alternativen NSAR, inklusive eines positiven Zusammenhangs mit der Einnahmefrequenz [216] [217] [218]. Die jüngst publizierte Metaanalyse zeigte vergleichbare Risikoreduktionen für nichtkardiale (HR: 0,64; 95 %-KI: 0,52–0,80 vs. HR: 0,68; 95 %-KI: 0,57–0,81), kardiale (HR: 0,82; 95 %-KI: 0,65–1,04 vs. 0,80; 0,67–0,95) und distal-ösophageale Adenokarzinome (HR: 95 %-KI: 0,64; 0,52–0,79 vs. HR: 0,65; 95 %-KI: 0,50–0,85) jeweils für ASS und andere NSAR. Generelle Probleme bei der Datenerhebung bestehen in der Inhomogenität der erfassten Studien, insbesondere im Hinblick auf die definierten Endpunkte und abweichenden Ein- und Ausschlusskriterien. In den meisten Fällen handelt es sich um epidemiologisch-retrospektive, fragenbogenbasierte Erhebungen [206]. Weiteren Aufschluss werden die Daten der AspECT-Studie geben, bei der insbesondere der Einfluss von ASS/NSAR in Kombination mit Esomeprazol auf Ösophaguskarzinome evaluiert wird. Eine Analyse wird 2018 erwartet [207]. Hinweise auf einen protektiv antikanzerogenen Effekt von ASS/NSAR im oberen Gastrointestinaltrakt wurden bislang nicht in die klinische Routine übertragen, da das Risiko für eine NSAR-induzierte Ulkusblutung erhöht wird. Auch bei selektiven COX-2-Inhibitoren ist der Einfluss auf das kardiovaskuläre Risikoprofil umstritten [208] [209]. So kann derzeit eine alleinige Indikation für die Gabe von ASS oder NSAR zur Prävention nicht gegeben werden. Allerdings ist eine Einnahme aufgrund wegen Gründe mit hoher Wahrscheinlichkeit als Benefit für die Prophylaxe des Magenkarzinoms zu werten, sodass die Medikation nicht beendet werden sollte.


#
#

6. Primärdiagnostik

6.1. Endoskopische Untersuchung

6.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Patienten mit einem oder mehreren der folgenden Alarmsymptome sollen zu einer frühzeitigen ÖGD mit Entnahme von Biopsien überwiesen werden:

  • Dysphagie

  • rezidivierendes Erbrechen

  • Inappetenz

  • unklarer Gewichtsverlust

  • gastrointestinale Blutung

  • unklare Eisenmangelanämie

Starker Konsens (100 %)

6.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Neoplasie des Magens oder ösophagogastralen Übergangs soll eine vollständige endoskopische Untersuchung von Ösophagus, Magen und Duodenum (Ösophagogastroduodenoskopie, ÖGD) erfolgen.

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Obwohl die Sensitivität von Alarmsymptomen relativ niedrig ist [219] [220], wird weltweit als „Good Clinical Practice“– Übereinkunft (GCP) bei Patienten mit sogenannten „Warn-“ oder „Alarmsymptomen“ (progrediente/rezidivierende Dysphagie, GI-Blutung, Gewichtsabnahme, rezidivierendes Erbrechen, rezidivierende Aspirationspneumonie, Inappetenz) frühzeitig zu einer hochauflösenden Videoendoskopie des oberen Verdauungstraktes mit Biopsieentnahme geraten [221] [222]. Auch eine unklare Eisenmangelanämie ist ein solches Alarmsymptom [222], da sie Folge einer gastrointestinalen Blutung sein kann.

Die endoskopische Untersuchung des Ösophagus und des Magens (ÖGD) ist das Standardverfahren zur Detektion von Neoplasien des Ösophagus und des Magens [223]. Sie erlaubt die gleichzeitige Entnahme von Biopsien und vermeidet eine Strahlenexposition, die mit anderen (bildgebenden) Verfahren verbunden ist. Die endoskopische Untersuchung erlaubt die Bestimmung der Lokalisation der Neoplasie und ist in aller Regel mit großer Sicherheit durchführbar. Die untersuchungsabhängige Letalitätsrate liegt unter 1 von 10 000 Fällen, und Komplikationen (in aller Regel im Zusammenhang mit der Sedierung) treten in ca. 1 von 1000 Fällen auf [224] [225]. Wenngleich keine Vergleichsstudien dieser Methodik zu anderen Verfahren in den letzten Jahren durchgeführt wurden und damit zur Analyse vorliegen, ist aufgrund der oben aufgeführten Vorteile diese Methode als das Standardverfahren anzusehen und sollte bei klinischem Verdacht als Erstes eingesetzt werden.

6.3.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Zur Primärdiagnostik des Adenokarzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs soll die hochauflösende Videoendoskopie eingesetzt werden.

B

Magnifikation und computergestützte Chromoendoskopie sollten zur Verbesserung der Detektionsrate und Therapieplanung eingesetzt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [226] [227] [228] [229] [230]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die Diagnostik des Magenfrühkarzinoms ist eine Herausforderung, die optimale optische endoskopische Bedingungen voraussetzt. Neben der Detektion von Läsionen sind die Abgrenzbarkeit und die laterale Ausdehnung für die lokale endoskopische Therapie entscheidend.

Standardendoskope vergrößern das endoskopische Bild auf das 30- bis 35-Fache. Sie arbeiten mit CCD(Charge-coupled Device)-Chips, die in die Endoskopspitze integriert sind und in Deutschland ein Videosignal im PAL-Format generieren. Die übliche Standardauflösung liegt bei 640–700 Pixeln (Linien) Breite mal 480–525 Pixel (Linien) Höhe mit einer Gesamtauflösung bis zu etwa 400 000 Bildpunkten (Pixel). Hochauflösende (high definition oder high resolution) Endoskope steigern die Auflösung auf > 850 000 Bildpunkte. Um die optimale Bildqualität dieser Endoskope zu nutzen, sollten alle Bestandteile der Bildkette (Prozessor, Monitor) geeignet sein, dieses hochauflösende Signal darzustellen. Zudem ist eine Vergrößerung des Bildareals durch bewegliche optische Linsensysteme oder digitale Zoomtechnik (Magnifikation) auf das bis zu 150-Fache möglich [231].

Neben dem Standardweißlicht (400–700 nm Wellenlänge) bieten mehrere Hersteller Systeme zur integrierten optischen Kontrastverstärkung auf Knopfdruck an. Diese sind das Narrow Band Imaging (NBI, Olympus Medical Systems®), Multi Band Imaging (MBI, Fujinon®) und i-Scan (Pentax®). Diese Funktionen nutzen Interaktionen von Gewebestrukturen mit Licht unterschiedlicher Wellenlänge. NBI verwendet Filter zur Gewebedarstellung bei den Wellenlängen von 415 nm (blau) und 540 nm (grün); dies hebt insbesondere vaskuläre Strukturen hervor. MBI erzielt eine Kontrastanhebung durch digitale Aufsplittung des Lichts in die verschiedenen Wellenlängen [232]. Zur Optimierung des Bildergebnisses kann die Magnifikation mit HD-Technik und Chromoendoskopie kombiniert werden [230] [233].

Die hochauflösende Videoendoskopie ist anerkannter Standard für die endoskopische Diagnostik [231].

Fiberglasendoskope und Videoendoskope älterer Generation sollen wegen der deutlich schlechteren Bildqualität und Auflösung für die Magenspiegelung nicht mehr eingesetzt werden, auch wenn prospektive randomisierte Studien zum Vergleich der verschiedenen Gerätegenerationen in der Detektion von Magenkarzinomen und prämalignen Läsionen nicht existieren.

Eine Metaanalyse von sieben prospektiven Studien mit 429 Patienten und 465 Läsionen konnte zeigen, dass die Chromoendoskopie signifikant die Detektion von Magenfrühkarzinomen (p < 0,01) wie auch die Erkennung von präneoplastischen Mukosaläsionen (p < 0,01) im Vergleich zur Weißlichtendoskopie (WLE) verbessert [234]. Die gepoolte Sensitivität, Spezifität und Fläche unter der Kurve (area under the curve, AUC) ist für die Chromoendoskopie 0,90 (0,87–0,92), 0,82 (0,79–0,86) und 0,95 [234].

Zur virtuellen, computergestützen Chromoendoskopie und zu den Magnifikationstechniken sind in den letzten Jahren verschiedene Studien publiziert worden. In einer großen chinesischen Studie wurden 3616 Patienten mit Weißlichtendoskopie (WLE), Magnifikationstechnik (ME) und Narrow-Band-Imaging (NBI) untersucht. Von den Patienten hatten 631 (17,2 %) eine Low-Grade-Neoplasie und 257 (7 %) ein Magenfrühkarzinom.

Die Spezifität aller drei Verfahren war vergleichbar hoch (ca. 99 %), die Sensitivität, aber auch die Genauigkeit von Magnifikation und NBI war hingegen signifikant besser als die der hochauflösenden Weißlichtendoskopie (Sensitivität: WLE: 71,2 (65,4–76,4 %), ME: 81,3 (76,1–85,6 %); ME+NBI: 87,2 (82,5–90,1 %) [235].

Eine Studie mit 579 Patienten ergab ebenso eine hochsignifikant höhere Detektion von intestinalen Metaplasien für die NBI-Technik als für die hochauflösende Weißlichtendoskopie [228]. Eine weitere prospektive randomisierte Studie mit 200 Patienten im Crossover-Design bestätigt die höhere Sensitivität von NBI im Vergleich zur WLE [229].

Zwei Metaanalysen prospektiver randomisierter Studien zur Detektion von Magenfrühkarzinomen und prämalignen Läsionen mittels Weißlicht-, Magnifikations- und Narrow-Band-Imaging-Endoskopie wurden in den letzten Jahren publiziert.

Eine Metaanalyse aus 14 prospektiven asiatischen Studien zur kombinierten Magnifikation mit NBI-Technik zeigte eine gepoolte Sensitivität von 0,86 (0,83–0,89) und Spezifität von 0,96 (0,95–0,97) im Vergleich zur Weißlichtendoskopie (Sensitivität 0,57 (0,5–0,64); Spezifität 0,79 (0,76–0,81) [226]. Eine weitere Metaanalyse [227] untersuchte Ergebnisse aus 10 Studien mit 1724 Patienten zum Vergleich von WLE und ME-NBI zur Detektion von Magenfrühkarzinomen. Auch dabei ergab sich eine signifikant höhere Sensitivität (0,83 vs. 0,48), Spezifität (0,96 vs. 0,67) und diagnostische Odds Ratio (88,83 vs. 2,1) für die Magnifikation mit NBI.

Zum Blue-Laser-Imaging (BLI) ist eine prospektive Studie über 530 Patienten publiziert worden, die überwiegend vor einer geplanten endoskopischen Resektion endoskopisch untersucht wurden. In diesem Risikokollektiv wurden 127 zusätzliche Läsionen mit dem Endoskop detektiert, davon 32 Karzinome, die bei der Vordiagnostik entgangen waren. Verglichen wurde die klassische Weißlichtendoskopie mit der BLI-Magnifikations-Technik. Die diagnostische Sensitivität (93,8 % vs. 46,9 %; p < 0,001) und Spezifität (80 % vs. 91,6 %; p = 0,021) war dabei für BLI-ME signifikant höher [236].

Zu den virtuellen Chromoendoskopietechniken anderer Hersteller (FICE, i-scan) gibt es bisher keine Metaanalysen und nur einzelne, zum Teil retrospektive Serien [237] [238].

6.4.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

A

Es sollen Biopsien aus allen suspekten Läsionen genommen werden, um eine sichere Diagnostik von malignen Veränderungen im Ösophagus und im Magen zu gewährleisten.

Level of Evidence

4

Leitlinienadaptation [2]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In Deutschland wird bei jeder Endoskopie die Durchführung von Biopsien empfohlen. Bei V. a. auf ein Malignom des Magens sollte ein Minimum von 8 Biopsien aus allen suspekten Arealen entnommen werden. Ein Minimum von 10 Biopsien ist indiziert bei Patienten mit großen Läsionen, 4 Biopsien (2 Antrum und 2 Korpus) zusätzlich zu den suspekten Läsionen. Bei Lymphomverdacht sind mindestens 15 Biopsien aus befallenen und unauffälligen Arealen zu entnehmen. Biopsien aus normaler Schleimhaut werden nicht generell empfohlen, können im Einzelfall zur Erfassung einer Risikokonstellation (Atrophie, IM, korpusdominant, HP) erwogen werden [2].


#

6.2. Staging

6.5.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Intraepitheliale Neoplasien (früher Dysplasien) des Magens und gastroösophagealen Übergangs werden nach WHO in Low-Grade und High-Grade unterschieden.

Starker Konsens (100 %)

6.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei histologischer Diagnose jeder IEN/Dysplasie soll der Prozess einer kompetenten (dokumentierten) pathologischen Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In Deutschland wird bei jeder Endoskopie die Durchführung von Biopsien empfohlen. Bei Verdacht auf ein Malignom des Magens sollte ein Minimum von 8 Biopsien aus allen suspekten Arealen entnommen werden. Ein Minimum von 10 Biopsien ist indiziert bei Patienten mit großen Läsionen, 4 Biopsien (2 Antrum und 2 Korpus) zusätzlich zu den suspekten Läsionen. Bei Lymphomverdacht sind mindestens 15 Biopsien aus befallenen und unauffälligen Arealen zu entnehmen. Prinzipiell erhöht sich die diagnostische Genauigkeit mit der Zahl der Biopsien; dabei kommt es jedoch weniger auf die absolute Zahl als auf die Zahl der tumortragenden Biopsien an. Biopsien aus normaler Schleimhaut werden nicht generell empfohlen, können im Einzelfall zur Erfassung einer Risikokonstellation (Atrophie, intestinale Metaplasie, korpusdominant, Helicobacter pylori) jedoch erwogen werden.

Die Diagnose intraepithelialer Neoplasien (IEN)/Dysplasie im GI-Trakt kann im Einzelfall schwierig sein, entweder in der Abgrenzung einer niedriggradigen IEN/Dysplasie gegenüber reaktiven Veränderungen oder einer hochgradigen IEN/Dysplasie gegenüber einem Karzinom. Daher soll bei der Diagnose einer IEN/Dysplasie eine dokumentierte, kompetente pathologische Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips (Facharztstandard) durchgeführt werden; diese kann bei entsprechender personeller Ausstattung auch intern erfolgen. Bei fehlendem Konsens/diagnostischer Unsicherheit der Primärbefunder sollte eine externe Referenzbeurteilung durch einen in der GI-Pathologie erfahrenen Pathologen ermöglicht werden [239].


#

6.3. Histologie

6.7.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

A

Nach negativer Histologie bei makroskopisch tumorverdächtiger Läsion oder V. a. Linitis plastica sollen kurzfristig erneut multiple Biopsien aus dem Rand und dem Zentrum der Läsion oder eine diagnostische endoskopische Resektion durchgeführt werden.

Level of Evidence

1b

De Novo [240] [241] [242]

Starker Konsens (100 %)

6.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

In Fällen, in denen trotz eines hochgradigen klinischen und endoskopischen Verdachts auf eine Neoplasie des Magens bzw. ösophagogastralen Übergangs ausgiebige Biopsien die Sicherung der Diagnose nicht erlauben, kann der EUS zur primären Diagnosesicherung genutzt werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Klinisch besteht immer wieder die Problematik der histologischen Sicherung einer makroskopisch verdächtigen Läsion im Magen, bzw. bei V. a. Linitis plastica. Dann werden wiederholt Biopsien entnommen, die histologisch ohne Tumornachweis sind. Wissenschaftliche Untersuchungen zur Fragestellung, wie oft und wann erneut Biopsien entnommen werden sollen bzw. wann ein invasiveres Verfahren zur histologischen Sicherung eingesetzt werden muss, liegen nicht vor. Generell muss jedoch ein differenziertes Vorgehen bei a) frühen Läsionen mit potenziell kurativem Ansatz von b) makroskopisch groß imponierenden bzw. fortgeschrittenen oder symptomatischen Läsionen unterschieden werden [240] [241].

Bei frühen Läsionen ist eine erneute Diagnostik innerhalb von 1–2 Wochen mit Biopsieentnahme angezeigt. Sollten auch diese Biopsien ohne histologischen Tumornachweis bleiben, kann eine endoskopische Resektion bzw. Schlingenresektion von Falten durchgeführt werden. Vor einer invasiveren Diagnostik sollte dieses Vorgehen bei frühen Läsionen wiederholt werden [242]. Bei großen Läsionen, die auch in der erneuten Biopsie ohne Tumornachweis bleiben, kann neben der endoskopischen Resektion bzw. Schlingenresektion von Falten insbesondere bei symptomatischen Läsionen direkt ein kombiniert endoskopisch-laparoskopisches oder chirurgisches Vorgehen in Betracht gezogen werden [243] [244] [245] [246] [247].

Übereinstimmend haben mehrere operativ-histologisch kontrollierte endosonografische Fallserien zeigen können, dass eine echoarme Verdickung der tiefen Schichten der Magenwand, insbesondere der M. propria, bei Patienten mit verdickten Magenfalten („Riesenfalten“) einen hohen Voraussagewert für Malignität und insbesondere für ein szirrhöses Magenkarzinom hat, wohingegen eine Verdickung nur der mukosalen Schichten stark für eine benigne Ursache der Riesenfalten spricht [248] [249] [250] [251] [252] [253] [254] [255] [256] [257] [258]. In einer Untersuchung, in die 61 Patienten mit „Riesenfalten“ und fehlendem histologischem Nachweis einer malignen Magenerkrankung in der endoskopischen Biopsie eingeschlossen worden sind, erwies sich die endosonografische Verdickung der tiefen Schichten der Magenwand mit einer Sensitivität von 95 % und einer Spezifität von 97 % als der einzige unabhängige Prädiktor für Malignität. Bei Patienten mit Magenwandverdickung in der Computertomografie ist ein pathologisches Ergebnis der Endosonografie nur dann zu erwarten, wenn auch der endoskopische Magenbefund pathologisch ist [259]. Bleiben bei Patienten mit hochgradigem klinischem Verdacht auf ein Magenkarzinom und endosonografisch nachgewiesener Magenwandverdickung endoskopische Biopsien wiederholt ohne erklärenden Befund, kann die endosonografische oder endosonografisch assistierte Biopsie der Magenwand oder von pathologischen Lymphknoten zur Diagnosesicherung herangezogen werden [260] [261] [262] [263] [264] [265] [266] [267].

Vor endoskopischer Submukosadissektion von gastralen epithelialen Neoplasien durchgeführte Großzangenbiopsien führten im Vergleich zu konventionellen Zangenbiopsien nicht zu einer signifikanten Verbesserung der diagnostischen Aussage. Dagegen verbesserte die Erhöhung der Zahl durchgeführter Biopsien die diagnostische Genauigkeit [240].


#
#

7. Staging

7.1. TNM-Klassifikation

Tab. 11

TNM-Klassifikation.

TNM

Erläuterung/Quelle: [268]

T-Kategorie

T1

Oberflächlich infiltrierender Tumor

  • T1a

Tumor infiltriert Lamina propria oder muscularis mucosae

  • T1b

Tumor infiltriert Submukosa

T2

Tumor infiltriert Lamina muscularis propria

T3

Tumor infiltriert Subserosa

T4

Tumor perforiert Serosa (viszerales Peritoneum) oder infiltriert benachbarte Strukturen1, 2, 3

  • T4a

Tumor perforiert Subserosa (viszerales Peritoneum)

  • T4b

Tumor infiltriert benachbarte Strukturen1, 2, 3

N-Kategorie

N0

Keine regionären Lymphknotenmetastasen

N1

Metastasen in 1–2 regionären Lymphknoten

N2

Metastasen in 3–6 regionären Lymphknoten

N3

Metastasen in 7 oder mehr regionären Lymphknoten

  • N3a

7–15 Lymphknoten

  • N3b

≥ 16 Lymphknoten

M-Kategorie

M0

Keine Metastasen

M1

Fernmetastasen4

1 = Benachbarte Strukturen des Magens sind Milz, Colon transversum, Leber, Zwerchfell, Pankreas, Bauchwand, Nebennieren, Niere, Dünndarm und Retroperitoneum; 2 = Intramurale Ausbreitung in Duodenum oder Ösophagus wird nach der tiefsten Infiltration in diesen Organen oder im Magen klassifiziert; 3 = Ein Tumor, der sich in das Ligamentum gastrocolicum oder gastrohepaticum ausbreitet – ohne Perforation des viszeralen Peritoneums –, wird als T3 klassifiziert.; 4 = Fernmetastasen schließen peritoneale Metastasen (Aussaat) und positive Peritonealzytologie sowie Tumoren im Netz mit ein, soweit diese nicht Teil einer kontinuierlichen Ausbreitung sind.


#

7.2. Ultraschalldiagnostik

7.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine Fernmetastasierung soll mittels Sonografie, CT-Thorax und CT-Abdomen inklusive Becken ausgeschlossen werden.

Starker Konsens (97 %)

7.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die Sonografie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zur Detektion von Lebermetastasen eingesetzt werden.

Starker Konsens (97 %)

7.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die Sonografie des Halses sollte bei Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs zur Detektion von Lymphknotenmetastasen im Staging ergänzend eingesetzt werden. Beim Magenkarzinom kann sie bei klinischem Verdacht auf Lymphknotenmetastasen erfolgen.

Konsens (94 %)

Hintergrund

Die B-Bild-Sonografie ist in der klinischen Praxis breit verfügbar und hat eine Sensitivität von 53–81 % sowie eine Spezifität von 59–98 % zum Nachweis von Lebermetastasen [269]. Ältere Metaanalysen zur Genauigkeit des sonografischen Nachweises von Lebermetastasen bei Karzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs berichten eine Sensitivität von 54–77 % und eine Spezifität von 66–98 % [270] [271] [272] [273]. Durch Einsatz von Ultraschallkontrastverstärkung wird mit der Sonografie eine vergleichbar hohe diagnostische Genauigkeit wie bei der Multi-Detektor-Computertomografie (MDCT) und der Magnetresonanztomografie (MRT) zum Nachweis und Ausschluss von Lebermetastasen gastrointestinaler Tumoren erreicht [272] [273] [274] [275] [276] [277]. Die Abgrenzung von Metastasen gegenüber primären malignen und benignen Lebertumoren gelingt mittels kontrastverstärkter B-Bild-Sonografie mit einer im Vergleich zum CT identischen Genauigkeit von mehr als 90 % [275] [276] [277] [278] [279] [280].

Bei Nachweis von Lebermetastasen durch bildgebende Verfahren sind eine sorgfältige Dokumentation, die Beschreibung von Anzahl, Diametern und Lokalisation sowie die Definition von Targetläsionen für eine Chemotherapie erforderlich.

Der isolierte Befall zervikaler Lymphknoten ist beim Magenkarzinom eine Rarität [281]. Die B-Bild-Sonografie ist der Computertomografie im Nachweis von Halslymphknotenmetastasen gleichwertig oder geringfügig überlegen [282] [283] [284] [285] und daher ergänzend sinnvoll, wenn nicht bereits im Rahmen der CT-Untersuchung eine Beurteilung der zervikalen Lymphknotenstationen erfolgt ist. Die ultraschallgestützte Feinnadelaspirationsbiopsie ist geeignet, den metastatischen Lymphknotenbefall histologisch zu sichern [283] [286] [287] [288].

Für den Nachweis einer Peritonealkarzinose ist die Sensitivität der B-Bild-Sonografie mit 9 % jedoch geringer als das CT (33 %) [270].


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7.3. Endosonografie

7.4.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

B

Der EUS sollte Bestandteil des Stagings des Primärtumors mit kurativer Therapieintention sein.

Level of Evidence

2a

De Novo (alt): [264] [289] [290] [291] [292] [293] [294] [295] [296] [297] [298] [299] [300] [301] [302] [303] [304] [305] [306] [307] [308] [309] [310] [311] [312] [313] [314] [315] [316] [317] [318] [319] [320] [321] [322] [323]

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Die Endosonografie (EUS) hat eine hohe Treffsicherheit in der Beurteilung der lokalen Infiltrationstiefe von Adenokarzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs [324]. Qualitätsindikatoren für das endosonografische Staging gastrointestinaler Hohlorgantumoren wurden in der S2k-Leitlinie „Qualitätsanforderungen in der gastrointestinalen Endoskopie“ 2015 publiziert [231] [325].

T-Staging

In einer systematischen Übersichtsarbeit bewerteten Kwee et Kwee [289] 23 Studien zur diagnostischen Genauigkeit des EUS im T-Staging von Magenkarzinomen und verzichteten aufgrund der Inhomogenität der Studien auf ein Pooling der Ergebnisse. Die diagnostische Genauigkeit des T-Stagings variierte zwischen 65 und 92 %. Für die Beurteilung einer Serosabeteiligung lagen Sensitivität und Spezifität des EUS zwischen 78 und 100 % bzw. zwischen 68 und 100 % [289]. In einer Metaanalyse von 22 Studien fanden Puli et al. [290] eine gepoolte Sensitivität bzw. Spezifität für das endosonografische T-Staging von 88,1 % bzw. 100 % (T1), 82,3 % bzw. 95,6 % (T2), 89,7 % bzw. 94,7 % (T3) und 99,2 % bzw. 96,7 % (T4) [289] [290]. Ein Cochrane-Review 2015 schloss für die EUS-Bewertung des T-Stagings 50 Studien überwiegend hoher Qualität mit 4397 Patienten ein und fand für die klinisch wichtige Differenzierung früher (T1 und T2) von lokal fortgeschrittener (T3 und T4) Stadien eine hohe Sensitivität (86 %) und Spezifität (90 %) [289]. Ähnlich gut ist die EUS-Differenzierung zwischen T1-und T2-Stadien (Sensitivität 85 %, Spezifität 90 %), während die Unterscheidung zwischen mukosal (T1a) und submukosal (T1b) infiltrierenden Karzinomen zwar mit einer Sensitivität von 87 % gelingt, aber durch eine Spezifität von 75 % limitiert ist [326].

Eine nur mäßige endosonografische Differenzierung von T1a- und T1b-Magenkarzinomen wurde in einer aktuellen Metaanalyse bestätigt [327]. Eine Metaanalyse von 8 Studien (darunter 3 prospektive), die die Genauigkeit von EUS und Multidetektor-CT im präoperativen Staging des Magenkarzinoms verglichen haben, ergab eine signifikante Überlegenheit der EUS für die Charakterisierung von T1-Tumoren, während sich für die anderen T-Stadien keine signifikante Differenz ergab [328]. Eine aktuelle prospektive Studie, die Endosonografie, 64-Zeilen-CT und 1,5-Tesla-MRT im lokoregionären Staging des Magenkarzinoms verglich, fand eine signifikant höhere Sensitivität der Endosonografie im Vergleich zu beiden radiologischen Verfahren für die Festlegung der T-Kategorie, während CT und MRT spezifischer waren [329]. Einschränkungen der EUS-Treffsicherheit für das T-Staging ergeben sich bei der Beurteilung der Serosabeteiligung, bei AEG3-Tumoren, nicht passierbaren Stenosen, ulzerierenden Tumoren, bei undifferenzierten Karzinomen bzw. diffusem Tumortyp nach Laurén sowie bei zunehmendem Tumordurchmesser [289] [290] [291] [292] [293] [295] [330]. Die T-Kategorie wird im EUS ähnlich wie in der CT häufiger (median EUS 10,6 %; CT 9,4 %) überschätzt als unterschätzt (median EUS 7,6 %; CT 6,7 %) [289].

N-Staging

Die diagnostische Genauigkeit des endosonografischen Lymphknotenstagings ist unbefriedigend. Dies beruht sowohl auf der unzureichenden Detektion kleiner Lymphknoten mit maligner Infiltration als auch auf einer fehlenden Diskriminierungsmöglichkeit zwischen entzündlich vergrößerten und maligne infiltrierten Lymphknoten [290] [296] [324]. Das erwähnte Cochrane-Review fand für das EUS-Nodalstaging des Magenkarzinoms aus gepoolten Daten (44 Studien mit 3573 Patienten) eine Sensitivität von 83 % und eine Spezifität von 67 % [289]. Im Vergleich zum CT erwies sich die EUS zwar als signifikant sensitiver im N-Staging (91 % versus 77 %), beide Verfahren zeigten jedoch eine geringe Spezifität (49 % und 63 %) [328]. Zu analogen Resultaten kam die prospektive Vergleichsstudie von EUS, CT und MRT [329]. Daher wurde in dieser Leitlinie auch darauf verzichtet, die Indikation zur Durchführung einer perioperativen bzw. neoadjuvanten Therapie auf einen endosonografisch oder schnittbildgebend diagnostizierten Lymphknotenbefall zu gründen.

Die unzureichende Spezifität des EUS-Nodalstagings kann durch eine EUS-FNA klar verbessert werden [300]. Diese Option wird nur dadurch limitiert, dass eine versehentliche Nadelpassage durch den Tumor oder die Kontamination der Aspirate durch Tumorzellen aus dem Mageninhalt zu falsch positiven Ergebnissen führen kann [331] [332]. Aktuelle Leitlinien empfehlen daher nicht, die EUS-FNA zur Verifikation einer regionären Lymphknotenmetastasierung einzusetzen [231] [325] [333] [334] [335].

Fernmetastasen

Die Endosonografie hat für die Diagnose von Fernmetastasen einen begrenzten Stellenwert [290]. Zusätzlich zur Bestimmung der lokalen Infiltrationstiefe und zum Lymphknotenstaging können EUS und EUS-FNA durch Nachweis von Peritonealmetastasen, „okkulter“ Lebermetastasen und mediastinalen Lymphknotenmetastasen einen zum CT komplementären Beitrag leisten [324]. Im Vergleich zu abdomineller Sonografie, CT und PET-CT hat die EUS in einer Metaanalyse bei sehr hoher Spezifität (96 %) die höchste Sensitivität (34 %) für die Detektion einer peritonealen Metastasierung des Magenkarzinoms [270]. In einer 2010 publizierten Studie führte das Ergebnis der zum Nachweis von Fernmetastasen durchgeführten EUS-FNA bei 15 % der Patienten mit Magenkarzinom zur Veränderung des therapeutischen Konzepts [302]. Aktuelle Leitlinien empfehlen daher, das EUS als Staginguntersuchung zur Beurteilung möglicher Fernmetastasenlokalisationen konsequent zu nutzen [231] [325] [333] [334] [335].

Aszites

Der EUS ist im Nachweis geringer Aszitesmengen sensitiver als CT, abdominelle Sonografie und MRT [300] [303] [305] [336]. Übereinstimmend zeigen Studien, dass der EUS-Nachweis von Aszites bei gesichertem Karzinom des Magens oder gastroösophagealen Übergangs ein Indikator für das Vorliegen einer Peritonealkarzinose, das Fehlen einer kurativen Resektionsoption und eine ungünstige Prognose ist [306] [307] [336]. Die EUS-FNA von Aszites kann eine Peritonealkarzinose sichern [303] [305] [308] [337] [338]. Eine für Malignität negative Asziteszytologie schließt eine Peritonealkarzinose jedoch nicht aus [303]. Eine Nadelpassage durch den Primärtumor muss vermieden werden.

Leber und mediastinale Lymphknoten

Der EUS kann in einsehbaren Leberabschnitten kleine, computertomografisch nicht detektierbare („okkulte“) metastasenverdächtige Läsionen darstellen und durch EUS-FNA mit hoher diagnostischer Genauigkeit zytologisch und histologisch charakterisieren [231] [302] [309] [310] [311] [312] [313] [314] [325] [333] [334] [335] [339] [340] [341]. Darüber hinaus ist die EUS-FNA zum Nachweis mediastinaler Lymphknotenmetastasen geeignet [264] [300] [301] [302] [315] [316] [317] [333] [334] [335].

Zusammenfassend sollte der EUS komplementär zur CT für die Selektion von Patienten für eine perioperative Therapie eingesetzt werden. Ungeachtet der eingeschränkten EUS-Genauigkeit insbesondere für die Differenzierung zwischen T2- und T3-Tumoren und beim Lymphknotenstaging erlaubt die endosonografische Stratifizierung in Risikogruppen (Serosainfiltration, Aszitesnachweis, Lymphknotenbefall) zwischen Patienten mit einer relativ günstigen Prognose (hohe Wahrscheinlichkeit einer R0-Resektion und günstige 5-Jahres-Prognose) und Patienten mit ungünstiger Prognose (eingeschränkte Wahrscheinlichkeit einer R0-Resektion und ungünstige 5-Jahres-Prognose) zu diskriminieren [306] [307] [318] [319] [320] [342]. Die Auswertung der prospektiven Daten eines US-amerikanischen tertiären onkologischen Zentrums zeigte eine Genauigkeit der Risikostratifizierung durch EUS von 73 %. In 19 % der Fälle ergab sich eine Überschätzung (und damit potenzielle Übertherapie), in nur 9 % der Fälle eine Unterschätzung des pathologischen Risikos [343]. Die vergleichende und interdisziplinäre Interpretation der Ergebnisse von EUS und CT im Tumorboard verbessert im Vergleich zu Einzelbefunden die Genauigkeit und führt zur Optimierung therapeutischer Entscheidungen [321] [322] [323].


#

7.4. Röntgendiagnostik

7.5.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei Patienten mit kurativem Therapieansatz soll die CT des Thorax und Abdomens inklusive Becken mit i. v. Kontrastmittel und Distension des Magens mit oralem Kontrastmittel oder Wasser durchgeführt werden.

Level of Evidence

2b

De Novo (alt): [271] [284] [289] [344]

Konsens (86 %)

Hintergrund

Die Computertomografie (CT) sollte als Multidetektorcomputertomografie (MDCT) und kontrastmittelverstärkte Untersuchung mit einer portalvenösen Kontrastmittelphase für die Leber und mit einem zumindest biphasischen Protokoll durchgeführt werden (Nativphase und portalvenöse Phase). Eine eindeutige Empfehlung zur Durchführung einer arteriellen Phase kann nicht gegeben werden. Die Schichtdicke sollte ≤ 3 mm betragen.

Die Distension des Magens mit (negativem) Kontrastmittel (z. B. Wasser als sog. „Hydro-CT“) ist in der aktuellen Literatur durchgehend empfohlen, da ohne zusätzliche Kosten der Lokalbefund wesentlich besser abgrenzbar ist und eine Infiltration in Nachbarorgane/-strukturen bzw. die Abgrenzung von anatomischen Strukturen jenseits der Magenwand wesentlich besser möglich ist. In optimierter Technik ist somit ein korrektes T-Staging mit der CT von 77–89 % möglich [271]. Für die Beurteilung der Serosainfiltration mit MDCT werden Sensitivitäten zwischen 82 und 100 % erreicht, Spezifitäten von 80–97 %. Die Endosonografie kann vergleichbare Ergebnisse liefern: T-Staging-Korrektheit von 65–92 %, Sensitivitäten für die Serosainfiltration von 77–100 %, Spezifitäten von 67–100 %.

Die Verwendung der Lymphknotengröße als Indikator einer Lymphknotenmetastasierung ist ein unzuverlässiger Parameter, was für alle morphologischen bildgebenden Verfahren gilt. In einer aktuellen systematischen Metaanalyse von Kwee et al. [289] konnte kein Verfahren (abd. Ultraschall, EUS, CT, MRT) eine verlässliche Aussage zum Befall/Nichtbefall von Lymphknoten beim Magenkarzinom leisten. Bezüglich Fernmetastasen ist die Sensitivität der Computertomografie gesamt 70 % (95 %-KI: 0,63–0,77), die Spezifität: 72 % (95 %-KI: 0,63–0,80). Das CT zeigt bei höherer Spezifität einen Trend zu besserer Sensitivität. Spiral-CT versus Nicht-Spiral-CT zeigt keine signifikanten Unterschiede [271]. Für die Detektion von Lebermetastasen des Magenkarzinoms beschreibt eine Metaanalyse aus dem Jahr 2011 eine Sensitivität des CT von 74 % bei einer sehr hohen Spezifität von 99 % [270].

Die Zeichen eines Rundherdes in der Lunge sind nicht ausreichend genau, um die Diagnose eines malignen Rundherdes sicher zu stellen. Insgesamt ist die Sensitivität der CT in der Entdeckung von Läsionen sehr hoch, während die Spezifität gering ist [284] [344]. Die Thorax-CT ist damit das sensitivste Verfahren zur Detektion von Lungenmetastasen, gerade in der Detektion von kleinen Läsionen (< 3 mm) und dem konventionellen Röntgen-Thorax vorzuziehen.

Für die Detektion peritonealer Metastasen des Magenkarzinoms durch CT liegen nur limitierte Daten vor (Sensitivität 33 %, Spezifität 99 %, diagnostische Odds Ratio 66,2) [270]. In einer vom Primärtumor unabhängigen Metaanalyse wurde für die CT-Diagnose einer Peritonealkarzinose eine deutlich höhere Sensitivität (83 %) bei einer Spezifität von 86 % ermittelt und eine gute Korrelation eines CT-basierten mit dem chirurgisch erhobenen Peritoneal Cancer Index (PCI) beschrieben [345].

Auch für das Staging konnte ein signifikanter Zusammenhang zwischen der Erfahrung des Radiologen, der Qualität der CT-Untersuchung und einem korrekten Stagingergebnis nachgewiesen werden [284] [344]. Das computertomografische Staging sollte daher nur von ausreichend erfahrenen Untersuchern mit adäquater Untersuchungstechnik durchgeführt werden.

7.6.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

B

Die MRT sollte Patienten vorbehalten sein, bei denen keine CT durchgeführt werden kann.

Level of Evidence

2a

De Novo (alt): [289] [346]

Starker Konsens (97 %)

7.7.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine Knochenszintigrafie soll im Rahmen des Stagings ohne Verdacht auf eine Knochenmetastasierung nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Mehrere aktuelle Studien zeigen eine zunehmende Wertigkeit der MRT im T-Staging von Magenkarzinomen [346], insbesondere unter Verwendung der sog. Diffusions-MRT [347]. Die diagnostische Genauigkeit bewegt sich dabei zwischen 73,5 und 87,5 % für die T-Kategorie [348] [349] und zwischen 55,2 und bis zu 65 % für die N-Kategorie [349] [350]. Die längeren Akquisitionszeiten und dadurch bedingte Bewegungsartefakte machen diese Methode aber anfälliger als die schnellen Akquisitionen z. B. im CT. In einer Studie von Giganti et al. kommen die Autoren zu dem Ergebnis, dass die MRT zwar das Potenzial hat, zum Staging des Magenkarzinoms beizutragen, aber aufgrund der Limitationen die Kombination aus EUS und CT als Methode der ersten Wahl anzusehen ist [329].

Die MRT sollte mit einer Feldstärke von mindestens 1,5 Tesla und Standardwichtungen (T1 und T2) durchgeführt werden. Die Schichtdicke sollte analog zur CT erfolgen. Eine sequenzspezifische Empfehlung kann aufgrund heterogener Untersuchungsprotokolle nicht gegeben werden. Auf eine Gabe gadoliniumhaltiger Kontrastmittel sollte nicht verzichtet werden. MRT in Hydro-Technik kann bei höheren T-Stadien eine Sensitivität bis 80 % erreichen und liegt damit nicht signifikant unter den erreichten Ergebnissen für MDCT [289]. Inwieweit der Einsatz spezifischer MRT-Kontrastmittel (hepatobiliäre Kontrastmittel o. Ä.) sinnvoll ist, z. B. zur genaueren Detektion von Lebermetastasen, ist Gegenstand aktueller Studien [289] [346].

Gemäß der Studie von Giganti et al. [329] kann bei Kontraindikationen gegen eine CT aufgrund der vergleichbaren Ergebnisse der MRT bei optimalen Bedingungen (mit o. g. Einschränkungen) auch eine MRT in Kombination mit der EUS erwogen werden.


#

7.5. PET-CT

7.8.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Das PET-CT soll nicht für das routinemäßige Staging von Magenkarzinomen durchgeführt werden.

Level of Evidence

1b

De Novo: [351] [352] [353] [354] [355],

siehe auch [222]

Konsens (94 %)

Hintergrund

Das PET-CT wird nicht routinemäßig empfohlen. Es kann jedoch bei Vorliegen von lokal fortgeschrittenen Tumoren („mass-forming tumours“) des intestinalen Typs bzw. beim nicht siegelringzelligen Magenkarzinom bei kurativer Therapieoption in Betracht gezogen werden. Das PET-CT als Prognosemarker oder zum Monitoring des Therapieansprechens bei neoadjuvanter Chemotherapie ist weiterhin Gegenstand wissenschaftlicher Analysen und außerhalb klinischer Studien kein Standardvorgehen [222] [345] [351] [352] [353] [354] [355] [356] [357].


#

7.6. Laparoskopie

7.9.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

B

Die Staging-Laparoskopie verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom (insbesondere cT3, cT4) und sollte vor Beginn der neoadjuvanten Therapie durchgeführt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [105] [222] [351] [352] [358] [359] [360] [361], Leitlinienadaptation [2]

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Die Computertomografie (CT) ist nicht suffizient zur Detektion oder Exklusion peritonealer Metastasen beim Magenkarzinom [105] [361]. Wie unter Kapitel 7.1. TNM-Klassifikation bis 7.4 Röntgendiagnostik ausgeführt, ist die Sensitivität von Sonografie, Endosonografie und CT für den Nachweis einer Peritonealkarzinose begrenzt, sodass diese Methoden zum Ausschluss einer Peritonealkarzinose ungeeignet sind.

Mit der Staging-Laparoskopie wird eine diagnostische Genauigkeit von bis 100 % erreicht [105] [358]. Die Laparoskopie ist somit eine wichtige Zusatzdiagnostik zur Bildgebung für alle Patienten, die für eine kurative Chirurgie in Betracht gezogen werden. Sie verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom und vermindert unnötige Explorativ-Laparotomien.

Da sich das Behandlungskonzept bei Nachweis einer Peritonealkarzinose relevant ändern kann [105] und deren Quantifizierung für weitere Therapiekonzepte entscheidend ist, wie beispielsweise zur zytoreduktiven Chirurgie mit PIC (Perioperative Intraperitoneal Chemotherapy), als HIPEC (Hyperthermic Intraperitoneal Chemotherapy) oder als EPIC (Early Postoperative Intraperitoneal Chemotherapy) [362], sollte sie vor Beginn der neoadjuvanten Therapie nach standardisiertem Protokoll durchgeführt werden. Die Erhebung des PCI (Peritoneal Carcinomatosis Index) nach Sugarbaker ist dabei essenziell [Abb. 1] [363] [364]. Ein geringer PCI bei limitierter Peritonealkarzinose [105] [358] [361] [362] [363] [364] ist mit der besten Überlebensprognose assoziiert [362] [365].

Zoom Image
Abb. 1 Erhebung des PCI (Peritoneal Carcinomatosis Index) nach Sugarbaker im Rahmen der Staging-Laparoskopie (modifiziert nach [959]) [rerif].

Auch bei makroskopisch unauffälliger Staging-Laparoskopie ohne Nachweis von peritonealen Metastasen ist beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom oder Karzinom des ösophagogastralen Übergangs (AEG) mit einer positiven Zytologie zu rechnen [366]. Deshalb sollte die Peritoneallavage mit Zytologie ein integraler Bestandteil der diagnostischen Laparoskopie vor Therapieentscheid sein und in standardisierter Technik vorgenommen werden [367]. Die Ergebnisse von Patienten mit Magenkarzinom und positiver Zytologie in der Peritoneallavage unterscheiden sich derzeit durch diagnostische Methoden aufgrund der quantitativen und qualitativen Diversität der Tumorzellen. Neuere Untersuchungen konnten zeigen, dass der Nachweis von ≥ 1 Siegelringzellen, ≥ 5 Zellverbänden und ≥ 50 isolierten Tumorzellen in der Peritoneallavage-Flüssigkeit eine schlechte Prognose bei positiver Zytologie bedeutet [368]. Patienten mit „High-Risk-Zytologie“ und Nachweis mindestens eines der o. g. Prädiktoren hatten in der Analyse von Higaki et al. eine signifikant schlechtere Prognose als „Low-Risk-Patienten“, deren Überlebenskurve ähnlich derjenigen von Patienten mit normaler Zytologie war [368]. Die neuen zytologischen Kriterien könnten zukünftig dazu beitragen, Patienten zu identifizieren, die von zusätzlichen Therapiemaßnahmen profitieren, wie z. B. der Anwendung einer intraperitonealen Chemotherapie in Kombination mit einer zytoreduktiven Chirurgie bei positiver Zytologie – trotz fehlenden makroskopischen Nachweises einer Peritonealkarzinose.


#

7.7. Laborchemische Parameter

7.10.

Evidenzbasiertes Statement

Geprüft 2019

Level of Evidence

2a

Es gibt keine Evidenz für einen Nutzen der Bestimmung von Tumormarken.

De Novo [360] [369] [370] [371] [372] [373] [374] [375] [376] [377] [378] [379] [380] [381] [382] [383]

Konsens (75 %)

7.11.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Molekulare Marker zur Abschätzung der Prognose sollen für die Primärdiagnostik außerhalb klinischer Studien nicht bestimmt werden.

Level of Evidence

2a

De Novo [360] [369] [370] [371] [372] [373] [374] [375] [376] [377] [378] [379] [380] [381] [382] [383]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die Analyse der Bedeutung von Tumormarkern für die Primärdiagnostik von Karzinomen des Ösophagus und des Magens ist Gegenstand zahlreicher Studien. Viele Arbeiten untersuchten verschiedene Marker, darunter CEA, Ca19-9 und Ca72-4 bis hin zu neueren Markern, die Hinweise auf Tumormetabolismus oder pathophysiologische Veränderungen der Karzinogenese (Pepsinogen) erlauben sollen [142] [149] [369] [384]. Für alle Marker reicht die berichtete Sensitivität und Spezifität für die Primärdiagnostik nicht aus. Zudem sind die Marker oft nicht an großen Kollektiven prospektiv validiert, sondern nur retrospektiv an Fallkontrollstudien untersucht worden [374] [380] [381].

Verschiedene molekulare Marker korrelierten zwar mit der Prognose der Magenkarzinomerkrankung. Diese erlangten in der Praxis keine klinische Relevanz für Therapieentscheidungen. Auch zum Nutzen serieller Markerbestimmung z. B. zur Diagnose eines Rezidivs oder zur Verlaufsbeurteilung gibt es keine validierten Daten [360] [372] [373] [378].

Es gibt diverse Studien, die Tumormarker und Laborparameter als Prognosemarker untersuchen. Allerdings geht daraus nicht hervor, dass diese Marker zuverlässige und unabhängige Hinweise sind für Rezidive oder Gesamtüberleben. Es gibt keine randomisierten kontrollierten Studien, sondern nur systematische Reviews und Metaanalysen auf der Basis von Kohortenstudien [375] [376] [377] [382].

Gezeigt werden konnte ein signifikant schlechteres Überleben von Magenkarzinompatienten mit Muc5AC-Expression [142] [370] sowie p-stat3-Expression [149], während VEGF für Nichtasiaten kein signifikanter Prognosemarker war [384].

Ein systematisches Review auf der Basis von 23 Kohortenstudien evaluiert eine erhöhte p-stat3-Expression mittels Immunhistochemie. Die gepoolte HR zeigt eine signifikante Assoziation einer erhöhten Expression mit einem schlechten Gesamtüberleben (HR: 2,02; 95 %-KI: 1,49–2,73) [371].

Die Tumormarker scheinen nicht nur Prognosemarker für ein vermindertes Gesamtüberleben zu sein, sondern sind auch mit schlechter Tumordifferenzierung und dem Vorkommen von Lymphknotenmetastasen assoziiert [379] [383].


#
#

8. Histopathologie

8.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Die Stadieneinteilung und die histologische Klassifikation der Karzinome des ösophagogastralen Übergangs sollen nach der jeweils aktuellen TNM-Klassifikation der UICC und nach der aktuellen WHO-Klassifikation erfolgen.

Starker Konsens (100 %)

8.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Die pathologisch-anatomische Begutachtung soll vollständig und in standardisierter Form vorgenommen werden (siehe Angaben im Hintergrundtext).

Starker Konsens (100 %)

8.3.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Die Zahl untersuchter und die Zahl befallener regionärer Lymphknoten sind anzugeben.

Starker Konsens (97 %)

8.4.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Bei Patienten mit undifferenzierten Tumoren werden immunhistologische Untersuchungen zur weiteren Spezifizierung empfohlen.

Konsens (93 %)

Hintergrund

Die Notwendigkeit eines vollständigen Befundberichts der Pathologie ist unumstritten. Dieser Bericht stellt die Basis für eine einheitliche Erhebung von Daten zur Dokumentation der individuellen Befunde von Patienten mit Magenkarzinomen dar.

In der wichtigen makroskopischen Begutachtung sind u. a. Angaben zur Art des entfernten Materials, zur Tumorlokalisation, zur minimalen Entfernung des Tumors zu den Resektionsrändern notwendig. Da nach neoadjuvanter Therapie makroskopisch kein eindeutiger Tumor mehr erkennbar sein kann, gibt es Vorgaben, wie in diesen Fällen vorzugehen ist.

Anzugeben sind weiterhin die Lokalisation und die Größe des Tumors, der mikroskopische Tumortyp, das Grading, die anatomische Tumorausbreitung (verschiedene Arten der TNM-Klassifikation (pTNM, ypTNM)), insbesondere unter Angabe der untersuchten und befallenen regionären Lymphknoten und mit Angaben zu den klinischen und pathologischen Stadien.

Für die Klassifikation von pN0 (nach UICC und AJCC) ist die Entfernung und histologische Untersuchung von mindestens 16 regionären Lymphknoten erforderlich (siehe dazu auch Kapitel 10.1). Aus anderen Arbeiten wurde als Richtzahl für eine adäquate D2-Lymphadenektomie die Entfernung und histopathologische Untersuchung von 25 LK festgelegt. Der Richtwert von 25 Lymphknoten ist jedoch nicht bei allen Patienten erzielbar (insbesondere nicht nach einer neoadjuvanten Chemotherapie oder Radiochemotherapie).

Da in mehreren Arbeiten gezeigt wurde, dass auch bei Magenkarzinomen die extranodale Extension (ENE) prognostisch eine Rolle spielt, sollte zu ENE im Befundbericht Stellung genommen werden (ENE+ vs. ENE–).

Fakultativ angegeben werden können Befunde für die einzelnen Lymphknotengruppen (D1-Gruppe, D2-Gruppe) (jeweils Zahl untersuchter und befallener Lymphknoten). Eine D1-Lymphadenektomie umfasst die regionären LK direkt am Magen (Kompartiment I mit den LK-Stationen 1–6). Eine D2-Lymphadenektomie umfasst zusätzlich zu den LK von Kompartiment I (D1) die LK im Kompartiment II mit den Stationen 7–11. Bei verdächtigen Lymphknoten im Milzhilus sollte eine LAD der Hiluslymphknoten bzw. eine Splenektomie unter Pankreaserhalt erfolgen.

Fakultativ: Angabe des Stadiums nach neoadjuvanter Therapie für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (Siewert-I und Siewert-II) (nach AJCC 2017).

Fakultativ: Angabe des Stadiums nach neoadjuvanter Therapie für Adenokarzinome des Magens (nach AJCC 2017)

Für die Prognose wichtig ist die R-Klassifikation. Die Bestimmung der Residualtumorklassifikation sollte nach den Vorgaben der aktuellen TNM-Klassifikation erfolgen.

Wie in den entsprechenden Leitlinien formuliert, sollte dabei nicht nur das Tumorresektat betrachtet werden, sondern es sollten auch Fernmetastasen berücksichtigt werden (wenn diese klinischerseits mitgeteilt oder histologisch gesichert wurden).

Nach vorausgegangener neoadjuvanter Therapie können am Karzinomgewebe des Resektats in unterschiedlichem Ausmaß regressive Gewebeveränderungen vorkommen, die von einem vollständigen Verschwinden des Karzinomgewebes bis zu vollständig vitalem Tumorgewebe reichen. Diese regressiven Veränderungen des Gewebes werden zum einen in der ypTNM-Klassifikation erfasst, zum anderen in der Beschreibung eines Tumorregressionsscores. Die Beurteilung kann entweder nach der Graduierung der Japanese Research Society for Gastric Cancer (JRSGC) oder vorzugsweise nach den Vorschlägen von Becker et al. erfolgen (siehe Kapitel 11.4 und [Tab. 15]).

Fakultative Deskriptoren

Die nachfolgenden 3 Parameter werden in der UICC- und AJCC-TNM-Klassifikation von 2017 zwar als fakultative Parameter geführt, der Einheitlichkeit wegen sollen in Pathologieberichten von S3-Leitlinien grundsätzlich zu diesen Klassifikationen Angaben gemacht werden: Lymphgefäßinvasion (L-Klassifikation), Veneninvasion (V-Klassifikation) und perineurale Invasion (Pn-Klassifikation).

Die empfohlenen Angaben im pathologischen Befundbericht sind in [Tab. 12] ausgeführt und teilweise erläutert:

Tab. 12

Empfohlene Angaben im pathologischen Befundbericht.

Empfohlene Angaben im pathologischen Befundbericht

Makroskopische Begutachtung und Dokumentation

Wenn makroskopisch ein sichtbarer Tumor vorliegt:

  • Übersandtes Material (welche Magenteile?, mit entfernte andere Organe?) mit Maßangaben (Längen über kleiner und großer Kurvatur, Länge von Ösophagus- und Duodenalmanschetten),

    • Tumorlokalisation (Kardia, Fundus, Korpus, Antrum, Pylorus),

    • Lage relativ zu großer/kleiner Kurvatur bzw. Hinterwand oder Vorderwand,

    • Makroskopische Klassifikation der Frühkarzinome,

    • Tumorform (nach Borrmann): flach/ulzeriert/ulzeropolypös/polypös/Linitistyp,

    • Tumorgröße: Flächenausdehnung, Dicke (in cm),

    • Makroskopisch Serosapenetration,

    • Serosareaktion im Bereich des Tumors,

  • Minimale Entfernung des Tumors zum oralen, aboralen und zirkumferenziellen Resektionsrand

  • Sonstige Befunde:

    • Beschreibung zusätzlicher Befunde der Magenschleimhaut: Faltensterne, Ulkus, Ulkusnarbe, Polypen etc.,

    • Lymphknotenstatus an kleiner und großer Kurvatur (Anzahl, Größe),

    • Tumordistanz zu und Makrobefund an Gefäßligaturen: Aa. gastrica sinistra und dextra und Aa. gastroepiploica sinistra und dextra.

Falls makroskopisch kein sichtbarer Tumor vorliegt:

  • Telefonische Information beim endoskopierenden Arzt und/oder Chirurgen und/oder interventionellen Radiologen einholen, welcher makroskopische Befund vorgelegen hat, der zur Diagnose geführt hat. Damit bekommt man besser die erforderlichen Informationen zur Topografie und kann mit diesen zusätzlichen Informationen viel besser gezielt zuschneiden.

  • Wenn diese Informationen nicht eingeholt werden können, Magen erneut aufspannen, evtl. auf Glasplatte oder Folie mit Filzstift Kontur nachzeichnen (oder Fotodokumentation) und gemäß vorhandenen Lokalisationsangaben entweder longitudinale oder horizontale Streifen aus dem durch klinische Angaben eingegrenzten Quadranten entnehmen (entsprechend in Konturzeichnung eintragen) und in entsprechend gekennzeichnete Paraffinblöcke einbetten.

Angaben zur Tumorklassikation:

  • Lokalisation und Größe des Tumors

    • Lokalisation (nach ICD-O 3) und Größe (in 3 Dimensionen) des Tumors

  • Makroskopischer Tumortyp

    • Klassifikation nach Borrmann, japanische Klassifikation der Frühkarzinome

  • Mikroskopischer Tumortyp

    • Histologische Klassifikation nach der aktuellen WHO-Klassifikation (2019)

    • Klassifikation nach Laurén

  • Mikroskopischer Grad (Grading)

    • Grading nach der aktuellen WHO-Klassifikation (2019)
      Ein Grading nach neoadjuvanter Therapie ist nicht sinnvoll und sollte nicht angegeben werden.

  • Anatomische Tumorausbreitung (TNM)

Die Bestimmung der anatomischen Ausbreitung sollte nach der aktuellen TNM- Klassifikation erfolgen (siehe Kapitel 7.1).

  • pT-Kategorien sollen bestimmt werden wie oben (makroskopische Begutachtung) erläutert:

    • Bei pT1b: Ausmaß der Invasion der Submukosa (mm)

    • Bei pT3: Ausmaß der Invasion jenseits der Lamina muscularis propria (mm)

    • Bei Befall von Nachbarorganen (pT4): Befall welcher Organe

  • ypT-Kategorien: es sollen nur vitale Tumorabschnitte berücksichtigt werden. Notwendig ist die Angabe der Zahl der eingebetteten Paraffinblöcke aus dem Tumorbereich.

  • pN-Kategorien der regionären Lymphknoten:

    • Zahl der untersuchten regionären Lymphknoten

    • Zahl der befallenen regionären Lymphknoten
      Für die Klassifikation von pN0 ist die Entfernung und histologische Untersuchung von mindestens 16 regionären Lymphknoten erforderlich.
      In einer anatomischen Studie wurden im Kompartiment I und II (D2- Lymphadenektomie) im Mittel 27 (Bereich: 17–44) Lymphknoten gefunden. Aufgrund dieser Arbeit sowie der Ergebnisse der Deutschen Magenkarzinomstudie wurde als Richtzahl für eine adäquate D2-Lymphadenektomie die Entfernung und histopathologische Untersuchung von 25 LK festgelegt. Der Richtwert von 25 Lymphknoten ist jedoch nicht bei allen Patienten erzielbar. Dies gilt insbesondere nach einer neoadjuvanten Chemotherapie oder Radiochemotherapie.

  • Angaben zu einer extranodalen Extension (ENE)

  • Fakultativ: Angaben zu Lymphknotenbefunden für die einzelnen Lymphknotengruppen (D1-Gruppe, D2-Gruppe) (jeweils Zahl untersuchter und befallener Lymphknoten). Eine D1-Lymphadenektomie umfasst die regionären LK direkt am Magen (Kompartiment I mit den LK-Stationen 1–6. Eine D2-Lymphadenektomie umfasst zusätzlich zu den LK von Kompartiment I (D1) die LK im Kompartiment II mit den Stationen 7–11. Bei verdächtigen Lymphknoten im Milzhilus sollte eine LAD der Hiluslymphknoten bzw. eine Splenektomie unter Pankreaserhalt erfolgen.

  • pM-Kategorien sind insbesondere bei Peritonealmetastasen zu beachten.

  • Angabe von klinischem Stadium beim Magenkarzinom (sofern klinischerseits mitgeteilt)

  • Angabe von pathologischem Stadium beim Magenkarzinom

  • Angabe von klinischem Stadium für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (Siewert-I und Siewert-II; sofern klinischerseits mitgeteilt)

  • Angabe von pathologischem Stadium für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (Siewert-I und Siewert-II)

  • Fakultativ: Angabe des Stadiums nach neoadjuvanter Therapie für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs (Siewert-I und Siewert-II) (nach AJCC 2017)

  • Fakultativ: Angabe des Stadiums nach neoadjuvanter Therapie für Adenokarzinome des Magens (nach AJCC 2017)

R-Klassifikation (Die Bestimmung der Residualtumorklassifikation sollte nach den Vorgaben der aktuellen TNM-Klassifikation (2017) erfolgen)

R0: Kein Residualtumor

R1: Mikroskopischer Residualtumor

R2: Makroskopischer Residualtumor

Wie in der Leitlinie formuliert, sollte dabei nicht nur das Tumorresektat betrachtet werden, sondern es sollten auch Fernmetastasen berücksichtigt werden, d. h., bei vollständiger lokaler Entfernung eines Magenkarzinoms und Lebermetastasen (nicht entfernbar) soll R2 klassifiziert werden.

Nach neoadjuvanter Therapie: Tumorregressions-Score

  • vorzugsweise nach den Vorschlägen von Becker et al. (siehe [Tab. 15]).

Als histologische Regressionszeichen gelten Ödem, Nekrose, Schaumzellen, Fibrose in oberflächlichen Teilen des Tumorbetts, vaskuläre Veränderungen (besonders in der Tumorperipherie), noduläre Fibrose und Hyalinose in den Lymphknoten und ausgedehnte azelluläre Schleimablagerungen (bei muzinösen Adenokarzinomen).

Die histologische Beurteilung der Tumorregression birgt das Risiko eines Stichprobenfehlers. Eine komplette Regression darf nur dann diagnostiziert werden, wenn das gesamte Areal des Primärtumors eingebettet und die Blöcke in je 3 Stufen bearbeitet wurden.

Fakultative Deskriptoren

  • Lymphgefäßinvasion (L-Klassifikation)

    • L0 = Keine Lymphgefäßinvasion

    • L1 = Lymphgefäßinvasion

  • Veneninvasion (V-Klassifikation)

    • V0 = Keine Veneninvasion

    • V1 = Mikroskopische Veneninvasion

    • V2 = Makroskopische Veneninvasion

  • Perineurale Invasion (Pn-Klassifikation)

    • Pn0 = Keine perineurale Invasion

    • Pn1 = Perineurale Invasion


#
#

9. Endoskopische Therapie

9.1. Resektion

9.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Intraepitheliale Neoplasien (sogenannte Dysplasien) jeglicher Größe sowie Magenfrühkarzinome, die alle vier folgenden Kriterien erfüllen, sollen endoskopisch en bloc reseziert werden:

  • < 2 cm Durchmesser

  • nicht ulzeriert

  • Mukosakarzinom

  • intestinaler Typ bzw. histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1 / G2)

Level of Evidence

3b

De Novo [385] [386] [387] [388] [389] [390], Leitlinienadaptation [2]

Starker Konsens (100 %)

9.2.

Evidenzbasiertes Statement

Neu 2019

Empfehlungsgrad

0

Magenfrühkarzinome mit maximal einem „erweiterten Kriterium“ können endoskopisch kurativ reseziert werden.

A

Zur Resektion soll die ESD eingesetzt werden. Liegt mehr als ein erweitertes Kriterium vor, soll eine onkologisch-chirurgische Nachresektion erfolgen.

Die erweiterten Kriterien sind wie folgt definiert:

  • differenziertes Mukosakarzinom (G1/2) ohne Ulzeration und Größe > 2 cm

  • differenziertes Mukosakarzinom mit Ulzeration und Größe < 3 cm

  • gut differenzierte Karzinome mit Submukosainvasion < 500 µm und Größe < 3 cm

  • undifferenziertes Mukosakarzinom < 2 cm Durchmesser (sofern bioptisch kein Nachweis von Tumorzellen im Abstand ≤ 1 cm besteht) (Cave: Bitte Hintergrundtext beachten!).

Level of Evidence

2b-

De Novo [385] [386] [387] [391] [392] [393] [394] [395] [396]

Konsens (95 %)

Hintergrund

Da einige Kriterien (Grading, Submukosainvasion) erst nach genauer histopathologischer Diagnose vorliegen, kann die endoskopische Resektion zunächst unter diagnostischen Aspekten durchgeführt werden. Dabei ist jedoch darauf zu achten, dass dies mit dem Ziel einer En-bloc-R0-Resektion erfolgen soll. Dabei stellt die ESD die Methode der Wahl dar, da nur sie eine sichere En-bloc-R0-Resektion größenunabhängig erlaubt. Nur bei Läsionen kleiner 15 mm kann eine EMR ausnahmsweise als diagnostische Resektion ausreichend sein.

Nach erfolgter endoskopischer Resektion sollen die Patienten nochmals in einem interdisziplinären Tumorboard besprochen werden.

Ursprünglich waren die Leitlinienkriterien (siehe 43) [397] zu einer Zeit definiert worden, als die EMR noch der Standard der Mukosaresektion war. Damit stellte die Größe einen limitierenden Faktor für eine kurative En-bloc-Resektion dar. Mit Einführung der ESD in die Therapie von Magenfrühkarzinomen zeigte sich, dass die „Leitlinienkriterien“ zu streng gefasst waren und zahlreiche Patienten unnötig operiert wurden [391]. In der Tat konnte Gotoda et al. zeigen, dass bei 5265 Patienten mit Magenfrühkarzinomen, die alle gastrektomiert wurden, keine Lymphknotenmetastasen vorhanden waren, wenn die „erweiterten Kriterien“ – wie oben definiert (siehe 44) – erfüllt waren [392]. So zeigten sie, dass unabhängig von der Größe beim gut differenzierten Mukosakarzinom ohne Ulkus in 929 Fällen keine Lymphknotenmetastasen vorhanden waren. Unter Berücksichtigung dieser Daten und anderer Serien [386] wurde das Risiko für Lymphknotenmetastasen für Läsionen kleiner bzw. größer 30 mm mit einem 95 %-KI von 0–0,3 % bzw. 0–0,4 % kalkuliert. Gotoda fand für Läsionen kleiner bzw. gleich 30 mm und einem Ulkus ein Risiko von 0–0,3 % für Lymphknotenmetastasen im Gegensatz zu 3,4 % für ulzerierte Läsionen > 30 mm. Auch bei einer Submukosainvasion von weniger als 500 µm bei nicht ulzerierten, gut differenzierten Karzinomen (< 30 mm) ist das Lymphknotenmetastasenrisiko vernachlässigbar. Etwas kontroverser wird der Punkt Differenzierungsgrad des Tumors diskutiert. Auch wenn Gotoda in seiner Serie an undifferenzierten Karzinomen (≤ 20 mm, nicht ulzeriert, Mukosakarzinom) keine Lymphknotenmetastasen nachweisen konnte und eine weitere Serie von 310 Patienten mit schlecht differenzierten Karzinomen die Resultate bestätigte [393], gibt es Studien, die in 5 % Lymphknotenmetastasen fanden [394] [395]. Auch die Metaanalyse von Abdelfatah et al. weist darauf hin, dass undifferenzierte Karzinome und submukös invasive Karzinome mit einem höheren Risiko für Lymphknotenmetastasen einhergingen. Es sei jedoch einschränkend darauf hingewiesen, dass es sich dabei ausschließlich um Patienten handelte, die gastrektomiert wurden, sodass ein gewisser Selektionsbias in dieser Metaanalyse nicht auszuschließen ist [396].

Isomoto et al. fanden bei Patienten mit Magenfrühkarzinomen, die die „Leitlinienkriterien“ bzw. die „erweiterten Kriterien“ erfüllten und mittels ESD behandelt wurden, keinen Unterschied im Überleben. Dennoch lag die En-bloc-Resektionsrate in der „Leitlinienkriterien“-Gruppe höher und das Perforationsrisiko war niedriger als in der „erweiterten Kriterien“-Gruppe [398]. Yamaguchi et al. fand ebenfalls keinen Unterschied hinsichtlich des Überlebens. Die En-bloc- und R0-Resektionsraten waren jedoch signifikant besser in der „Leitlinienkriterien“-Gruppe (98,6 % und 97,1 %) im Vergleich zur „erweiterten Kriterien“-Gruppe (93 % und 91,1 %) [399]. Auch die Studie von Hitomi et al. zeigte, dass die En-bloc-Resektionsrate und die R0-Resektionsrate in der „Leitlinienkriterien“-Gruppe höher waren als in der „erweiterten Kriterien“-Gruppe [400]. Und auch in der Studie von Gotoda kam man zu dem Ergebnis, dass kein Unterschied im Überleben vorliegt, unabhängig davon, ob man Patienten mit den „Leitlinienkriterien“ oder bei Vorliegen der „erweiterten Kriterien“ endoskopisch behandelte [401]. Auch die Daten von Ahn et al. [402] und Park et al. [403] zeigen, dass das klinische Outcome für Patienten mit „Leitlinienkriterien“ bzw. „erweiterten Kriterien“ vergleichbar ist. Aus diesem Grund sind in den japanischen Leitlinien die „Leitlinienkriterien“ und die „erweiterten Kriterien“ als Indikationen für eine endoskopische Therapie mit der ESD als Methode der Wahl akzeptiert [404] [405].

Mittlerweile existieren auch Daten aus dem Westen zur ESD zu „Leitlinienkriterien“ und „erweiterten Kriterien“ von Magenfrühkarzinomen. Analog zu den Daten in Japan konnten Probst et al. zeigen, dass kein Unterschied hinsichtlich Überleben in beiden Gruppen besteht, obwohl die En-bloc- und R0-Resektionsraten bei den „Leitlinienkriterien“ signifikant besser waren als bei den „erweiterten Kriterien“ (90,2 % vs. 73,6 %; p = < 0,02) [385].

Die ESGE hat die japanische Guideline hinsichtlich Indikation zur endoskopischen Therapie von Magenfrühkarzinomen wie oben ausgeführt komplett übernommen [387].

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurde die ESD mit der Gastrektomie bei Magenfrühkarzinomen verglichen, und es zeigte sich, dass die Eingriffszeit für die OP länger (265 vs. 90 Min) war, ebenso war die Krankenhausverweildauer länger (10 Tage vs. 3 Tage) und die Komplikationsrate höher (33 % vs. 5 %) [406].

Weitere Studien, die ESD und Operation vergleichen, bestätigen diese Ergebnisse und zeigen zusätzlich eine deutlich bessere Lebensqualität nach ESD im Vergleich zur Operation. Lediglich die Angst, wieder ein Rezidiv zu erleiden, überwiegt in der ESD-Gruppe [388] [407]. Eine koreanische Studie zeigte, dass die Lebensqualität nach kurativer ESD signifikant nach 6 Monaten verbessert war [408].

Der Verweis auf den Hintergrundtext in den Empfehlungen weist auf zwei neue Studien aus Südkorea hin, deren Fokus auf den undifferenzierten [409] bzw. gemischtzelligen [236], mukosalen Karzinomen lag. In der retrospektiven Analyse von Oh et al. wurden alle 1003 mukosalen Magenkarzinome, die zwischen 2008 und 2012 gastrektomiert waren, univariat und multivariat auf Risikofaktoren für Lymphknotenmetastasen untersucht und dazu die histopathologischen Schnitte neu begutachtet [409]. 22 der 502 differenzierten Karzinome wiesen Lymphknotenmetastasen auf sowie 16 der 501 undifferenzierten (0,4 % vs. 3,2 %; p < 0,001). Sowohl in der univarianten als auch in der multivariaten Analyse war die zelluläre Differenzierung ein signifikanter Risikofaktor für Lymphknotenmetastasen. Von den 216 Patienten mit undifferenzierten Karzinomen, die den erweiterten Kriterien für eine ESD entsprochen hätten, wiesen fünf Patienten (2,3 %) Lymphknotenmetastasen auf. Die Autoren schlussfolgerten, dass für undifferenzierte, mukosale Karzinome die ESD nicht in jedem Fall der Operation überlegen sei. Es sei deswegen eine Neudefinition der erweiterten Kriterien notwendig.

Auch gemischtzellige, mukosale Karzinome verhalten sich in Bezug auf das Risiko, Lymphknotenmetastasen zu entwickeln, wie diffuse. Zu diesem Schluss kamen Pyo et al. in der retrospektiven Analyse ihres großen Krankenguts, in dem über einen Zeitraum von 12 Jahren 3170 wegen T1a-Karzinomen gastrektomierte Patienten erfasst waren [410]. Von diesen hatten 193 (6,1 %) gemischtzellige (diffus/intestinal) Karzinome. Histopathologisch wiesen die gemischtzelligen Karzinome häufig Lymphknotenmetastasen auf (4,7 %) und waren damit den diffusen vergleichbar (4,8 %). Auch in der multivariaten Analyse bestätigte sich die Laurén-Klassifikation als signifikanter Prognosefaktor für Lymphknotenmetastasen. Allerdings unterschieden sich das Langzeitüberleben und das rezidivfreie Überleben zwischen den Gruppen nicht signifikant. Die Autoren empfahlen trotzdem, bei den diffusen und den gemischtzelligen Karzinomen über eine operative Therapie nachzudenken ([Tab. 13]).

Zoom Image
Tab. 13 Leitlinienkriterien und erweiterte Kriterien für Magenfrühkarzinome

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9.2. Rezidiv

9.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Die endoskopische Resektion von Magenfrühkarzinomen soll als komplette En-bloc-Resektion erfolgen, die eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder erlaubt.

Starker Konsens (97 %)

9.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die ER und die ESD von Magenfrühkarzinomen sollen nur durch Endoskopiker mit Expertise in der endoskopischen Therapie von gastrointestinalen Frühkarzinomen durchgeführt werden.

Starker Konsens (97 %)

9.5.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Bei Nachweis eines positiven horizontalen Randes oder im Falle einer Piece-Meal- Resektion ist das Lokalrezidivrisiko sehr hoch. Lokalrezidive nach ER eines Magenfrühkarzinoms können erneut endoskopisch behandelt werden, wenn ein mukosaler Befall (rT1a N0 M0) vorliegt. Alternativ soll ein chirurgisches Vorgehen gewählt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die endoskopische Resektion von Magenfrühkarzinomen soll als komplette En-bloc-R0-Resektion erfolgen, die eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder erlaubt. Die ESD ist die Methode der Wahl. Nur Läsionen < 15 mm, die keine „erweiterten“ Kriterien aufweisen, können mit EMR abgetragen werden, wenn dies en bloc und R0 möglich ist. Eine kurative Resektion ist nur als eine En-bloc-Resektion möglich. Eine Piece-Meal-Resektion ist somit unter histopathologischen Aspekten nie kurativ, was sich auch in der hohen Lokalrezidivrate widerspiegelt.

Die lokale Rezidivrate nach Piece-Meal-ER liegt bei 10–30 %, während sie bei erfolgter ESD bei < 1 % liegt [389] [390] [411] [412]. In der Mehrzahl der Fälle können diese Rezidive erneut endoskopisch behandelt werden, ohne dass eine Operation notwendig wäre [413] [414] [415].

Es muss jedoch klar zwischen lateralen und vertikalen positiven Rändern unterschieden werden. Nach Piece-Meal-EMR eines mukosalen Karzinoms war bei positivem lateralem Rand in 7 % eine Operation erforderlich. Bei positivem vertikalem Rand war in 40 % ein Residualkarzinom und in 10 % positive Lymphknoten nachweisbar [416].

In zahlreichen Studien konnte gezeigt werden, dass die ESD eine höhere En-bloc-Resektionsrate aufweist im Vergleich zur EMR (92 % vs. 52 %; OR 9,69; 95 %-KI: 7,74–12,13), eine höhere komplette histologische komplette Resektionsrate (82 % vs. 42 %; OR 5,66; 95 %-KI: 2,92–10,96) und niedrige lokale Rezidivhäufigkeiten (1 % vs. 6 %; OR 0,10; 95 %-KI: 0,06–0,18) [389] [390] [412], und dies selbst für Läsionen die < 10 mm sind. Das bessere Outcome der ESD wird mit einer längeren Eingriffszeit (59,5 Min, 95 %-KI: 16,8–102) und höheren Perforationsraten (4 % vs. 1 %; OR 4,67; 95 %-KI: 2,77–7,87) erkauft.

Obwohl die Rezidivraten nach ESD geringer sind, fand Tanabe et al. keinen Unterschied im Überleben zwischen ESD und EMR [417]. Zu denselben Ergebnissen kommt eine Studie aus Europa: Hohe R0-Resektionsraten (91 % vs. 54 %; p < 0,001) und niedrigere Rezidivraten (4 % vs. 15 %; p = 0,02) ohne Unterschiede im Überleben [418], wobei jedoch anzumerken ist, dass diese Studien einen Selektionsbias haben, da die größeren und fortgeschritteneren Läsionen in der ESD-Gruppe waren.

Die ESD ist zeitintensiv, hat eine lange Lernkurve und ist komplikationsträchtig. Tanaka et al. zeigten, dass mit steigender Fallzahl an ESD-Eingriffen die Perforationsrate am Kolon von 20 % auf 0 % reduziert werden konnte [419]. Yamamoto et al. zeigten, dass man als „Anfänger“ für ESD-Eingriffe nach ca. 30 Prozeduren bei Magenfrühkarzinomen („Leitlinien-Kriterien“) unter Supervision eine En-bloc-Resektionsrate von über 93 % und eine Komplikationsrate von unter 4,4 % (2,2 % Blutung bzw. 2,2 % Perforation) erreichen kann [420]. Probst et al. zeigten, dass neben einer Reduktion der Komplikationsrate auch die Geschwindigkeit der ESD-Prozedur mit steigender Fallzahl zunimmt [421].

Zusätzlich sollte der Endoskopiker die Grenzen seiner therapeutischen Maßnahmen einschätzen können. Gelingt eine R0-Resektion nach einer 2. endoskopischen Resektion nicht, ist ein chirurgisches Vorgehen indiziert, obwohl bekannt ist, dass nach operativer Nachresektion nur in 50 % aller Resektate ein Residualtumor nachweisbar ist [415]. Allerdings sind bei Submukosa-, Lymph- oder Blutgefäßinvasion in bis zu 25–30 % Lymphknotenmetastasen nachweisbar, sodass dann die operative Resektion anzustreben ist [422] [423]. Zuvor sollte der Patient erneut im interdisziplinären Tumorboard besprochen werden.

Unter den endoskopischen Therapieverfahren sind die resezierenden den destruktiven Verfahren vorzuziehen, da nur sie eine histologische Beurteilung erlauben. Mukosadestruktive Verfahren sollten der Behandlung von rückständigen Veränderungen nach ER vorbehalten bleiben, wenn resezierende Verfahren nicht möglich sind oder eine Operation ausscheidet. Sie sollten nicht zur initialen Therapie bei bestehender invasiver Erkrankung von Patienten angewendet werden.

Die klinische Vorbereitung des endoskopischen Resektats soll entsprechend der aktuellen „Anleitung zur pathologisch-anatomischen Diagnostik des Magenkarzinoms“ des Berufsverbandes Deutscher Pathologen e. V.© und der Deutschen Gesellschaft für Pathologie e. V.© erfolgen.


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9.3. Komplikationen

9.6.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Blutung und Perforation sind typische Komplikationen nach endoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen und können in der Regel endoskopisch bzw. konservativ behandelt werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Blutung und Perforation sind typische Komplikationen nach endoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen und können in der Regel endoskopisch bzw. konservativ behandelt werden.

Blutung und Perforation treten unmittelbar während des operativen Eingriffs oder mit abnehmender Häufigkeit mit einer Latenz von bis zu 10 Tagen auf. Die Häufigkeitsangaben schwanken zwischen 2 % und 23 % für Blutung und 0,5 % bis 10 % für Perforation, wobei beide Komplikationen deutlich häufiger nach ESD als nach klassischer ER gesehen werden [386] [398] [402] [412] [424] [425] [426] [427] [428]. Es besteht ein Zusammenhang zwischen Komplikationshäufigkeit und der Größe, aber auch mit der proximalen Lokalisation der behandelten Läsionen. Unmittelbar auftretende Komplikationen werden überwiegend sofort endoskopisch diagnostiziert. Zur frühzeitigen Erkennung späterer Komplikationen sollten spezifische Nachsorgeanweisungen gegeben werden. Die notwendigen diagnostischen Maßnahmen bei V. a. eine Komplikation nach endoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen unterscheiden sich nicht von anderen therapeutischen Eingriffen in der Endoskopie. Abgesehen von einer perioperativen Säuresuppression liegen über spezifische Maßnahmen zur Komplikationsvermeidung derzeit keine Erkenntnisse vor [429] [430] [431] [432]. Eine perioperative Säuresuppression mit Pantoprazol oder Omeprazol ist dabei einer Therapie mit Famotidin überlegen [433] [434], wobei eine ausschließlich postinterventionell durchgeführte p. o. Protonenpumpeninhibitor-Therapie eine ausreichende Effizienz hat [432].

Aufgrund der Häufigkeit von Blutungskomplikationen, deren gelegentlich hohen Schweregrads sowie der hohen Effektivität der endoskopischen Blutstillung beispielsweise durch Koagulation oder Clip [398] soll eine endoskopische Resektion ausschließlich in Zentren durchgeführt werden, die über eine 24-Stunden-Rufbereitschaft für Notfallendoskopie verfügen. Aus denselben Gründen soll eine endoskopische Resektion ausschließlich unter stationären Bedingungen durchgeführt werden.

Aufgrund der Häufigkeit von Perforationen und ihrer potenziell vitalen Konsequenzen soll eine endoskopische Resektion ausschließlich in Zentren durchgeführt werden, die einen unmittelbaren und uneingeschränkten Zugang zur Viszeralchirurgie haben und wo die onkologischen Besonderheiten der endoskopischen Therapie von Frühkarzinomen interdisziplinär berücksichtigt werden. Insbesondere scheint eine Perforation nach endoskopischer Resektion am Magen nicht mit einem Risiko für eine peritoneale Aussaat assoziiert zu sein [428].


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9.4. Nachsorge

9.7.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Patienten, die mit endoskopischer Resektion behandelt wurden, sollen eine endoskopische Überwachung erhalten. Bei Vorliegen erweiterter Kriterien sollten in der Nachsorge zusätzlich bildgebende Verfahren eingesetzt werden.

Konsens (91 %)

9.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Patienten mit einer R1-Resektion sollen nachreseziert werden. Nach einer Piece- Meal-Resektion ohne Indikation für eine Operation soll nach 3 Monaten endoskopisch-bioptisch kontrolliert werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Japanische Daten an knapp 3100 Patienten mit kurativer ER belegen, dass ein lokales Rezidiv in 11,9 % auftrat und dieses Rezidiv in 46 % aller Fälle innerhalb der ersten 3 Monate nach ER detektiert wurde. Nur bei 16 % der Patienten trat das Rezidiv > 12 Monate nach erfolgter ER auf [435].

Aus Langzeitdaten nach ESD ist bekannt, dass in 10–20 % der Fälle synchrone oder multiple metachrone Läsionen auftreten können [418] [436] [437] [438].

Die japanischen Leitlinien empfehlen alle 6–12 Monate eine endoskopische Kontrolle vorzunehmen, um vor allem metachrone Läsionen zu detektieren. Bei Befunden, die „erweiterte Kriterien“ aufweisen, werden zusätzlich Ultraschall und CT zum Ausschluss von Metastasen empfohlen [404] [405].

Eine Kontrolle früher als 3 Monate scheint nicht hilfreich, da zu diesem Zeitpunkt eine Unterscheidung von regenerativen Schleimhautveränderungen und Rezidiv schwierig ist [439]. Aus diesem Grund schlagen wir die erste Kontrolle nach ESD und R0-Resektion nach 3–6 Monaten vor und danach jährlich.

War die Resektion inkomplett (z. B. bei Piece-Meal-EMR), sollte schon nach 3 Monaten endoskopiert und biopsiert werden; danach ist eine weitere Kontrolle innerhalb des ersten Jahres erforderlich, da in einigen Studien gezeigt wurde, dass das Rezidiv meist innerhalb des ersten Jahres auftritt [413] [415] [418] [439] [440] [441].

Eine Testung auf H. pylori sollte erfolgen. Bei positivem Nachweis von H. pylori sollte eine Eradikationstherapie durchgeführt werden, da so die Zahl der metachronen Tumoren reduziert werden kann [60].


#
#

10. Chirurgische Therapie

10.1. Resektion

10.1.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Die chirurgische Resektion stellt die einzige Möglichkeit zur kurativen Behandlung und damit die Standardtherapie für alle potenziell resektablen Magenkarzinome dar.

Eine Ausnahme stellen die endoskopisch kurativ resezierbaren Frühkarzinome dar (s. Empfehlung 9.2.).

Konsens (94 %)

10.2.

Evidenzbasiertes Statement

Neu 2019

Empfehlungsgrad

0

Bei Magenfrühkarzinomen kann eine laparoskopische subtotale distale Resektion oder Gastrektomie durchgeführt werden und ist einer offenen Resektion onkologisch gleichwertig.

Level of Evidence

1a

De Novo [442] [443] [444] [445] [446] [447] [448] [449] [450] [451] [452] [453] [454] [455] [456] [457] [458] [459] [460] [461]

Konsens (87 %)

Hintergrund

Neben einer Reihe von retrospektiven Studien sind in den vergangenen Jahren 6 prospektive randomisierte Phase-III-Studien [336] [446] [447] [448] [449] [450], ein Cochrane-Review [442] und 7 Metaanalysen [451] [452] [453] [454] [455] [456] [457] publiziert worden, die laparoskopische und konventionell offene Resektionen bei Magenfrühkarzinomen verglichen haben.

Zusammenfassend lassen die Ergebnisse der Studien und Metaanalysen die Schlussfolgerungen zu, dass laparoskopische Resektionen bei Magenfrühkarzinom technisch sicher durchgeführt werden können. Patienten nach laparoskopischer Resektion erholen sich im Vergleich mit konventionell offen operierten Patienten in der frühpostoperativen Phase schneller und weisen jeweils signifikant eine frühere orale Toleranz der Nahrungsaufnahme, eine verkürzte postoperative Atonie, eine raschere Mobilisation und einen kürzeren stationären Krankenhausaufenthalt auf [336] [443] [448] [449] [450] [455] [456] [457]. Die Gesamtmorbidität nach laparoskopischer Chirurgie ist in den RCTs signifikant geringer (laparoskopisch vs. offen: 2,0–28,6 % vs. 2,0–57,1 %, p < 0,05) [452] [457]. Die 30-d-Letalität ist im laparoskopischen Arm äquivalent zur offenen Resektion und wird zwischen 0 und 1,3 % angegeben [444] [454] [455]. Für laparoskopische Resektionen muss eine durchschnittlich 45–65 Minuten längere OP-Zeit kalkuliert werden. Inzwischen wurde auch nachgewiesen, dass eine LAD mit jeweils mehr als 25 entfernten LK sowie eine D2-LAD laparoskopisch ohne Erhöhung der Morbidität durchführbar ist [456].

Es liegen ausreichend Daten vor, die belastbare Aussagen zum onkologischen Outcome nach laparoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen zulassen. Im koreanischen COACT-0301-Trial wurde bei jeweils 82 eingeschlossenen Patienten mit Frühkarzinom dabei ein 5-Jahres-DFS von 98,8 % in der laparoskopischen Gruppe und 97,6 % in der offenen Gruppe registriert. Das 5-Jahres-OS war mit 97,6 % im laparoskopischen Arm und 96,3 % im offenen Arm auch nicht different [458]. Lee et al. konnten in einer weiteren Vergleichsstudie über 211 Patienten ein gleichwertiges 5-Jahres-OS von 95,9 % in der laparoskopischen Gruppe und 94,9 % in der offen operierten Gruppe nachweisen [459]. Bei Takiguchi et al. überlebten alle Patienten (n = 40) unabhängig von der Resektionstechnik rezidivfrei die ersten 5 Jahre [450].

Im Gegensatz zur minimalinvasiven Magenchirurgie bei Frühkarzinomen befinden sich laparoskopische Resektionsverfahren bei fortgeschrittenen Tumoren (≥T2) derzeit in der Evaluierung. Tendenziell scheinen sich vergleichbare Effekte wie bei der Behandlung von Frühkarzinomen abzuzeichnen [445] [460] [461]. Eine abschließende Bewertung und Empfehlung ist derzeit jedoch noch nicht möglich.

10.3.

Evidenzbasiertes Statement

Geprüft 2019

Level of Evidence

2a

Ziel der kurativen Chirurgie des Magenkarzinoms ist die vollständige Entfernung des Tumors und der regionären Lymphknoten mit histologisch bestätigt tumorfreien proximalen, distalen und zirkumferenziellen Resektionsrändern (R0).

De Novo [462] [463] [464] [465] [466] [467] [468] [469] [470] [471], Leitlinienadaptation [472]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Bei proximalen Tumoren bedarf es in der Regel einer Gastrektomie. Bei einem Adenokarzinom des ösophagogastralen Überganges (Kardiakarzinom, AEG Typ II und III) wird zusätzlich zur Gastrektomie eine distale Ösophagusresektion notwendig. Gegebenenfalls ist aufgrund der luminalen Tumorausdehnung auch eine subtotale Ösophagektomie mit proximaler Magenresektion bzw. eine Ösophagogastrektomie zum Erreichen einer R0-Resektion erforderlich. Bei distalen Tumoren kann ohne Verschlechterung der Prognose der proximale Magen erhalten werden. Ein ausreichender Resektionsabstand von 5 cm (intestinaler Typ n. Laurén) bzw. 8 cm (diffuser Typ n. Laurén) ist dabei anzustreben. Wenn möglich, sollten an dem Tumor adhärente Strukturen (z. B. Zwerchfell, Milz) en bloc mit dem Tumor entfernt werden. Eine Routinesplenektomie soll vermieden werden [467] [468] [469] [470] [471] [472] [473].

Laparoskopische Verfahren können zur kurativen Chirurgie des Magenkarzinoms derzeit nicht generell empfohlen werden, auch wenn erste Arbeiten die Möglichkeit der laparoskopischen Magenresektion zeigen [451] [462].

Das Ziel der kurativen Chirurgie sollte bei allen funktionell operablen Patienten mit T1- bis T4-Tumoren [463] angestrebt werden. Patienten mit T4b-Tumoren, die nicht resektable Strukturen betreffen, und solche mit Fernmetastasen sollten keiner radikalen Chirurgie unterzogen werden.

Es liegen derzeit keine ausreichenden Daten darüber vor, ob und wie häufig nach neoadjuvanter Therapie mit Tumorregression ein primär inoperabler Tumor (z. B. mit Peritonealmetastasen) sekundär kurativ operiert werden kann. Im Einzelfall kann eine kurative Resektion angestrebt werden. Ebenso liegen keine ausreichenden Daten darüber vor, ob im Fall einer R1-Resektion eine Nachresektion in einer weiteren Operation kurativ ist. In Abhängigkeit von der Lokalisation der vorausgegangenen R1-Resektion und der funktionellen Operabilität sollte der Versuch einer Nachoperation mit dem Ziel der R0-Resektion unternommen werden.

10.4.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Um tumorfreie Resektionsränder bei chirurgischer Resektion zu erzielen, sollte ein proximaler Sicherheitsabstand am Magen von 5 cm (intestinaler Typ n. Laurén) bzw. 8 cm (diffuser Typ n. Laurén) in situ angestrebt werden. Bei Unterschreitung des Sicherheitsabstands nach oral soll ein Schnellschnitt erfolgen.

Level of Evidence

2b

De Novo [253] [466] [467] [468] [469] [470] [471] [474] [475] [476]

Konsens (89 %)

10.5.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Das Resektionsausmaß wird bestimmt durch Tumorlokalisation, TNM-Kategorien und histologischen Typ (intestinaler versus diffuser Typ nach Laurén-Klassifikation).

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die Angaben zu den proximalen Sicherheitsabständen basieren auf Arbeiten von Hermanek et al. [464] [465] aus den 1980er- und 1990er-Jahren. Sie beruhen auf der Beobachtung, dass diffuse Magenkarzinome gelegentlich eine diskontinuierliche Ausbreitung in der Magenwand nach proximal zeigen können. Es wurde nachgewiesen, dass bei einem Sicherheitsabstand zum proximalen Resektionsrand von 5–8 cm in situ (entsprechend > 5 cm am frischen Präparat ohne Zug und Spannung) mit sehr geringer Wahrscheinlichkeit ein Tumornachweis am Resektionsrand erfolgt. Für die intestinalen Magenkarzinome wurde eine derartige diskontinuierliche Ausbreitung nicht nachgewiesen; deswegen wurde ein Sicherheitsabstand nach proximal von 4–5 cm (entsprechend 2–3 cm am frischen Präparat ohne Zug und Spannung) als ausreichend empfunden. Die Beachtung dieser nach proximal einzuhaltenden Sicherheitsabstände bedeutet für Patienten mit diffusen Karzinomen, dass nur bei Karzinomen des unteren Magendrittels eine subtotale distale Magenresektion infrage kommt. Bei Karzinomen des oberen und mittleren Drittels wird in der Regel eine Gastrektomie vorzunehmen sein, da sonst die Sicherheitsabstände nicht eingehalten werden können. Bei Patienten mit Karzinomen des intestinalen Typs kann neben dem unteren Drittel auch eine subtotale distale Magenresektion bei Karzinomen des mittleren Drittels möglich sein. Die Richtigkeit dieser Angaben bezüglich des notwendigen Abstands nach proximal wurde in keiner weiteren Studie überprüft. Daher werden zunehmend in der internationalen Literatur kürzere Sicherheitsabstände insbesondere für intestinale Karzinome diskutiert [474] [475] [476]. Zwei Studien der US Gastric Cancer Collaborative befassten sich mit den proximalen Sicherheitsabständen bei der Magenresektion.

Alle Resektate (inkl. Gastrektomien) wurden vom proximal gelegenen Tumor aus nach oral in 0,5-cm-Schritten zugeschnitten, eingebettet und befundet. Primäre Endpunkte waren Lokalrezidive und Gesamtüberleben. Alle 162 Patienten waren distal R0-reseziert, 151 (93,2 %) hatten auch proximal freie Resektionsränder mit einer mittleren Länge von 2,6 cm (median 1,7 cm; 0,1–15). Ein größerer proximaler Sicherheitsabstand war nicht mit einer niedrigeren Rezidivrate oder einem besseren Gesamtüberleben verknüpft. Eine proximale R1-Resektion ging signifikant mit einem höheren Lymphknotenstadium (N3: 73 % vs. 26 %; p = 0,007) sowie einer höheren Lokalrezidivrate einher – jedoch nicht mit einem geringeren Gesamtüberleben (multivariat) [466].

Der proximale Resektionsrand aller Präparate der 465 Patienten, die eine distale Magenresektion erhalten hatten, wurde histopathologisch aufbereitet wie oben beschrieben. 435 waren R0-reseziert, 30 hatten einen positiven Resektionsrand (R1). Bei 143 Patienten lag ein Stadium 1, bei 322 ein Stadium 2–3 vor. Das mediane Follow-up lag bei 44 Monaten; der durchschnittliche Abstand betrug 4,8 cm. Das mediane Gesamtüberleben der Patienten mit einem Abstand von 3,1–5 cm (n = 110) war gegenüber den Patienten mit einem Abstand ≤ 3 cm (n = 176) signifikant besser (48,1 vs. 29,3 Monate; p = 0,01), während ein Abstand > 5 cm keinen weiteren Überlebensvorteil brachte. Der Einfluss des Abstands war stadienspezifisch: im Stadium 1 blieb in der multivariaten Analyse der Abstand von 3,1–5 cm positiv mit dem Gesamtüberleben korreliert (HR 0,16; p = 0,01), in den Stadien 2 und 3 nicht mehr [467].

Die US Gastric Cancer Collaborative untersuchte in einer Studie [468] die Auswirkungen der intraoperativen Schnellschnittuntersuchung (SS) des proximalen Resektionsrandes bei der Magenresektion auf die Lokalrezidivrate. Sekundäre Endpunkte waren rezidivfreies und Gesamtüberleben. Bei 520 von 860 Patienten wurden SS durchgeführt; von diesen waren 67 tumorbefallen. Bei 48 dieser 67 Patienten wurde durch Nachresektion eine R0-Resektion ermöglicht. Insgesamt konnte also bei 447 Patienten (86 %) eine R0-Resektion erreicht werden, eine R0-Resektion durch Nachresektion nach initial „positivem“ SS bei 48 (9 %) und eine R1-Situation trotz SS verblieb bei 25 Patienten (5 %).

Das mediane Follow-up lag bei 44 Monaten. Die Lokalrezidivrate war in der zu R0 konvertierten Gruppe signifikant niedriger als in der R1-Gruppe (10 % versus 32 %; p = 0,001); das mediane rezidivfreie Überleben war jedoch in beiden Gruppen vergleichbar (25 versus 20 Monate; p = 0,49). Noch besser war dies nach primärer R0-Resektion (37 Monate). Das mediane Gesamtüberleben war in beiden SS-Gruppen (SS R1 zu R0 und SS R1: 36 versus 26 Monate; p = 0,14) kürzer als nach primärer R0-Resektion (50 Monate). In der multivariaten Analyse hatten nur T- und N-Kategorie einen signifikanten Einfluss auf das rezidivfreie und das Gesamtüberleben, die intraoperative Konversion von R1 zu R0 nicht.

In der Arbeit aus Südkorea [469] wurde ein großes Kollektiv von Patienten mit Magenkarzinomen (n = 1888) nachuntersucht, die zwischen 1992 und 2010 in kurativer Intention magenreseziert und in einer Datenbank erfasst waren. Unter anderem wurde der Einfluss des Abstands vom proximalen Resektionsrand zum Tumor auf das Überleben analysiert.

Ergebnis: Die 5-Jahres-Überlebensrate bei tumorpositivem Resektionsrand lag bei 5,9 %. Für alle tumornegativen (R0) Gruppen wurde in der multivariaten Analyse nachgewiesen, dass unterschiedliche Abstände des Resektionsrands zum Tumor keinen Einfluss auf das Gesamtüberleben hatten. Die Autoren schlussfolgerten, dass es bei histologisch gesichertem, tumornegativem Resektionsrand nicht notwendig sei, den Abstand zu vergrößern.

Unabdingbare Voraussetzung für kürzere Sicherheitsabstände bei der onkologischen Magenresektion ist eine intraoperative Schnellschnittuntersuchung des proximalen Resektionsrands.

Für Karzinome im oberen Drittel des Magens und Karzinome des ösophagogastralen Übergangs vom Typ III sollte das Resektionsausmaß eine erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion umfassen [470].

Bisherige Studien hatten einen proximalen Sicherheitsabstand beim AEG Typ II und III von 5 bis 12 cm gefordert – vor allem wegen Tumor-Skip-Läsionen bis 4 cm proximal der sichtbaren Tumorgrenze. Diese Vorgabe wurde nun in einer Arbeit aus Tokio noch einmal untersucht [471]. 120 Patienten hatten wegen eines T2 bis 4 N0 bis N3-Karzinoms eine totale Gastrektomie erhalten. Bei 2 Patienten lag proximal eine R1-Resektion vor (1,4 %), und weitere 2 entwickelten ein Anastomosenrezidiv. Von den 100 Patienten, die eine transhiatal erweiterte Gastrektomie erhalten hatten, wiesen die mit einem proximalen Tumorabstand > 20 mm ein signifikant besseres Überleben auf als die mit einem geringen Abstand (p = 0,027). In der multivariaten Analyse war ein proximaler Sicherheitsabstand von 20 mm oder weniger ein unabhängiger Risikofaktor (HR 3,56; p = 0,008), ebenso wie der pN-Status (HR 1,76; p = 0,024). Die Grenze von 20 mm wurde am fixierten Präparat ermittelt; durch Schrumpfung des Präparats im Rahmen der Fixierung entspräche dies einer Länge von 28 mm in vivo. Die zwei in der Arbeit berichteten Anastomosenrezidive traten bei deutlich geringeren Abständen auf (11 bzw. 15 mm), sodass ein proximaler Sicherheitsabstand von 30 mm in vivo anzustreben ist, wobei ein intraoperativer Schnellschnitt obligat ist.

10.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Kliniken mit hoher Fallzahl haben eine geringere perioperative Letalität als Kliniken mit niedriger Fallzahl. Patienten sollte daher die Überweisung an Kliniken mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Mehrheitliche Zustimmung (69 %)

Hintergrund

Einige Studien konnten einen Zusammenhang zwischen Patientenoutcome (30-Tage-Letalität) und dem Fallzahlvolumen des Chirurgen bzw. der behandelnden Einrichtungen für Magenkarzinomresektionen nachweisen. Die französische FREGAT-Gruppe untersuchte, ob auch Patienten mit niedrigem Operationsrisiko von einer Zentralisierung profitieren würden [477]. Analysiert wurde das Ergebnis aller Patienten, bei denen zwischen 2010 und 2012 in Frankreich eine Ösophagus- oder Magenresektion durchgeführt worden war (n = 11 196). Erfasst wurden die postoperative 30-Tages-Mortalität, die Zahl der Operationen/Krankenhaus und der Charson-Score als Ausdruck der Komorbidität. Definiert war: < 20 Fälle/Jahr als „low volume“, 20–39 Fälle als „intermediate“, 40–59 als „high“ und > 60 als „very high“. Unterschiede zwischen der 30-Tage- und 90-Tage-Mortalität bei Ösophaguskarzinomen (n = 3286) und Magenkarzinomen (n = 7910) wurden ebenfalls erfasst.

In „Low-Volume“-Institutionen wurden 64,2 % der Patienten behandelt. Mit zunehmender Zahl der Fälle/Jahr fand sich ein lineares Absinken der 30-Tage- und der 90-Tage-Mortalität (p < 0,001): 5,7 % bzw. 10,2 % „low volume“; 4,3 % bzw. 7,9 % („intermediate“); 3,3 % bzw. 6,7 % („high“); 1 % bzw. 3,6 % („very high“). Beim Vergleich der „low“ mit den „Very-high“-Zentren lag die postoperative 30-Tage-Mortalität bei 4 % vs. 1,1 % bei niedrigem Operationsrisiko (Charlson 0; p = 0,001), bei 7,5 % vs. 3,4 % bei intermediärem Risiko (Charlson 1–2; p < 0,001) und bei 14,7 % vs. 3,7 % bei hohem Risiko (Charlson > 3; p < 0,001). Die negative lineare Korrelation zwischen Zahl der Operationen/Jahr und der postoperativen Mortalität bestand sowohl für das Ösophagus- als auch für das Magenkarzinom. Die Reduktion des Risikos, postoperativ zu versterben, betrug in einem „Very-high“-Zentrum für jedes Operationsrisiko und für jede Tumorlokalisation 70 % gegenüber einem „Low-volume“-Zentrum.

Obgleich dieser Vorteil für Zentren mit hoher Fallzahl im Zusammenhang mit der Magenchirurgie weniger deutlich ist als nach Ösophaguschirurgie, sollte dennoch auf der Grundlage dieser Studien die Durchführung der Magenkarzinomchirurgie in Einrichtungen mit hoher Fallzahl und von erfahrenen Chirurgen empfohlen werden [478] [479] [480]. Die zusätzliche Profilierung an der Magenchirurgie beteiligter assoziierter Fachabteilungen ist tendenziell mit einer geringeren postoperativen Letalität verbunden. Allerdings lässt sich für diese Beziehung kein statistisch relevantes Niveau nachweisen [351] [481] [482].

Nach Diskussion wurde aufgrund der Bedeutung diese Empfehlung mit mehrheitlicher Zustimmung in die Leitlinie aufgenommen.

10.7.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Es gibt keinen allgemein anerkannten Standard zur Rekonstruktion nach Gastrektomie oder subtotal distaler Magenresektion. Weltweit wird die ausgeschaltete Roux-Schlinge bevorzugt verwendet.

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Weltweit wird zur Passagewiederherstellung im oberen Gastrointestinaltrakt die ausgeschaltete Roux-Schlinge bevorzugt verwendet. Grundsätzlich kann das Rekonstruktionsverfahren individuell nach der Erfahrung des Operateurs gewählt werden.

Die Rekonstruktion nach subtotaler distaler Magenresektion und nach transhiatal erweiterter Gastrektomie sollte durch eine ausgeschaltete Jejunumschlinge nach Roux-Y erfolgen.

Die Verwendung eines Pouch geht nach Literaturangaben mit einer möglicherweise früheren und höheren Gewichtszunahme und einer Verbesserung der frühpostoperativen Lebensqualität einher [483]. Nach einer aktuellen Metaanalyse prospektiver randomisierter und nicht randomisierter Studien [484] spricht viel dafür, dass eine Pouch-Rekonstruktion sowohl früh postoperativ als auch nach 12–24 Monaten zu weniger Dumping, weniger Störungen bei der Nahrungsaufnahme und höheren Albuminwerten als Parameter für einen besseren Ernährungsstatus führt. Die weitaus am häufigsten angewendete Pouch-Rekonstruktion war der jejunale J-Pouch.

Nachstehend werden zwei Arbeiten zum Vergleich Pouch- vs. Roux-Y-Rekonstruktion vorgestellt und kommentiert.

Retrospektiv wurden die Patientendaten dreier chinesischer großer Krankenhäuser ausgewertet, in denen zwischen 2010 und 2015 insgesamt 60 Patienten gastrektomiert und entweder mit Pouch (n = 32) oder nach Roux-Y (n = 28) rekonstruiert waren [485]. Die demografischen Daten beider Gruppen waren vergleichbar, ausgewertet wurden perioperative Ergebnisse sowie die Lebensqualität (Spitzer QLI und Visick-Grad). Zwar dauerte die Pouch-Rekonstruktion signifikant länger (ca. 23 Min; p = 0,01), war jedoch mit einer besseren Lebensqualität (weniger Dumping) korreliert.

Die wichtigste Studie zu dieser Thematik ist eine Metaanalyse, die 17 randomisierte kontrollierte Studien, 5 retrospektive, 1 gematchte sowie 2 prospektive Kohortenstudien auswertete [484]. In Subgruppenanalysen wurden unterschiedliche Pouch-Rekonstruktionen getrennt ausgewertet, wobei der jejunale J-Pouch (19 Studien) die häufigste Rekonstruktionsform darstellte. Auch in dieser Studie dauerte die Pouch-Rekonstruktion 23,5 min länger, führte jedoch nicht zu einem längeren Krankenhausaufenthalt. Es fanden sich keine Unterschiede in Bezug auf die postoperativen Komplikationsraten, insbesondere nicht bei den Anastomoseninsuffizienzen, den intraabdominellen Abszessen oder den Letalitätsraten. Durch die Pouch-Rekonstruktion reduzierte sich das Risiko, ein Dumping-Syndrom zu entwickeln nach 3–6 Monaten (8,1 % vs. 32,4 %) und nach 12–24 Monaten (2,8 % vs. 23,6 %) signifikant. Alle funktionellen Vorteile der Pouch- Rekonstruktion wie geringere Ösophagitis, weniger Sodbrennen (relative Risikoreduktion 63 %), Dumping-Syndrom (73 % seltener) sowie Störungen bei der Nahrungsaufnahme (50 % seltener) bestanden auch 1–2 Jahre postoperativ. Ebenso lagen nach 1–2 Jahren die Albuminwerte sowie der BMI in der Pouch-Gruppe signifikant höher.

10.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Bei Lokalisation des Tumors im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ II) mit Infiltration der unteren Speiseröhre kann eine transthorakale subtotale Ösophagektomie mit proximaler Magenresektion nach Ivor Lewis durchgeführt werden.

Alternativ kann eine transhiatal erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion erfolgen.

Bei zusätzlich ausgedehntem Magenbefall kann eine Ösophagogastrektomie erforderlich sein.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Karzinome des ösophagogastralen Übergangs werden nach der 1987 von Siewert und Hölscher inaugurierten topografisch-anatomischen Klassifikation in 3 Typen eingeteilt (AEG I–III). Diese Tumoren werden nach der 2017 publizierten TNM-Klassifikation wie Ösophaguskarzinome klassifiziert, solange ihr Epizentrum maximal 2 cm distal der Z-Linie liegt, was der in Japan weit verbreiteten Nishi-Klassifikation entspricht. Die Klassifikation nach Siewert [38] ist nach wie vor für die Therapieentscheidung von zentraler Bedeutung. Für AEG Typ I wurde die Empfehlung aus der S3-Leitlinie Ösophagus-Karzinom übernommen. Im distalen (incl. AEG Typ I) und mittleren thorakalen Ösophagus sollte eine transthorakale subtotale Ösophagektomie durchgeführt werden [2].

Für die sogenannten Kardiakarzinome (AEG Typ II) stehen die transthorakale Ösophagektomie und die transhiatal erweiterte Gastrektomie zur Verfügung. Nachteil des transhiatalen Verfahrens sind eine eingeschränkte mediastinale LAD und ein verminderter proximaler Resektionsabstand im Vergleich zur transthorakalen Ösophagektomie. Daher ist häufig eine transthorakale Ösophagektomie indiziert, um einen ausreichenden proximalen Resektionsabstand zu gewährleisten. Im Fall eines transhiatalen Verfahrens sollte zu Beginn der Operation der proximale Resektionsrand durch einen Schnellschnitt auf Tumorfreiheit überprüft werden. Ist eine sichere R0-Resektion von abdominal nicht zu erreichen, ist ein Verfahrenswechsel auf eine subtotale Ösophagektomie mit proximaler Magenresektion und Magenschlauchbildung als Rekonstruktionsverfahren indiziert. Eine randomisierte Studie aus Japan mit AEG Typ II und III konnte keinen Überlebensvorteil des transthorakalen gegenüber dem transhiatalen Verfahren feststellen. Aufgrund der erhöhten Morbidität des transthorakalen Verfahrens votierten die Autoren gegen eine transthorakale Chirurgie bei Typ-II- und -III-Karzinomen [486]. Eine Studie zum Vergleich der Lebensqualität von Patienten nach transhiatalem gegenüber transthorakalem Verfahren ergab eine bessere Lebensqualität beim transhiatalen Verfahren mit geringerer Reflux- und Dyspnoe-Symptomatik [487]. Zusammenfassend kann man also für Typ-II-Karzinome keine eindeutige Empfehlung für ein entweder transthorakales oder transhiatales Verfahren aussprechen. Mit den zunehmend eingesetzten minimalinvasiven Verfahren konnte allerdings die Morbidität der transthorakalen Ösophagektomie deutlich vermindert werden [488], sodass derzeit viele Zentren bei AEG Typ II eher eine Ösophagektomie als eine transhiatal erweiterte Gastrektomie durchführen.

Bei AEG Typ III, die Magenkarzinomen entsprechen und wie diese klassifiziert werden, konnte in der japanischen Studie ein Prognosevorteil der transhiatal erweiterten Gastrektomie gegenüber der transthorakalen Ösophagektomie gezeigt werden [486]. Die transhiatal erweiterte Gastrektomie ist für Typ III AEG das Verfahren der ersten Wahl. Bei AEG mit ausgedehnter Infiltration sowohl des Ösophagus als auch des Magens kann eine totale Ösophagogastrektomie notwendig sein, die durch eine Koloninterposition rekonstruiert wird [2].

10.9.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Die Entfernung der regionären Lymphknoten von Kompartiment I und II (D2- Lymphadenektomie) soll bei der operativen Behandlung in kurativer Intention erfolgen.

Level of Evidence

1b

Leitlinienadaptation [351]

Starker Konsens (100 %)

10.10.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei der D2-Lymphadenektomie ohne Splenektomie/Pankreaslinksresektion sollten mindestens 25 regionäre Lymphknoten entfernt und histopathologisch untersucht werden.

Starker Konsens (100 %)

10.11.

Evidenzbasiertes Statement

Geprüft 2019

Level of Evidence

2a

Für die Klassifikation von pN0 ist die Entfernung und histologische Untersuchung von mindestens 16 regionären Lymphknoten erforderlich.

TNM-Klassifikation [268], Leitlinienadaptation [489]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Das Konzept der therapeutischen Lymphadenektomie (LAD) beruht auf der Annahme, dass die regionären Lymphknoten (LK) als Filterstation für Tumorzellen wirken und eine systemische Tumorzellausbreitung für eine gewisse Zeit verhindern können. Die Befunde an den regionären LK stellen daher einen entscheidenden Faktor für die Prognose dar und sind somit unerlässlich für die Analyse der Therapieergebnisse [351] [472] [489] [490].

Die Bedeutung der Lymphadenektomie für das exakte postoperative Tumorstaging ist allgemein unumstritten. Dies gilt insbesondere für den pN-Status, wobei für das Magenkarzinom eine Mindestzahl von 16 untersuchten Lymphknoten für eine zuverlässige Beurteilung des pN-Status gefordert wird. Der therapeutische Effekt der Lymphadenektomie bezieht sich zum einen auf eine Verbesserung der Langzeitprognose und zum anderen auf eine Verminderung der lokoregionalen Rezidive [472] [489] [490].

In verschiedenen nicht randomisierten Studien konnten bei niedriger Morbidität und Letalität 5-Jahresüberlebensraten für die D2-LAD zwischen 43 und 64 % erreicht werden. Im Vergleich zur D1-LAD zeigte die Mehrzahl der nicht randomisierten Studien bei ebenfalls geringer Morbidität und Letalität einen Prognosevorteil der radikalen D2-LAD gegenüber der D1-LAD. In der Deutschen Magenkarzinomstudie konnte insbesondere für die UICC-Stadien II und IIIa ein Prognosevorteil der D2-LAD festgestellt werden [491] [492]. Zwei weitere prospektive Beobachtungsstudien bestätigten die Ergebnisse aus nicht randomisierten Studien der 1990er-Jahre [493] [494]. Die randomisierten Studien aus den Niederlanden und aus Großbritannien bestätigten die in früheren Arbeiten gefundene geringere Rate an lokoregionären Rezidiven nach D2-LAD [495]. In beiden randomisierten Studien mit einem hohen Anteil von Splenektomien/Pankreaslinksresektionen im D2-LAD-Studienarm konnte kein Prognosegewinn nach D2-LAD nachgewiesen werden [495] [496]. In beiden Studien war die kombinierte Splenektomie/Pankreaslinksresektion mit einer deutlichen Erhöhung der Morbidität und der Letalität verbunden. Als ursächlich dafür wurden die nach Resektion des Pankreasschwanzes in 20–25 % der Fälle aufgetretenen septischen Komplikationen angeführt (Pankreasfisteln und -abszesse). In der multivariaten Analyse konnte die kombinierte Splenektomie/Pankreaslinksresektion als unabhängiger negativer Prognosefaktor evaluiert werden. Aufgrund dieser Ergebnisse wird von einer Pankreaslinksresektion, wenn immer möglich, abgeraten und die Indikation zur Splenektomie sehr zurückhaltend gestellt. Die Publikation der 10-Jahresergebnisse sowie der 15-Jahresergebnisse der niederländischen Magenkarzinomstudie [497] [498] [499] zeigte demgegenüber eine reduzierte magenkarzinombezogene Sterblichkeit nach D2-LAD sowie eine geringere Rate an lokoregionären Rezidiven.

Eine Cochrane-Übersichtsarbeit [500] bestätigt diese Ergebnisse, lässt jedoch eine abschließende Bewertung der Lymphadenektomie beim Magenkarzinom nicht zu. Insgesamt unterstreichen die vorliegenden Arbeiten sowie drei randomisierte Studien zum Vergleich einer D2- versus D2 +-LAD, dass eine D2-LAD ohne Splenektomie und Pankreaslinksresektion in Zentren mit entsprechender Erfahrung nicht zu einer Erhöhung der Letalität führt [499]. Für diese Fälle ist auch ein Prognosegewinn gegenüber der eingeschränkten LAD zu erwarten. Da die Patientengruppe, die von der erweiterten LAD profitieren wird, bislang weder präoperativ noch intraoperativ identifiziert werden kann, bleibt die D2-LAD das Standardverfahren bei lokal fortgeschrittenen Magenkarzinomen. Ein systematisches Review bestätigt die D2-LAD als Standardverfahren [501].

Eine Ausweitung der LAD z. B. auf die paraaortalen Lymphknoten führt nicht zu einer weiteren Prognoseverbesserung [499]. Aufgrund der Ergebnisse von zwei randomisierten Studien wird daher eine D2 +-, D3- oder D4-LAD beim Magenkarzinom nicht empfohlen.

Eine D1-Lymphadenektomie umfasst die regionären LK direkt am Magen (Kompartiment I mit den LK-Stationen 1–6).

Eine D2-Lymphadenektomie umfasst zusätzlich zu den LK von Kompartiment I (D1) die LK im Kompartiment II mit den Stationen 7–11. Bei verdächtigen Lymphknoten im Milzhilus sollte eine LAD der Hiluslymphknoten bzw. eine Splenektomie unter Pankreaserhalt erfolgen.

In einer anatomischen Studie wurden im Kompartiment I und II (D2- Lymphadenektomie) im Mittel 27 (Bereich: 17–44) Lymphknoten gefunden. Aufgrund dieser Arbeit sowie der Ergebnisse der Deutschen Magenkarzinomstudie wurde als Richtzahl für eine adäquate D2-Lymphadenektomie die Entfernung und histopathologische Untersuchung von 25 LK festgelegt [492]. Der Richtwert von 25 Lymphknoten ist jedoch nicht bei allen Patienten erzielbar. Dies gilt insbesondere nach einer neoadjuvanten Chemotherapie oder Radiochemotherapie.

10.12.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

In der Palliativsituation sollte bei asymptomatischen, nicht blutenden Patienten eine Resektion des Primärtumors nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Derzeit existiert keine Evidenz für einen Vorteil einer palliativen Resektion des Primärtumors bei asymptomatischen Patienten in der fernmetastasierten, nicht kurablen Situation. Innerhalb der einzigen prospektiven randomisierten Phase-III-Studie (Regatta-Studie) wurden 175 Patienten mit nicht kurativ therapierbarem Magenkarzinom entweder nur chemotherapiert oder reseziert und danach chemotherapiert. Die Metastasen wurde nicht mitreseziert. Es zeigte sich kein Überlebensvorteil nach Magenresektion. Somit sollte beim nicht kurativ therapierbaren metastasierten Magenkarzinom keine palliative Resektion des Primärtumors durchgeführt werden [503].

Zwei Metaanalysen [504] [505] zeigten, dass durch eine palliative Gastrektomie eventuell das Überleben der Patienten verbessert werden könnte. Allerdings ist keine der eingeschlossenen Studien randomisiert, alle sind retrospektiv, es gibt Unterschiede in den Einschlusskriterien, im Metastasierungsmuster, im Metastasierungsgrad, in kombinierter Resektion von Primärtumor und Metastasen sowie in der Gabe einer Chemotherapie im Behandlungsverlauf. Ebenso wird die Lebensqualität nicht berücksichtigt. Es kann somit ein Selektionsbias nicht ausgeschlossen werden, und die beiden Metaanalysen sollten mit Vorsicht interpretiert werden.

Die Ausnahme-Indikation zur palliativen Chirurgie ist vom Ausmaß der funktionellen Beeinträchtigung, vom Ernährungszustand, dem Alter, den zur Verfügung stehenden therapeutischen Optionen und der Lebenserwartung abhängig. Während eine limitierte En-bloc-Resektion mit Omentektomie einen Vorteil erbringen könnte, erbringt eine ausgedehnte Lymphadenektomie wohl keinen Vorteil. Die Letalität der palliativen Gastrektomie liegt bei 5 % in der Literatur im letzten Jahrzehnt und wird von asiatischen Studien bestimmt [504]. Die FLOT-III-Studie [506] erhärtet den Verdacht, dass eine selektierte Subgruppe allerdings von limitiert metastasierten Magenkarzinomen von einer Resektion profitieren könnte (vgl. [507]). Deshalb wird diese Fragestellung derzeit in einer randomisierten AIO/CAOGI-Studie (FLOT5/RENAISSANCE) überprüft [508].

10.13.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Nach R1-Resektion beim Adenokarzinom des Magens und des ösophagogastralen Übergangs soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden.

Falls dies nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden.

De Novo [475] [509] [510] [511] [512] [513] [514] [515] [516] [517]

Konsens (89 %)

Hintergrund

In der Literatur existieren nur wenige retrospektive Studien zu dieser Fragestellung [510] [511] [512]. Es ist wichtig, dass unterschieden wird, wo die R1-Situation vorliegt. Singulär orale oder aborale positive Schnittränder könnten theoretisch nachreseziert werden [475] [511]. Positive Schnittränder in der Tiefe in der 3. Dimension oder die Kombination von mehreren positiven Schnitträndern sollten chirurgisch nicht nachreseziert werden [512], da sie meist Ausdruck einer onkologisch weit fortgeschrittenen Tumorerkrankung und chirurgisch nicht verbesserbar sind.

Die operative Strategie sollte generell so gewählt werden, dass zu Operationsbeginn die kritischen Resektionsränder geklärt werden, um das definitive Operationsverfahren festzulegen. Positive Schnittränder oral und aboral sollten intraoperativ durch einen Schnellschnitt möglichst vermieden werden [512] [513]. Bei einem positiven intraoperativen Schnellschnitt sollte möglichst nachreseziert oder das OP-Verfahren gewechselt werden, wobei das Risiko der Eingriffserweiterung mit dem onkologischen Vorteil abgewogen werden sollte [475] [512] [514]. Die Literatur beschreibt zum Teil keinen Prognosevorteil bei intraoperativer Konversion von positivem zu negativem Schnittrand bei fortgeschrittenen Tumoren [468], weil andere Faktoren wie fortgeschrittene N- oder T-Kategorie, Tumorgröße oder Lymphangiose die Prognose des Patienten bestimmen [468] [510] [514].

Nachresektionen nach einer singulären oralen oder aboralen R1-Situation in der endgültigen Histologie sind oft technisch schwierig, erfordern große Eingriffe mit daraus resultierenden Komplikationen, die die Lebensqualität einschränken und die Lebensdauer verringern können. Daher sollten möglicher onkologischer Vorteil und chirurgisches Risiko durch ein interdisziplinäres Tumorboard besprochen und sorgfältig abgewogen werden. Patienten mit dieser Problematik sollten an Kliniken mit großer Fallzahl und Erfahrung mit dieser Thematik überwiesen werden. Nachresektionen sollten nur dann erfolgen, wenn eine Kuration möglich ist [475], und kommen vor allem bei frühen Stadien infrage [511] [514], da dann der positive Schnittrand noch prognostisch relevant zu sein scheint. So sollten Patienten mit mehr als 3 positiven Lymphknoten entsprechend einem systematischen Review nicht mehr nachreseziert werden [511].

Die R1-Situation ist oft Ausdruck eines weit fortgeschrittenen Tumorstadiums und einer ungünstigen Tumorbiologie [510] [513] [514]. Meist erleiden Patienten mit R1- Situation einen systemischen Progress mit Fernmetastasen und kein Lokalrezidiv [510] [512], was ebenfalls die genaue Indikationsstellung zur Nachresektion untermauert. Eine Reihe von retrospektiven Fallsammlungen weist unabhängig voneinander darauf hin, dass für Patienten mit R1-Situation eine postoperative Radiochemotherapie nicht nur die lokale Rückfallrate senkt, sondern auch das Überleben verbessert [509] [510] [515] [516].

10.14.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Nach makroskopisch inkompletter Resektion (R2) ohne Nachweis von Fernmetastasen soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Falls diese nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

In einer Phase II-Studie untersuchten Henning et al. ein Kollektiv von 60 Patienten mit Adenokarzinom des Magens und des ösophagogastralen Übergangs mit primär nich resezierbaren Tumoren, lokalen Rückfällen oder makroskopischen Resttumoren nach inkompletter Resektion [517]. Die Patienten erhielten eine externe Strahlentherapie mit Dosen zwischen 36 und 50,4 Gy in konventioneller Fraktionierung in Kombination mit einer 5-FU-Chemotherapie. Ein Teil der Patienten erhielt zusätzlich eine intraoperativ Strahlentherapie mit Einzeit-Dosen zwischen 10 und 20 Gy. Das 4-Jahres-Überlebe dieser Kollektive betrug 20 %. Die lokoregionale Tumorfreiheit n ach 4 Jahren lag be 36 % bei den nur extern bestrahlten Patienten und bei 70 % bei den extern un intraoperativ bestrahlten Patienten. Die Daten weisen darauf hin, dass auch bei makroskopischem Tumor(rest) durch die Kombination von Strahlen- un Chemotherapie für einen kleinen Teil der Patienten ein kurativer Therapieansatz mittels Radiochemotherapie (+/– intraoperativer Strahlentherapie) möglich ist. Sin weder Nachresektion noch Radiochemotherapie durchführbar, gelten die Empfehlungen für die palliative Therapie.


#

10.2. Rezidiv

10.15.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Beim isolierten Lokalrezidiv kann eine erneute Operation durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die meisten Publikationen betreffen Rezidive nach Lokaltherapie früher Karzinome bei asiatischen Patienten oder Karzinomrezidive im Restmagen nach Magenteilresektion. Die Behandlung des Lokalrezidivs soll für jeden Patienten individuell (auch abhängig von der Primärtherapie) in der interdisziplinären Diskussion (Tumorkonferenz) festgelegt werden. Die aktuellste Arbeit zur Rescue-Operation nach nicht kurativer, endoskopischer Resektion früher Karzinome kommt aus Seoul [518]. Retrospektiv wurden die Daten von 247 Patienten ausgewertet, von denen 194 operiert und 80 beobachtet wurden. Laterale Rezidive waren aus der Analyse ausgeschlossen, da diese erneut endoskopisch therapiert werden können. Bei 5,2 % der operierten Patienten fanden sich intragastrale Tumorrezidive, bei 5,7 % Lymphknotenmetastasen. Die operierten Patienten wiesen ein signifikant besseres 5-Jahres-Überleben auf. In der multivariaten Analyse war die operative Resektion die einzige unabhängige Variable für das bessere Gesamtüberleben.

In der Literatur liegen mehrere Fallserien vor, in denen ein erneutes operatives Vorgehen nach Rezidiven des Magens oder der Kardia gewählt wurde, die initial auch operativ behandelt worden waren [422] [519] [520] [521]. In diesen Serien konnten 10 % bis 25 % der Rezidive erneut reseziert werden. Diese Patienten lebten median 18–26 Monate rezidivfrei und damit signifikant länger als Patienten, bei denen keine Resektion erfolgte.


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10.3. Definitive Radiochemotherapie

10.16.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Bei funktioneller Inoperabilität eines Patienten oder Irresektabilität eines lokal begrenzten Adenokarzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs kann eine definitive Radiochemotherapie durchgeführt werden.

Konsens (86 %)

Hintergrund

Zur alleinigen definitiven Radiochemotherapie liegen isoliert für Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs keine aussagekräftigen Daten aus randomisierten Studien vor. Die Indikation zur definitiven Therapie erfolgt daher in Analogie zur Behandlung von Adenokarzinomen des Ösophagus. Mehrere Metaanalysen zeigten in der neoadjuvanten Therapie keinen relevanten Unterschied der Effektivität einer Radiochemotherapie bei Adenokarzinomen im Vergleich mit Plattenepithelkarzinomen [522] [523]. Ferner zeigte eine retrospektive Analyse bei Patienten, die im neoadjuvanten Therapieansatz mit einer Radiochemotherapie (und damit niedrigerer Enddosis) behandelt und meist aufgrund frühzeitiger Fernmetastasierung nicht operiert wurden, ein höheres medianes Überleben als vergleichbare Patienten mit alleiniger Chemotherapie (10,1 Mon. zu 6–8,7 Mon.) [524]. Auch eine Subgruppenanalyse aus einer randomisierten chinesischen Studie zur neoadjuvanten Strahlentherapie versus alleinige Operation zeigt bei nicht durchgeführter Operation einen Überlebensvorteil für die zusätzlich bestrahlten Patienten (7 Mon. vs. 4 Mon., p = 0,008) [525].

Liu et al. [526] verabreichten 50,4 Gy mit 1,8 Gy Einzeldosis in Kombination mit Docetaxel, Cisplatin und 5-FU bei 36 Patienten mit Magenkarzinomen, die entweder eine Operation abgelehnt hatten (n = 7), zu gravierende Komorbiditäten für eine OP aufwiesen (n = 22) oder nicht resektable Befunde (n = 8) hatten (alle M0) mit vertretbarer Toxizität. Die Ansprechraten waren in allen Subgruppen hoch (75–83 %). Das mediane Überleben lag bei den Patienten, die medizinisch nicht fit genug für eine OP waren, und bei denen, die eine OP abgelehnt hatten, immerhin bei 37 bzw. 38,8 Monaten (2-Jahres-Überleben 52 % bzw. 67 %). Bei irresektabler Erkrankung wurde ein medianes Überleben von 17,7 Monaten (2-Jahres-Überleben 20 %) berichtet. Der Allgemeinzustand und entsprechende Funktionsparameter der Patienten müssen für eine Kombinierte Radiochemotherapie noch geeignet sein. Die Chemotherapie parallel zur Bestrahlung ist zumeist platinbasiert und orientiert sich an den etablierten Standard-Protokollen der S3-Leitlinie Ösophagus-Karzinom in der jeweils aktuell gültigen Version, derzeit Version 1.0 – September 2015 AWMF-Register-Nummer: 021/023OL [524]. Aufgrund der sehr komplexen anatomischen Verhältnisse und der Lagevariabilität der Organe sind moderne Bestrahlungsverfahren wie intensitätsmodulierte Radiotherapie IMRT und Nachfolgetechniken (VMAT, volumenmodulierte Arc-Therapie) in Kombination mit einer bildgeführten Bestrahlung (IGRT, Image-guided Radiotherapy) und eine Bestrahlungsplanung in 4D-Technik zu bevorzugen, da sie eine bessere Schonung benachbarter Organe und eine sicherere Erfassung der zu behandelnden Region ermöglichen [524] [527] [528] [529] [530]. Die Dosierung der Strahlentherapie erfolgt ebenfalls analog zur definitiven Radiochemotherapie des Ösophaguskarzinoms.


#
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11. Multimodale Therapie

11.1. Perioperative Chemotherapie

11.1.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

0

Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Magens oder ösophagogastralen Übergangs mit Kategorie cT2 kann eine perioperative Chemotherapie durchgeführt werden.

Level of Evidence

1b

De Novo [531] [532] [533] [534] [535] [536] [537]

Konsens (87 %)

11.2.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei lokalisierten Magenkarzinomen der Kategorien cT3 und resektablen cT4-Tumoren soll eine perioperative Chemotherapie durchgeführt, d. h. präoperativ begonnen und postoperativ fortgesetzt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo: [491] [531] [533] [535] [537] [538] [539] [540] [541] [542] [543]

Starker Konsens (100 %)

11.3.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Beim nicht fernmetastasierten Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs der Kategorien cT3 und resektablen cT4-Tumoren soll eine neoadjuvante Radiochemotherapie oder eine perioperative Chemotherapie durchgeführt werden.

Level of Evidence

1a

(perioperative Chemo)

perioperative Chemotherapie

De Novo (alt) [491] [523] [531] [533] [535] [536] [537] [541] [544] [545]

1a

(neoadjuvante RCHT)

neoadjuvante Radiochemotherapie

De Novo [546] [549] [550] [551] [552] [553] [554] [555] [556] [557] [558] [559] [560] [561] [562] [563] [564] [565] [566] [567] [568] [569] [570]

Konsens (83 %)

Hintergrund 11.1

Derzeit liegen zu dieser Thematik mehrere randomisierte Studien vor. Die erste Landmark-Studie hierzu ist die MAGIC-Studie [531]. Diese weist durch den Einsatz der perioperativen Chemotherapie nach 4 Jahren eine Verbesserung des Gesamtüberlebens um 7,4 % und eine extrapolierte Verbesserung des Gesamtüberlebens nach 5 Jahren um 12,5 % (36 % vs. 23 %) aus. Die Hazard Ratio für Tod ist in der Interventionsgruppe statistisch signifikant niedriger mit 0,75 % (95 %-KI: 0,6–0,93, p = 0,009). Als Chemotherapie wurde eine Kombination aus infusionalem 5-Fluorouracil (5-FU), Cisplatin und Epirubicin (ECF-Regime) verwendet. Vor und nach OP waren jeweils 3 Kurse vorgesehen.

Die Daten der MAGIC-Studie werden von den Ergebnissen einer weiteren randomisierten Studie mit 224 Patienten unterstützt (FNLCC ACCORD07-FFCD 9703 Studie [533]). Darin hatte der Großteil der Patienten ein Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs, nur 25 % der Patienten hatten ein Magenkarzinom. Von Bedeutung ist, dass das Ausmaß der Verbesserung des Gesamtüberlebens identisch zur MAGIC-Studie ist. Für die perioperative Chemotherapie mit Cisplatin und infusionalem 5-FU fand sich ein signifikanter Vorteil nach 5 Jahren hinsichtlich des erkrankungsfreien Überlebens (34 % vs. 21 %, Hazard Ratio: 0,68, p = 0,0033) und für das Gesamtüberleben (38 % vs. 24 %, Hazard Ratio: 0,69, p = 0,021) zugunsten der perioperativen Chemotherapie [532] [533].

Die Rolle der perioperativen Chemotherapie wurde beim lokalisierten Adenokarzinom des Magens und ösophagogastralen Übergangs mit der Dreierkombination FLOT (FLOT4-Studie) in einer randomisierten Phase-II/III-Studie als Standardverfahren klar bestätigt. Die Ergebnisse des Phase-II-Teils (n = 300) wurden 2016 publiziert [534]. Die Ergebnisse des Phase-III-Teils in 2019 [547]. In der FLOT4-Studie wurden 716 Patienten mit lokalisierten Stadien (≥cT2 und/oder cN+) eines Magenkarzinoms (46 %) oder Adenokarzinoms des ÖGÜ (54 %) eingeschlossen und mit perioperativer Therapie, bestehend aus entweder 3 + 3 Zyklen ECF (oder alternativ ECX) oder 4 + 4 Zyklen FLOT, behandelt. Der primäre Endpunkt war das Gesamtüberleben. Dieser wurde im Median von 35 Monaten mit ECF auf 50 Monate mit FLOT signifikant verbessert (HR 0,77 (0,63–0,94); p = 0,012). FLOT verbesserte zudem signifikant die progressionsfreie Überlebenszeit von 18 Monaten mit ECF auf 30 Monate mit FLOT (HR 0,75 (0,62–0,91); p = 0,004). Patienten, die FLOT erhielten, wiesen zudem eine signifikant höhere R0-Resektionsrate sowie im Vergleich zur ECF-Gruppe kleinere postoperative Stadien auf. Das Gesamtüberleben nach 2, 3 und (extrapoliert) 5 Jahren wurde durch FLOT jeweils um 9 % verbessert. Die perioperativen Morbiditäts- und Mortalitätsraten waren tendenziell geringer mit FLOT. Nur ca. 20 % der Patienten in der FLOT4-Studie hatten ein cT2-Stadium. Diese Patientengruppe schien jedoch auch von FLOT zu profitieren.

Damit ist FLOT neuer Standard in der perioperativen Therapie für Patienten, die keine entsprechenden Kontraindikationen aufweisen. Die Studie untermauert aber auch generell den Stellenwert der perioperativen Therapie.

Zum unterschiedlich starken Empfehlungsgrad zwischen lokal fortgeschrittenen (cT3–4) und weniger ausgedehnten (cT2) Tumoren kommt es aufgrund der Tatsache, dass die cT2-Stadien in allen Studien nur eine relativ kleine Subgruppe darstellen. Für Patienten mit cT2-N0-klassifizierten Tumoren liegen keine alleinigen Studienergebnisse aus randomisierten Phase-III-Studien vor. Die prätherapeutische Festlegung des Nodalstatus ist aus oben dargestellten Gründen (siehe Kapitel Staging) methodisch mit großen Unsicherheiten behaftet und kann in der Regel nicht als verlässliche Entscheidungsgrundlage betrachtet werden. Insgesamt ist bei Vorliegen einer T2-Kategorie in etwa 40 % der Fälle mit einem nodalen Tumorbefall zu rechnen. Etwa 60 % der T2-klassifizierten Karzinome weisen keine nodale Beteiligung auf und entsprechen damit dem klinischen Stadium IB. Im Stadium IB wurde eine neoadjuvante oder perioperative Chemotherapie bislang nicht geprüft, der mögliche Benefit oder mögliche Nachteile sind deshalb unklar. Aus diesem Grund wird die Empfehlung zur neoadjuvanten Chemotherapie bei Vorliegen einer Tumorkategorie cT2 mit entsprechender Zurückhaltung als „Kann-Empfehlung“ ausgesprochen.

Die o. g. Empfehlungen werden auch deshalb ausgesprochen, weil alle voll publizierten Studien belegen, dass durch die neoadjuvante Chemotherapie die Rate der postoperativen Morbiditat und Letalität meist nicht erhöht wird (Cunningham [531], 5,6 % vs. 5,9 %; Allum [535] bzw. MRC 2002: 10,0 % vs. 10,0 %; Kelsen [538]: 5,9 % vs. 5,8 %) Allerdings in einer von zwei der bisher nicht publizierten Studien [537] steigt die postoperative Letalität von 1,5 % auf 4,3 % an.

Hintergrund 11.2 und 11.3

Die Experten würdigen mit der Empfehlung für die perioperative Chemotherapie bzw. Radiochemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren die Tatsache, dass dieses Therapiekonzept in zahlreichen prospektiv randomisierten Studien und Metaanalysen einen signifikanten Überlebensvorteil gezeigt hat.

In der Beurteilung bleibt aber, wie schon in der vorherigen Fassung der Leitlinie erwähnt, das Problem bestehen, dass in den Studien zumeist Patienten mit Adenokarzinomen des Ösophagus, des ösophagogastralen Übergangs (ÖGÜ) oder des Magens einschlossen wurden, bei denen der Anteil der einzelnen Lokalisationen oft unklar bleibt und die Ergebnisse für die einzelnen Lokalisationen oft nicht getrennt berichtet werden.

Zur neoadjuvanten Therapie liegen neben den Daten aus zahlreichen randomisierten Studien, die auch oder überwiegend Patienten mit Adenokarzinomen des ÖGÜ und unteren Ösophagus einschlossen, [531] [533] [535] [536] [537] [545] auch mehrere Metaanalysen vor [523] [544] [548]. Teilweise wurde die Chemotherapie in den Studien zur neoadjuvanten Chemotherapie auch postoperativ fortgesetzt, was aber nur bei etwa 50 % der Patienten im multimodalen Therapiearm möglich war.

Die Metaanalysen zeigen dabei recht konsistent einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil. Für die neoadjuvante Chemotherapie bzw. Radiochemotherapie zeigt die Metaanalyse von Ronellenfitsch [549] (14 Studien, 2422 Patienten), die zu einem größeren Teil auch auf individuellen Patientendaten basiert, eine Hazard Ratio für das Gesamtüberleben von 0,81 (p < 0,0001; 95 %-KI: 0,73–0,89) entsprechend 19 % relativem bzw. 9 % absolutem Überlebensvorteil nach 5 Jahren.

Die Metaanalyse von Sjoquist [522] über die neoadjuvante Therapie bei Ösophaguskarzinomen (insges. 24 Studien mit 4188 Pat.) gibt in der Subgruppe der Adenokarzinome des Ösophagus (3 Studien, 470 Patienten) für eine neoadjuvante Chemotherapie eine HR von 0,83 (p = 0,01; 95 %-KI: 0,71–0,95) für die Gesamtmortalität an.

Die Metaanalyse von Fu [550] kommt bei insgesamt 1085 ausgewerteten Patienten aus 7 randomisierten Studien (davon 869 mit Adenokarzinomen) zur Radiochemotherapie von Karzinomen des Ösophagus, ÖGÜ und Magens zu einer Hazard Ratio von 0,74 (95 %-KI: 0,63–0,88) für das Gesamtüberleben.

Entsprechend den Ergebnissen der o. g. Untersuchungen beschreibt auch die Metaanalyse von Pasquali [551] (6072 Patienten in 33 Studien zur adjuvanten und neoadjuvanten Chemotherapie, Radiotherapie und kombinierten Radiochemotherapie vs. alleinige OP bei Ösophaguskarzinomen) einen signifikanten Überlebensvorteil für eine neoadjuvante Therapie (Chemotherapie oder Radiochemotherapie) mit einer HR von 0,83 (95 %-KI: 0,76–0,90), der allerdings in der Subgruppenanalyse lediglich für die neoadjuvante Radiochemotherapie noch einen statistisch signifikanten Effekt auf das Gesamtüberleben mit einer Hazard Ratio von 0,77 (95 %-KI: 0,68–0,87) zeigte.

Ähnlich wie bei den randomisierten Studien selbst sind auch in den Metaanalysen die Ein- und Ausschlusskriterien für die ausgewählten Studien zwar nicht immer sehr gut nachzuvollziehen, die hohe Ergebniskonsistenz der einzelnen Analysen lässt jedoch insgesamt keinen Zweifel an der Validität der Ergebnisse zu.

Zur Evidenz für die neoadjuvante Chemotherapie trägt auch die EORTC-Studie 40 954 bei, in die nur Patienten mit AEG-Tumoren eingeschlossen wurden [537]. Die Chemotherapie (PLF-Regime) wurde lediglich präoperativ eingesetzt. 144 Patienten wurden in präoperative Chemotherapie versus alleinige Operation randomisiert. Die Studie musste jedoch wegen mangelnder Rekrutierung vorzeitig abgebrochen werden. Die Rate an R0-Resektionen (81,9 % vs. 66,7 %, p = 0,036) konnte signifikant verbessert werden. Dies ist von Bedeutung, weil ohne eine R0-Resektion keine kurative Therapie des Magenkarzinoms möglich ist. Das progressionsfreie Überleben war mit Chemotherapie deutlich länger (HR 0,76, 95 % KI: 0,49–1,16), die mediane Überlebenszeit lag in beiden Armen bei über 36 Monaten.

Dieses Therapiekonzept wird von onkologischer bzw. gastroenterologischer Seite auch international als Standard angesehen. So verwenden alle derzeit aktivierten Phase-III-Studien in Europa die perioperative Chemotherapie als Vergleichsarm.

Der Empfehlungsgrad wird auch ausgesprochen, da alle voll publizierten Studien belegen, dass durch die neoadjuvante Chemotherapie die Rate der postoperativen Morbidität und Letalität nicht erhöht wird (Cunningham 2006 [531]: 5,6 % vs. 5,9 %; Allum 2009 [535] bzw. MRC 2002: 10,0 % vs. 10,0 %; Kelsen 1998 [538]: 5,9 % vs. 5,8 %). Lediglich in einer von zwei weiteren publizierten Studien [537] steigt die postoperative Letalität von 1,5 % auf 4,3 % an. Die Aufteilung in Untergruppen des AEG bzw. die Trennung der AEG-II–III-Karzinome ist klinisch nicht möglich und nicht sinnvoll.

Post-hoc-Analysen aus den Studien des Medical Research Council zeigen, dass die Wirksamkeit der Chemotherapie bei Adenokarzinomen des Ösophagus, des Übergangs und Magens nicht unterschiedlich ist [541].

Im Gegensatz dazu war der Effekt der neoadjuvanten Therapie in der Metaanalyse von Ronellenfitsch [549] je nach Lage des Tumors deutlich unterschiedlich ausgeprägt. Die HR betrug bei Tumoren im Ösophagus 0,87 (95 %-KI: 0,73–1,05), für Tumoren des ÖGÜ 0,69 (95 %-KI: 0,73–0,89) und im Magen 0,94 (95 %-KI: 0,82–1,06).

Die Empfehlung für die präoperative Chemotherapie wird von onkologischer bzw. gastroenterologischer Seite auch deshalb ausgesprochen, weil – wie beim Magenkarzinom ausgeführt – die neoadjuvante Chemotherapie nicht die perioperative Morbidität und Letalität erhöht. Die Experten kommen zur starken Empfehlung für die präoperative Chemotherapie bei lokal fortgeschrittenen Tumoren, da dieses Therapiekonzept beim Magenkarzinom zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil geführt hat, allerdings die chirurgischen und pathologischen Qualitätskriterien im MAGIC-Trial [531] nicht klar definiert waren und in der französischen Studie [533] eine Inhomogenität des Patientenkollektivs mit Einschluss von Ösophaguskarzinomen vorlag. Im rein chirurgischen Arm gab es einen relevanten Unterschied zu den (besseren) Ergebnissen deutscher Schwerpunktkliniken [491]. Daher ist nicht klar, inwieweit das Ergebnis nach optimalem chirurgischem Standard durch neoadjuvante Therapie weiter verbessert werden kann. Die FLOT-4-Studie allerdings fand unter relevanter Beteiligung vieler deutscher Schwerpunktkliniken statt und zeigte trotz optimaler Chirurgie eine Verbesserung des Überlebens durch taxanhaltige Chemotherapie. Die Hinweise für die Praxis sind in der Empfehlung beim Magenkarzinom dargestellt.

Neoadjuvante Radiochemotherapie

Eine alleinige präoperative Radiotherapie stellt keinen etablierten Therapiestandard dar. In der definitiven Therapiesituation (ohne Resektion) ist die alleinige Radiotherapie einer Radiochemotherapie eindeutig hinsichtlich lokaler Tumorkontrolle und Gesamtüberleben unterlegen (Cochrane-Metaanalyse [552]). Dementsprechend konnte eine weitere Cochrane-Metaanalyse zur alleinigen präoperativen Radiotherapie [553] bei 1147 ausgewerteten Patienten auch nur eine statistisch nicht signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens nachweisen (Hazard Ratio 0,89; 95 %-KI: 0,78–1,01).

Zur neoadjuvanten Radiochemotherapie vs. alleinige Resektion beim Ösophaguskarzinom liegen inzwischen jedoch zahlreiche prospektiv randomisierte Studien vor, aus denen sich Daten für Adenokarzinome extrahieren lassen und die in entsprechenden Metaanalysen aufgearbeitet wurden, sodass für diese Fragestellung ein sehr hoher Evidenzlevel (LoE 1a) erreicht wird [554] [555] [556] [557] [558] [559] [560] [561].

Frühere Studien, die überwiegend noch deutlich vor der Jahrtausendwende und daher mit heute obsoleten strahlentherapeutischen Behandlungsmethoden durchgeführt worden waren, hatten zwar teilweise Hinweise auf eine erhöhte perioperative Mortalität gezeigt, die sich jedoch in Metaanalysen auf Patienten mit Plattenepithelkarzinomen beschränkte. Dennoch hatte es bereits damals deutliche Hinweise auf eine sehr hohe Rate von kompletten Remissionen und einen Überlebensvorteil durch eine neoadjuvante Radiochemotherapie im Vergleich zur alleinigen Operation gegeben [525] [562] [563] [564].

Die Metaanalyse von Fu [550] gibt für den sekundären Endpunkt R0-Resektionsrate eine Odds Ratio von 2,35 zugunsten einer neoadjuvanten Therapie an (95 %-KI: 1,29–4,3), die bei den Studien, die eine Radiochemotherapie mit alleiniger OP vergleichen, noch deutlicher ausfällt (Odds Ratio 3,55; 95 %-KI: 2,34–5,39). Für die Radiochemotherapie fand sich in dieser Metaanalyse kein Unterschied in der perioperativen Mortalität im Vergleich zu einer alleinigen Resektion.

Die 2012 erstmals publizierte CROSS-Studie [565] war aus radioonkologischer Sicht ein Meilenstein für die neoadjuvante Radiochemotherapie. Von der Studie liegen inzwischen Langzeitdaten mit einem minimalen Follow-up von 60 Monaten [566] und detaillierte Analysen zu lokaler Kontrolle bzw. Rezidivmustern vor [567]. Von den 368 Patienten hatten 75 % ein Adenokarzinom, und mehr als 80 % der Tumoren lagen im distalen Ösophagus und ösophagogastralen Übergang, sodass sich die Ergebnisse der Studie sehr gut auf den Kontext der Adenokarzinome des ösophagogastralen Übergangs übertragen lassen. In der Subgruppenanalyse zeigte sich für Adenokarzinome eine signifikante Verbesserung des medianen Überlebens von 27,1 auf 43,2 Monate mit einer Hazard Ratio von 0,73 (95 %-KI: 0,55–0,98, p = 0,038). Der Effekt war im Gesamtkollektiv und in der Subgruppe der Plattenepithelkarzinome noch ausgeprägter. Signifikante Unterschiede in der peri- und postoperativen Mortalität fanden sich nicht. 23 % der Patienten mit Adenokarzinomen hatten eine pathologisch komplette Remission. Die Therapie war mit 7 % Grad-3–4-Toxizität (überwiegend Hämatotoxizität) gut durchführbar. 99 % der Patienten der Kontrollgruppe und 94 % der Radiochemotherapiepatienten wurden operiert. Die Rate lokoregionärer Rezidive wurde bei Adenokarzinomen durch die neoadjuvante Radiochemotherapie halbiert (30 % vs. 14 %).

Direkte Vergleiche in Form randomisierter Studien zwischen einer neoadjuvanten Chemotherapie und einer neoadjuvanten Radiochemotherapie gibt es keine. Die Metaanalysen haben keine ausreichende statistische Power, um zwischen zwei – nachgewiesenermaßen effektiven – Therapieregimen einen Unterschied detektieren zu können [568] [569]. Aus der Studie von Stahl et al. [570] liegen die Langzeitergebnisse von 119 Patienten mit Adenokarzinomen des gastroösophagealen Übergangs vor. Dabei zeigte sich ein grenzwertig signifikanter (p = 0,055) Überlebensvorteil von ca. 15 % nach 5 Jahren zugunsten der Radiochemotherapie. In die Studien von Burmeister et al. [568] und Klevebro et al. [569] wurden Patienten mit Plattenepithelkarzinomen und Adenokarzinomen des Ösophagus eingeschlossen. In der Subgruppe der Patienten mit Adenokarzinomen ergab sich bei Burmeister et al. [568] kein Unterschied im Gesamtüberleben (n = 158) und in der Studie von Klevebro et al. [569] ein tendenziell (p = 0,41) schlechteres Überleben (n = 131) nach Radiochemotherapie. Die Rate an pathologisch kompletten Remissionen war in allen 3 Studien und die Rate an Resektionen in 2 von 3 Studien nach Radiochemotherapie höher als nach alleiniger Chemotherapie. Die postoperative Letalität und Komplikationsrate war nach Radiochemotherapie nicht erhöht, allerdings zeigten sich in der Untersuchung von Klevebro et al. [569] im ersten Jahr der Nachsorge vermehrt nicht tumorassoziierte Todesfälle. Die höhere lokale Effektivität der Radiochemotherapie führt in den verfügbaren randomisierten Studien also nicht zu einem nachweisbaren Überlebensvorteil. Zur Beurteilung der differenziellen Effektivität von Radiochemotherapie und Chemotherapie als neoadjuvante Behandlung bleiben daher nur indirekte Vergleiche mit den ihnen inhärenten Unsicherheiten. Die Metaanalyse von Fu 2015 [550] zeigt analog zu den Ergebnissen der dort noch nicht inkludierten NeoRes-Studie eine Odds Ratio von 2,35 (95 %-KI: 1,29–4,30) für das Erzielen einer R0-Resektion im Vergleich zu Chemotherapie und Radiochemotherapie. Hinsichtlich des Effekts auf das Gesamtüberleben zeigen mehrere Metaanalysen jedoch nur einen Trend zu besserem Überleben [561], der in der Metaanalyse von Sjoquist [522] im indirekten Vergleich für Adenokarzinome des Ösophagus grenzwertig signifikant war (HR 0,88 (95 %-KI: 0,76–1,01, p = 0,07). Einzig die Metaanalyse von Pasquali [551] konnte in einer Subgruppenanalyse einen signifikanten Unterschied zwischen neoadjuvanter Chemotherapie und neoadjuvanter Radiochemotherapie nachweisen.

Abschließend sind neoadjuvante Chemotherapie und neoadjuvante Radiochemotherapie als zwei nachgewiesen effektive Verfahren mit dokumentierter Verbesserung des Gesamtüberlebens anzusehen. Die Reihenfolge ihrer Nennung in der Empfehlung 67 stellt ausdrücklich keine Wertung dar. Die Wahl des neoadjuvanten Therapieverfahrens sollte daher in interdisziplinärer Abstimmung unter Würdigung der onkologischen Situation, des Alters und der Komorbiditäten erfolgen.

Hinweise für die Praxis

Die Chemotherapie während der kombinierten Radiochemotherapie ist platinbasiert und sollte aus einer Zweifachchemotherapie bestehen. Etablierte Kombinationspartner sind Cisplatin und 5-FU, Carboplatin und Paclitaxel oder Topoisomeraseinhibitoren. Bei der Bestrahlungsplanung ist ein besonderes Augenmerk auf eine geringe Lungenbelastung zu legen, weil dadurch wahrscheinlich das postoperative Risiko reduziert werden kann [571]. Patienten mit erhöhtem pulmonalem oder kardialem OP-Risiko erfordern die Behandlung in einem erfahrenen Team (Zentrum), um die postoperative Letalität niedrig zu halten. Patienten sollte die Teilnahme an Studien wie der zurzeit in Deutschland rekrutierenden Esopec-Studie (https://www.uniklinik-freiburg.de/esopec-studie.html) empfohlen werden.


#

11.2. Präoperative Radiochemotherapie – Magen

11.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine präoperative Radiochemotherapie soll außerhalb von Studien beim Magenkarzinom nicht durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Trotz vorhandener Hinweise auf eine Wirksamkeit [572] erlauben die vorliegende überwiegend sehr kleinen Fallserien [573] mit zumeist unter 50 Patienten aufgrund de unterschiedlich applizierten Radiochemotherapie-Schemata, der mangelnde Kontrollgruppen etc. keine validen Aussagen bezüglich des Einsatzes eine präoperativen Radiochemotherapie beim Magenkarzinom bzw. bei Tumoren distal de ösophagogastralen Übergangs. Insbesondere im Hinblick auf die beschriebenen Nebenwirkungen und Progressionsraten ist eine präoperative Radiochemotherapie außerhalb von Studien daher nicht indiziert [574] [575].


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11.3. Präoperative Antikörper-Therapie

11.5.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Antikörper und „small molecules“ sollen in der präoperativen Therapie nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.

Konsens (94 %)

Hintergrund

In der palliativen Behandlung fortgeschrittener Magenkarzinome wurden Daten publiziert, die einen Überlebensvorteil für Patienten mit HER2-positiven Tumoren nachweisen, wenn sie zur Chemotherapie aus Cisplatin und einem Fluoropyrimid den Antikörper Trastuzumab erhielten [576]. Weitere Daten zeigen einen Überlebensvorteil für den Antikörper Ramucirumab in der Zweitlinie. Es ist aber unklar, ob diese Antikörper auch die Ergebnisse einer präoperativen oder adjuvanten Therapie bei lokalisierten Karzinomen verbessern. Der Einsatz zielgerichteter Substanzen ist daher außerhalb klinischer Studien nicht indiziert. Die Ergebnisse laufender randomisierter Studien müssen abgewartet werden.


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11.4. Restaging nach neoadjuvanter Therapie

11.6.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Ein Restaging zur Bewertung der Response soll mittels CT und ÖGD nach Abschluss der präoperativen Therapie durchgeführt werden.

Level of Evidence

2b

De Novo [577]

Konsens (94 %)

11.7.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Im Fall eines lokalen Tumorprogresses unter neoadjuvanter Therapie sollte diese abgebrochen und eine frühzeitige Operation durchgeführt werden.

Konsens (94 %)

Hintergrund

Die therapieinduzierte Abnahme vitalen Tumorgewebes ist ein langsamer Prozess und führt nur mit zeitlicher Verzögerung zu einer messbaren Verminderung von Tumordicke oder Tumorvolumen. Da die Möglichkeiten für die frühzeitige Erfassung einer Tumorresponse durch die Bildgebung begrenzt sind, wird ein programmiertes endoskopisches, endsonografisches oder bildgebendes Restaging während der präoperativen Chemotherapie zur Beurteilung der Response nicht empfohlen. Zur Erfassung einer fehlenden Response auf die präoperative Therapie sollte während der präoperativen Therapie eine regelmäßige klinische Reevaluation mit Befragung des Patienten nach relevanten Symptomen wie Gewichtsverhalten, Erbrechen und Völlegefühl erfolgen. Bei klinischem Verdacht auf fehlendes Ansprechen auf die präoperative Chemotherapie ist eine endoskopische und bildgebende Reevaluation sinnvoll, um Nonrespondern die Weiterführung der ineffektiven und potenziell toxischen Chemotherapie zu ersparen und eine frühzeitige operative Therapie ermöglichen. Der unmittelbar präoperative Ausschluss einer zwischenzeitlich eingetretenen Fernmetastasierung mittels Schnittbildgebung ist erforderlich, um gegebenenfalls eine unnötige Operation zu vermeiden.

In der prospektiven deutschen Studie an Patienten mit lokal fortgeschrittenem Magenkarzinom unter präoperativer Chemotherapie korrelierte die endoskopisch evaluierte Response sowohl nach der Hälfte der vorgesehenen Therapie als auch nach deren Abschluss signifikant mit der Prognose. Dies galt ebenso für die CT-Response (> 50 % Reduktion der Magenwanddicke) und die klinische Response (Kombination aus endoskopischer und CT-Response) [578]. In der prospektiven koreanischen Studie unter palliativer Chemotherapie erwies sich die Kombination aus endoskopischer und CT-Evaluation als besseres prognostisches Tool als das CT allein [579]. Die Relevanz dieser Befunde wird aber durch geringe Fallzahlen und die Subjektivität endoskopischer Responsekriterien eingeschränkt.

Die Korrelation zwischen endosonografisch [580] [581] [582] oder computertomografisch [577] [578] [579] [581] [583] [584] [585] bestimmter klinischer cyTN-Kategorie und pathologischer pyTN-Kategorie nach neoadjuvanter/präoperativer Chemotherapie ist schwach bis moderat. Allerdings sind ein EUS-erfasstes T- und N-Downstaging sowie eine CT- detektierte Reduktion des Tumordurchmessers Indikatoren für eine bessere Prognose [580] [586]. Die endosonografisch nach neoadjuvanter Radiochemotherapie bestimmte TN-Kategorie erwies sich bei Adenokarzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs (n = 74) als ein besserer Prädiktor für die Prognose des Patienten nach in kurativer Intention durchgeführter Operation als die vor Einleitung der neoadjuvanten Therapie erhobene endosonografische TN-Kategorie [581] [587] [588].

Erste Daten sprechen für die Korrelation der CT-volumetrisch ermittelten Tumorvolumenreduktion mit der histopathologisch ermittelten Regression unter präoperativer Chemotherapie [584] [589]. Drei asiatische und eine prospektive deutsche Studie zeigten, dass auf der Japanese-Gastric-Cancer-Association-Klassifikation [590] basierende endoskopische Responsekriterien (komplette Tumorregression oder < 50 % bzw. < 75 % residualer intraluminaler Tumor) mit der Prognose von Patienten mit Magenkarzinom korrelieren [578] [579] [591] [592].

Daten zum Stellenwert einer funktionellen Bildgebung wie PET(-CT) [584] [586] [593] [594] [595] [596] [597] [598] [599] und Perfusionsbildgebung mit CT [600] [601] und kontrastverstärktem Ultraschall [602] [603] sind bisher präliminär und kontrovers.

11.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei Patienten mit klinischen Hinweisen auf einen Tumorprogress (z. B. Verschlechterung tumorbedingter Symptome oder des Allgemeinzustands) während präoperativer Therapie soll eine Reevaluation durch Endoskopie und Bildgebung erfolgen.

Konsens (92 %)

11.9.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Bei Nachweis eines Tumorprogresses soll die Entscheidung über die weitere Therapie interdisziplinär erfolgen.

Starker Konsens (100 %)

11.10.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Prädiktive Biomarker sollen für die Lenkung der präoperativen Therapie des Magenkarzinoms nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.

Konsens (89 %)

11.11.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Nach präoperativer Therapie soll eine histologische Bestimmung des Tumorregressionsgrads nach Becker erfolgen.

Level of Evidence

1b

De Novo [604] [605] [606] [607] [608] [609]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Prognostisch relevante Faktoren des Adenokarzinoms des Magens sind die Tumorlokalisation, die lokale Tiefeninfiltration und der Lymphknotenbefall. Zur Beurteilung des Nodalstatus gehören die Präparation aller Lymphknoten und die Bestimmung der Zahl befallener Lymphknoten im Verhältnis zur Zahl der untersuchten Lymphknoten. Die Resektionslinien des Resektats sollten untersucht und beschrieben werden (R0, R1, R2). Weiterhin sind prognostisch relevant: das Vorhandensein von Fernmetastasen, die Gefäßinvasion und die Tumorzelldissoziation an der Invasionsfront. Die Gefäßinvasion ist ein unabhängiger Prognosefaktor der Kardiakarzinome und der distalen Magenkarzinome [604]. Da Daten zur Wirksamkeit von molekular gezielten Substanzen bei operablen Magenkarzinomen fehlen, können Genalterationen oder Rezeptorexpressionsmuster derzeit nicht zur Therapieentscheidung beitragen [610]. Andere gewebebasierte Marker sind bislang ebenso nicht als prädiktive Marker etabliert [576] [608] [611] [612] [613].

Inzwischen belegt eine Reihe von Studien, dass der Tumorregressionsgrad nach neoadjuvanter Chemotherapie beim Magenkarzinom und Adenokarzinom des ÖGÜ eine prognostische Bedeutung hat. Patienten mit einer kompletten oder beinah kompletten (subtotalen) histopathologischen Regression haben ein längeres Überleben als andere [605] [614] [615] [616] [617] [618] [619].

Nachdem heute die Mehrzahl der Patienten mit Ösophagus- oder Magenkarzinom präoperativ multimodal therapiert wird, müssen die therapieinduzierten Veränderungen des Tumors bei Klassifikationen einheitlich berücksichtigt werden [607].

Momentan werden regressive Veränderungen weder national noch international einheitlich bewertet und darüber hinaus unterschiedlich klassifiziert. Grundsätzlich gilt jedoch, dass ausschließlich vitale Tumorzellen für die Festlegung des pTNM-Stadiums berücksichtigt werden dürfen. Auch wird nur der Primärtumor hinsichtlich seiner Regression bewertet, nicht jedoch die Lymphknotenmetastasen [606].

Aus Praktikabilitätsgründen wird empfohlen, die möglichen therapieinduzierten Effekte als solche zu werten, da im Einzelfall die zweifelsfreie Unterscheidung zwischen spontanen regressiven Tumoreffekten und therapeutisch induzierten schwierig sein kann.

Grundsätzlich werden zwei unterschiedliche Klassifikationssysteme in Deutschland verwendet: das häufigere, sog. Becker-Regressionsgrading (auch „TU-München“-Grading genannt) und das japanische Regressionsgrading nach JRSGC (siehe [Tab. 14], [15]).

Tab. 14

Regressionsgrading der Japanischen Gesellschaft für Magenkarzinome (JRSGC)

Regression

Anmerkung

Grad 0

(keine Regression)

Keine Veränderungen; weder Nekrosen noch zelluläre oder strukturelle Veränderungen (als zelluläre Veränderungen gelten Ballonierung oder Vakuolisierung der Zellen und Kernpyknosen, als strukturelle Veränderung Verminderung und Desorganisation der drüsigen Strukturen)

Grad 1

(geringe Regression)

Nekrose oder Verschwinden des Tumors und/oder zelluläre oder strukturelle Veränderungen – in weniger als 1/3 des Tumors: Grad 1a, in 1/3 des Tumors oder mehr, aber in nicht mehr als 2/3 des Tumors: Grad 1b

Grad 2

(mäßiggradige Regression)

Nekrose oder Verschwinden des Tumors in mehr als 2/3 des Tumors; aber noch vitale Tumorzellen erkennbar

Grad 3

(ausgeprägte Regression)

Tumor komplett nekrotisch und/oder komplett durch Fibrose (mit oder ohne granulomatöse Veränderungen) ersetzt; keine vitalen Tumorzellen nachweisbar

Tab. 15

Regressionsgrading nach Becker

Regressionsgrading nach Becker [609]

Anmerkung

Komplette Response (CR)

Grad 1a

Keine Tumorzellen erkennbar

Subtotale Response (SR)

Grad 1b

In < 10 % des Tumorbetts morphologisch intakte neoplastische Zellen

Partielle Response (PR)

Grad 2

In 10 bis 50 % des Tumorbetts morphologisch intakte neoplastische Zellen

Geringe Response (MR)

Grad 3

In > 50 % des Tumorbetts morphologisch intakte neoplastische Zellen

Keine Response (NR)

Keine histologischen Regressionszeichen

Generell werden als histologische therapieassoziierte Regressionszeichen Nekrosen, Schaumzellen, Gewebsödem, Fibrose, besonders in den oberflächlichen Teilen des ehemaligen Tumorbetts, gewertet. Vaskuläre Veränderungen (Strahlenvaskulopathie) gelten insbesondere in der Tumorperipherie als therapieassoziiert. Azelluläre Schleimablagerungen, umschriebene Fibrosierungen und hyaline Ablagerungen in den Lymphknoten gelten als therapieassoziiert.

Obwohl erste Studien zeigen, dass ein vollständiger Verlust vitaler Tumorzellen (ypT0) bei bestimmten neoadjuvanten Therapien häufiger vorkommen soll, ist die prognostische Bedeutung bisher in unabhängiger Weise nicht gezeigt. Als eine Ursache könnte die fehlende Standardisierung der Anwendung des Regressionsgradings angesehen werden. Auch werden die beiden derzeit bei uns angewandten Regressionsgradings international als zu kompliziert angesehen. Zurzeit wird ein vereinfachtes, dreistufiges Regressionsgrading nach Ryan et al. an gastrointestinalen Tumoren insbesondere im angloamerikanischen Sprachraum bevorzugt [620]. Dabei wird der Anteil von Fibrose und Tumorzellen zueinander in Beziehung gesetzt und zwischen vollständiger Regression (keine oder wenige vitalen Tumorzellen) und mehr oder weniger Tumorzellen im Vergleich zu Fibrose/Desmoplasie unterschieden. Am etabliertesten ist das Regressionsgrading bei Rektumkarzinomen – bei ihnen konnte im Langzeitverlauf gezeigt werden, dass bei Vergleich aller Regressionsschemata zwar ein gewisser prognostischer Einfluss besteht, allerdings das „yp-Tumorstadium“ prognostisch bedeutsamer ist [621].

Die stärksten Hinweise auf eine potenzielle prognostische Bedeutung ist bei vollständigem Verlust vitaler Tumorzellen (vollständiger Tumorregression) zu erwarten.

Obwohl multivariate Analysen fehlen, liefert der Grad der Tumorregression einen wichtigen Hinweis auf das Ansprechen der neoadjuvanten Therapie und gibt Hinweise auf eine zu wählende adjuvante/additive Therapie.

Das Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen nach neoadjuvanter Therapie („ypN+“) kann als negativer Prognosefaktor gelten – gemeinsam mit Tumorhistologie und therapieassoziierten Faktoren (R-Klassifikation).

Der positive Lymphknotenstatus nach neoadjuvanter Therapie ist ein negativer Prognosefaktor, der in mehreren, allerdings retrospektiven Fallserien zusammen mit weiteren Faktoren, wie z. B. Siegelringzellhistologie, identifiziert wurde [607]. Dazu fehlen größere, prospektive Studien, die Lymphknotenmetastasen einheitlich untersuchen, ihr Ansprechen mit einem einheitlichen Regressionsgrading beurteilen und im Hinblick auf Tumorhistologie sowie Differenzierungsgrad des Tumors beurteilen.


#

11.5. Postoperative und adjuvante Therapie

11.12.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Nach präoperativer Chemotherapie und anschließender Operation soll über die postoperative Chemotherapie interdisziplinär entschieden werden.

In diese Entscheidung sollen Regressionsgrad, klinisches Ansprechen, Verträglichkeit der Chemotherapie und Allgemeinzustand einfließen.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In den vorliegenden Phase-III-Studien wurde der Vorteil der perioperativen Therapie gegenüber einer alleinigen Operation belegt. Da in den Studien lediglich etwa 50 % der Patienten eine postoperative Chemotherapie erhalten konnten, ist allerdings derzeit unklar, welche Rolle die postoperative Therapie in der Verbesserung der Prognose spielt bzw. welche Patienten von der postoperativen Therapie profitieren [531]. In allen durchgeführten Phase-III-Studien mit perioperativer Therapie war vorgesehen, bei allen Patienten, die nicht unter der Therapie progredient waren, die Chemotherapie postoperativ fortzusetzen. Somit erhielten in den Studien sowohl Patienten mit stabiler Erkrankung als auch Patienten mit pathologisch kompletter Tumorremission eine postoperative Chemotherapiefortsetzung. Trotz der vorliegenden Unklarheit bezüglich der prognostischen Relevanz der postoperativen Therapie (siehe oben) wird daher empfohlen, analog zu den erhobenen Studiendaten bei allen Patienten, die keinen Progress unter Chemotherapie aufgewiesen haben, eine postoperative Chemotherapiefortsetzung anzustreben.

Fazit für die Praxis:
Die postoperative Therapie sollte insbesondere dann durchgeführt werden, wenn die Patienten auf die präoperative Therapie klinisch und/oder histopathologisch angesprochen haben und diese gut vertragen haben. Patienten mit Progression unter der präoperativen Therapie und/oder Patienten mit Unverträglichkeit bzw. chirurgischen Komplikationen sollten nicht weiter behandelt werden. Daten für einen Regimewechsel aus Gründen der Effektivität in der postoperativen Therapie liegen nicht vor, wenngleich sowohl in den Studien als auch in der klinischen Routine häufig eine Deeskalation (z. B. von FLOT auf FLO) zum Einsatz kommt.

11.13.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Bei Progress soll die präoperative Therapie postoperativ nicht fortgesetzt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In allen Referenzstudien (MAGIC, FFCD, FLOT4) wurde im Fall der Progression unter der präoperativen Therapie die postoperative Komponente nicht fortgesetzt. Daher ist eine Fortsetzung der Therapie bei Progress nicht begründet. Daten für einen Regimewechsel in der postoperativen Therapie liegen nicht vor.

11.14.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Für nicht neoadjuvant behandelte Patienten mit R0-Resektion und adäquater D2- Lymphadenektomie sind postoperative Radiochemotherapie und Chemotherapie kein Standard.

Für Patienten mit R0-Resektion und adäquater D2-Lymphadenektomie ohne präoperative Chemotherapie kann bei Vorliegen von Risikofaktoren eine postoperative Radiochemotherapie oder Chemotherapie angeboten werden.

Konsens (89 %)

11.15.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

B

Bei einer Lymphadenektomie <D2 und in begründeten Risikosituationen sollte eine adjuvante Radiochemotherapie bei nicht neoadjuvant behandelten Patienten nach interdisziplinärer Entscheidung im Tumorboard durchgeführt werden.

Level of Evidence

1b

De Novo [622]

Konsens (81 %)

Hintergrund

In einer Metaanalyse von insgesamt 9 Studien mit zusammen 2025 Patienten [623] konnte insgesamt ein signifikanter Überlebensvorteil für den Einsatz einer peri- oder intraoperativen Radiotherapie nachgewiesen werden. In 4 dieser 9 Studien wurde der Stellenwert der postoperativen Radiotherapie untersucht, wobei in 2 Studien eine parallele Chemotherapie mit 5-FU eingesetzt wurde. Die beiden älteren Studien, die die alleinige Strahlentherapie nach kurativ intendierter Resektion [624] [625] getestet haben, zeigten keinen Vorteil im Gesamtüberleben, allerdings eine Reduktion der lokoregionären Rückfallrate. Bei Allum [624] lag bei der Hälfte der Patienten eine R1-Resektion vor. Die Qualität des chirurgischen Eingriffs ist in beiden Studien unklar.

Erste Hinweise, dass eine postoperative simultane Radiochemotherapie die Prognose verbessert, gingen aus der kleinen Studie von Moertel [626] hervor. Obwohl nur 66 Patienten randomisiert wurden, zeigte sich ein statistisch signifikanter Überlebensvorteil zugunsten der Radiochemotherapie (nach 5 Jahren: 4 % vs. 23 %). Angaben über das Ausmaß der durchgeführten Lymphknotenresektion fehlen in dieser Studie.

Basierend auf den Erfahrungen von Moertel [626], testete die South-West Oncology Group (SWOG) in einer wesentlich größeren Studie (n = 556) den Stellenwert einer adjuvanten Radiochemotherapie, bestehend aus 4 Zyklen 5-FU + Leukovorin in Kombination mit 45 Gy (5 × 1,8 Gy pro Woche) Strahlentherapie appliziert zum 2. + 3. Zyklus der Chemotherapie [627]. Eingeschlossen waren alle Tumorstadien außer Frühkarzinomen (T1 N0), wobei es sich mehrheitlich um Hochrisikopatienten (70 % T3–T4, 85 % N+) und in etwa 80 % um Karzinome des Magenantrums und -korpus handelte. Zielvolumen waren das Tumorbett sowie die regionären Lymphknoten (etwa entsprechend dem Kompartiment II) inklusive 2 cm Abstand zu den proximalen und distalen Anastomosen. Nach einer medianen Nachbeobachtungszeit von 10 Jahren ergab sich ein absoluter Überlebensvorteil (p < 0,005) von 15 % nach 5 Jahren und 11 % nach 10 Jahren zugunsten der adjuvanten Radiochemotherapie [622]. Der Überlebensvorteil resultierte aus einer geringeren lokoregionären Rückfallrate (17 % bzw. 14 % nach 5 und 10 Jahren), wohingegen keine Reduktion der distanten Metastasierung zu beobachten war. Die Toxizität des Regimes war insgesamt tolerabel, jedoch konnten nur 64 % aller Patienten die intendierte Therapie vollständig erhalten. Bei etwa der Hälfte der Patienten trat eine hämatologische Toxizität > CTC-Grad 2 (meist Leukopenie), in einem Drittel eine gastrointestinale Toxizität > Grad 2 auf. In 17 % bedingte dies einen Therapieabbruch, 3 Patienten verstarben. Obwohl in der Studie eine D2-Lymphknotendissektion empfohlen wurde, erfolgte laut Angabe der Chirurgen nur bei 10 % tatsächlich eine D2-Resektion. Bei 36 % wurde eine D1-Resektion und bei 54 % der Patienten eine Lymphknotendissektion < D1 angegeben.

In einer explorativen Subgruppenanalyse [628] konnte gezeigt werden, dass der Überlebensvorteil bei D1- und < D1-resezierten Patienten gleich groß ist. Die Gruppe der D2-resezierten Patienten war mit nur 54 Patienten zu klein, um eine Aussage treffen zu können. Damit bleibt die Frage ungeklärt, ob eine adjuvante Radiochemotherapie nach D2-Resektion einen Überlebensvorteil bewirkt. In weiteren Subgruppenanalysen ergab sich, dass vor allem Männer und Patienten mit intestinalem Tumortyp von der adjuvanten Radiochemotherapie profitieren [622].

Ho et al. [516] werteten die Daten der „Netherlands Cancer Registry“ (n = 3277, n = 99 Radiochemotherapie) bezüglich des Effekts einer adjuvanten Radiochemotherapie nach Gastrekomie und Lymphknotenresektion aus und fand in der multivariaten Analyse einen signifikanten Überlebensvorteil zugunsten der Radiochemotherapie. Kim et al. [629] gingen dieser Frage in einer nicht randomisierten prospektiven Beobachtungsstudie nach: 990 Patienten in den Stadien II–IV wurde nach kurativer D2-Resektion über die Datenlage aufgeklärt und durften selbst entscheiden, ob sie keine adjuvante Therapie erhalten wollten oder eine adjuvante Radiochemotherapie nach dem Macdonald-Schema. 544 Patienten entschieden sich für eine adjuvante Radiochemotherapie. Im Vergleich zu den 446 nicht adjuvant behandelten Patienten verlängerte die adjuvante Radiochemotherapie das mediane Überleben von 63 Monaten auf 95 Monate (p < 0,02).

Die Toxizität und die Durchführbarkeit der adjuvanten Radiochemotherapie waren besser als in der Macdonald-Studie. In beiden Studien [627] und [629] wurden aus heutiger Sicht veraltete Bestrahlungstechniken eingesetzt. Aus neueren Studien [630] gibt es Hinweise, dass die Toxizität und die Durchführbarkeit einer adjuvanten Radiochemotherapie durch den Einsatz moderner Bestrahlungstechniken verbessert werden, selbst wenn intensivierte Chemotherapieschemata zum Einsatz kommen.

In 6 randomisierten Studien mit insgesamt 1171 Patienten wurde der Effekt einer adjuvanten Chemotherapie mit dem Effekt einer adjuvanten Radiochemotherapie nach kompletter Resektion beim Magenkarzinom verglichen. Fünf dieser Studien sind an asiatischen Patienten (3 × Korea, 2 × China) durchgeführt worden, da dort die adjuvante Chemotherapie als Standardtherapie angesehen wird. Die 6. Studie hat griechische Patienten eingeschlossen. Über 95 % der asiatischen Patienten hatten eine Gastrektomie mit einer D2-Lymphknotenresektion erhalten, wohingegen bei den griechischen Patienten in weniger als 50 % eine D2-Resektion erfolgt war. Die Metaanalyse dieser Studien zeigte eine Verbesserung des rezidivfreien Überlebens (Hazard Ratio 0,73, 95 %-VB 0,63–0,97) und des Gesamtüberlebens (Hazard Ratio 0,80, 95 %-VB 0,65–0,98 [631]. Der Benefit zugunsten der Radiochemotherapie resultierte wiederum aus einer Senkung der lokoregionären Rückfallrate. Die Toxizität unterschied sich zwischen beiden Therapieverfahren nicht signifikant. Ergebnisse von Subgruppen sind nur von einer der koreanischen Studien verfügbar [632]. Danach profitieren insbesondere Patienten mit intestinalem Tumortyp sowie mit Lymphknotenbefall von einer Radiochemotherapie.

Ob eine postoperative Radiochemotherapie auch nach präoperativer Chemotherapie besser ist als eine postoperative Weiterführung der Chemotherapie, wurde in der europäischen CRITICS-Studie (n = 788) untersucht [633]. Die präoperative Chemotherapie bestand aus 3 Kursen Epirubicin, Cisplatin, Oxaliplatin und Capecitabin, gefolgt von Operation und weiteren 3 Kursen derselben Chemotherapie im Standardarm oder einer Radiochemotherapie des Tumorbetts und des regionären Lymphabflusses mit 45 Gy in 25 Fraktionen über 5 Wochen in Kombination mit 2 × täglich 575 mg/m² Capecitabin an sämtlichen Bestrahlungstagen und 20 mg/m² Cisplatin 1 × pro Woche während der Strahlentherapie. Das ereignisfreie Überleben und das Gesamtüberleben waren in beiden Studienarmen fast identisch (p ≥ 0,9). Die postoperative Radiochemotherapie hat im Vergleich zur Fortführung der perioperaiven Chemotherapie das Überleben nicht verbessert. Abgesehen von einer signifikant höheren Hämatotoxizität im Chemotherapiearm, die aber nicht zu einer erhöhten Rate schwerer Infektionen führte, waren die Toxizitäten in beiden Armen nicht unterschiedlich. In der Subgruppenanalyse profitierten Frauen mehr von einer Radiochemotherapie und Männer mehr von einer alleinigen Chemotherapie (p = 0,0012). Diese Beobachtung steht im Gegensatz zu der Subgruppenanalyse der SWOG-Studie [622], in der eher Männer den größeren Vorteil von einer postoperativen Radiochemotherapie hatten. In dieser Studie war allerdings keine präoperative Chemotherapie erfolgt. Bevor daraus geschlechtsspezifische Empfehlungen abgeleitet werden können, sind konfirmatorische Daten notwendig.

Zusammenfassend sprechen die Daten dafür, dass durch eine adjuvante Radiochemotherapie nach D1- oder < D1-Lymphknotendissektion ein Überlebensvorteil erreicht wird. Bei limitierter Lymphknotendissektion und nicht erfolgter präoperativer Chemotherapie sollte daher eine adjuvante Radiochemotherapie erfolgen. Bei erfolgter präoperativer Chemotherapie und adäquater Lymphknotenresektion gibt es keinen Hinweis, dass eine postoperative Radiochemotherapie das Überleben verbessert; daher kann diese nur nach gründlicher interdisziplinärer Diskussion erwogen werden.

Ob eine adjuvante Radiochemotherapie auch nach D2-Lymphknotendissektion (ohne präoperative Chemotherapie) das Überleben verbessert, bleibt ungeklärt, wobei allerdings eine größere Beobachtungsstudie auch für dieses Kollektiv einen Vorteil nahelegt [516] [629]. Nach D2-Resektion und nicht erfolgter präoperativer Chemotherapie kann daher die Indikation zur adjuvanten Radiochemotherapie interdisziplinär gestellt werden. Dabei wurde diskutiert, dass insbesondere Patienten mit befallenen Lymphknoten und Patienten mit intestinalem Tumortyp davon profitieren. Wenn die Indikation zur adjuvanten Radiochemotherapie gestellt wird, sollten moderne Bestrahlungstechniken (3 D oder IMRT) unter Berücksichtigung des EORTC-ROG-Zielvolumenkonzepts [634] mit 45 Gy (5 × 1,8 Gy pro Woche) zum Einsatz kommen. Aus einer kleinen (n = 65) Beobachtungsstudie [635] ergeben sich Hinweise, dass durch den Einsatz der IMRT nicht nur die Toxizität gesenkt werden kann, sondern sich auch bessere onkologische Ergebnisse erreichen lassen.

Als Chemotherapie wird anstelle der Bolusinjektion von 5-FU heute das infusionale 5-FU-Schema von den meisten Experten als vorteilhaft angesehen [630] [636] [637]. Während der Strahlentherapie können 225 mg/m2/24 h Dauerinfusion empfohlen werden. In einer kleineren Serie [635] zeigte auch der Einsatz von 2 × täglich 825 mg/m² Capecitabin eine gute Verträglichkeit. Kombinationen von Capecitabin mit Cisplatin und Oxaliplatin in Kombination mit Strahlentherapie sind hinsichtlich der Toxizität ebenfalls ohne Reduktion der Strahlendosis oder des Bestrahlungsvolumens möglich [633]. Ob die Kombinationsschemata in Kombination mit Strahlentherapie zu besseren onkologischen Ergebnissen führen, ist allerdings noch nicht gezeigt worden.

Vor und nach Radiotherapie können jeweils 2 Zyklen 5-FU 2000 mg/m2/24 h CI + Leucovorin 500 mg/m2 über 2 h an den Tagen 1, 8, und 15, Wiederholung Tag 29, empfohlen werden. Diese Therapie lässt sich auch mit Cisplatin (und ggf. Paclitaxel) oder Irinotecan kombinieren [630]. Wenn Cisplatin vor oder nach der Strahlentherapie appliziert wird, sollten besondere Dosisrestriktionen bezüglich der Nieren bei der Bestrahlungsplanung eingehalten werden [638].

11.16.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Eine adjuvante Therapie mit zielgerichteten Substanzen allein oder in Kombination mit Chemotherapie soll außerhalb von Studien nicht durchgeführt werden.

Konsens (94 %)

Hintergrund

Es existieren 9 randomisierte Studien, die eine adjuvante Chemotherapie versus eine adjuvante Immunochemotherapie untersucht haben. Alle wurden mit asiatischen Patientenkollektiven durchgeführt. Es wurden ausschließlich passiv-unspezifische Immuntherapieverfahren angewendet, in 8 Studien Polysaccharid K (PSK), in 1 Studie (poly A:U). Eine Metaanalyse der PSK-Studien mit 8009 eingeschlossenen Patienten belegt einen Überlebensvorteil für die adjuvante Immunochemotherapie mit einer HR von 0,88 (95 %-KI: 0,79–0,98; p = 0,018). Auch die Phase-III-Studie (n = 280) mit (poly A:U) zeigt einen statistisch signifikanten Überlebensvorteil zugunsten der Immunochemotherapie. Diese Ergebnisse sind aber nicht auf die europäischen Populationen übertragbar, da bei Europäern möglicherweise eine andere Immunantwort vorliegt. Daher kann für eine adjuvante Immunochemotherapie keine klare Empfehlung außerhalb von Studien abgegeben werden. Studien mit Integration perioperativer oder adjuvanter Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren laufen [618]. Auch Daten prospektiver Studien für zielgerichtete Substanzen müssen zunächst abgewartet werden.


#
#

12. Tumorgerichtete palliative Therapie

12.1. Medikamentöse Tumortherapie

12.1.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

A

Patienten in gutem Allgemeinzustand (ECOG 0–1) soll eine systemische Chemotherapie angeboten werden. Therapieziel sind die Verbesserung des Überlebens und der Erhalt der Lebensqualität. Ein erhöhtes Alter stellt keine Kontraindikation dar.

Level of Evidence

1a

De Novo [610] [639] [640] [641] [642] [643] [644] [645] [646] [647] [648] [649] [650] [651] [652] [653] [654] [655] [656] [657] [658] [659]

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Im Vergleich mit den supportiven Maßnahmen („Best Supportive Care“, BSC) konnten für die systemische Chemotherapie nicht nur eine statistisch signifikante Verbesserung der Überlebenszeit (HR 0,39; 95 %-KI: 0,28–0,52) [639] [640] [641] [642] [660] [661], sondern auch ein längerer Erhalt der Lebensqualität [640], eine bessere Symptomkontrolle und eine Verbesserung des Allgemeinzustands [640] [643] [644] [649] nachgewiesen werden. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass in diese Studien ausschließlich Patienten mit Allgemeinzustand ECOG 0–2 eingeschlossen wurden. Bei Patienten mit deutlich reduziertem Allgemeinzustand (ECOG 3) und/oder sehr hohem Lebensalter ist der Nutzen einer systemischen Chemotherapie nicht belegt [645] und die Therapie oftmals auch nicht durchführbar [662].

Das mittlere Erkrankungsalter für das Magenkarzinom in Deutschland liegt gegenwärtig bei 70 Jahren für Männer und bei 75 Jahren für Frauen [1] [646]. Im Gegensatz dazu liegt das mediane Alter der in die meisten klinischen Studien eingeschlossenen Patienten zwischen 55 und 65 Jahren. Nur solche älteren Patienten, die einen ausreichenden Performance-Status und keine signifikanten Komorbiditäten haben, wurden in die genannten Therapiestudien eingeschlossen. Weil mit zunehmendem Alter auch die Häufigkeit altersassoziierter Veränderungen steigt, wie in nachfolgender [Tab. 16] gezeigt, ist bei entsprechendem Verdacht eine systematische Erfassung von Komorbiditäten sinnvoll [650] [651] [652] [653] [654] [655] [656] [657] [658] [659].

Tab. 16

Kategorien des geriatrischen Assessments und Instrumente zu ihrer Erfassung.

Kategorie

Instrumente zur Erfassung

Literatur

Funktioneller Status

Aktivitäten des täglichen Lebens (ADL)

[665]

Instrumentelle Aktivitäten des täglichen Lebens (IADL)

[650]

Depression

Geriatric Depression Scale (GDS)

[651]

Demenz

Uhr-Zeichen-Test

[652]

Mini-Mental-Status-Examination (MMSE)

[653]

Demenz-Detektionstest (Demtect)

[654]

Ernährung

Mini-Nutritional-Assessment (MNA)

[655]

Mobilität

Tinetti-Test

[656]

Timed Up & Go-Test

[657]

Soziale Situation

Sozialassessment

[658]

Fragebogen zur sozialen Unterstützung (F-Sozu)

[659]

Auf die Frage, ob die Altersverteilung der in die jeweilige Therapiestudie eingeschlossenen Patienten für die Population von Patienten mit Magenkarzinom in Deutschland repräsentativ ist, wird bei der Darstellung und Diskussion der einzelnen Therapieregime eingegangen (siehe v. a. Kapitel Vorgehen bei Tumoren ohne HER-2-Überexpression). Derzeit liegen nur wenige Phase-II-Studien vor, in die ausschließlich ältere Patienten eingeschlossen wurden.

Die Frage nach dem Vergleich der Kombinations- versus Monotherapie speziell bei älteren Patienten wurde in aktuellen Studien kaum untersucht [663]. Allerdings profitieren Patienten in gutem Allgemeinzustand auch in höherem Alter von einer intensiveren Therapie [664]. Eine 2008 publizierte, randomisierte Phase-II-Studie [647], in der die Monotherapien mit S-1 und Capecitabin miteinander verglichen wurden, konnte die Durchführbarkeit einer Monotherapie mit Capecitabin und mit S-1 bei älteren Patienten belegen. Die Ergebnisse entsprechen anderen Studien für die Monotherapie mit Fluoropyrimidinen [610] [648] (AWMF Reg.-Nr. 032/009).

12.2.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

B

Eine palliative medikamentöse Tumortherapie sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Diagnosestellung der lokal fortgeschritten inoperablen oder metastasierten Erkrankung eingeleitet werden.

Level of Evidence

1a

De Novo (alt) [539] [540] [576] [639] [648] [666] [667] [668] [669] [670]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Da das mediane Überleben von Patienten mit einem metastasierten Magenkarzinom ohne Therapie kurz ist und die Progression in der Regel mit einer Verschlechterung des Allgemeinzustands einhergeht, ist der möglichst rasche Beginn einer Chemotherapie essenziell [539] [540] [576] [648].

Durch eine palliative Chemotherapie wird die Überlebenszeit von Patienten mit Magenkarzinom im Stadium IV im Vergleich zu einer ausschließlich supportiv orientierten Therapie erheblich verlängert. In der aktuellen Cochrane-Metaanalyse wurden dazu 60 randomisierte Studien mit fast 11 700 Patienten ausgewertet. Es zeigte sich eine klinisch überaus relevante und hoch signifikante Verbesserung des Überlebens um durchschnittlich 6,7 Monate mit einer Hazard Ratio von 0,3 (KI: 0,24–0,55) [639].

Durch eine Kombinationschemotherapie wird nach dieser Metaanalyse – um den Preis etwas erhöhter hämatologischer und gastrointestinaler Toxizitäten – eine weitere Überlebensverbesserung um etwa 1 Monat erzielt: Hazard Ratio von 0,84 (KI: 0,79–0,89). Außerdem wird durch eine Chemotherapie eine Stabilisierung des Allgemeinzustands und der Lebensqualität erreicht [666] [667] [668] [669] [670].

12.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Während der Chemotherapie sollen das allgemeine Befinden des Patienten, Tumorsymptome und vitale Körperfunktionen regelmäßig geprüft werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes und von tumorassoziierten Symptomen können erste Hinweise auf eine Erkrankungsprogression sein, die dann obligat eine Modifikation der Therapiestrategie erfordert. Insbesondere bei toxischeren Kombinations-Chemotherapien ist in der Risiko-Nutzen-Abwägung der Allgemeinzustand der Patienten ein wesentlicher Faktor, der daher regelmäßig evaluiert werden sollte [639]. Das Wesentliche der Patientenversorgung ist di regelmäßig erfolgende Abwägung der Patienteninteressen für eine lebensverlängernde Therapie einerseits und die palliativmedizinische Betreuung/Mitbetreuung in nicht heilbarer Therapiesituation andererseits. Am besten gelingt dies in einem Umfeld, in dem palliativmedizinische Ansätze frühzeitig in die onkologische Betreuung integriert werden. Die Einbeziehung des Patienten und der Angehörigen zu Fragen der Therapie am Lebensende sind hier entscheidend, um die weitere Therapiemaßnahme festzulegen (siehe hierzu auch die S3-Leitlinie zur Palliativmedizin).

12.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Unter laufender palliativer Chemotherapie sollte alle 6–12 Wochen eine klinische Re- Evaluation und geeignete Bildgebung erfolgen, um negative Entwicklungen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und Patienten nicht unnötig lange unwirksamen Therapien auszusetzen bzw. die Chance auf wirksamere Therapien zu ermöglichen.

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Durch eine Zweitlinien-Chemotherapie wird – zumindest bei Patienten in gutem Allgemeinzustand – eine verlängerte Überlebenszeit erreicht, zusätzlich verlängert sich die Zeit bis zur klinisch-symptomatischen Progression, wodurch sich eine bessere Symptomkontrolle ableiten lässt.

Da eine unbemerkte Erkrankungsprogression zu einer Exposition der Patienten mit einer ineffektiven Therapie führt, sind klinische und bildgebende Kontrolluntersuchungen in regelmäßigen Abständen erforderlich. Das Zeitintervall und die Art der Diagnostik sollten sich dabei an der klinischen Situation orientieren. Die mediane Zeit bis zur Progression ist kurz, sodass unter der Therapie engmaschige bildgebende Kontrollen unter Berücksichtigung sich daraus ergebender Konsequenzen erfolgen sollten [661]. Wesentlich ist die regelmäßige Abwägung, ob weiterhin eine antitumorale Therapie sinnvoll ist und ob unterstützend oder alternativ eine palliativmedizinische Betreuung/Mitbetreuung unter Einbeziehen der Angehörigen und spezialisierter Palliativversorgung (ambulant SAPV-Teams, stationär Palliativstationen oder Palliativmedizinische Dienste oder Hospize) einzuleiten ist (siehe dazu auch die S3-Leitlinie zur Palliativmedizin).

12.5.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

B

Über die Dauer der palliativen medikamentösen Tumortherapie sollte in Abhängigkeit vom Tumoransprechen, von der therapieassoziierten Toxizität und den Patientenvorstellungen entschieden werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [539] [540] [576] [639] [648] [666] [667] [668] [669]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In der überwiegenden Mehrzahl der Studien [539] [576] [648] [666] [667] [668] wurde die Therapie bis zur Tumorprogression, zu inakzeptabler Toxizität oder Zurücknahme des Einverständnisses durch den Patienten durchgeführt. In drei Studien wurde die Dauer für die Erstlinientherapie folgendermaßen festgelegt:

  1. Cunningham [540]: Maximale Therapiedauer 8 Zyklen (entspricht 24 Wochen); bei Einsatz der anthrazyklinhaltigen Regime (ECF, EOX, EOF, ECX) sollte daher – auch bei guter Verträglichkeit und Wirksamkeit – die Dauer der Erstlinientherapie auf 24 Wochen begrenzt werden.

  2. Für das Cisplatin/HD-5-FU/PLV-Regime [669] wurde die Dauer der Erstlinientherapie auf 4 Zyklen von jeweils 7 Wochen begrenzt. Dabei wurde im letzten Zyklus kein Cisplatin eingesetzt. Der Nutzen einer längeren Therapiedauer ist für dieses Regime nicht belegt.

  3. In der ToGA-Studie, die den Einsatz von Trastuzumab zusammen mit Cisplatin/Fluoropyrimidin in der Erstlinientherapie bei HER-2-positiven Patienten untersucht hat, wurde die Chemotherapie auf 6 Zyklen begrenzt und anschließend eine Erhaltungstherapie mit Trastuzumab fortgesetzt [576]. Die Lebensqualität blieb auch unter der Erhaltungstherapie mit Trastuzumab längere Zeit stabil als im Arm ohne Trastuzumab [671].

Die Dauer einer palliativen Chemotherapie selbst war aber bislang nicht Gegenstand von klinischen Studien. Die negativen Auswirkungen der palliativen Chemotherapie auf Aspekte der Lebensqualität sind auch bei intensiveren Therapieschemata nur gering [664] [672]. Bei der Wahl der individuellen Chemotherapie sollten daher das Nebenwirkungsprofil, die damit verbundene potenzielle Beeinflussung der Lebensqualität des individuellen Patienten, die Tumorlast und der Remissionsdruck im Gespräch mit dem Patienten und den Angehörigen in Betracht gezogen werden [639] (siehe dazu auch die S3-Leitlinie zur Palliativmedizin).

12.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie soll der HER-2- Status als positiver prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Der prädiktive Wert der HER-2-Überexpression beruht im Wesentlichen auf der ToGA- Studie [673]. Die Ergebnisse dieser randomisierten Phase-III-Studie zeigten, dass die Addition des HER-2-Antikörpers Trastuzumab zur Standardchemotherapie bei Patienten mit positivem HER-2-Status eine signifikante Verbesserung der Überlebenszeit (s. unten) bewirkt.

Im Vorfeld dieser Studie war der HER-2-Status bei 3807 Patienten aus Europa, Lateinamerika und Asien bestimmt worden. Der Anteil der HER-2-positiven Magenkarzinome – in der o. g. Studie definiert als eine HER-2-Genamplifikation, nachgewiesen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH+) oder immunhistochemisch dreifach positiver HER-2-Expression (IHC 3 +) – lag bei 22 %. In der Subgruppe der Patienten, deren Tumoren IHC3 + oder IHC2 +/FISH+ waren, war Trastuzumab besonders wirksam. Das mediane Überleben der so behandelten Patienten in dieser Subgruppe lag bei 16 Monaten (versus 11,8 Monaten bei Therapie ohne Trastuzumab). In den Subgruppen IHC0/FISH+ und IHC1+/FISH+ konnte hingegen für die mit Trastuzumab behandelten Patienten kein Vorteil in Bezug auf die Überlebenszeit beobachtet werden.

Bei kritischer Analyse liefert die ToGA-Studie lediglich einen indirekten Hinweis dafür, dass die HER-2-Überexpression prädiktiv für das Ansprechen auf Trastuzumab beim Magenkarzinom ist, da HER-2-negative Patienten in die Studie nicht eingeschlossen wurden. Aufgrund der vermutet starken Analogie dieser Daten zum Mammakarzinom, wo die HER-2-Inhibition als therapeutische Strategie bei HER-2-überexprimierenden Tumoren etabliert ist, wird die prädiktive Wertigkeit der HER-2-Überexpression beim Magenkarzinom als überzeugend beurteilt. Allerdings wurde analog zur Subgruppenanalyse der ToGA-Studie für die Indikationsstellung zur Behandlung mit Trastuzumab die HER-2-Positivität als IHC3 + oder IHC2 +/FISH+ definiert [673].

Hinweis für die pathologische Aufarbeitung

Die Behandlung des metastasierten Magenkarzinoms mit Trastuzumab ist gemäß Europäischer Arzneimittelagentur an die Bestimmung des HER-2-neu-Status gekoppelt [674]. Bei der Bestimmung des HER-2-Status muss die Zuverlässigkeit der eingesetzten Nachweisverfahren sichergestellt sein. Dies umfasst die interne Testvalidierung, die Verwendung standardisierter Protokolle und interner Kontrollen sowie die regelmäßige erfolgreiche Teilnahme an externen Qualitätssicherungsmaßnahmen [675]. Prinzipien zur Durchführung der HER-2-Testung sind von einem deutschen Expertenforum zusammengefasst worden [676].


#

12.2. Vorgehen bei Tumoren ohne HER-2-Überexpression

12.7.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

In der Palliativsituation soll in der Erstlinientherapie eine platin-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie durchgeführt werden.

0

Bei Vorliegen von Kontraindikationen gegen Platin kann alternativ eine irinotecan-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um einen Off-Label-Use.

Level of Evidence

1a

De Novo [639]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Bereits eine systematische Aufarbeitung der bis einschließlich März 2009 publizierten Literatur in einer Metaanalyse [677] [678] konnte einen statistisch signifikanten und konsistenten Überlebensvorteil für cisplatin-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapien im Vergleich zur Monotherapie mit 5-FU nachweisen (n = 1914 Patienten in 13 Studien; HR für das Gesamtüberleben 0,82; 95 %-KI: 0,74–0,90). Dies entspricht medianen Überlebenszeiten von 8,3 vs. 6,7 Monaten für die mit Kombinations- versus Monotherapie behandelten Patienten. Bei Analyse der Zeit bis zur Tumorprogression konnte eine noch stärkere Überlegenheit der Kombinationstherapie nachgewiesen werden (HR 0,67; 95 %-KI: 0,49–0,93). Beim Vergleich der Toxizitäten bestanden keine signifikanten Unterschiede [679]. Fluoropyrimidin-/platinhaltige Kombinationen werden in den meisten aktuellen Phase-III-Studien als Referenzarm eingesetzt [539] [542] [659] [668] [680] [681]. In der aktuellen Fassung der Cochrane-Metaanalyse mit nunmehr 60 randomisierten Studien und beinahe 11 700 Patienten wurden diese Ergebnisse noch einmal bestätigt mit einer signifikanten Verbesserung des Überlebens um durchschnittlich 6,7 Monate und einer Hazard Ratio von 0,3 (KI: 0,24–0,55) [639]. Eine Kombinationschemotherapie erzielt eine weitere Überlebensverbesserung um etwa 1 Monat: Hazard Ratio von 0,84 (KI: 0,79–0,89) um den Preis einer erhöhten, in der Regel aber gut steuer- und therapierbaren Toxizität. Allerdings repräsentieren diese gepoolten Ergebnisse eine generelle Abschätzung der in den letzten 25 Jahren gebräuchlichen Kombinationstherapien. Der Zusatznutzen einer modernen Zweifachkombination mit 5-FU und Irinotecan oder Oxaliplatin vs. eine 5-FU-Monotherapie könnte die Ergebnisse gegenüber Cisplatin/5-FU weiter verbessern [639]. Mögliche Nebenwirkungen dieser modernen Kombinationstherapien sind gut behandelbar.

Bei Vorliegen von Kontraindikationen ist eine Therapie mit FOLFIRI eine mögliche Behandlungsalternative [682] [683]. Für die weiterführende methodische und inhaltliche Diskussion dieser Frage wird auf den Evidenzbericht, Themenbereich palliative tumorspezifische Therapie, verwiesen.

12.8.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

0

Eine docetaxelhaltige Dreifachkombination kann unter Berücksichtigung von Alter, Allgemeinzustand und Komorbidität erwogen werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [639]

Konsens (86 %)

Hintergrund

Die Evaluierung von Docetaxel beim metastasierten Magenkarzinom erfolgte in der pivotalen V325-Studie, in der Docetaxel in Kombination mit Cisplatin/5-FU mit Cisplatin/5-FU allein als Kontrollarm verglichen wurde [680]. DCF verbesserte die Zeit bis zur Progression (primärer Endpunkt) und darüber hinaus die Ansprechrate und das Gesamtüberleben (HR 0,77; log-rank p = 0,02; 2-Jahres-Überlebensrate 18,4 vs. 8,8 %). Dies übersetzte sich in einen längeren Erhalt der Lebensqualität und des Allgemeinzustands (Karnofsky-Index) der Patienten [684].

Eine weitere randomisierte Phase-II-Studie bestätigte die verbesserten Ansprechraten von DCF im Vergleich zu einer Kombinationstherapie mit Epirubicin (ECF) [681], lieferte noch keine signifikant bessere Lebensqualität. Dabei wurde in dieser kleineren Studie eine andere methodische Herangehensweise bei der Auswertung der Lebensqualität gewählt: Roth verglich die durchschnittlichen Werte der Lebensqualität, während Ajani die Zeit bis zur Verschlechterung der Lebensqualität verglich. In der Studie von Roth betrug die mediane Zeit bis zum Erreichen einer objektiven Remission bei DCF 1,6 Monate, im Vergleich zu 3 Monaten bei ECF. Dieser Aspekt kann bei Patienten mit hohem Remissionsdruck wie z. B. im Fall einer tumorbedingten Obstruktion und in der neoadjuvanten Situation von Bedeutung sein.

Die Addition von Docetaxel zu CF verschlechterte allerdings das ohnehin ungünstige hämatologische Toxizitätsprofil des CF-Schemas [680]. Neutropenien Grad 3 und 4 traten mit DCF häufiger auf (82 % vs. 57 %). Damit stieg das Infektionsrisiko während der Neutropenie von 12 % mit CF auf 29 % mit DCF an. Die Nebenwirkungsraten waren bei älteren Patienten (> 65 Jahre) besonderes hoch. Eine primärprophylaktische Applikation von G-CSF fand in der Studie nicht statt. Es gab keine Unterschiede in der Rate toxischer Todesfälle zwischen den beiden Studienarmen [680].

Bei der Interpretation der Studie von van Cutsem sollte berücksichtigt werden, dass das mediane Alter der Patienten in beiden Therapiearmen bei 55 Jahren lag. Damit waren die in diese Studie eingeschlossenen Patienten etwa 10 Jahre jünger als in anderen Studien [540]. Die wenigen älteren Patienten litten mehr unter der Toxizität des DCF-Regimes. Die Ergebnisse dieser Studie sind deshalb nur mit Einschränkung auf die allgemeine Population von Patienten mit Magenkarzinomen in Deutschland zu übertragen (medianes Erkrankungsalter bei Männern 70 Jahre, bei Frauen 75 Jahre [1]).

12.9.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Wenn eine taxanbasierte Dreifachkombination geplant ist, soll ein modifiziertes DCF-Schema (z. B. FLOT) durchgeführt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [639]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Ziele der Entwicklung „modifizierter“ Protokolle mit der Kombination von Docetaxel, Fluoropyrimidinen und Platinderivaten waren die Verbesserung des Nebenwirkungsprofils und die Evaluation docetaxelhaltiger Regime bei älteren Patienten [639].

Aufgrund der erhöhten Nebenwirkungsrate mit dem klassischen DCF-Regime, insbesondere bei älteren Patienten, wurden alternative, besser verträgliche Therapieprotokolle wie das Gastro-Tax- und das FLOT-Regime evaluiert [678] [685].

In der FLOT-Studie wurde das vorpublizierte FLO-Schema um Docetaxel 50 mg/m² ergänzt [666]. 59 Patienten wurden mit einem medianen Alter von 60 Jahren eingeschlossen. 93 % der Patienten hatten eine metastasierte Erkrankung. Dosisreduktionen waren nicht nötig. 46,3 % der Patienten zeigten eine Neutropenie Grad 3–4, 3,7 % hatten eine febrile Neutropenie. Die Raten an Durchfall mit Grad 3–4 und Fatigue lagen bei 14,8 % und 11,1 %. Die Ansprechrate lag bei ~50 %. Das progressionsfreie bzw. das Gesamtüberleben lag bei 5,3 bzw. 11,3 Monaten.

Die Dreifachkombination FLOT wurde explizit auch bei älteren Patienten untersucht. Dabei zeigte sich bei guter Wirksamkeit jedoch eine höhere Rate an Nebenwirkungen im Vergleich zu einer Zweifachkombination [685]. Im Vergleich mit dem FLO-Regime war die Dreifachtherapie mit FLOT bei Patienten älter als 65 Jahre mit einer signifikant höheren Rate an Nebenwirkungen vom Grad 3–4 assoziiert (81,9 % vs. 38,6 %). Bei Patienten mit metastasierter Erkrankung und > 70 Jahre zeigte sich kein Vorteil in der Wirksamkeit für die Dreifachtherapie. Trotz höherer Nebenwirkungsrate zeigte sich kein negativer Einfluss auf die Lebensqualität [664]. Diese Phase-II-Studie mit 143 Patienten legt den Schluss nahe, dass eine solche Dreifachkombination bei älteren Patienten nur im Einzelfall indiziert erscheint.

In der mDCF-Studie von Shah [686] wurde erstmals ein 2-wöchentliches modifiziertes DCF-Regime (n = 54) gegenüber dem 3-wöchentlichen Standard-DCF-Regime (n = 31) evaluiert. Der Therapiearm mit DCF musste aufgrund von Toxizität (71 % Grad 3/4 innerhalb der ersten 3 Monate) vorzeitig geschlossen werden. Die Therapie mit modifiziertem DCF war weniger toxisch und aufgrund besserer Durchführbarkeit wirksamer mit einer 6-Monats-PFS-Rate von 63 % gegenüber 53 % mit DCF und einem signifikant verbesserten Überleben auf 18,8 Monate vs. 12,6 Monate mit DCF.

Zusammenfassend sprechen die vorliegenden Ergebnisse einer Metaanalyse und mehrerer Phase-II-Studien für eine reduzierte hämatologische Toxizität der FLOT-, T-PLF(TEX)- und mDCF-Schemata. Allerdings wurden keine Phase-III-Studien zum Nachweis der Nichtunterlegenheit dieser Schemata im Vergleich zum klassischen DCF durchgeführt.

In einer chinesischen Phase-III-Studie (n = 243) wurde modifiziertes DCF mit Cisplatin/5-FU als Kontrollarm verglichen [687]. Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben. Im Vergleich zu Cisplatin/5-FU waren PFS (7,2 vs. 4,9 Monate), OS (10,2 vs. 8,5 Monate) und die Gesamtansprechrate (48,7 % vs. 33,9 %) signifikant mit mDCF verbessert. Allerdings war auch der Anteil an Grad-3/4-AEs signifikant mit mDCF erhöht (77,3 % vs. 46,1 %) ([Tab. 17]).

Tab. 17

Randomisierte Studien zum Vergleich oxaliplatin- versus cisplatinhaltiger Kombinationstherapien.

Referenz

Patienten n = 

Therapieregime

Ansprechrate

Medianes Gesamtüberleben

Van Cutsem [680]

445

DCF vs. CF

36,7 % vs. 25,4 %

9,2 Monate vs. 8,2 Monate

Lorenzen [688]

60

T-PLF

47 %

17,3 Monate[1]

Al Batran [666]

59

FLOT

57,7 %

11,1 Monate

Shah [686]

85

mDCF vs. DCF

49 % vs. 33 %

18,8 Monate vs. 12,6 Monate

1 20 Patienten hatten lokal fortgeschrittene nicht metastasierte Stadien.


12.10.

Evidenzbaiserte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei der Therapieentscheidung zwischen Oxaliplatin und Cisplatin sollen aufgrund vergleichbarer Wirksamkeit und unterschiedlicher Nebenwirkungen die Begleiterkrankungen des jeweiligen Patienten berücksichtigt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [639]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Oxaliplatin, ein Platinderivat der dritten Generation, hat in der Therapie des kolorektalen Karzinoms einen festen Stellenwert. Wesentlicher Unterschied zu Cisplatin ist die geringere Nephrotoxizität, die die Hyperhydratation überflüssig macht. Allerdings wird dieser Vorteil mit einer höheren Rate an peripherer Neuropathie erkauft. Die Details sind sehr gut in der Metaanalyse [639] dargestellt. Zur weiteren Klärung werden folgende Studien besprochen:

Auf der Basis multipler Phase-II-Studien beim Magenkarzinom wurden in den letzten Jahren zwei randomisierte Phase-III-Studien [540] [542] sowie eine weitere randomisierte Phase-II-Studie [539] zum Stellenwert von Oxaliplatin beim Magenkarzinom durchgeführt: Die englische REAL-2-Studie (n = 1002) [540] hat den Stellenwert von Oxaliplatin (O) als Alternative zu Cisplatin (C) und Capecitabin (X) als Alternative zu 5-FU (F) innerhalb der Permutation des ECF-Protokolls (Epirubicin, Cisplatin, 5-FU) überprüft (2 × 2-Randomisierung; insgesamt 4 Therapiearme ECF, ECX, EOF, EOX). Diese Studie konnte die Non-Inferiorität von Oxaliplatin im Vergleich zu Cisplatin und von Capecitabin im Vergleich zu 5-FU belegen. Die Patienten im EOX-Arm hatten – im Vergleich zu den Patienten im ECF-Arm – zudem ein signifikant verlängertes Überleben (11,2 vs. 9,9 Monate; HR 0,66–0,97; p = 0,02). Die Rate an thromboembolischen Ereignissen, Anämie und Leukopenie war bei den mit Cisplatin behandelten Patienten deutlich höher als unter Therapie mit Oxaliplatin.

Eine zweite Studie (n = 220) [542] verglich die oxaliplatinhaltige Zweifachkombination FLO (5-FU, Leucovorin, Oxaliplatin) mit der cisplatinhaltigen Kombination FLP (5-FU, Leucovorin, Cisplatin). Die Ergebnisse zeigten für die Gesamtpopulation dieser Studie nichtsignifikante Trends zur Verbesserung des progressionsfreien und Gesamtüberlebens. Eine ungeplante Subgruppenanalyse zeigte, dass besonders Patienten über 65 Jahre (n = 94) von dem oxaliplatinhaltigen Protokoll FLO profitiert haben (Ansprechrate 40 % vs. 16 %, progressionsfreies Überleben 6,0 vs. 3,1 Monate, Gesamtüberleben 13,9 vs. 7,2 Monate). Eine mögliche Erklärung für dieses Ergebnis ist die hohe Rate an frühen Therapieabbrüchen bei älteren Patienten im Cisplatinarm. In der Gesamtpopulation verursachte FLO signifikant weniger Grad-1–4-Anämie, Leukopenie, Fatigue, Übelkeit, Erbrechen, Alopezie, Nierentoxizität und thromboembolische Ereignisse als FLP.

Diese Daten bestätigen die Ergebnisse einer früheren retrospektiven Analyse (n = 1080), in der Effektivität und Toxizität cisplatinhaltiger Kombinationschemotherapien bei Patienten mit Magenkarzinomen unter 70 und ≥ 70 Jahre miteinander verglichen wurden [689]. Dabei war bezüglich der Toxizitäten insgesamt kein statistisch signifikanter Unterschied zwischen den Altersgruppen festzustellen. Allerdings musste die cisplatinhaltige Chemotherapie bei Patienten ≥ 70 Jahre häufiger vorzeitig abgebrochen werden (49 vs. 37 %; p = 0,06).

Die Chochrane-Metaanalyse von 2017 bestätigt eindeutig, dass Oxaliplatin dem Cisplatin keinesfalls unterlegen ist [639]. Zusammenfassend lässt sich zum Stellenwert der oxaliplatin- im Vergleich zu cisplatinbasierten Therapieregimen feststellen, dass die Evidenz aus zwei großen, methodisch adäquaten, randomisierten Studien mit insgesamt 1222 Patienten gegen signifikante Unterschiede im Gesamt- und progressionsfreien Überleben zwischen den Therapieregimen spricht. Relevante Unterschiede bestehen im Toxizitätsprofil. Diese sind im Evidenzbericht im Detail aufgeführt. Der gegenüber der Evidenz abgeschwächte Empfehlungsgrad ergibt sich daraus, dass Oxaliplatin in der gegebenen Indikation in Deutschland nicht zugelassen ist.

Inzwischen wird Oxaliplatin auch international häufig als Kombinationspartner von Chemotherapien beim Magenkarzinom eingesetzt ([Tab. 18]).

Tab. 18

Randomisierte Studien zum Vergleich capecitabin- versus 5-FU-haltige Kombinationstherapien [639].

Referenz

Patienten n = 

Therapieregime

Ansprechrate

Medianes Überleben

Al-Batran [542]

112

FLO

34,8 %.

10,7 Monate

106

FLP

24,5 %

8,8 Monate

Al-Batran [542]

Subgruppe > 64 Jahre

46

FLO

41,3 %

13,9 Monate

48

FLP

16,7 %

7,2 Monate

Cunningham [540]

245

ECF

42,4 %

9,3 Monate

244

EOX

47,9 %

11,2 Monate

12.11.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Die Therapieentscheidung zwischen oralen und infusionalen Fluoropyrimidinen soll aufgrund vergleichbarer Wirksamkeit und unterschiedlicher Nebenwirkungen die Begleiterkrankungen und Präferenz des jeweiligen Patienten berücksichtigen.

Level of Evidence

1a

De Novo [639]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Capecitabin

Durch den Einsatz von Capecitabin statt intravenösem 5-FU kann auf die Implantation eines venösen Portsystems verzichtet werden, das mit Risiken wie der Infektion und thrombembolischen Komplikationen verbunden ist. Außerdem scheinen Patienten – bei gleicher Wirksamkeit – eine orale Chemotherapie zu bevorzugen, solange die Verträglichkeit nicht schlechter ist [690].

Die methodische Diskussion der Cunningham-Studie wurde im vorherigen Abschnitt behandelt. Zusätzlich liegt eine weitere, randomisierte Studie zum Vergleich capecitabin- versus 5-FU-haltiger Kombinationstherapien vor [539]. Der primäre Endpunkt dieser Studie, die Nichtunterlegenheit von Capecitabin plus Cisplatin gegenüber 5-FU plus Cisplatin hinsichtlich der Überlebenszeit, wurde erreicht. Interessanterweise konnte allerdings eine 2009 publizierte Metaanalyse [541], in der die Ergebnisse beider Studien für den Vergleich von Capecitabin und 5-FU zusammengefasst sind, eine signifikante Verbesserung sowohl des Gesamtüberlebens (HR 0,87; 95 %-KI: 0,77–0,98; p = 0,02) als auch der Ansprechraten (OR 1,38 95 %-KI: 1,10–1,73; p = 0,006) und einen Unterschied im gepoolten medianen Überleben von einem Monat (10,5 vs. 9,5 Monate) zugunsten der mit Capecitabin behandelten Patienten nachweisen.

Eine statistisch signifikante Heterogenität zwischen den Studien konnte ausgeschlossen werden. Bezüglich der Toxizität sind beide Regime vergleichbar. Allerdings soll darauf hingewiesen werden, dass eine ausreichende Compliance der Patienten eine Voraussetzung für die erfolgreiche orale Therapie mit Capecitabin ist. Die Lebensqualität wurde nur in der Studie von Cunningham et al. untersucht und zeigte keine signifikanten Unterschiede zwischen den mit 5-FU und den mit Capecitabin behandelten Patienten. Zusammenfassend spricht die Evidenz aus insgesamt 2 methodisch adäquaten Phase-III-Studien für die Nichtunterlegenheit von Capecitabin im Vergleich zu 5-FU.

S1

Das Fluoropyrimidin der vierten Generation S-1 enthält Tegafur, Gimeracil und Oteracil Kalium in einem molaren Verhältnis von 1,0:0,4:1,0. S1 wurde in Kombination mit Cisplatin untersucht. Ajani et al. [691] behandelten in einer randomisierten Phase-III-Studie 527 Patienten mit 75 mg/m² Cisplatin an Tag 1 und S-1 50 mg/m² an Tag 1–21 (CS-Arm) und 526 Patienten mit 100 mg/m² Cisplatin an Tag 1 und mit Fluorouracil 1000 mg/m²/24 h über 120 h (CF-Arm); wiederholt wurden die Protokolle alle vier Wochen. Das mediane Überleben war mit CS bei 8,6 Monaten und mit CF bei 7,9 Monaten nicht signifikant verschieden.

In einer Post-hoc-Analyse derselben Studie wurden das Überleben hinsichtlich Nichtunterlegenheit und die Sicherheitsparameter evaluiert [692]. Es konnte eine Nichtunterlegenheit des S-1 nachgewiesen werden.

Statistisch signifikante Vorteile traten im CS-Arm bei der Grad-3/4-Neutropenie (CS 18,6 %; CF 40,0 %) zutage, ebenso bei der febrilen Neutropenie (CS 1,7 %; CF 6,9 %), bei der Grad-3/4-Stomatitis (CS 1,3 %; CF 13,6 %), bei der Diarrhoe (alle Schweregrade: CS 29,2 %; CF 38,4 %) und bei renalen adversen Events (alle Grade: CS 18,8 %; CF 33,5 %), allerdings bei einer höheren Cisplatindosis im CF-Arm. Ein Hand-Fuß-Syndrom wurde nur gelegentlich berichtet und hatte in beiden Armen meist Grad 1 und 2. Die Rate der therapiebezogenen Todesfälle war im CS-Arm signifikant geringer als im CF-Arm (2,5 % bzw. 4,9 %; p < 0,047). Insgesamt war die Toxizität im CS-Arm geringer als im CF-Arm. Lediglich eine Hyperbilirubinämie wurde bei CS häufiger als bei CF dokumentiert (CS 9,2 %; CF 4,9; p = 0,008).

Bezüglich der Effektivität konnte die Cochrane-Metaanalyse keinen Unterschied zwischen 5-FU und Capecitabin beweisen. Auch S-1 erschien keinesfalls schlechter als 5-FU [639] ([Tab. 19]).

Tab. 19

Randomisierte Studien zum Vergleich capecitabin- versus 5-FU-haltige Kombinationstherapien

Studie

Patienten n = 

Therapieregime

Ansprechrate

Medianes Überleben

Cunningham [540]

480

Capecitabinhaltig

ECX oder EOX

44,6 %

10,9 Monate

Cunningham [540]

484

5-FU-haltig

ECF oder EOF

39,4 %

9,6 Monate

Kang [539]

160

XP Capecitabin/Cisplatin

41 %

10,5 Monate

Kang [539]

156

FP

5-FU/Cisplatin

29 %

9,5 Monate

Ajani [691]

527

SP

S-1/Cisplatin

29,1 %

8,6 Monate

Ajani [691]

526

FP

5-FU/Cisplatin

31,9 %

7,9 Monate


#

12.3. Vorgehen bei metastasierten Karzinomen mit HER-2- Überexpression/-Amplifikation

12.12.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Bei HER-2-überexprimierenden Tumoren soll eine cisplatin-/fluoropyrimidinbasierte Erstlinienchemotherapie um Trastuzumab ergänzt werden.

Level of Evidence

1b

De Novo (alt): [576] [693]

Konsens (92 %) – 8 Enthaltungen wegen Interessenkonflikten

12.13.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

B

Die Antikörper Cetuximab, Panitumumab und Bevacizumab sollten gegenwärtig außerhalb klinischer Studien nicht eingesetzt werden.

Level of Evidence

1a

De Novo [694]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Zahlreiche Studien haben verschiedene Antikörper beim Magenkarzinom untersucht [695]. Die Ergebnisse einer randomisierten Phase-III-Studie zeigen, dass die Addition des HER-2-Antikörpers Trastuzumab zur Standardchemotherapie bei Patienten mit positivem HER-2-Status eine signifikante und klinisch relevante Verbesserung der medianen Überlebenszeit von 11,1 auf 13,8 Monate bewirkt [673].

Im Vorfeld dieser Studie war der HER-2-Status bei 3807 Patienten aus Europa, Lateinamerika und Asien bestimmt worden. Der Anteil der HER-2-positiven Magenkarzinome – definiert als eine HER-2-Genamplifikation, nachgewiesen mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH+) oder immunhistochemisch dreifach positiver HER-2-Expression (IHC3 +) – lag bei 22 % [693]. In der Subgruppe der Patienten, deren Tumoren IHC3 + oder IHC2+/FISH+ waren, war der Einsatz des HER-2-Inhibitors Trastuzumab besonders wirksam. Das mediane Überleben mit Trastuzumab betrug in dieser Subgruppe 16 Monate (versus 11,8 Monate in der Gruppe ohne Trastuzumab). In den Subgruppen IHC0/FISH+ und IHC1 +/FISH+ konnte hingegen für Trastuzumab kein Vorteil in Bezug auf die Überlebenszeit beobachtet werden.

Diese Korrelation zwischen dem HER-2-Status und der Wirksamkeit von Trastuzumab zeigt eine starke Analogie zum Mammakarzinom. Die Ergebnisse der ToGA-Studie führen dazu, dass die medikamentöse Therapie des metastasierten Magenkarzinoms und Adenokarzinoms des ösophagogastralen Übergangs erstmals aufgrund eines prädiktiven molekularbiologischen Faktors definiert wird [576] [693]. Für eine Indikation zur Therapie mit Trastuzumab wird (gemäß den Richtlinien der EMA) die HER2-Positivität als IHC3 + oder IHC2 +/FISH+ definiert [673]. Aufgrund der intratumoralen Heterogenität wird es als sinnvoll erachtet, eine an einer Biopsie durchgeführte negative HER-2-Bestimmung bei Vorliegen eines Magenresektats gegebenenfalls zu wiederholen [676].

Die FISH kann durch andere In-situ-Hybridisierungsverfahren ersetzt werden. Aufgrund der intratumoralen Heterogenität wird es als sinnvoll erachtet, eine an einer Biopsie durchgeführte negative HER-2-Bestimmung bei Vorliegen eines Magenresektats gegebenenfalls zu wiederholen [676].

Aufgrund des deutlichen Effektivitätszugewinns durch Hinzunahme von Trastumzumab bei HER-2-positiven Tumoren hielten die Autoren der ersten Leitlinie von 2011 es für sinnvoll, Trastuzumab auch in Kombination mit einer anderen Chemotherapie außer Cisplatin anzubieten. Dabei handelt es sich allerdings um einen Off-Label-Use! [696]


#

12.4. Zweitlinientherapie

12.14.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

A

Patienten in gutem Allgemeinzustand soll eine Zweitlinienchemotherapie angeboten werden. Das zu wählende Behandlungsschema soll sich nach der jeweiligen Vortherapie richten.

Level of Evidence

1a

De Novo [660] [661] [695] [697] [698] [699] [700] [701]

Starker Konsens (100 %)

12.15.

Evidenzbasierte Empfehlung

Neu 2019

Empfehlungsgrad

B

Eine Zweitlinientherapie sollte Irinotecan*, Docetaxel*, Paclitaxel*, Ramucirumab oder Paclitaxel mit Ramucirumab umfassen, wobei der Zulassungsstatus zu berücksichtigen ist.

* = Off-Label-Use

Level of Evidence

1a

De Novo [660] [661] [695] [697] [698] [699] [700] [701]

Starker Konsens (100 %) – 7 Enthaltungen wegen Interessenkonflikten

Hintergrund

Wesentlich vor Einleitung einer palliativen Zweittherapie ist die Abwägung, ob bei Patientenwunsch, gutem Allgemeinzustand und gesicherter Versorgungssituation erneut eine antitumorale Therapie sinnvoll ist und ob unterstützend oder alternativ eine palliativmedizinische Betreuung/Mitbetreuung unter Einbeziehen der Angehörigen und spezialisierten Palliativversorgung (ambulant SAPV-Teams, stationär Palliativstationen oder Palliativmedizinische Dienste oder Hospize) einzuleiten ist (siehe dazu auch die S3-Leitlinie zur Palliativmedizin). Zulassungsstatus für die Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms: Irinotecan nicht zugelassen, Docetaxel nicht zugelassen, Paclitaxel nicht zugelassen, Ramucirumab-Monotherapie[2] zugelassen, Paclitaxel in Kombination mit Ramucirumab[3] zugelassen.

Der gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen hat Ramucirumab in Kombination mit Paclitaxel einen geringen Zusatznutzen im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie und einer Ramucirumab-Monotherapie keinen Zusatznutzen bescheinigt.

Viele Onkologen können die Beschlüsse des G-BA aus klinischer Sicht nicht ganz nachvollziehen, da Hauptkritikpunkt der fehlende Vergleich mit einer zugelassenen adäquaten Vergleichstherapie war. Damit befindet sich der klinisch tätige Onkologe in einem Dilemma, denn als zugelassene Vergleichstherapie für die Zweitlinie gibt es nur alte Medikamente wie Mitomycin C und 5-FU. Aufgrund der vorliegenden, im Folgenden beschriebenen Datenlage wird von der Leitliniengruppe die Effektivität der Medikamente Irinotecan, Docetaxel, Paclitaxel oder Ramucirumab als Monotherapie oder Ramucirumab in Kombination mit Paclitaxel höher eingeschätzt als die der zugelassenen alten Medikamente.

Bei fast allen Patienten, die wegen eines lokal fortgeschrittenen oder metastasierten Magenkarzinoms mit einer palliativen Chemotherapie behandelt werden, tritt im Verlauf der Behandlung eine Tumorprogression auf. In dieser Situation stellt sich die Frage nach dem Stellenwert der Zweitlinientherapie. Der Nutzen einer Zweitlinienchemotherapie bezüglich einer Verlängerung des Überlebens im Vergleich zu Best Supportive Care wurde in einer randomisierten Phase-III-Studie der Arbeitsgemeinschaft Internistische Onkologie (AIO) erstmals untersucht [660]. Obwohl diese Studie nach 40 eingebrachten Patienten aufgrund schlechter Rekrutierung vorzeitig beendet werden musste, zeigt sich ein signifikanter Überlebensunterschied zwischen einer Zweitlinienchemotherapie mit Irinotecan im Vergleich zur alleinigen supportiven Behandlung (Best Supportive Care; Überlebensverlängerung von median 2,4 auf 4,0 Monate; HR 0,48 (95 %-KI: 0,25–0,92)) [660].

Der positive Effekt einer Chemotherapie auf die Überlebenszeit und die Lebensqualität konnte durch zwei größere randomisierte Phase-III-Studien bestätigt werden [695] [697]. Kang et al. [695] schlossen 202 Patienten in eine Studie ein, bei der Patienten zwischen Irinotecan oder Docetaxel (je nach Wahl des Arztes) und bester supportiver Therapie randomisiert wurden. Es zeigte sich eine signifikante Verbesserung des Überlebens (HR 0,66) von im Median 3,8 auf 5,3 Monate (p = 0,007). Ford et al. [697] randomisierten 168 Patienten zwischen Docetaxel und bester supportiver Therapie. Auch in dieser Studie zeigte sich ein signifikanter Überlebenszugewinn von im Median 3,6 auf 5,2 Monate (p = 0,001; HR 0,67). Diese drei Studien wurden in einer Metaanalyse basierend auf individuellen Patientendaten zusammengefasst, die ebenfalls den signifikanten Überlebenszugewinn bestätigte [661]. Die Wirksamkeit von Irinotecan ist als ähnlich der von Paclitaxel einzuschätzen, was eine randomisierte Vergleichsstudie ergab [698].

Der Anti-VEGF-Rezeptor-Antikörper Ramucirumab führt sowohl in der Monotherapie (vs. bester supportiver Therapie) als auch in Kombination mit einer Chemotherapie (Ramucirumab + Paclitaxel versus Paclitaxel allein) zu einer weiteren Verbesserung des Überlebens in der Zweitlinientherapie und steht als Monotherapie oder in Kombination mit Paclitaxel als Therapieoption zur Verfügung. In der Regard-Studie [699] wurden 355 vorbehandelte Patienten 2:1 zwischen Ramucirumab-Monotherapie und Placebo randomisiert. Das mediane Überleben betrug 5,2 Monate in der Ramucirumab-Gruppe und 3,8 Monate im Placeboarm (HR 0,776; p = 0,047). In der Rainbow-Studie [700] wurden 665 Patienten in einer Zweitlinientherapie zwischen Paclitaxel + Ramucirumab versus Paclitaxel + Placebo 2:1 randomisiert. Das mediane Überleben konnte durch Hinzunahme von Ramucirumab auf 9,6 versus 7,4 Monate verbessert werden (p = 0,017; HR 0,807).

Eine randomisierte Phase-III-Studie konnte die Wirksamkeit des PD-1-Antikörpers Nivolumab als Monotherapie bei 493 ausgiebig vorbehandelten asiatischen Patienten (mindestens zwei Vortherapien) mit einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberlebens zeigen [701] [702]. Die 12-Monats-Überlebensraten betrugen 10,9 % (Placebo) bzw. 26,2 %. Bislang geht man davon aus, dass sich die Wirksamkeit von PD-1-Hemmern nicht zwischen Asiaten und Kaukasiern unterscheidet. Nivolumab ist bislang nicht für das Magenkarzinom zugelassen.

In Phase-III-Studien etablierte Therapieregime für die Zweitlinientherapie sind eine Monotherapie mit Irinotecan 250 mg/m² alle 3 Wochen, steigerbar auf 350 mg/m² alle 3 Wochen, bzw. 150–180 mg/m² alle 14 Tage, Docetaxel 75 mg/m² alle 3 Wochen oder Paclitaxel 80 mg/m² wöchentlich bzw. Paclitaxel 80 mg/m² wöchentlich + Ramucirumab 8 mg/kg alle 14 Tage oder eine Monotherapie mit Ramucirumab. Die höchsten Ansprechraten wurden mit Paclitaxel/Ramucirumab bei nicht mit Taxanen vorbehandelten Patienten beschrieben, sodass dieses Regime bei hohem Remissionsdruck oder bei nicht mit Taxanen vorbehandelten Patienten oft bevorzugt wird ([Tab. 20]).

Tab. 20

Randomisierte Phase-III-Studien zur Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms.

Autor

Patienten n = 

Vergleichsarme

Medianes Überleben

Hazard Ratio

Thuss-Patience [660]

 40

Irinotecan vs. BSC

4,0 Monate

2,4 Monate p = 0,012

0,48

Kang [695]

202

Irinotecan/Docetaxel vs. BSC

5,3 Monate

3,8 Monate p = 0,007

0,657

Ford [697]

168

Docetaxel vs. BSC

5,2 Monate

3,6 Monate p = 0,001

0,67

Hironaka [698]

223

Paclitaxel vs. Irinotecan

9,5 Monate

8,4 Monate p = 0,38

Fuchs [699]

355

Ramucirumab vs. Placebo (2:1)

5,2 Monate

3,8 Monate p = 0,047

0,776

Wilke [700]

665

Paclitaxel b+ Ramucirumab vs. Paclitaxel + Placebo (2:1)

9,6 Monate

7,4 Monate p = 0,017

0,807


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#

13. Weitere palliative Situationen und deren Therapie

13.1. Palliative Therapieoptionen

13.1.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Die Wahl des palliativen Therapieverfahrens einer symptomatischen Tumorstenose des Magens hängt von der Tumorlokalisation, -ausdehnung und Schwere der Symptomatik und der Vortherapie ab.

Konsens (90 %)

13.2.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

0

Im Magen kommen optional in erster Linie eine Stentimplantation oder Anlage einer Gastroenterostomie, ferner eine jejunale Ernährungsfistel oder eine palliative Bestrahlung in Betracht. Eine palliative Magen(teil)resektion sollte nur in Ausnahmefällen durchgeführt werden, da es keine hinreichende Evidenz für einen Vorteil dieser Operation gibt.

Level of Evidence

1a

De Novo [703] [704] [705] [706] [707] [708] [709] [710] [711]

Starker Konsens (96 %)

13.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei symptomatischen Tumorstenosen im Bereich des ösophagogastralen Übergangs sollen in Abhängigkeit von der Prognose selbstexpandierende Metallstents (SEMS), eine hochdosierte intraluminale Brachytherapie oder eine perkutane Radiotherapie angeboten werden.

Konsens (94 %)

Hintergrund

Vor Einleitung weiterer palliativer Therapieoptionen steht die sorgfältige Evaluation im Arzt-Patienten-Gespräch, ob die folgenden Maßnahmen entsprechend dem Patientenwunsch sind, ob ggfs. erneut eine antitumorale Therapie sinnvoll ist und ob unterstützend oder alternativ eine palliativmedizinische Betreuung/Mitbetreuung unter Einbeziehen der Angehörigen und spezialisierte Palliativversorgung (ambulant SAPV-Teams, stationär Palliativstationen oder Palliativmedizinische Dienste oder Hospize) einzuleiten ist (siehe dazu auch die S3-Leitlinie zur Palliativmedizin).

Symptomatische Stenosen des Magens kommen in den meisten Lokalisationen erst bei lokal weit fortgeschrittener Erkrankung und daher oft bei Patienten mit reduziertem Allgemeinzustand vor. Eine rasche Linderung ist daher vorrangiges Behandlungsziel und kann durch interventionelle Maßnahmen am schnellsten erzielt werden. Während endoskopische Verfahren und Gastroenterostomie hinsichtlich ihrer Effektivität gut dokumentiert sind, sind nur wenige Angaben zur Wirksamkeit der Radiotherapie in dieser Indikation zu finden.

Im direkten Vergleich von palliativer Resektion und Gastroenterostomie zeigte sich in einer insgesamt 285 Patienten umfassenden Studie [704] zwar eine signifikant, um 3 Monate längere mittlere Überlebenszeit der resezierten Patienten bei jedoch höherer Morbidität und längerem Krankenhausaufenthalt. Zudem ging die Lebensqualität nicht mit in die Analyse ein.

In einer systematischen Übersichtsarbeit [705] und einer Metaanalyse [706] zeigten sich für Stent und Gastrostomie keine wesentlichen Unterschiede bei den Raten größerer Komplikationen und Mortalität. Die Erfolgsraten wurden nicht einheitlich angegeben. In der Metaanalyse wurden bessere Erfolgsraten für das Stentverfahren beschrieben, in der systematischen Übersichtsarbeit die Ergebnisse als gleichwertig beurteilt. Geringere Morbidität und raschere Nahrungsaufnahme sprechen für das Stentverfahren. Der Effekt der operativen Therapie war jedoch hinsichtlich der Dauer der Symptomfreiheit überlegen [703].

Die Mehrzahl der Patienten mit Karzinomen im Bereich des ösophagogastralen Übergangs haben zum Zeitpunkt der Diagnose bereits fortgeschrittene Tumoren und somit symptomatische Tumorstenosen. Bei vielen Patienten kann diese Symptomatik sehr rasch durch eine effektive Chemotherapie verbessert werden. Andere Patienten brauchen aufgrund der Dysphagie lokale palliative Maßnahmen. Der Einsatz selbstexpandierender Metallstents (SEMS) zur schnellen Linderung der Dysphagie hat sich in den letzten Jahren als Standardtherapie etabliert [707]. Die meisten Studien zu diesem Thema haben die Verbesserung der Dysphagie als primären Endpunkt. Ein Cochrane Library Review bewertet die verschiedenen Modalitäten hinsichtlich ihrer Effektivität [708]. Die Arbeit stellt ein Update einer bereits 2009 publizierten Version dar. In diese Studie konnten 3684 Patienten aus 53 Studien inkludiert werden. Die SEMS-Insertion ist das schnellste und sicherste Verfahren. Thermale oder chemische Verfahren liefern vergleichbare Effekte bei der Dysphagie-Palliation, haben aber eine höhere Re-Interventions- und Nebenwirkungsrate. Anti-Reflux-Stents zeigen hinsichtlich der Verbesserung der Dysphagie ähnliche Ergebnisse wie konventionelle SEMS. Allerdings reduzieren diese den gastroösophagealen Reflux und sich daraus ergebende Komplikationen. Neue doppellagige Nitinolstents haben im Vergleich zu einfachen Nitinolstents eine geringere Komplikationsrate sowie längere Überlebenszeiten.

Die intraluminale Brachytherapie stellt eine geeignete Alternative dar und scheint einen Überlebensvorteil mit besserer Lebensqualität zu liefern. Signifikante Unterschiede zwischen einzelnen Brachytherapie-Regimen scheinen nicht zu bestehen [709] [710]. Die Ergebnisse insbesondere hinsichtlich Re-Interventionen können durch additive Kombination mit Argon-Plasma-Koagulation oder externe Radiotherapie noch verbessert werden. Die Insertion von rigiden Plastiktuben, endoskopische Dilatation allein oder in Kombination mit anderen Modalitäten sowie Chemotherapie allein können aufgrund der hohen Inzidenz von Spätkomplikationen und wiederauftretender Dysphagie nicht empfohlen werden.

Darüber hinaus bietet sich die Möglichkeit der Anlage einer jejunalen Ernährungsfistel, bei technischer Durchführbarkeit einer PEG. Eine palliative Ösophagusresektion sollte nicht durchgeführt werden.


#

13.2. Therapie der Tumorblutung in palliativer Situation

13.4.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Die Wahl des Therapieverfahrens zur Behandlung einer tumorbedingten Blutung hängt von der Blutungslokalisation und -stärke ab.

Starker Konsens (100 %)

13.5.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei endoskopisch nicht stillbaren, bedrohlichen Tumorblutungen in der palliativen Situation sollte eine angiografische Embolisation angeboten werden. Führen beide Verfahren nicht zur Blutstillung, kann eine palliative Resektion erwogen werden.

Bei chronischer Sickerblutung sollte eine palliative Radiotherapie angeboten werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Ist bei Tumorblutungen im Magen endoskopisch keine Blutstillung möglich, so sollt eine palliative Radiotherapie, ggf. angiografische Embolisation oder als ultima Ratio eine palliative Resektion erwogen werden. Prospektive Studien bezüglich nicht endoskopischer lokaler palliativer Verfahren existieren nicht. Retrospektive Fallserien finden sich vor allem für die Radiotherapie. In diesen Arbeiten werden Ansprechraten der palliativen Bestrahlung von 50–70 % angegeben [294] [711] [712] [713] [714]. Dabei handelte e sich zumeist um kleinere Patientenkollektive. Den Arbeiten war oftmals nicht zu entnehmen, ob die Indikationen zu alternativen Therapieverfahren wegen ungenügendem Ansprechen bzw. ausbleibendem Erfolg der endoskopischen Verfahren gestellt wurden. In einer monozentrischen Analyse von Kondoh et al. [715] erhielten in einem 5-Jahreszeitraum 17/353 Patienten mit fortgeschrittenem Magenkarzinom eine Bestrahlung mit 10 × 3 Gy wegen Blutungen. In 73 % trat eine Blutstillung ein, erste Effekte schon nach der zweiten Bestrahlung.

In dem systematischen Review von Tey et al. [716] wurden die Daten aus Publikationen aktuelleren Datums zusammengefasst. Die Ansprechrate bezüglic Blutstillung betrug 74 % in einer Gesamtpopulation von 254 Patienten. Ansprechrate für Schmerz und Obstruktion lagen bei 67 und 68 %. Eine klare Dosisabhängigkeit fand sich nicht bezüglich eines Cutoffs bei 39 Gy BED, so dass z. B. eine Behandlung mit 10 × 3 Gy gut abgesichert scheint. Die Nebenwirkungen bei gleichzeitiger Chemotherapi waren erhöht.


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13.3. Therapie bei limitierter Metastasierung

13.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine Resektion von Primärtumor und Metastasen sollte außerhalb von Studien nicht erfolgen.

Starker Konsens (100 %)

13.7.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Im Einzelfall können erst intraoperativ entdeckte limitierte Metastasen, wenn R0-resektabel, reseziert werden.

Konsens (94 %)

13.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Patienten mit synchron limitierten Metastasen sollte die Überweisung in eine Klinik mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Konsens (92 %)

Hintergrund

Chirurgie beim limitiert metastasierten Magenkarzinom wird immer noch sehr kontrovers diskutiert. Derzeit liegen drei randomisierte Studien und eine prospektive Studie sowie mehrere Metaanalysen vor, die allerdings keine randomisierten Studien enthalten [503] [505] [506] [717] [718] [719]. Problematisch sind geringe Fallzahlen, sehr heterogene Patientenkollektive, zum Teil ohne exakte Definition der Metastasierungsmuster, Vermischung von syn- und metachron aufgetretener Metastasierung und unterschiedliche Therapiekonzepte (siehe Tab. 19 des Leitlinienreports). Eine eindeutige Empfehlung lässt sich aus den verfügbaren Daten nicht ableiten, und Patienten mit limitierter Metastasierung sollten daher in laufende Studien eingebracht werden. Derzeit läuft in Deutschland die RENAISSANCE/FLOT5-Studie, die eine palliative Chemotherapie mit einer Chemotherapie gefolgt von einer Resektion bei limitiert metastasierten Patienten vergleicht [506].

Die aus Deutschland vorliegende Studie von Al-Batran et al. [685], in der Patienten prospektiv in Gruppen unterschiedlichen Ausmaßes von Metastasierung eingeteilt wurden, zeigte, dass die Gruppe mit nur limitierter Metastasierung, die eine Chemotherapie und Operation erhielt, länger lebte als die ausgedehnt metastasierte Patientengruppe, bei der eine Operation nicht erwogen werden konnte. Dieses Ergebnis war Grund für die in der Renaissance–Studie zu überprüfende Hypothese, dass eine selektierte Subgruppe mit limitierter metastasierter Erkrankung nach Chemotherapie von einer Resektion des Primärtumors und der Metastasen profitiert.

Aus den derzeit vorliegenden pro- und retrospektiven Studien lassen sich Voraussetzungen definieren, unter denen Patienten mit synchron limitiert metastasiertem Magenkarzinom von einer Resektion des Primärtumors und der Metastasen zu profitieren scheinen. Begünstigende Faktoren sind insbesondere die R0-Resektion, guter Allgemeinzustand, singuläre Metastasen, fehlende Peritonealkarzinose bzw. keine weiteren Tumormanifestationen und das Ansprechen auf eine systemische Chemotherapie. Auch die Resektion solitärer metachroner Lebermetastasen [720] sowie solitärer metachroner Ovarialmetastasen (Krukenberg-Tumoren) scheint für bestimmte Patienten und Patientinnen unter ähnlichen Voraussetzungen erwägenswert. Relevante Voraussetzung für die Entscheidung zur Resektion sollte die Möglichkeit der R0-Resektion von Primärtumor und Metastasen in der synchronen Situation bzw. der Metastasen in der metachronen Situation ebenso wie eine vorausgegangene Chemotherapie sein. Der Vorteil einer Kombinationsbehandlung von Chirurgie und Chemotherapie im Vergleich zu alleiniger Chirurgie wird durch eine Metaanalyse belegt [505].

Die Beurteilung der R0-Resektabilität und der onkologischen Sinnhaftigkeit der Resektion eines synchron metastasierten Magenkarzinoms sollte an einer Klinik erfolgen mit Erfahrung sowohl in der Magenkarzinomchirurgie als auch in Metastasenchirurgie mit interdisziplinärer Entscheidungsfindung und Möglichkeit zum Studieneinschluss. Analog der aktuellen S3-Leitlinie beim Ösophaguskarzinom kann eine erst intraoperativ entdeckte limitierte Metastasierung, wenn R0-resektabel, auch beim Magenkarzinom mit reseziert werden [2] [(Abb. 2]).

Zoom Image
Abb. 2 Definition des limitierten metastatischen Status gemäß der Flot3-Studie mit Modifikation [508].

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13.4. Chemotherapierefraktärer maligner Aszites

13.9.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die Therapie des symptomatischen, chemotherapie-refraktären Aszites soll mittels Parazentese erfolgen.

Starker Konsens (97 %)

13.10.

Evidenzbasierte Empfehlung

Neu 2019

Empfehlungsgrad

A

HIPEC soll beim Chemotherapie-refraktären Aszites – aufgrund der relevanten Morbidität und Letalität – bei fraglichem Nutzen in der Palliativsituation nicht durchgeführt werden.

Level of Evidence

1a

DeNovo [721]

Konsens (88 %)

Hintergrund

Die Peritonealkarzinose mit regelmäßig punktionswürdigem Aszites entwickelt sich bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung und kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen [721]. Im Gegensatz zum Ovarialkarzinom gibt es für Chemotherapie-refraktäre Magenkarzinome mit Peritonealkarzinose und regelmäßig punktionswürdigem Aszites keine evidenzbasierte Standardtherapie, auch wenn eine intraperitoneale Chemotherapie (z. B. mit Cisplatin) in Einzelfällen eine Tumorstabilisierung und eine Besserung der Lebensqualität erreichen konnte [722] Eine Therapieempfehlung für Chemotherapie-refraktäre Magenkarzinome mit Peritonealkarzinose und regelmäßig punktionswürdigem Aszites mittels HIPEC ist obsolet. Für die Palliativsituation liegen keine Studienergebnisse vor.


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13.5. Limitierte Peritonealkarzinose

13.11.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Bei limitierter Peritonealkarzinose soll eine zytoreduktive Chirurgie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie nicht außerhalb von Studien durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Im individuellen Fall können Patienten von einer interdisziplinär abgestimmten, multimodalen Therapie profitieren, wenn es sich um folgende Voraussetzungen handelt: synchrone peritoneale Metastasen, isolierter peritonealer Befall mit einem Peritoneal Cancer Index < 6, nach neoadjuvanter Chemotherapie und Laparoskopie sowie hoher Wahrscheinlichkeit einer kompletten makroskopischen Zyotreduktion.

Dazu liegen zahlreiche Kohortenstudien vor:

Bei einer gut ausgewählten Patientengruppe von Patienten mit peritonealen Metastasen konnte eine französische Studie eine Langzeitremissionsrate von 11 % nach Resektion und hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie (HIPEC) nachweisen. In der multivariaten Analyse zeigten sich ein PCI < 7 (p = 0,12), eine synchrone Metastasierung (p = 0,02) und das Erreichen der kompletten Zytoreduktion als unabhängige Prognosefaktoren (p = 0,09) [723].

Eine prospektive randomisierte Studie aus China randomisierte 68 Patienten mit Peritonealkarzinose zwischen zytoreduktiver Chirurgie und zytoreduktiver Chirurgie + HIPEC und zeigte eine mediane Überlebenszeit von 11 Monaten nach Therapie gegenüber 6 im Kontrollarm. Eine an den 68 Patienten durchgeführte multivariate Analyse legte die Vermutung nahe, dass > 6 Zyklen systemische Chemotherapie, synchrone Metastasierung, die komplette Zytoreduktion und das Fehlen von postoperativen Komplikationen für einen günstigeren Verlauf sprechen [718].

Der GYMSSA-Trial des National Cancer Institute, USA, verglich die multimodale Therapie mit der systemischen Chemotherapie mit FOLFOXIRI im Rahmen einer kleinen (n = 16) prospektiven randomisierten Studie. Das mediane Überleben lag bei 11 Monaten vs. 4 im Kontrollarm. Langzeitüberlebende hatten eine komplette Zytoreduktion bei niedrigem PCI [717]. Die geringe Patientenzahl von 16 Patienten insgesamt lässt allerdings keinen aussagekräftigen Vergleich der beiden Gruppen zu.

Eine Gruppe aus Japan untersuchte unizentrisch die bidirektionale systemische und intraperitoneale Chemotherapie mit Docetaxel und Cisplatin, gefolgt von S-1 (Tegafur/Gimeracil/Oteracil); die Responder wurden reseziert und mit einer HIPEC behandelt. Das mediane Überleben lag bei 15,8 Monaten. Die multivariate Analyse zeigte folgende unabhängige Prognosefaktoren: PCI ≤ 6, p = 0,001, gutes histologisches Ansprechen (p = 0,001) und die komplette Zytoreduktion (p = 0,001) [724]. Die Gruppe folgerte aus der Studie, dass eine bidirektionale Chemotherapie, chirurgische Zytoreduktion und HIPEC sicher durchführbar sind.

Eine deutsche retrospektive Matched-Pairs-Analyse an insgesamt 38 Patienten mit Zytoreduktion und HIPEC deutete auf eine bessere Prognose der Patienten mit isolierten peritonealen Metastasen nach multimodaler Therapie inkl. HIPEC gegenüber der alleinigen systemischen Chemotherapie hin. Das mediane Überlegen lag bei 17 Monaten, die untersuchten Gruppen waren allerdings klein (n = 38) [725].

Eine Metaanalyse von prospektiven randomisierten Studien (allerdings fast ausschließlich asiatische Studien an asiatischen Patienten, die meisten mit weniger als 80 Patienten) von 1985 bis 2016 zeigte Überlebensvorteile für Patienten mit isolierten peritonealen Metastasen nach Resektion und HIPEC. Patienten mit einer positiven peritonealen Zytologie oder gar solche mit Lymphknotenmetastasen scheinen von der Therapie zu profitieren [726].

Zusammenfassend gibt die Datenlage viele Hinweise auf eine mögliche Prognoseverbesserung mittels Peritonektomie und HIPEC bei limitierter Peritonealkarzinose. Die Datenlage erscheint allerdings nicht ausreichend, um eine Peritonektomie und HIPEC schon jetzt – außerhalb von Studien – zu empfehlen.

Derzeit laufen diesbezüglich zwei prospektive randomisierte Studien, eine davon in Deutschland: Die GASTRIPEC-Studie (NCT02 158 988) untersucht den Effekt der HIPEC, alle Patienten erhalten eine systemische Chemotherapie, die HIPEC besteht aus Mitomycin und Cisplatin. Erste Ergebnisse werden 2020 erwartet. Die zweite Studie untersucht in Frankreich die Rolle der adjuvanten HIPEC nach Resektion eines Magenkarzinoms. Erste Ergebnisse sind 2023 zu erwarten.

13.12.

Konsensbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Patienten mit limitierter Peritonealkarzinose sollte die Überweisung an eine Klinik mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Starker Konsens (100 %)

13.13.

Konsenbasierte Empfehlung

Neu 2019

EK

Eine PIPAC zur Therapie soll nicht außerhalb von Studien durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

PIPAC (pressurized intraperitoneal aerosol chemotherapy) ist eine Applikationsweise intraperitonealer Chemotherapie, die bislang am besten ihre Machbarkeit bei Frauen mit Ovarialkarzinomen gezeigt hat [727]. 24 konsekutive Patienten mit Peritonealkarzinose bei Magenkarzinom erhielten 60 PIPAC-Applikationen und wurde retrospektiv beschrieben [728]. Größere Daten zur Therapie beim Magenkarzinom, die Rückschlüsse auf den Nutzen der PIPAC bei Peritonealkarzinose des Magenkarzinom bieten könnten, gibt es nicht, so dass eine PIPAC-Therapie außerhalb von Studien nich durchgeführt werden soll.

13.14.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Bei Patienten mit nachgewiesener Mikrosatelliten-Instabilität kann nach Ausschöpfung zugelassener Therapien eine Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren erwogen werden.

Starker Konsens (100 %), 7 Enthaltungen wegen Interessenkonflikten (siehe Leitlinienreport)

13.15.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Der Stellenwert einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inihibitoren ist bei unselektierten Patienten unklar.

Konsens (93 %), 4 Enthaltungen wegen Interessenkonflikten (siehe Leitlinienreport)

Hintergrund

In der Therapie des Magenkarzinoms befinden sich derzeit zahlreiche Immuncheckpoint-Inhibitoren, so z. B. Antikörper gegen PD-1 (Pembrolizumab und Nivolumab), gegen PD-L1 Avelumab, Atezolizumab und Durvalumab, in klinischer Erprobung.

PD-1-Antikörper

Pembrolizumab

Pembrolizumab ist ein humanisierter Antikörper gegen PD-1. Eine Zulassung existiert bereits für das nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom (NSCLC) in der Erstlinientherapie für metastasierte Stadien, bei Patienten, die eine PD-L1-Expression > 50 % aufweisen, sowie für das fortgeschrittene (inoperabel/metastasiert) maligne Melanom. Zudem besteht eine nachgewiesene Wirksamkeit bei rezidivierten/refraktären Hodgkin-Lymphomen und dem fortgeschrittenen Urothelkarzinom.

In einer Phase-1b-Studie (Keynote-012) wurde die Wirksamkeit von Pembrolizumab bei Patienten mit PD-L1-positivem Adenokarzinom (AEG & Magen) untersucht [729]. Von den 39 eingeschlossenen Patienten konnte bei 8 Patienten ein Ansprechen nachgewiesen werden (ORR 22 %) mit einem medianen progressionsfreien Überleben von 1,9 Monaten (95 %-KI: 1,8–3,5 Monate) und einem medianen Gesamtüberleben von 11,4 Monaten (95 %-KI: 5,7–noch nicht erreicht).

In drei großen Phase-II-Studien (Keynote-059) wurden Patienten mit fortgeschrittenem Adenokarzinom (AEG (48 %) und Magenkarzinom) abhängig von den jeweiligen Vortherapien mit Pembrolizumab allein oder in Kombination mit Chemotherapie behandelt: In der Kohorte 1 erhielten 259 vorbehandelte Patienten (≥ 2 Vortherapien), unabhängig vom PD-L1-Status, in der Drittlinie Pembrolizumab (200 mg Q3 W). Es konnte ein Ansprechen nachgewiesen werden, wobei PD-L1-positive Tumoren (definiert als PD-L1-Expression ≥ 1 %) ein besseres Gesamtansprechen als PD-L1-negative Tumoren aufwiesen (ORR 15,5 % bzw. 6,4 %, medianes Überleben 5,8 bzw. 4,6 Monate) und für Patienten mit nachgewiesenem Ansprechen dieses Intervall deutlich länger bei PD-L1-Positivität war (mediane DOR (duration of response): alle Patienten 8,4 Monate, PD-L1 positiv 16,3 Monate). Zudem zeigte sich ein deutlicher Vorteil für eine Anwendung in früheren Therapielinien (ORR Drittlinie 16,4 % vs. Viertlinie 6,4 %) [730].

In der deutlich kleineren Kohorte 2 wurden 25 nicht vorbehandelte Patienten (20 % AEG-Tumoren) mit Pembrolizumab (200 mg Q3 W) plus Chemotherapie (Cisplatin 80 mg/m2 Q3 W + 5-FU 800 mg/m2 Q3 W oder 5-FU 1000 mg/m2 Q3 W) therapiert. Es zeigte sich eine Ansprechrate von 60 % mit einem medianen Gesamtüberüberleben von 13,8 Monaten und erneut deutlich besseren Ergebnissen bei PD-L1-positiven Tumoren (ORR PD-L1 + 69 %, PD-L1–38 %) [731]. Durch die Kombination eines Immuncheckpoint-Inhibitors mit Chemotherapie hofft man, sich die chemotherapieinduzierte Immunogenität für eine gesteigerte Wirkung der Checkpoint-Inhibitoren zunutze zu machen.

In Kohorte 3 wiesen 31 unbehandelte Patienten mit PD-L1-positiven Tumoren (39 % AEG-Tumoren) unter Monotherapie mit Pembrolizumab (200 mg Q3 W) ein Gesamtansprechen von 26 % auf bei einem medianen Gesamtüberleben von 20,7 Monaten [732].

Der Anteil an schwereren (CTC-Grad III/IV) immunvermittelten Nebenwirkungen war über alle Kohorten hinweg sehr gering (ca. 5 %), ohne Zunahme bei der Kombination mit Chemotherapie (Kohorte 2). In dieser Gruppe wiesen die Patienten jedoch verstärkt chemotherapieassoziierte Nebenwirkungen auf (Neutropenie, Stomatitis). Das Nebenwirkungsprofil war vergleichbar mit den vorherigen Studien. Zu diesen zählten ein generalisierter Hautausschlag, Lymphozytopenie, Appetitverlust, Leberwerterhöhung, Fatigue, Hypothyreoidismus, Arthralgien, Polyneuropathie. Zusätzlich kam es sporadisch zum Auftreten des nephrotischen Syndroms und dem Versterben eines Patienten an einer Grad-IV-Pneumonitis. Der Beobachtungszeitraum betrug jedoch lediglich 6 Monate, sodass in Folgestudien mit längerem Beobachtungszeitraum möglicherweise mit einem vermehrten Auftreten von immunvermittelten Nebenwirkungen zu rechnen ist [733].

Diese Ergebnisse führten zu einer Zulassung von Pembrolizumab durch die US- amerikanische FDA im September 2017 für Patienten mit PD-L1-positiven Adenokarzinomen (AEG-Tumoren und Magenkarzinom) in der Drittlinientherapie.

Nivolumab

Nivolumab ist ebenfalls ein monoklonaler Antikörper gegen PD-1 und derzeit beim malignen Melanom, dem Nierenzellkarzinom, Urothelkarzinom, NSCLC und Kopf-Hals- Tumoren sowie beim refraktären/rezidivierten Hodgkin-Lymphom zugelassen.

In einer im asiatischen Raum durchgeführten placebokontrollierten Phase-III-Studie (ATTRACTION-2) wurde Nivolumab an 493 Patienten mit fortgeschrittenem Adenokarzinom (AEG und Magen) unabhängig vom PD-L1-Status untersucht. Die Patienten hatten mindestens 2 Vortherapien erhalten und wurden 2:1 randomisiert (Nivolumab 3 mg/kg vs. Placebo). Unter Therapie mit Nivolumab zeigte sich ein Gesamtansprechen von 11,4 % (kein Ansprechen in Placebogruppe) mit einem deutlich verbesserten Gesamtüberleben (HR 0,63; Median 5,3 Monate vs. 4,1 Monate, p < 0,0001); die 1-Jahres-Überlebensrate betrug 26,2 % vs. 10,9 %. Unter den ansprechenden Patienten lag die mediane Ansprechdauer bei 9,5 Monaten (95 %-KI: 6,14–9,82). 17 dieser Patienten wiesen zum Zeitpunkt der Datenauswertung ein anhaltendes Ansprechen auf. In der Subgruppenanalyse zeigte sich ein Trend zu einem besseren therapeutischen Nutzen der AEG-Subgruppe gegenüber der Magen-Gruppe [701].

Eine Wirksamkeit von Nivolumab konnte in einer Phase-Ib/II-Studie auch für nichtasiatische Patienten gezeigt werden: In der CheckMate-032-Studie wurde ein ähnliches Patientenkollektiv (160 Patienten, Mehrzahl ≥ 2 Vortherapien) in 3 Therapiekohorten behandelt und unabhängig vom PD-L1-Status mit Nivolumab (N3 = 53 Patienten; 3 mg/kg) oder Nivolumab + Ipilimumab (N1 + I3 = 49; 1 mg/kg und 3 mg/kg bzw. N3 + I1 = 52; 3 mg/kg und 1 mg/kg) behandelt. Die ORR war mit 24 % am besten in der N1 + I3-Gruppe (N3: 12 %; N3 + I1: 8 %). Bei PD-L1-positiven Patienten betrugen die ORRs 19 % mit N3 (3/16), 40 % mit N1 + I3 (4/10) und 23 % mit N3 +I1 (3/13). Das mediane Gesamtüberleben betrug 6,2 Monate mit N3, 6,9 Monate mit N1 + I3 und 4,8 Monate mit N3 +I1 (1-Jahres-Überlebensraten von 39/35/24 %). Die beste 1-Jahres-Überlebensrate wurde mit N1 + I3 bei PD-L1-positiven Patienten erzielt (50 %) [734]. Die Kombination mit Ipilimumab scheint die Wirksamkeit hinsichtlich der Ansprechrate zu verstärken.

PD-L1-Antikörper

Mit den Substanzen Durvalumab, Atezolizumab und Avelumab befinden sich drei für andere Tumorentitäten bereits zugelassene Antikörper auch für ösophagogastrale Tumoren in der klinischen Testung.

Atezolizumab konnte bei vorbehandelten Patienten mit fortgeschrittenem NSCLC sowie bei Patienten mit fortgeschrittenem Urothelkarzinom eine nachweisliche Wirksamkeit aufweisen. Der Antikörper Avelumab ist bereits als „Orphan Drug“ beim seltenen, metastasierten Merkelzellkarzinom zugelassen, wohingegen Durvalumab bisher lediglich in den USA als Zweitlinientherapie beim fortgeschrittenen Urothelkarzinom zugelassen ist.

Durvalumab wird derzeit allein und in Kombination mit dem CTLA-4-Antikörper Tremelimumab in einer Phase-Ib/II-Studie bei fortgeschrittenen AEG-Tumoren und Magenkarzinom unabhängig vom PD-L1-Status untersucht [735]. In einer Phase-Ib/II-Multicenterstudie für fortgeschrittene solide Neoplasien konnte ein Ansprechen für eine kleine ösophagogastrale Kohorte (n = 16, AEG und Magen) nachgewiesen werden (4 Patienten mit partieller Remission) [736].

Atezolizumab wurde in einer Phase-I-Studie für multiple solide Neoplasien (171 Patienten) untersucht und zeigte bei auffälliger Toxizität (NW v. a. Ausschlag, Kolitis und Hepatitis, Grad-III/IV-Toxizitäten 39 %) ein medianes Ansprechen von 21 % mit deutlicher Überlegenheit der PD-L1-positiven Tumoren (39 % vs. 13 % PD-L1-negative Tumoren) [737]. In der gastrointestinalen Kohorte (20 Patienten), die ein ähnliches Nebenwirkungsprofil aufwies (Grad III/IV 50 %), war bei allen Patienten mit partiellem Ansprechen nach RECIST der Primärtumor PD-L1-positiv [738].

Die Wirksamkeit von Avelumab (10 mg/kg Q2 W) wurde in verschiedenen JAVELIN- Studien bei Patienten mit Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs und des Magens getestet. In der JAVELIN-Solid-Tumor-Studie (Phase Ib, NCT01 772 004) wurde eine Kohorte mit Avelumab für fortgeschrittene/metastasierte Tumoren unabhängig vom PD-L1-Status untersucht. Patienten mit Progress unter der Erstlinientherapie und Patienten, die unter dieser stabil waren, erhielten Avelumab als Zweitlinien- (2 L) bzw. Erhaltungstherapie (E). Im Zweitlinientherapiearm (20 Patienten) betrug das progressionsfreie Überleben 11,6 Wochen mit einer Ansprechrate von 15 %. Eine Krankheitskontrolle lag in 50 % der Fälle vor (Ansprechen + SD), wobei ein Patient zum Zeitpunkt der Analyse ein anhaltendes Ansprechen aufwies.

In der Erhaltungstherapie (55 Patienten) zeigte sich lediglich ein Ansprechen von 7,3 % (4/55 Patienten), jedoch mit Nachweis einer kompletten Remission, und eine stabile Erkrankungssituation in 55 % der Fälle. Das PFS betrug 14,1 Wochen. 3 der 4 Patienten wiesen ein zum Analysezeitpunkt anhaltendes Ansprechen auf. Die Therapie wurde insgesamt gut toleriert mit Grad-III/IV-Toxizitäten in nur 12 % der Fälle bei jedoch einem hepatitisassoziierten Todesfall. Das sonstige Nebenwirkungsprofil war vergleichbar mit anderen PD-/PD-L1-Antikörpern (Erythem/Ausschlag, Fatigue, Appetitverlust etc.) [739].

Zurzeit wird Avelumab in der Erhaltungstherapie in einer großen Phase-III-Studie (JAVELIN Gastric 100) bei fehlendem Progress unter der Erstlinienchemotherapie (FOLFOX oder CAPOX) gegen eine Fortsetzung der Chemotherapie getestet [740]. Zudem ist eine weitere Phase-III-Studie (JAVELIN Gastric 300), die Avelumab in der Drittlinie mit Chemotherapie vergleicht, derzeit in der klinischen Testung [741]. Laut einer Pressemitteilung vom 27.11.2017 ist diese Studie allerdings bezüglich des primären Endpunktes Überlegenheit des Gesamtüberlebens (OS) negativ. Die Vorstellung der Ergebnisse wird erwartet.

Alle PD-L1-Antikörper wiesen insgesamt ähnliche Risikoprofile auf mit niedriger Rate an Grad-III/IV-Toxizitäten. Häufige Nebenwirkungen sind Fatigue, Hautreaktionen wie Ausschlag und Erythem, Diarrhoe und Kolitis und seltener Hepatitis, Pneumonitis und endokrinologische Reaktionen.

„Biomarker“ für Checkpoint-Inhibitoren?

PD-L1-Nachweis

Der Stellenwert der PD-L1-Positivität ist aufgrund der Ergebnisse von Pembrolizumab und Nivolumab derzeit unklar: Zwar konnte in den Studien mit Pembrolizumab insgesamt ein besseres Ansprechen bei PD-L1-positiven Patienten nachgewiesen werden (Expression in ca. 14–51 % der Fälle), hinsichtlich des progressionsfreien Überlebens (PFS) und des Gesamtüberlebens (OS) waren diese Unterschiede jedoch weniger eindeutig. Mit Nivolumab war die Positivität keine Voraussetzung.

Ein Trend zu einem besseren Ansprechen der PD-L1 exprimierenden Tumoren war in allen Studien mit PD-L1-Antikörpern nachweisbar.

Status bei nachgewiesener Mikrosatelliteninstabilität bzw. defizientem Mismatch-Repair-System („MSI-high“- bzw. „dMMR“-Status)

Im Mai 2017 hat die U.S. Food and Drug Administration Pembrolizumab zugelassen für erwachsene und pädiatrische Patienten mit irresektablen oder metastasierten Tumoren mit MSI-high-Status bzw. defizientem Mismatch-Repair-System, wenn keine sonstige sinnvolle („satisfactory“) Therapiealternative besteht. Diese Zulassung gründet sich auf eine Studie bei Patienten mit einem kolorektalen Karzinom, die unter einer Therapie mit einem Fluoropyrimidin, Oxaliplatin und Irinotecan progredient sowie auf Daten aus fünf weiteren, einarmigen, unkontrollierten Multikohortenstudien, in die 90 Patienten mit kolorektalem Karzinom und 59 Patienten mit insgesamt 14 weiteren Tumorentitäten eingeschlossen waren [381] [740] [741]. In der Kohorte 1 der KEYNOTE-059-Studie [730] bei Patienten mit gastroösophagealem Adenokarzinom in der Dritt- und Viertliniensituation und Therapie mit Pembrolizumab, wurde über 7 Patienten mit MSI-high-Status berichtet (7 von 174 dafür getestet = 4 %). Von diesen hatten 57 % ein objektives Ansprechen (davon 14 % CR), im Vergleich dazu betrugen die Ansprechraten (wie oben erwähnt) bei PD-L1-Positivität 15,5 (bzw. bei Negativität 6,4). Die Krankheitskontrollrate bei MSI-high betrug 71,4 %. Dies bestätigt die hohe Immunogenität von MSI-high-Tumoren und den besonderen Nutzen von Checkpoint- Inhibitoren bei diesen Patienten.

Fazit

Immuncheckpoint-Inhibitoren sind in verschiedenen Studien bei ösophagogastralen Adenokarzinomen untersucht und zeigen bei einer Subgruppe von Patienten eine deutliche Aktivität. Bislang lässt sich mit prädiktiven Biomarkern diese Subgruppe nur ungenügend definieren. Patienten mit MSI-high-Status scheinen jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf die Behandlung anzusprechen.

Pembrolizumab ist in den USA für PD-L1-positive Tumoren zugelassen. Für Nivolumab liegt in Asien aufgrund des nachgewiesenen Überlebensvorteils in der Phase-III-ATTRACTION-2-Studie gegenüber BSC die Zulassung unabhängig von der PD-L1 Expression vor.

Es ist derzeit unklar, ob Pembrolizumab auf der Basis der vorliegenden Daten auch in Europa zugelassen werden kann. Ebenso bleibt abzuwarten, ob die Daten der randomisierten Phase-III-Studie mit Nivolumab bei asiatischen Patienten zusammen mit den Phase-II-Daten bei kaukasischen Patienten zu einer Zulassung von Nivolumab auch in Europa führen können.


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14. Ernährung

14.1. Allgemeine Entscheidungshilfen

14.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Patienten sollen eine Ernährungstherapie erhalten, wenn der Ernährungszustand so weit kompromittiert ist, dass ein hohes Risiko für Komplikationen besteht oder eine geplante onkologische Therapie deshalb nicht durchgeführt werden kann.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Eine unzureichende Nahrungsaufnahme gefährdet die Körperreserven und führt zu zunehmenden Verlusten an Zell- und Muskelmasse [742] [743]. Eine umfangreiche Literatur belegt die negativen Auswirkungen einer Mangelernährung mit Gewichtsverlust und geringer Muskelmasse auf Lebensqualität, Therapieverträglichkeit, Therapieansprechen und Überleben bei Tumorpatienten [743]. Dies gilt vergleichbar für Patienten mit Magenkarzinom [744] [745] [746] [747]. Die Auswertung großer Datenbanken zeigt, dass sowohl das Ausmaß eines Gewichtsverlusts als auch ein niedriger Body Mass Index bei Tumorpatienten mit der Prognose assoziiert sind [747]. Darüber hinaus sind sowohl die körperliche Leistungsfähigkeit [748] als auch katabole Stoffwechselveränderungen im Sinne einer systemischen Inflammationsreaktion [749] mit der Überlebensprognose onkologischer Patienten assoziiert. Diese Zusammenhänge erfordern neben einer bedarfsorientierten Ernährungstherapie die Stärkung anaboler Signale mit Aktivierung körperlicher Aktivität, ausreichender Eiweißzufuhr und Dämpfung kataboler Stoffwechselprozesse.

Eine Ernährungstherapie soll eine adäquate Zufuhr von Nahrungsstoffen und Energie sichern und so das Auftreten oder das Fortschreiten einer bereits bestehenden Mangelernährung verhindern. Parallel empfiehlt die Leitlinie der Europäischen Gesellschaft für Klinische Ernährung (ESPEN) insbesondere beim Vorliegen inflammatorischer Zustände mit anaboler Resistenz eine Eiweißzufuhr, die mit 1,0–1,5 g/kg Körpergewicht höher angesetzt wird als für gesunde Personen (0,8 g/kg KG) [742] [743]. Dies gilt auch für die Motivation der Patienten zu einem Muskeltraining, um Muskelerhalt und -aufbau zu fördern [743]. Zur Dämpfung einer tumorassoziierten chronisch aktivierten Inflammationsreaktion mit messbar veränderten Inflammationsmarkern (CRP erhöht, Albumin erniedrigt) werden unterschiedliche Ansätze diskutiert (u. a. N-3-Fettsäuren/Fischöl, nichtsteroidale Antirheumatika, Steroide, Zytokinantagonisten) [742] [743].

Zur Sicherung der Nahrungszufuhr ist eine parenterale oder enterale Ernährung zumeist nicht erforderlich. Allen betroffenen Patienten sollten Beratungen durch eine professionelle Ernährungsfachkraft angeboten werden. Neben Maßnahmen zur Linderung nahrungsassoziierter Beschwerden (Nausea, Erbrechen, Kau- und Schluckstörungen, Geruchs- und Geschmacksstörungen, abdominelle Schmerzen, Diarrhoe) sind chronische Schmerzen und psychosoziale Stressoren zu lindern [742] [743].

Grundlegende Ernährungsmaßnahmen umfassen das Adaptieren der Kostauswahl an die individuellen Erfahrungen und Verträglichkeiten, Anreichern der Kost mit Eiweiß- und Fettträgern sowie das Angebot von Trinknahrungen [742] [743]. Sind diese Maßnahmen nicht oder nur unzureichend umsetzbar, dann sollte zusätzlich bei lokalisierten gastrointestinalen Störungen proximal des Jejunums eine enterale Sondenernährung oder bei schweren Motilitäts- oder Absorptionsstörungen distaler Darmabschnitte eine parenterale Ernährung eingesetzt werden.

Häufig diskutiert wird die Frage, ob durch eine enterale oder parenterale Supplementierung auch der Tumor ernährt wird. In vitro ist gezeigt worden, dass eine Versorgung mit Nährstoffen auch bei Tumorzellen wachstumsfördernd wirkt [750]. Es liegen jedoch keine klinischen Daten vor, dass eine am Bedarf orientierte Ernährungsbehandlung das Wachstum von Tumoren fördert, die Behandelbarkeit einer Tumorerkrankung behindert oder die Prognose einschränkt. Erwägungen zu möglichen Wirkungen auf das Tumorwachstum sollten deshalb nicht die Entscheidung zur Einleitung einer Ernährungstherapie beeinflussen [742] [743].

Eine Ernährungstherapie sollte regelmäßig erfolgen, wenn die normale Nahrungsaufnahme unzureichend ist, um einer mit Mangelernährung assoziierten Prognoseeinschränkung entgegenzuwirken.

14.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Der Ernährungsstatus soll bei allen Tumorpatienten, beginnend mit der Diagnosestellung, bei jeder stationären Aufnahme und bei ambulantem Patientenkontakt beurteilt werden, um Interventionen frühzeitig einleiten zu können.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Vitamine und essenzielle Spurenelemente sind unerlässliche Komponenten jeder Ernährung. Mehr noch als bei Gesunden sollte bei Tumorpatienten darauf geachtet werden, dass eine ausreichende Zufuhr von Mikronährstoffen gesichert ist [751] [752] [753] [754], da die Versorgung in mehrfacher Hinsicht gefährdet sein kann [742] [755] [756]. Am ehesten werden bei Patienten mit Malignomen Mangelzustände von Vitamin D beobachtet [757] und von einigen Autoren mit der Erkrankungsinzidenz und -prognose in Verbindung gebracht [758] [759] [760] [761].

Bei oraler und enteraler Ernährung gelten für die Zufuhr von Mikronährstoffen die DACH-Empfehlungen [762]. Die Nährstoffgehalte von bilanzierten Diäten sollen der Diätverordnung entsprechen. Bei komplett parenteraler Ernährung kann die Supplementierung von Spurenelementen deren Abfall im Serum verhindern; dies trifft besonders auf Mangan und Kupfer zu [763].

Unabhängig vom physiologischen Bedarf werden in der supportiven Therapie unterschiedliche Methoden und Substanzen parallel oder kurz nach der antitumoralen Therapie eingesetzt. In diesem Zusammenhang ist es neben der Bewertung der Datenlage für die Wirkung der Methode von großer Bedeutung, Hinweise auf negative Wirkungen (direkte Schädigung und Interaktionen) zu beachten. Dazu ist die Datenlage z. T. gering. Da die Sicherheit der Patienten im Vordergrund steht, sind auch Hinweise auf mögliche negative Wirkungen aus Präklinik und Fallberichten bei der Risikoabwägung zu berücksichtigen. Nahrungsergänzungsmittel sind Vitamine und Spurenelemente, Aminosäuren, Fettsäuren und sekundäre Pflanzenstoffe; z. T. werden sie als Einzelsubstanzen, meist aber als Mischungen angeboten. Die Zusammensetzung variiert stark, nur einige Präparate sind am physiologischen Bedarf orientiert [764] [765] [766]. Insbesondere Antioxidanzien können die Wirkung von Chemo- und Strahlentherapie abschwächen. Dazu gehören die Vitamine C und E sowie Betacarotin. Folsäure könnte die Wirkung von 5-FU beeinflussen. Bisher gibt es nur einige klinische Studien, die auf die Sicherheit der Gabe von Antioxidanzien geachtet haben und eine ausreichende Patientenzahl zur Beurteilung aufweisen. Vitamin E wurde prophylaktisch zum Schutz vor der Entwicklung der Neurotoxizität unter Cisplatin und Taxol eingesetzt. Da keine Daten zum Einfluss auf das Überleben vorliegen, ist der Einsatz außerhalb von Studien nicht empfehlenswert [767] [768].

Bei nachgewiesenen oder mit der Krankheitssituation des Patienten regelhaft einhergehenden Mangelsituationen (Beispiel Vitamin B12) ist eine Substitution orientiert am physiologischen Bedarf und den Zufuhr- und Resorptionsmöglichkeiten des Patienten erforderlich. Es gibt keinen Beweis, dass Selen Nebenwirkungen vermindert, die im Zusammenhang mit Therapien des Magenkarzinoms relevant sind. Die bisher publizierten klinischen Studien wurden in der Cochrane-Übersicht von Dennert et al. zusammengefasst. Seitdem sind keine für den Kontext Magenkarzinom relevanten weiteren Studien publiziert worden [769]. Präklinische Daten sprechen dafür, dass Zink das Wachstum von Tumoren fördert; eine Supplementierung ist deshalb bei normaler Ernährung nicht zu empfehlen.

Bei Tumorkachexie wurden Omega-3-Fettsäuren geprüft. Die Datenlage aus den Studien ist widersprüchlich. Die Cochrane-Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2007 sah eine ungenügende Datenlage im Hinblick auf eine Evidenz für die Wirksamkeit von Omega-3-Fettsäuren zur Behandlung der Tumorkachexie [770]. Eine systematische Übersichtsarbeit aus demselben Jahr kommt zu der Schlussfolgerung, dass orale Supplemente mit Omega-3-Fettsäuren Patienten mit Tumorerkrankungen und Gewichtsverlust nützen und indiziert sind bei Tumoren des oberen Gastrointestinaltrakts und des Pankreas. Es kommt zu einer Verbesserung von Appetit, Lebensqualität, verminderter postoperativer Morbidität und Gewichtszunahme. Es wird eine Aufnahme von 1,5 g/Tag empfohlen [771]. Aufgrund der inkonsistenten Datenlage sind Omega-3-Fettsäuren nicht als Teil der evidenzbasierten Therapie zu betrachten. Keinesfalls ersetzt die Verordnung eine Betreuung des Patienten durch einen erfahrenen Ernährungsmediziner.

Eine Kombination aus Lactobacillus und Ballaststoffen senkt nach einer Studie die Diarrhoe unter einer Chemotherapie [772]. Sie könnte in Absprache mit dem Patienten in einem ganzheitlichen Konzept zum Einsatz kommen, wobei sie eine effiziente Prävention und insbesondere Therapie der Diarrhoe v. a. unter Irinotecan nicht ersetzt. Bei Patienten mit starker Immunsuppression sind Präparate zu vermeiden, die lebende Keime enthalten.

Es werden die Anwendung des Nutritional Risk Screenings als Ausgangsbefund und die fortlaufende BMI-Erhebung empfohlen.


#

14.2. Präoperative Ernährungstherapie

14.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Zur Begleitung während einer multimodalen Therapie und zur Vorbereitung auf die funktionellen Auswirkungen einer Ösophagektomie oder Gastrektomie sollte bereits präoperativ eine Ernährungsfachkraft hinzugezogen werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Während in Deutschland eine Diätberatung, wenn überhaupt, zumeist postoperativ vor der Entlassung oder während einer Rehabilitationsbehandlung erfolgt, werden in vielen europäischen Ländern die Ernährungsfachkräfte – Diätassistentinnen („dietitians“) – in der Chirurgie bereits sehr früh präoperativ eingebunden. Dies ist auch die Empfehlung in der S-3-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus [2].

So ist von einer niederländischen Arbeitsgruppe in einer prospektiven, jedoch nicht randomisierten Studie der Einfluss einer intensiven perioperativen Ernährungstherapie (INS) bei Patienten mit Ösophaguskarzinom über ein Jahr untersucht worden. Dabei wurden 37 Patienten (35 mit neoadjuvanter Therapie) in der Interventionsgruppe mit 28 in den drei Jahren zuvor nach Standard, wenn auch mit einem geringeren Anteil neoadjuvant behandelter Patienten verglichen [773] (2b).

Die intensive Ernährungstherapie umfasste eine durch eine onkologisch spezialisierte Diätassistentin durchgeführte Beratung mit dem Ziel einer Gewichtserhöhung durch Energieaufnahme von 1,3- bis 1,5-mal dem geschätzten Energiebedarf. Die Patienten wurden zu häufigen Mahlzeiten unter Supplementierung mit Trinknahrung angehalten. Während der neoadjuvanten Phase bestanden ein-/zweiwöchentliche telefonische Kontakte zur Frage von Ernährungsproblemen und zur Gewichtskontrolle. Bei inadäquater oraler Gewichtsaufnahme wurde eine ergänzende Sondenernährung begonnen. Während der Operation erhielten die Patienten eine Feinnadelkatheterjejunostomie, die während des stationären Aufenthalts und auch nach der Entlassung zur Supplementierung bis zum Erreichen einer energiebedarfsdeckenden oralen Nahrungsaufnahme genutzt wurde. Während der stationären Phase wurden die Patienten zweimal wöchentlich von der Diätassistentin visitiert, nach der Entlassung oder während einer adjuvanten Chemo- oder Radiotherapie alle 1–2 Wochen für 3 Monate, danach monatlich bei Bedarf ggf. häufiger bis zum Ende des ersten Jahres. Die Patienten der Kontrollgruppe erhielten nicht regelhaft präoperativ eine Diätberatung, jedoch bei der ersten stationären Aufnahme. Intraoperativ wurde auch bei diesen Patienten eine FKJ angelegt. Die Betreuung nach der Entlassung erfolgte nicht strukturiert, sondern vor allem telefonisch.

In der Interventionsgruppe stieg das Körpergewicht zwischen dem ersten Kontakt und der Operation relativ zur Kontrollgruppe um + 4,7 ± 1,7 % adjustiert für die möglichen Confounder neodadjuvante Vorbehandlung, ASA-Score, Rauchen und Alkohol signifikant an (p = 0,009).

Die postoperative Rate schwerer Komplikationen (> IIIb) nach Dindo war signifikant niedriger in der Interventionsgruppe (9/28 = 32 % vs. 22/37 = 60 %; p = 0,045). Keine Komplikation trat bei 7/28 = 25 % vs. 3/37 = 8 %; p = 0,037 auf. Sowohl die Länge des Intensivaufenthalts als auch die Krankenhausverweildauer (25 vs. 19,5 Tage) waren signifikant kürzer (p = 0,039). Die Krankenhausletalität (3/28 = 11 % vs. 1/37 = 3 %) war ohne signifikanten Unterschied [2] [773].

14.4.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

A

Patienten sollen auch ohne Zeichen einer Mangelernährung präoperativ für 5–7 Tage zur Einnahme bilanzierter Trinklösungen zusätzlich zur normalen Ernährung motiviert werden.

Level of Evidence

1b

Leitlinienadaptation [774] [775]

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Viele Patienten decken präoperativ durch die normale Ernährung ihren Energiebedarf nicht. Die perioperative Supplementierung mit einer Trinklösung ist bezüglich der Outcomeparameter vorteilhaft und kosteneffektiv [776] (1a).

Für die Gabe immunmodulierender Trinklösungen haben Burden et al. [777] (1a) in einer Cochrane-Metaanalyse von sechs Studien hoher Qualität vor gastrointestinalen Eingriffen signifikante Vorteile bezüglich der postoperativen Komplikationen gezeigt. Für mangelernährte onkologische Patienten hat die American Society of Parenteral and Enteral Nutrition Guidelines (ASPEN) eine starke Empfehlung ausgesprochen [778].

Insgesamt ist die Datenlage zur Immunonutrition für Patienten vor Magenresektion/Gastrektomie wegen eines Karzinoms jedoch nicht eindeutig.

Vorteile einer Immunonutrition sind in einer Metaanalyse der verfügbaren Daten bezüglich einer verminderten Entzündungsaktivität (TNF-alpha und IL-6) sowie einer stimulierten Immunabwehr (IgA, IgG, IgM, CD3, CD3 / CD4, NK-Zellen) gezeigt worden [779] (1a).

Eine über 5–7 Tage präoperativ verabreichte immunmodulierende Trinklösung mit Arginin, Omega-3-Fettsäuren und Ribonukleotiden mit postoperativ enteraler Fortsetzung der Ernährungstherapie reduzierte signifikant die Zahl der Patienten mit postoperativen Infektionen und die Krankenhausverweildauer [774] [775] [780] (1b). 138 der 305 Patienten (45 %) hatten eine Ösophagus-Magenresektion. Die Intervention war vor allem präoperativ effektiv, da die prä- und postoperative Gabe keine Vorteile gegenüber der alleinigen präoperativen Supplementierung aufwies. An der Studie ist das Fehlen einer weiteren Kontrollgruppe mit einer Standardtrinklösung zu kritisieren.

Eine andere RCT (n = 244) mit präoperativer Immunonutrition (Arginin, Omega-3- Fettsäuren und Ribonukleotiden) ergab im Vergleich mit normaler Krankenhauskost bei gut ernährten Patienten für 5 Tage vor der Gastrektomie keine klinischen Vorteile [781] (1b). Bei 123 Patienten ohne Mangelernährung zeigte eine RCT mit ausschließlich enteraler Supplementierung mit Omega-3-Fettsäuren 7 Tage vor Gastrektomie mit Fortsetzung für 21 Tage postoperativ weder einen Unterschied in der postoperativen Morbidität noch im Gewichtsverlust 1 und 3 Monate postoperativ [782] (1b).

In der Zusammenschau ist für die klinischen Outcomeparameter in den aktuellen Metaanalysen bei ausschließlich präoperativem Einsatz kein sicherer Vorteil immunmodulierender Trinklösungen im Vergleich mit einem Standardsupplement nachweisbar [779] [783] [784] [785] (1a). So sind die Vorteile bezüglich der postoperativen Komplikationsrate und Krankenhausverweildauer erst bei perioperativer Anwendung zu erwarten. Während die Metaanalysen als Ergebnis den alleinigen präoperativen Einsatz der Immunonutrition bei diesen Patienten nicht stützen, muss auch der Einschluss von methodologisch schwachen Studien kritisiert werden. Zusätzlich ist die Heterogenität bei Verwendung verschiedener immunmodulierender Nahrungen zu nennen sowie die nicht einheitliche peri-, prä- und postoperative Applikation.

In der Metaanalyse von Hegazi et al. [785] (1a) waren Vorteile der präoperativen Immunonutrition nur im Vergleich mit einer normalen Kost signifikant, während dies nicht für den Vergleich mit Standardtrinksupplementen zutraf. Dies bestätigt die Empfehlung zur Supplementierung mit einer Trinklösung. Bei der Wahl der Trinknahrung kann eine immunmodulierende Nahrung mit Arginin und Omega-3- Fettsäuren bevorzugt werden [775] [786], deren Gabe dann auch postoperativ fortgesetzt werden sollte.

14.5.

Evidenzbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

B

Mangelernährte Patienten mit hohem ernährungsmedizinischem Risiko sollten für eine Dauer von 10–14 Tagen präoperativ eine gezielte Ernährungstherapie erhalten, auch wenn dafür die Operation verschoben werden muss.

Level of Evidence

1a

Leitlinienadaptation [775] Abschnitt 4.1 [742]

Starker Konsens (97 %)

14.6.

Evidenzbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

Empfehlungsgrad

B

Schwer mangelernährte Patienten, die sich nicht ausreichend oral oder enteral ernähren, sollten präoperativ parenteral ernährt werden.

Level of Evidence

1b

Leitlinienadaptation [742] [775]

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Der Einfluss des Ernährungsstatus auf die postoperative Morbidität und Letalität ist für Patienten mit Magenkarzinom klar gezeigt worden [787] (2b). Meyer et al. [480] (2b) haben in einer Analyse von 1199 Patienten mit Resektion eines Tumors des Magens oder ösophagogastralen Übergangs eine signifikante Assoziation zwischen dem Auftreten einer Anastomoseninsuffizienz und einer präoperativen Dysphagie oder Magenausgangsstenose als Ursache einer eingeschränkten Nahrungsaufnahme festgestellt.

Die Indikation zur künstlichen (präferenziell enteralen) Ernährung besteht ohne Verzögerung auch bei Patienten ohne Zeichen der Mangelernährung, wenn sie perioperativ voraussichtlich für mehr als 5 Tage keine Nahrung zu sich nehmen können, sowie bei Patienten, die sich perioperativ voraussichtlich über mehr als 7 Tage oral nur unzureichend (< 50 % der empfohlenen Zufuhr) ernähren werden ([775] Abschnitt 4).

Bei einer Ernährungstherapie sollte, wenn immer möglich, der enteralen Zufuhr der Vorzug gegeben werden. Eine kombinierte Therapie mit parenteraler Ernährung kommt in Betracht, wenn bei bestehender Indikation für eine künstliche Ernährungstherapie der Energiebedarf über die enterale Ernährung allein nicht ausreichend gedeckt werden kann (< 50 % des Energiebedarfs). Nur für den Fall, dass eine orale oder enterale Zufuhr nicht möglich ist, besteht die Indikation zur totalen parenteralen Ernährung [742] [775].

Ein hohes ernährungsmedizinisches Risiko für chirurgische Komplikationen besteht, wenn zumindest einer der folgenden Befunde vorliegt:

  • Gewichtsverlust > 10–15 % innerhalb von 6 Monaten

  • BMI < 18,5 kg/m²

  • Subjective Global Assessment (SGA) Score C, NRS > 5

  • Serumalbumin < 30 g/l (ohne Zeichen einer Leber- oder Nierenstörung)

Die Grenze zum Untergewicht („Thinness“) wird von der WHO bei einem BMI < 18,5 kg/m² gezogen [788].

Das Serumalbumin gilt als negatives Akutphasenprotein und ist – sofern keine Leber- oder Nierenerkrankungen vorliegen – mit einem erhöhten Risiko assoziiert [789].

Ein präoperativ niedriges Serumalbumin ist als prognostischer Faktor für die postoperative Letalität in einer großen Kohortenstudie mit 87 078 nicht herzchirurgischen Eingriffen gezeigt worden [790] (2b). In einer US-amerikanischen Datenbank von 105 951 Patienten hat sich das niedrige präoperative Serumalbumin als signifikanter Faktor für das Entstehen einer postoperativen Komplikation innerhalb von 30 Tagen gezeigt [791] (2b). Auch aktuelle Studien haben diese Wertigkeit bestätigt [792] [793] [794] (2b).

In einer Metaanalyse der Studien zur präoperativen Ernährung brachte die Verschiebung einer Operation zur Durchführung einer parenteralen Ernährungstherapie nur bei schwerer Mangelernährung Vorteile [795] (2a).

Für chirurgische Patienten mit gastrointestinalem Karzinom und schwerer Mangelernährung (Gewichtsverlust von mehr als 10 %) konnte gezeigt werden, dass eine präoperative Ernährungstherapie von mindestens 10 Tagen die postoperative Komplikationsrate signifikant um ein Drittel senkt und die Letalität vermindert [796] (1b).

In der Studie von Fukuda et al. [787] war die Rate an SSI signifikant niedriger, sofern eine adäquate Ernährungstherapie über mindestens 14 Tage erfolgte, als wenn diese nur eingeschränkt durchgeführt oder sogar darauf verzichtet wurde 17,0 vs. 45,4 %; p = 0,0006). In der multivariaten Analyse war die systematische Ernährungstherapie ein unabhängiger Faktor für ein signifikant geringeres Auftreten einer SSI (2b). In der von Jie et al. [797] an 1085 Patienten durchgeführten Studie fanden sich bei präoperativer Ernährungstherapie signifikant weniger Komplikationen (25,6 % vs. 50,6 %) und eine kürzere Krankenhausverweildauer (13,7 ± 7,9 Tage vs. 17,9 ± 11,3 Tage, p = 0,018) nur bei den Patienten mit einem NRS > 5 (n = 120). Bei einem NRS von 3 oder 4 wurden keine Vorteile beobachtet (2b).


#

14.3. Postoperative Ernährungstherapie

14.7.

Evidenzbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Empfehlungsgrad

0

Nach Ösophagektomie oder Gastrektomie kann die enterale Substratzufuhr frühzeitig (innerhalb von 24 Stunden) begonnen werden.

Level of Evidence

1a

Leitlinien-Adaptation [2]

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Die Vorteile einer frühzeitigen enteralen Ernährung sind mit signifikanter Verminderung der Infektionsrate und der Krankenhausverweildauer in Meta-Analyse von Andersen et al, 2006; Mazaki et al, 2008, Lewis et al. 2009 und Osland et al, 2011 [798] [799] [800] [801] (LoE = 1a) gezeigt worden. Auch nach Gastrektomie oder subtotale Magenresektion ist eine orale Nahrungsaufnahme frühzeitig ohne Erhöhung der Morbidität möglich [2] [802] [803] [804] (1a/b). Hier muss jedoch, gemessen a Kalorienbedarf, mit einer unzureichenden Kalorienzufuhr über einen längeren Zeitraum gerechnet werden.

Deswegen kann bereits intraoperativ eine Ernährungssonde gelegt werden. Für eine Sondenernährung ist eine Lage der Sondenspitze distal der Anastomose geeignet [775] (Abschnitt 4.2.1). Nasojejunale Sonden oder eine Feinnadelkatheter-Jejunostomi können intraoperativ angelegt werden. Beide Verfahren sind mit nur geringem Risiko assoziiert [775] (Abschnitt 4.2.4) und vergleichbar effizient [805] (LoE = 1b). Da bei enteraler Ernährung das prinzipielle Risiko einer intestinalen Ischämie besteht, ist zu beachten, dass die Nahrungszufuhr über eine Sonde mit geringer Flussrate (10–2 ml/h) begonnen und nur vorsichtig unter klinischer Beobachtung des Abdomens gesteigert wird [775] (Abschnitt 4.2.4).

14.8.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Ernährungsmedizinische Verlaufskontrollen ggf. mit Wiederholung der Ernährungsberatung sollten regelmäßig erfolgen.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Nach Gastrektomie kommt es durch Adaptationsprozesse auch bei postoperativ tumorfreien Patienten zu einem deutlichen Gewichtsverlust von bis zu 15 % des gesunden Ausgangsgewichts. Malabsorptionsprobleme und Mangelernährung sind prospektiv gezeigt worden und sprechen für die Substitution mit fettlöslichen Vitaminen und exokrinen Pankreasenzymen [806] (2b). Die bioelektrische Impedanzanalyse kann zur Beurteilung der Körperzusammensetzung hilfreich sein.

Die Sicherheit insbesondere auch bei poststationärer Fortführung einer enteralen Ernährung über Feinnadelkatheterjeunostomie ist prospektiv für Patienten nach Ösophagusresektion gezeigt worden [807] [808] [809] (LoE = 2b/3). So kann eine vorhandene FKJ auch poststationär gerade bei adjuvanter Therapie zunächst belassen und die enterale Sondenernährung für eine längere Zeit supplementierend z. B. mit einer Menge von 500–1000 über Nacht fortgesetzt werden.


#

14.4. Ernährung unter Chemo- oder Strahlentherapie

14.9.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine Bewegungstherapie sollte allen Patienten angeboten werden. Bei Patienten mit eingeschränktem funktionellem Status sollte diese präoperativ im Rahmen der „Prähabilitation“ durchgeführt werden.

Starker Konsens (100 %.)

Hintergrund

Zur Stärkung der Muskelkraft und Muskelfunktionen werden von europäischen Fachgesellschaften auch bei älteren und chronisch kranken Personen tägliche körperliche Aktivität und/oder ein Bewegungstraining empfohlen, da Alterungsprozesse, chronische Erkrankungen und Inaktivität die Antwort der Muskulatur auf anabole Stimuli vermindern (anabole Resistenz) und zu muskulären Dysfunktionen führen [810] [811] [812]. Körperliche Aktivität wird deshalb als integraler Teil eines multimodalen Therapiekonzepts gesehen [813]. Ein Muskeltraining wirkt antiinflammatorisch und antikatabol und ist damit potenziell antikachektisch [814] [815].

Bewegungstrainingsprogramme werden bereits bei Patienten mit unterschiedlichen Tumoren, Stadien und Behandlungssituationen erfolgreich in das therapeutische Konzept integriert [814]. Zur Charakterisierung der Wirksamkeit bei Tumorpatienten liegen bisher allerdings nur unzureichend qualitativ hochwertige Untersuchungen vor. So fand eine Cochrane-Arbeitsgruppe bei der Suche nach randomisierten kontrollierten Studien (RCT) zum alleinigen Effekt eines Bewegungstrainingsprogramms auf die Körpermagermasse bei erwachsenen Tumorpatienten keine entsprechende Studie [816]. Gerade bei aktiver Tumorerkrankung sind jedoch zumeist – aufgrund tumorassoziierter Symptome und durch Therapiebelastungen induziert – die körperliche Leistungsfähigkeit und die Tagesaktivität deutlich reduziert [817]. Symptome einer tumorassoziierten Fatigue wie Kurzatmigkeit, Tachykardie, rasche Ermüdbarkeit, ausgeprägte Schwäche und depressive Stimmungslage werden ebenso durch ein Bewegungstraining verbessert wie Parameter der Lebensqualität [818] [819] [820] [821]. Dies gilt auch für Patienten mit unheilbarer Erkrankung [822] [823].

Über eine reine Ernährungstherapie hinaus geht das von dem kanadischen Anästhesisten Franco Carli entwickelte „Prähabilitations“-Konzept, das eine 4- bis 6-wöchige Vorbereitung vor allem mit Physio- und Ernährungstherapie bedeutet [824]. Diese Konditionierungsstrategie zielt besonders auf die Besserung der kardiopulmonalen Belastbarkeit, aber auch auf den Ernährungsstatus und die psychologische Vorbereitung. Erste Metaanalysen sprechen für den Einsatz bei viszeralchirurgischen Patienten. Daten einer aktuellen randomisierten Studie liegen für Patienten mit Leberresektionen vor. Während eine signifikante Verbesserung für den Sauerstoffverbrauch unter Belastung und Parameter der Lebensqualität im SF 36 erreicht werden konnten, bestanden keine Unterschiede in der postoperativen Morbidität [825] (1b). Dies mag an der Größe des Kollektivs bei insgesamt geringer Komplikationsrate liegen. Möglicherweise profitieren vor allem die Hochrisikopatienten mit den oberen gastrointestinalen Tumoren. Für 22 Magenkarzinompatienten mit einem Alter über 65 Jahre und einer vorbestehenden Sarkopenie haben Yamamoto et al. [826] (2b) bei einer Programmdauer von 16 Tagen im Median eine signifikant höhere Kalorien- und Proteinaufnahme sowie Handgriffstärke gezeigt. Gehgeschwindigkeit und Skelettmuskelindex stiegen nicht signifikant an. Bei vier Patienten konnte eine Sarkopenie aufgehoben bzw. verbessert werden. Postoperativ wurden bei drei Patienten Komplikationen beobachtet. Keine erreichte Grad III nach Clavien-Dindo.

In eine kontrollierte randomisierte und verblindete Studie wurden Patienten über 70 Jahre mit einem ASA-Score von III/IV eingeschlossen (Ib). Die Prähabilitation umfasste vor allem Motivation, intensives Ausdauertraining und körperliche Aktivität. Der primäre Endpunkt war die Zahl von Patienten mit postoperativen Komplikationen. Der sekundäre Endpunkt war die Ausdauerzeit während der Übungen am Ergometer.

62 Interventions- und 63 Kontrollpatienten konnten in der ITT-Analyse verglichen werden. In der Interventionsgruppe wurde die aerobe Kapazität signifikant verbessert. Die Zahl der Patienten mit postoperativen Komplikationen war um 51 % niedriger (19/63 vs. 39/62) (RR 0,5; KI 95 % 0,3–0,8; p = 0,001), ebenso signifikant niedriger war die Zahl der Komplikationen pro Patient (1,4 (1,6) und 0,5 (1,0); p = 0,001).

Derzeit bietet das präoperative Erholungsintervall nach neoadjuvanter Therapie ein Vakuum, das für die gezielte Konditionierung als Prähabilitation genutzt werden kann. Viele Patienten sind sich in dieser Phase selbst überlassen. Dann müssen prästationär Hausarzt, Onkologe, Chirurg und Anästhesist zusammenarbeiten und multimodal von Physio-, Ernährungs- und auch Psychotherapeuten unterstützt werden.


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14.5. Ernährung in der Sterbephase

14.10.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

In der Sterbephase soll sich die Betreuung auf die Linderung der Symptome Hunger und Durst konzentrieren, da der Erhalt des Ernährungszustands nicht relevant ist und eine künstliche Ernährung den Zustand eines sterbenden Patienten verschlechtern kann.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

In der Sterbephase benötigen die meisten Patienten nur minimale Mengen an Essen und wenig Wasser, um Durst und Hunger zu stillen. Geringe Flüssigkeitsmengen können allerdings helfen, durch Dehydratation induzierte Verwirrtheitszustände zu verhindern.

Subkutan zugeführte Flüssigkeiten im Krankenhaus oder zu Hause können sinnvoll sein und als Träger für Medikamente dienen; zu beachten ist jedoch, dass die industriell verfügbaren Lösungen nicht für eine subkutane Infusion zugelassen sind [743].

Bei schwersten Krankheitszuständen und im Sterben kann die Sicherung von Lebensqualität zum alleinigen Behandlungsziel werden, sodass die Sicherung der Lebensdauer und des Überlebens als therapeutisches Ziel zurücktritt. Der typische Beispielfall für Werteabwägung „Lebensdauer versus Lebensqualität“ ist die Schmerzlinderung mit vermutlich lebensverkürzender Nebenwirkung [827].

Während der Übergang zu einer palliativen Therapiestrategie grundsätzlich als definierbarer Entscheidungspunkt im Krankheitsverlauf abgrenzbar ist, besteht diese Möglichkeit bei dem später folgenden Eintreten in die Phase des Sterbens nicht. Dieser Übergang und Merkmale der Lebensqualität sind nicht wissenschaftlich objektivierbar. Die in der akuten Phase des Sterbens notwendige Rücknahme therapeutischer Interventionen und das Bemühen um Linderung und Beistand für den Patienten und seine Angehörigen erfordern eine souveräne ganzheitliche Entscheidungsverantwortung des Arztes. In dieser einer Nachprüfbarkeit durch Dritte weithin unzugänglichen Situation besteht ein besonderer Anspruch an die medizinische und menschliche Qualität und Ausbildung des Arztes sowie insbesondere an seine Gewissenhaftigkeit und seine Vertrauenswürdigkeit [827].


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15. Nachsorge und Rehabilitation

15.1. Lebensqualität

15.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Patienten nach kurativer Therapie eines Karzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs sollte eine strukturierte ganzheitliche Nachsorge angeboten werden.

Starker Konsens (97 %)

15.2.

Konsensbasiertes Statement

Neu 2019

EK

Die strukturierte Nachsorge umfasst die klinische Kontrolle, endoskopische Kontrolle und Kontrolle mittels Bildgebung. Die Intervalle sollten in den ersten zwei Jahren zumindest halbjährlich und danach bis zum 5. Jahr jährlich betragen.

Konsens (79 %)

Hintergrund

Es gibt bislang keinen Nachweis einer Prognoseverbesserung durch Nachsorge [828] Nachsorgeuntersuchungen sollten an das Stadium der Erkrankung, an die persönliche Lebenssituation und die Bedürfnisse der Patienten angepasst werden [829].

Jedoch sollten die körperlichen Symptome, die psychosozialen Unterstützungsbedürfnisse und die persönlichen Präferenzen des Patienten berücksichtigt werden.


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15.2. Substitutionen nach Gastrektomie

15.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Nach einer Gastrektomie soll eine regelmäßige parenterale Vitamin B12-Substitution lebenslang durchgeführt werden.

Konsens (92 %)

Hintergrund

Täglich werden über den Urin 2 mg Cobalamin ausgeschieden. Somit liegt der tägliche Mindestbedarf von Vitamin B12 (Cobalamin) bei 2 µg für einen Erwachsenen [762]. Die biologische Halbwertszeit des Vitamins B12 beträgt 450–750 Tage. Der gesunde Erwachsene speichert in seiner Leber ca. 2000 bis 5000 µg Cobalamin. Dieses Depot reicht aus, um eine Unterversorgung über mehrere Jahre hinweg auszugleichen [830] [831].

Das Vitamin B12 wird mit der Nahrung aufgenommen, ständig mit den Gallensäuren im Dünndarm abgegeben und im Ileum mithilfe des intrinsischen Faktors wieder aufgenommen. Fehlt der intrinsische Faktor nach Gastrektomie, sollte Vitamin B12 parenteral substituiert werden. Eine orale Substitution von Vitamin B12 (mind. 2 g/d) kann alternativ durchgeführt werden, da ca. 1 % der Dosis per Diffusion im Dünndarm aufgenommen werden kann [832] [833]. Da viele Patienten nach Gastrektomie Fettstühle und Diarrhoen haben, sollten regelmäßige Spiegelbestimmungen bei oraler Substitution erfolgen. Eine orale Substitution ist deutlich kostengünstiger.

Die parenterale Substitution kann entweder über Cyanocobalamin oder Hydroxocobalamin erfolgen. Die beiden Substitutionsformen unterscheiden sich durch ihre Bioverfügbarkeit [834] [835]. Cyanocobalamin wird nach intramuskulärer oder subkutaner Gabe in die Cyanogruppe abgespalten und in Hydroxycobalamin umgewandelt, wobei nur 40 % der Dosis zur Verfügung stehen. Bei Hydroxocobalamin sind dies ca. 70 % der verabreichten Dosierung. Die monatliche Substitution sollte daher zwischen 100 bis 500 µg bzw. die dreimonatige Substitution zwischen 500 und 1000 µg pro Injektion betragen [836].

Überdosierungen sind zu vermeiden, da es zu Diarrhoe, Hautjucken oder akneiformen Hauterscheinungen kommen kann [837] [838]. Nach intravenösen Gaben können auch lokal allergische Reaktionen auftreten [839].

15.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Eine Substitution mit Pankreasenzymen soll bei Patienten mit Fettstühlen erfolgen.

Konsens (92 %)

Hintergrund

Nach einer Gastrektomie geben bis zu 90 % der Patienten gastrointestinale Beschwerden an wie Diarrhoen, Fettstühle, Meteorismus und Flatulenz verbunden mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust [840] [841]. Als Ursache werden veränderte Ernährungsgewohnheiten, schnelle Dünndarmpassage, Verlust an Resorptionsfläche und vor allem eine reduzierte exokrine Pankreasfunktion um bis zu 76 % angesehen [806] [842] [843]. In einer Untersuchung über einen Zeitraum von 2 Jahren nach Gastrektomie wurde eine verminderte Stuhlelastase bei 44 % der Patienten nachgewiesen, und die Patienten wiesen einen Mangel an den fettlöslichen Vitaminen A und E auf. Die Körperfettmasse halbierte sich [806].

Unter Enzymsubstitution bessern sich Stuhlkonsistenz, Stuhlfettausscheidung und dyspeptische Beschwerden der Patienten nach totaler Gastrektomie [844] [845] [846].


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15.3. Rehabilitationsmaßnahmen

15.5.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Allen rehabilitationsfähigen Patienten soll nach Abschluss der Primärtherapie eine Anschlussheilbehandlung angeboten werden.

Konsens (94 %)

Hintergrund

Patienten mit Magenkarzinom leiden postoperativ häufig unter einem weiteren Gewichtsverlust. Dies betrifft unter anderem auch die Muskelmasse, sodass ein ausgeprägtes Erschöpfungssyndrom mit eingeschränkter körperlicher Leistungsfähigkeit einhergeht. Daher sollen den Patienten ein leichtes Ausdauer- und ein spezielles Muskelaufbautraining empfohlen werden. In einer Cochrane- Übersichtsarbeit [847] wurden 56 Studien ausgewertet. Dabei zeigte die Übungsgruppe eine signifikante Reduktion von Angst, Depression, Fatigue und Schlafstörung nach einer Bewegungstherapie auf. Ebenso besserten sich die körperliche Leistungsfähigkeit und die Lebensqualität, da die Bewegungstherapie zur Verbesserung der Ausdauer und zum Erhalt der Muskelmasse beigetragen hat [848].

Während einer Rehabilitationsmaßnahme lernen die Patienten, sich bedarfsgerecht zu ernähren und durch das physiotherapeutische Programm wieder Muskelmasse aufzubauen [849]. Dies gilt auch für die Zeit nach der Rehabilitation; die Patienten erhalten dazu ein breites Motivations- und Schulungsangebot [850]. Dazu genügt es, nur ein oder zwei Aktivitätsangebote fortzuführen (z. B. Muskelaufbau durch gerätegestützte Krankengymnastik und ein kardiorespiratorisches Ausdauertraining) [849] [851].

In einer weiteren Cochrane-Analyse von 15 Studien mit 1835 Krebspatienten [852] konnte der Zusammenhang von psychoedukativen Schulungen und Motivation von Patienten untersucht werden zu gesundheitsförderndem Verhalten, wie Ernährung und körperlichem Training auf dem bestehenden körperlichen Leistungsstatus bezüglich der Rückkehr an den Arbeitsplatz. Interdisziplinäre Interventionen wie diese werden während eines Aufenthalts in Rehabilitationseinrichtungen angeboten.


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15.4. Bestimmung von Tumormarkern

15.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Eine routinemäßige Bestimmung von Tumormarkern soll in der Nachsorge nicht erfolgen.

Konsens (84 %)

Hintergrund

Es gibt in der Literatur Hinweise darauf, dass einem fehlenden Abfall der Tumormarker CEA und Ca19/9 in den ersten 4 Wochen nach einer kurativen Gastrektomie eine prognostische Bedeutung zukommt [853] [854].

Jedoch bleiben Sensitivität und Spezifität der Tumormarker gering. Ein signifikanter Anstieg von CEA und Ca19/9 beim Tumorrezidiv wird mit 54 % bzw. 40 % angegeben [855]. Wurden beide Tumormarker bestimmt, lag die Sensitivität bei 85 % [855]. Bei präoperativ erhöhten Tumormarkern waren die Tumormarker beim Rezidiv ebenfalls zu 90 % erhöht [855]. In einer weiteren Untersuchung zeigte sich das CEA bei Leberfiliae häufiger erhöht und das Ca19/9 bei peritonealer Aussaat [856].

Da es keine prospektiven Studien gibt und die retrospektiven Studien keinen Überlebensvorteil bei früherer Diagnostik eines Rezidivs nach kurativer Gastrektomie zeigten, sollte das Ergebnis der Bestimmung molekularer Marker zur Identifikation für prognostische Aussagen abgewartet werden [857].


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16. Psychoonkologie

16.1. Patientennahes Informationsmanagement

16.1.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Patienten sollten im gesamten Krankheits- und Behandlungsverlauf Zugang zu Informationen orientiert am jeweiligen Bedürfnis haben.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Befragungen von Krebspatienten ergeben übereinstimmend Defizite hinsichtlich ihrer Bedürfnisse nach Information; sie zählen zu den wichtigsten und häufigsten “unmet needs“ von Krebspatienten aller Diagnosen und Krankheitsstadien [858] [859]. Studien belegen günstige Auswirkungen angemessener Aufklärung und Informationsvermittlung hinsichtlich Krankheitsverarbeitung, besseren psychischen Befindens und höherer Lebensqualität [860] [861] [862] [863]. Professionelle kommunikative Kompetenz von Ärzten gewährleistet, dass Informationen angemessen, orientiert am jeweiligen Bedürfnis und auf eine für Patienten verständliche Weise vermittelt werden [863] [864] [865].

Es ist wichtig, dass sich Information und Aufklärung an den aktuellen Informationswünschen der Patienten orientieren. Sie sollten ermutigt werden, dem Arzt ihre derzeitigen Informationsbedürfnisse mitzuteilen, welche Informationen zurzeit für sie wichtig sind, wie umfassend und wie detailliert diese sein sollen. Weiter ist mit Patienten ihre individuelle Präferenz bezüglich geteilter Entscheidungsfindung (shared decision making) zu klären (z. B. zur Tumorbehandlung) und zu berücksichtigen [866] [867].

Behandlungsoptionen einschließlich möglicher Alternativen sollten klar und verständlich vermittelt werden, mit realistischen Informationen zur Wirksamkeit und zu potenziell nachteiligen Auswirkungen auf verschiedene Lebensbereiche. Der adäquaten Vorbereitung auf die Auswirkungen einer Gastrektomie hinsichtlich funktioneller Beeinträchtigungen kommt dabei ein besonders hoher Stellenwert zu [868]. In einer randomisierten kontrollierten Studie mit 58 Patienten mit Magen- bzw. Ösophaguskarzinom wurden Informationen signifikant besser von Patienten erinnert, wenn ihnen Audioaufnahmen ihrer Aufklärungsgespräche ausgehändigt wurden [869].

Angebote weitergehender Beratung durch eine spezialisierte Pflegekraft oder psychosoziale Fachkräfte tragen zu besserem Verständnis und Behalten der erhaltenen Informationen bei.

In einer kontrollierten Studie bei 121 Magenkarzinompatienten waren Kenntnisse und Verständnis mit einer interaktiven Form der Informationsvermittlung bis zu 1 Jahr signifikant besser als mit vortragsvermittelten Informationen; zudem waren kurzfristig verbesserte Krankheitsverarbeitung und LQ nachzuweisen [870]. Das persönliche Gespräch ist durch Informationsmaterial (Broschüren usw.) zu ergänzen. Patienten sollten im gesamten Krankheits- und Behandlungsverlauf Zugang zu Informationen – orientiert am jeweiligen Bedürfnis – haben; wiederholte Gespräche mit Arzt/Beratern fördern die Verarbeitung und Integration und sollten eingeplant werden. Angehörige und weitere Bezugspersonen sollten wann immer möglich in Information und Aufklärung einbezogen werden.


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16.2. Psychoonkologische Betreuung

16.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die psychoonkologische Versorgung durch angemessene professionelle Unterstützung soll im gesamten Krankheitsverlauf integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein.

Starker Konsens (100 %)

29.05.2018: Änderung der Formulierung auf Wunsch der AG

Hintergrund

Die Wirksamkeit unterschiedlicher psychoedukativer und psychotherapeutischer Interventionen bei Tumorpatienten ist gesichert hinsichtlich: Symptomreduktion (Depression, Angst, Schmerzen, Fatigue), Krankheitsverarbeitung und Verbesserung der Lebensqualität. Dies belegen systematische Übersichtsarbeiten [871] [872] [873] [874] [875] [876] [877] [878] und Metaanalysen [879] [880] [881] [882], wobei sich keine sichere Überlegenheit bestimmter Therapieverfahren zeigt. Daher sollten gemeinsam mit dem Patienten anhand seiner individuellen Problemlage, der Belastungen infolge Krankheit/Behandlung, des Ausmaßes psychischer Beeinträchtigung bzw. Leidens und unter Berücksichtigung seiner persönlichen und sozialen Ressourcen und Präferenzen geeignete Formen psychischer Unterstützung gewählt werden. Sie umfassen:

  • Beratung und Edukation zu körperlichen, psychischen und sozialen Auswirkungen von Krebserkrankung und Behandlung, zur Krankheitsbewältigung

  • Supportive Therapie zur Unterstützung bei der Verarbeitung der Krankheitserfahrung und Belastungen

  • Entspannungs- und körperorientierte Verfahren zur Symptomlinderung (Schmerz, Übelkeit, Dyspnoe, situative Angst)

  • Krisenintervention bei akuten Belastungssituationen oder starker Symptombelastung

  • Kognitiv-behaviorale oder psychodynamische Psychotherapie bei psychischen und Traumafolgestörungen bzw. Konflikten, insbesondere, wenn sie durch die Krebserkrankung reaktiviert werden

  • Paar- und Familieninterventionen zur Stützung familiärer Beziehungen, Mobilisierung von Ressourcen und elterlicher Kompetenz

  • Ggf. Begleitung in der Sterbe- und Trauerphase

16.2.1. Lebensqualität

16.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Die Lebensqualität sollte wiederholt im Krankheitsverlauf aus Patientensicht erfragt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Ergänzend zu den klassischen Parametern für die Beurteilung und Planung von Diagnostik und Therapiemaßnahmen haben patientengenerierte Informationen (PRO = patient-reported outcome) zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQL) einen hohen Stellenwert. Kontrollierte Studien sprechen für den Nutzen einer Routineerfassung der LQ in der klinischen Patientenversorgung – hinsichtlich Patientenzufriedenheit und Verbesserung der Arzt-Patient-Kommunikation ohne erhöhten Zeitaufwand [883] [884] [885]. Die systematische Erfassung von PRO-Informationen verbessert die frühzeitige Identifizierung von Symptomen, Problembereichen und Therapienebenwirkungen und hat Einfluss auf Therapieentscheidungen, vor allem bei einem palliativem Therapieziel [883] [886]. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien stellt die vom Patienten selbst geschätzte HRQL einen unabhängigen prognostischen Prädiktor dar [887] [888] [889] [890] [891], der in den Behandlungspfad einbezogen werden sollte. Zur Messung der Lebensqualität sind geeignete standardisierte (generelle und spezifisch für Magenkarzinom) Fragebogen einzusetzen, die die Lebensqualität im Selbsturteil des Patienten abbilden und die körperliche, psychische und soziale Funktionen sowie Symptome wie Fatigue, Schmerzen, Appetit und Übelkeit erfassen [892]. In deutscher Übersetzung liegt eine Reihe von standardisierten, praktikablen und international vergleichbaren Fragebogen vor (Auswahl):

  • EORTC-QLQ-C30-Kernfragebogen zur Erfassung gesundheitsbezogener Lebensqualität der EORTC mit 30 Items [893]

  • FACT-Skalen – Functional Assessment of Cancer Therapy mit 32 Items [894]

  • SF-36 Health Survey Short Form mit 36 Items [895]

Die generellen Instrumente zur Erfassung von LQ sollten durch spezifische Module für Patienten mit Magenkarzinom, z. B. EORTC QLQ-STO 22, ergänzt werden [896]: Die aufgeführten Instrumente sind hinsichtlich ihrer Messgüte (Reliabilität, Validität und Veränderungssensitivität) eingehend geprüft [893] [896]. Es sollte aufgrund klinischer Erwägungen entschieden werden, welches Instrument für ein bestimmtes Setting geeignet ist und einem Patienten zugemutet werden kann.


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16.2.2. Psychometrie

16.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Das psychische Befinden der Patienten soll im Krankheitsverlauf wiederholt ermittelt werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Über den gesamten Krankheitsverlauf treten behandlungsbedürftige psychische Belastungen und Störungen mit einer Häufigkeit von 20–35 % auf (Krebspatienten aller Tumorlokalisationen und Krankheitsstadien), wobei keine Daten speziell für Patienten mit Magenkrebs vorliegen. Es überwiegen Anpassungsstörungen (F 43.12), akute Belastungsreaktionen (F 43.0) gefolgt von depressiven Störungen (Major Depression 8–20 %, Dysthymie 5–15 %) [897] [898] [899]. Fortgeschrittenes Krankheitsstadium, ausgeprägte funktionelle Beeinträchtigung und hoher somatischer Beschwerdedruck sind mit höherem Risiko psychischer Störungen verbunden [900] [901]. Hinweise sprechen bei Patienten mit Magenkrebs für eine erhöhte Vulnerabilität für Depression infolge Gewichtsverlusts bzw. Malnutrition [902]. Ein beträchtlicher Prozentsatz psychischer Störungen bei Tumorpatienten wird nicht zutreffend diagnostiziert und bleibt unzureichend behandelt [899] [903] [904] [905] mit nachteiligen Auswirkungen auf körperliches Befinden, Funktionsstatus, Beschwerden (Schmerzen, Fatigue) und die Lebensqualität der Patienten [906]. Angesichts gesicherter Wirksamkeit psychosozialer und psychotherapeutischer Interventionen sollte das psychische Befinden der Patienten regelmäßig im Krankheitsverlauf, d. h. in allen Krisenphasen und zu Zeiten mit erwartbar hoher Belastung, ermittelt werden. Neuere Studien sprechen für die Wirksamkeit von screeningbasierten psychosozialen Interventionen bei Tumorpatienten, z. B. „collaborative care“ [898] [907] [908]. Screeningverfahren umfassen die Beantwortung einiger einfacher gezielter Fragen durch den Patienten, entweder im persönlichen Kontakt oder mithilfe eines Fragebogens. Verschiedene Screeningverfahren stehen zur Identifizierung behandlungsbedürftiger Patienten mit hoher psychischer Belastung bzw. Komorbidität zur Verfügung.

1. Psychometrisch geprüfte und praktikable Fragebogeninstrumente zur Selbsteinschätzung, die von Patienten als Papier- oder Computerversion mit geringem Zeitaufwand und guter Akzeptanz ausgefüllt werden. Eine Übersicht mit Darstellung verschiedener Screeningverfahren findet sich bei [871] [909], online erhältlich unter www.pso-ag.de. Generell kann kein einzelnes Verfahren für alle klinischen Settings gleichermaßen empfohlen werden. Als besonders einfach und praktikabel hat sich das „Distress-Thermometer“ (DT) bewährt, mit dem der Patient auf einer visuellen Analogskala von 0 (gar nicht belastet) bis 10 (extrem belastet) angibt, wie stark er sich in der letzten Woche belastet gefühlt hat [910] [911] [912]. Ein Wert von 5 oder höher spricht für auffällige Belastung. Ergänzend umfasst eine Problemliste mit 36 Items mögliche Problembereiche.

2. Im Rahmen der ärztlichen oder Pflegeanamnese können Patienten mit hoher Belastung (insbesondere Depressivität) mithilfe einfacher Screeningfragen identifiziert werden. Der „Zwei-Fragen-Test“ stellt ein sehr zeitsparendes Verfahren dar, das mit hoher Sensitivität und Spezifität das Vorliegen einer depressiven Störung ermittelt [913]:

  1. Fühlten Sie sich im letzten Monat häufig niedergeschlagen, traurig, bedrückt oder hoffnungslos?

  2. Hatten Sie im letzten Monat deutlich weniger Lust und Freude an Dingen, die Sie sonst gerne tun?

Screeningverfahren erlauben definitionsgemäß keine Diagnose einer psychischen Störung; besteht eine auffällige Belastung bzw. der V. a. eine behandlungsbedürftige psychische Störung, ist eine diagnostische Abklärung mittels klinischer Diagnostik anzuschließen [914].


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17. Komplementäre Therapie

17.1. Allgemeine Hinweise zu komplementären und alternativen Verfahren

17.1.

Konsensbasiertes Statement

Geprüft 2019

EK

Komplementäre Verfahren werden parallel zur konventionellen Therapie angewendet und unterscheiden sich von alternativen Verfahren dadurch, dass sie den Wert der konventionellen Verfahren nicht infrage stellen, sondern sich als Ergänzung verstehen.

Konsens (85 %)

17.2.

Konsensbasierte Empfehlung

Geprüft 2019

EK

Patienten sollten nach ihrer Nutzung von komplementären und alternativen Therapien befragt werden.

Starker Konsens (100 %)

17.3.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Patienten, die komplementäre Verfahren einsetzen, sollten auch auf mögliche Risiken und Interaktionen hingewiesen werden.

Starker Konsens (96 %)

17.4.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Diagnostische Maßnahmen der alternativen oder komplementären Medizin sollen für Patienten mit Karzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs nicht empfohlen werden.

Konsens (89 %)

Hintergrund

Es gibt keine allseits anerkannte Definition der komplementären und alternativen Medizin. Meist wird sie von der sogenannten Schulmedizin abgegrenzt, ohne dass diese Grenzziehung einheitlich erfolgt [915]. Die komplementäre Therapie steht auf dem Boden der Regeln der wissenschaftlichen Medizin. Sie geht davon aus, dass der Wirksamkeitsnachweis erbringbar ist, und sie wird in Abstimmung mit der Schulmedizin ergänzend als integrative Therapie angewendet [916].

Komplementärmedizin gehört zu den von Patienten häufig genutzten Methoden in der Onkologie – die Prävalenz liegt zwischen 14 und 64 % [917]. Untersuchungen über die Nutzerrate bei Patienten mit Magenkarzinom liegen nicht vor, ebenso keine Auswertung, welche Methoden von den Patienten am häufigsten genutzt werden.

Zu den komplementären und alternativen Verfahren gehören diagnostische Methoden und überwiegend Therapieverfahren.

Zum Teil werden Methoden der wissenschaftlichen Diagnostik eingesetzt, aber in einem Kontext verwendet, der nicht dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand entspricht (Beispiel sind „zirkulierende Tumorzellen“, „Allergiediagnostik“, „Immunstatus“). Wenn sie Patienten vor ausreichender Evaluation angeboten werden und wenn aus ihnen Therapieempfehlungen abgeleitet werden, stellen sie eine Gefährdung rationaler Entscheidungen dar.

In der Therapie finden wir ein großes Spektrum an Methoden: Nahrungsergänzungsmittel und andere Substanzen, Phytotherapie, immunologische Therapien, alte medizinische Systeme wie chinesische oder indische Medizin, eigene Systeme/Denkentwürfe wie Homöopathie, Anthroposophische Medizin, Ernährungstherapie, technikgestützte Verfahren, Mind-Body-Therapien etc. [918].

Die ärztliche Beratung zum Thema Komplementärmedizin sollte zunächst das Interesse des Patienten zu diesem Thema abfragen [919]. Hilfreich kann es sein, dabei auch die für den Patienten relevanten (laienätiologischen) Modelle der Tumorentstehung abzuklären [920]. Das Ziel der weiteren Beratung ist es, neben einer fachlich fundierten Aufklärung über die Möglichkeiten, aber auch Risiken der komplementären Therapie die Arzt-Patienten-Beziehung zu stärken und zu einer gegenseitigen Offenheit zu führen [921] [922].

Alternative Verfahren finden sich oft auf dem Boden von ätiologischen Konzepten, die den wissenschaftlichen Erkenntnissen widersprechen. Der Wirksamkeitsnachweis wird nicht mit den Methoden der wissenschaftlichen Medizin erbracht, diese Methodik wird als inadäquat abgelehnt. Sie tritt an die Stelle der schulmedizinischen Therapie oder beachtet, wenn sie parallel angewendet wird, nicht die Auswirkungen auf die „Schulmedizin“ (Interaktionen). Patienten werden im Rahmen alternativer Therapiekonzepte oft die Therapiechancen der „Schulmedizin“ vorenthalten. Auch bei fortgeschrittenen Tumorerkrankungen werden den Patienten Heilsversprechen gegeben. Die Überlebenschance der so Behandelten ist weitaus geringer [923].

Patienten treffen bei der Suche nach Hilfe auf viele nicht fundierte Angebote [924]. Z. T. beruhen sie auf dem ehrlichen Bemühen von Ärzten, ihre Patienten zu unterstützen, die sich mit den Forschungsergebnissen der Onkologie weniger gut auskennen [925]. Es gibt darüber hinaus zahlreiche Anbieter, für die ökonomische Aspekte im Vordergrund stehen. Die Angebote verändern sich zum Teil rasch, indem neue Methoden auftauchen. Zum Teil beruhen die Methoden auf der traditionellen Erfahrungsheilkunde, z. T. nutzen sie Adaptationen moderner Forschungszweige oder eigene Interpretationen von Kanzerogenese und immunologischen Zusammenhängen, die auch für onkologisch nicht spezialisierte Ärzte nur schwer als unseriös zu erkennen sind.


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17.2. Misteltherapie

17.5.

Evidenzbasierte Empfehlung

Neu 2019

Empfehlungsgrad

0

Eine Misteltherapie kann bei Patienten mit Karzinomen des Magens bzw. ösophagogastralen Übergangs mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensqualität, nicht aber der Lebensverlängerung angewendet werden.

Level of Evidence

2b

DeNovo [926] [927] [928] [929] [930] [931] [932] [933]

Konsens (89 %)

Hintergrund

Es gibt schwache Hinweise für eine Verbesserung der Lebensqualität durch Misteltherapie. Eine randomisierte kontrollierte Pilotstudie mit 32 postoperativen Magenkarzinompatienten berichtete positive Effekte einer Misteltherapie in Ergänzung zur Chemotherapie im Vergleich zu keiner zusätzlichen Therapie auf die Lebensqualität [926]. In Bezug auf gemischte Tumorentitäten kommen die Cochrane- Analyse [932] sowie die systematischen Reviews von Kienle und Büssing [927] [933] zu der Schlussfolgerung, dass die Datenlage nicht beweisend ist und schwache Hinweise für eine Verbesserung der Lebensqualität sprechen. Es gibt keine prospektiven Daten zur Langzeitanwendung und ihren Folgen. Unter einer Misteltherapie kommt es zu einer Reihe von immunologischen Veränderungen, die in den verschiedenen Studien je nach Fragestellung differieren. Es ist ungeklärt, ob es auch zu klinisch negativen Immuneffekten kommen kann [928] [929]. Die gut gemachten Studien von Kleeberg und Steuer-Vogt mit negativem Ergebnis lassen negative Effekte der Misteltherapie zumindest bei den hier geprüften Tumorentitäten (Melanom, Kopf-Hals-Tumoren) nicht ausschließen. Es gibt keine vergleichenden Aussagen zu den verschiedenen Mistelpräparaten; die Herstellerempfehlungen basieren bezüglich der Auswahl, z. B. Stärke und Wirtsbaum, nicht auf Studien mit wissenschaftlicher Evidenz, sondern sind an das anthroposophische Weltbild und die daraus resultierenden Vorstellungen zur Tumorpathogenese angelehnt.

Sowohl die Cochrane-Analyse [932] als auch eine systematische Übersichtsarbeit und eine Metaanalyse retrospektiver Studien von Ostermann zur der Auswirkung einer Misteltherapie auf das Überleben von Krebspatienten [934] [935] kommen zu der Schlussfolgerung, dass die meisten der bisher veröffentlichten Studien nicht von ausreichender Qualität sind und die Evidenz daher schwach ist. Darüber hinaus liegen keine Studien zu den Effekten der Misteltherapie auf das Überleben von Magenkarzinompatienten vor.


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17.3. Chinesische Kräutermischungen

17.6.

Konsensbasierte Empfehlung

Modifiziert 2019

EK

Chinesische Kräutermischungen sollten bei Magenkarzinomen nicht angewendet werden.

Starker Konsens (97 %)

Hintergrund

Ein Cochrane-Review von 2013 zu der Anwendung von Chinesischen Kräutermischungen gemäß der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) bei fortgeschrittenem Magenkarzinom identifizierte 85 Studien mit 6857 Patienten. Es wurden keine Hinweise für die Wirksamkeit von TCMs bei der Verbesserung der Lebensqualität, der Remissionsrate, der Linderung der Chemotherapienebenwirkungen, der Verzögerung der Zeit bis zum Fortschreiten der Erkrankung, der Verlängerung der medianen Überlebenszeit oder der Verringerung der kurzfristigen Sterblichkeit gefunden. Begrenzte und schwache Beweise zeigten, dass einige der Rezepturen in Kombination mit der Chemotherapie Leukopenie abschwächen und durch die Chemotherapie verursachte unerwünschte Ereignisse im Verdauungssystem verbessern konnten. Die Ergebnisse sind jedoch vor dem Hintergrund einer sehr geringen Qualität der eingeschlossenen rein chinesischen Studien zu interpretieren [936]. Bei dem Einsatz von TCM bei anderen Krebserkrankungen gibt es Hinweise auf positive Effekte bezüglich Lebensqualität und Immunsystem. Die Anwendung außerhalb von Studien ist nicht zu empfehlen. Es liegen kaum Informationen zu Interaktionen und Nebenwirkungen vor [937] [938]. Es gibt eine Reihe von Berichten zu unsauberen Präparaten und Beimischungen mit z. T. tödlichen Folgen einer Therapie mit Kräutern aus asiatischen Quellen. Zu den gefundenen Beimengungen gehören Schwermetalle, Pestizide und auch medizinisch wirksame Substanzen wie Corticoide und Coumarine. Nicht alle in Deutschland erhältliche Präparate enthalten die deklarierten Pflanzen, eine genaue Bestimmung des Inhalts ist nur in Speziallabors möglich.


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17.4. Probiotika

17.7.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Probiotika können bei Diarrhoe eingesetzt werden. Aufgrund von vereinzelten Sepsisfällen unter Chemotherapie/Immunsuppression muss die Indikation jedoch streng geregelt werden.

Konsens (79 %)

Hintergrund

Die Ergebnisse eines systematischen Reviews mit 11 Studien und 1557 Patienten zu der Wirksamkeit und Sicherheit einer probiotischen Therapie bei Krebspatienten unterschiedlicher Entitäten [939] zeigen, dass Probiotika als komplementäre Therapie bei Diarrhöen unter onkologischer Behandlung zu signifikanten Reduktionen der CTC ≥Grad-2-Diarrhöen und einer nicht signifikanten Minderung der CTC ≥Grad-3-Diarrhöen führen. Darüber hinaus tragen Probiotika möglicherweise zu einer Reduktion des Bedarfs an Antidiarrhoika bei. Bei 5 von 756 Patienten wurden unter der Gabe von Probiotika während Chemotherapie/Immunsuppression Fälle von Sepsis beschrieben.

Weitere Studien sind daher notwendig, bevor eine Empfehlung ausgesprochen werden kann.


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17.5. Akupunktur

17.8.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

EK

Akupunktur kann zur Linderung krebsbedingter Schmerzen in einem multimodalen Programm angewendet werden.

Starker Konsens (100 %)

17.9.

Konsensbasiertes Statement

Modifiziert 2019

Level of Evidence

EK

Akupunktur kann im palliativen Setting komplementär zur Linderung therapiebedingter Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, Fatigue) eingesetzt werden.

Starker Konsens (96 %)

Hintergrund

Ein systematisches Review von 2017 mit 29 inkludierten Studien, darunter auch Studien mit Magenkarzinompatienten, kommt zu dem Schluss, dass durch Akupunktur krebsbedingte Schmerzen reduziert werden können. Eine Subgruppenanalyse zu verschiedenen Schmerzauslösern ergab, dass Akupunktur effektiv operations- oder tumorbedingte Schmerzen bei Krebspatienten verringerte, während sich bei durch Chemo- bzw. Strahlentherapie und Hormontherapie induzierten Schmerzen keine signifikante Schmerzreduktion zeigte. Dabei lagen für die Analyse von tumorbedingten Schmerzen sowie von durch Chemo- und Strahlentherapie induzierten Schmerzen Studien mit Magenkarzinompatienten vor, während die Analysen für operationsbedingte und durch Hormontherapie induzierte Schmerzen ausschließlich auf anderen Tumorentitäten basieren [940]. Ein Cochrane-Review von 2012 identifizierte insgesamt 5 Studien, davon eine Studie zu Patienten mit Magenkarzinom, und schlussfolgerte insgesamt, dass die Evidenz derzeit unzureichend sei, um zu beurteilen, ob Akupunktur effektiv krebsbedingte Schmerzen reduzieren kann [941].

Eine Übersichtsarbeit von 23 systematischen Reviews zu der Effektivität von Akupunktur und verwandten Therapien in der palliativen oder supportiven Behandlung onkologischer Patienten [942] kommt zu dem Ergebnis, dass Evidenz in der Therapie krebsbedingter Fatigue, chemotherapieinduzierter Übelkeit/Erbrechen und Leukopenie besteht. Ein weiteres systematisches Review schloss insgesamt 13 Studien ein. Eine von zwei Studien zu gastrointestinalen Tumoren berichtet von einer Verbesserung der Lebensqualität durch Akupunktur und verwandte Therapien in Kombination mit TCM [943]. Insgesamt wird Akupunktur von den Autoren als nebenwirkungsarmes Verfahren beschrieben, das genutzt werden kann, wenn die konventionellen Therapiemöglichkeiten limitiert sind [942].

Weiterhin wird die Minderung von krebsbedingten psychologischen Symptomen wie Angst, Depressivität und Schlafstörungen durch Akupunktur zunehmend untersucht [944]. Studien konnten dabei teils signifikante Besserungen der genannten Symptome berichten, die Aussagekraft ist jedoch aufgrund geringer Fallzahlen eingeschränkt.

Insgesamt ist bei der Anwendung von Akupunktur zu beachten, dass bei einzelnen Patienten unerwünschte Effekte wie Übelkeit, Erbrechen, Verstopfung, Schwitzen und Taubheitsgefühle auftreten können [940].


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17.6. Achtsamkeitsbasierte Verfahren

17.10.

Konsensbasiertes Statement

Neu 2019

EK

Achtsamkeitsbasierte Verfahren/Mind-Body-Medizin können komplementär zur Verbesserung der Lebensqualität und der Linderung von Ängsten und Stress eingesetzt werden.

Starker Konsens (100 %)

Hintergrund

Die Begriffe Meditation und mindfulness-based meditation sowie mindfulness-based stress reduction (MBSR) umfassen sehr unterschiedliche Ansätze. Gemeinsam ist ihnen der Versuch, die (Selbst-)Achtsamkeit des Patienten zu erhöhen und damit einen besseren Umgang mit der Krankheitssituation zu erreichen. Systematische Übersichtsarbeiten mit Mischkollektiven onkologischer Patienten geben Hinweise darauf, dass MBSR die Lebensqualität verbessern sowie Stress, Angst und depressive Symptome reduzieren kann [945] [946]. Hinsichtlich einer Verbesserung der Schlafqualität liegen widersprüchliche Daten vor [945] [946]. In der begleitenden Therapie sind keine negativen Wirkungen zu erwarten, allerdings gilt dies nicht für Verfahren, die für sich eine tumorheilende (alternative) Wirkung reklamieren (z. B. bestimmte Varianten des Qi Gong).

Yoga wird häufig als Teil von MBSR angewendet, es gibt aber auch Studien zu dem alleinigen Einsatz. Dabei finden sich in zwei systematischen Reviews [947] [948] und einer Metaanalyse Hinweise auf Verbesserungen von Schlafqualität, Angst, depressiven Symptomen und Stress [949], die aber vor dem Hintergrund einer großen Heterogenität und geringen Qualität der Studien zu interpretieren sind.


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17.7. Weitere Verfahren

Eine Empfehlung für die Anwendung weiterer Verfahren der Komplementärmedizin kann nicht gegeben werden, da die Datenlage insgesamt und/oder für Patienten mit Magenkarzinom unzureichend ist.

Wirksamkeit bei anderen Entitäten vorhanden

Massage/Aromatherapie/berührende Therapieverfahren

Ein systematisches Review von Lee [950] hat Massage in der Therapie krebsbedingter Schmerzen untersucht und dafür 3 kontrollierte und 9 randomisierte kontrollierte Studien mit 559 Patienten mit verschiedenen Tumorentitäten eingeschlossen. Im Ergebnis zeigte sich, dass Massagen im Vergleich zu der Standardbehandlung oder keiner Behandlung tumorbedingte und insbesondere operationsbedingte Schmerzen bei Krebspatienten lindern können. Unter den verschiedenen Arten von Massage schien Fußreflexzonenmassage dabei effektiver zu sein als Körper- oder Aromamassage. Darüber hinaus hat ein Cochrane-Review von 2016 [951] die Anwendung von Massagen mit und ohne Aromatherapie bei krebsbedingten Schmerzen untersucht. Das Review umfasste 19 Studien mit 1274 Patienten, darunter auch einige der von Lee et al. inkludierten Studien, konnte aber keine relevanten Symptomverbesserungen im Vergleich zu den Kontrollgruppen finden und schlussfolgerte, dass insgesamt keine ausreichende Evidenz für die Anwendung von Massagen vorliegt.


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Hypnose/Visualisierungen

Eine Metaanalyse von Chen et al. mit 20 Studien gibt Hinweise darauf, dass Hypnose bei Krebspatienten, insbesondere Kindern und Jugendlichen, Angst reduzieren kann. Die von einem Therapeuten durchgeführte Hypnose war effektiver als Selbsthypnose. Viele der Studien waren allerdings mit Kindern und nicht speziell zu Magenkarzinom [952].


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Isolierte, sekundäre Pflanzenstoffe

Für eine Reihe von hauptsächlich aus pflanzlichen Stoffen gewonnenen Präparaten liegen präklinisch experimentelle Daten vor, die auf eine antitumorale Wirkung hindeuten. Zu den präklinisch geprüften Substanzen gehören sekundäre Pflanzenstoffe wie Flavonoide (z. B. EGCG aus grünem Tee, Curcumin, Quercetin) und Terpene. Z.T. liegen In-vitro- und In-vivo-Daten vor, die eine synergistische Wirkung zeigen mit bestimmten Chemotherapeutika, die für die Therapie des Magenkarzinoms eingesetzt werden, oder mit einer Bestrahlung [953]. Da über Interaktionen wenig bekannt ist, aber eine Wirkungsabschwächung insbesondere bei Substanzen möglich ist, die Cytochrom P450 3A4 beeinflussen, und generell bei Antioxidanzien während Chemo- und Strahlentherapie und auch bei den small molecules, sollte der parallele Gebrauch in pharmakologischen Dosierungen vermieden werden. Die Aufnahme über eine gesunde obst- und gemüsereiche Ernährung ist wünschenswert.


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Keine Wirksamkeitsnachweise bei anderen Entitäten

Homöopathie

Die Cochrane-Analyse [954] umfasst eine sehr heterogene Gruppe von Studien; die beiden positiv bewerteten umfassten keine Homöopathie im eigentlichen Sinn, sodass insgesamt keine einzige Studie den positiven Effekt der Homöopathie bei Tumorpatienten belegt.


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Immuntherapien (z. B. Thymustherapie)

Ein Cochrane-Review von 2011 (26 Studien, 2736 Patienten), das die Wirksamkeit von gereinigten Thymusextrakten und synthetischen Thymuspeptiden [955] bei der Behandlung von Patienten mit verschiedenen Tumorentitäten untersucht hat, konnte insgesamt keine Beweise dafür finden, dass die Zugabe von gereinigten Thymusextrakten zur antineoplastischen Behandlung das Risiko des Todes oder des Fortschreitens der Krankheit verringerte, noch dass es die Rate der Tumorreaktionen auf die antineoplastische Behandlung verbesserte. Für Thymosin α gab es einen Trend für ein verringertes Sterberisiko und ein verbessertes krankheitsfreies Überleben. Es gab vorläufige Hinweise darauf, dass gereinigte Thymusextrakte das Risiko schwerer infektiöser Komplikationen bei Patienten unter Chemotherapie oder Strahlentherapie senkten.

Für Immunstimulanzien wie Echinacin, Aloe, Noni, fermentierten Weizenkeimextrakt, Milzpeptide etc. liegen keine klinischen Studien vor, die einen supportiven Einsatz begründen.


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18. Qualitätsindikatoren

Qualitätsindikatoren sind Messgrößen, deren Erhebung der Beurteilung der Qualität der zugrunde liegenden Strukturen, Prozesse bzw. Ergebnisse dient. Qualitätsindikatoren sind ein wichtiges Instrument des Qualitätsmanagements [956] [957]. Ziel ihres Einsatzes ist die stetige Verbesserung der Versorgung, indem die Ergebnisse der Versorgung dargestellt, kritisch reflektiert und, wenn nötig, verbessert werden. Die vorliegende Auswahl von Qualitätsindikatoren wurde gemäß der Methodik des Leitlinienprogramms Onkologie erstellt [958]. Für den Ableitungsprozess konstituierte sich eine „Arbeitsgruppe Qualitätsindikatoren“ (AG QI). Diese erstellte das finale Set der Qualitätsindikatoren auf der Grundlage der bereits bestehenden Qualitätsindikatoren der Leitlinie 2012, der starken Empfehlungen (Empfehlungsstärke A, „soll“) der aktualisierten Leitlinie sowie der Ergebnisse der Recherche nach bestehenden nationalen und internationalen Qualitätsindikatoren. Die genaue Vorgehensweise und die Zusammensetzung der AG QI sind im Leitlinienreport dargelegt.

Nach einer Präsenzsitzung und einer Telefonkonferenz dieser AG wurden fünf neue Indikatoren angenommen. Diese kommen zu fünf bereits bestehenden Indikatoren hinzu. Das finale Set besteht somit aus zehn Qualitätsindikatoren ([Tab. 21]).

Tab. 21

Qualitätsindikatoren.

Qualitätsindikator

Referenz Empfehlung

Evidenzgrundlage/weitere Informationen

Vorbemerkungen: Der Zähler ist stets eine Teilmenge des Nenners.

Die Qualitätsindikatoren 3, 7, 8 und 9 können mit dem onkologischen Basisdatensatz der Krebsregister dokumentiert werden (Stand: 07.2019).

QI 1: Vollständiger Pathologiebericht (neu)

Zähler:

Anzahl Patienten mit mindestens folgenden Angaben im pathohistologischen Befundbericht:

  • Art des entfernten Materials,

  • Tumorlokalisation (makroskopisch/mikroskopisch),

  • minimale Entfernung des Tumors zu den Resektionsrändern,

  • Größe des Tumors,

  • mikroskopischer Tumortyp (nach aktueller WHO-Klassifikation),

  • Grading* (aktuelle WHO-Klassifikation),

  • TNM-Klassifikation (unter Angabe der untersuchten und befallenen Lymphknoten),

  • R-Klassifikation.

* ggf entfallend nach neoadj Therapie

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) und operativer Resektion

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

8.2

Die pathologisch-anatomische Begutachtung soll vollständig und in standardisierter Form vorgenommen werden (siehe Angaben im Hintergrundtext).

EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig vollständige pathohistologische Befundberichte nach operativer Resektion eines Karzinoms des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs.

QI 2: Endoskopische En-bloc-Resektionen (neu)

Zähler:

Anzahl Patienten mit En-bloc-Resektion

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) und endoskopischer Resektion

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

9.1

Intraepitheliale Neoplasien (sogenannte Dysplasien) jeglicher Größe sowie Magenfrühkarzinome, die alle vier folgenden Kriterien erfüllen, sollen endoskopisch en bloc reseziert werden:

  • ≤ 2 cm Durchmesser

  • nicht ulzeriert

  • Mukosakarzinom

  • intestinaler Typ bzw. histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1 / G2)

9.3

Die endoskopische Resektion von Magenfrühkarzinomen soll als komplette En-bloc-Resektion erfolgen, die eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder erlaubt.

9.1: LoE 3b; 9.2: EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig En-bloc-Resektionen bei endoskopischer Resektion von Karzinomen des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs.

QI 3: R0-Resektionen (Endoskopie) (neu)

Zähler:

Anzahl Patienten mit R0-Resektion nach abgeschlossener endoskopischer Therapie

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) und endoskopischer Resektion

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

9.1

Intraepitheliale Neoplasien (sogenannte Dysplasien) jeglicher Größe sowie Magenfrühkarzinome, die alle vier folgenden Kriterien erfüllen, sollen endoskopisch en-bloc reseziert werden:

  • ≤ 2 cm Durchmesser

  • nicht ulceriert

  • Mukosakarzinom

  • intestinaler Typ bzw. histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1/G2)

9.3

Die endoskopische Resektion von Magenfrühkarzinomen soll als komplette en-bloc Resektion erfolgen, die eine vollständige histologische Beurteilung der lateralen und basalen Ränder erlaubt.

9.1: LoE 3b; 9.2: EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig R0-Situationen nach endoskopischer Resektion eines Magenkarzinoms oder Karzinoms des ösophagogastralen Übergangs.

QI 4: Ernährungsstatus (neu)

Zähler:

Anzahl Patienten mit Feststellung des Ernährungsstatus nach Nutritional Risk Score und Body Mass Index

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9)

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

14.2

Der Ernährungsstatus soll bei allen Tumorpatienten, beginnend mit der Diagnosestellung, bei jeder stationären Aufnahme und bei ambulantem Patientenkontakt beurteilt werden, um Interventionen frühzeitig einleiten zu können.

EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig Erhebung des Ernährungsstatus bei Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs.

QI 5: Anastomoseninsuffizienz Grad III (neu)

Zähler:

Anzahl Patienten mit Anastomoseninsuffizienz Grad III

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) und Resektion mit Rekonstruktion mittels Anastomose

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

Spezifisches Ziel der Leitlinie:

  • Erfassung Anastomoseninsuffizie nz Grad III (Localized defect requiring surgical therapy) nach Gastrektomie.

Qualitätsziel:

Möglichst selten Anastomoseninsuffizienzen Grad III nach Resektion mit Rekonstruktion mittels Anastomose bei Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs

Anmerkungen:

Einteilung der Anastomoseninsuffizienz in I–III.

I = locally defect, no change in therapy, only medicaments or diet modification

II: Localized defect requiring intervention, but no surgery, e. g. IR drain, stent or bedside opening

III: Localized defect requiring surgical therapy

(nach: Low, D.E et al. International Consensus on Standardization of Data Collection for Complications Associated With Esophagectomy: Esophagectomy Complications Consensus Group (ECCG). Ann Surg, 2015 Aug; 262: 286–294)

QI 6: Vitamin-B12-Substitution nach Gastrektomie (seit 2012, in 2019 modifiziert, bisher QI 13)

Zähler:

Anzahl Patienten mit dokumentierter Empfehlung zu Vitamin-B12-Substitution (z. B. 1000 µg alle 3 Mo) im Arztbrief

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) nach Gastrektomie

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

15.3

Nach einer Gastrektomie soll eine regelmäßige parenterale Vitamin-B12-Substitution lebenslang durchgeführt werden.

EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig Empfehlung und Durchführung von Vitamin-B12-Substitution nach Gastrektomie bei Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs

QI 7: Perioperative Chemotherapie bei Magenkarzinomen cT3 und cT4, M0 (seit 2012, in 2019 modifiziert)

Zähler:

Anzahl Patienten mit präoperativer Chemotherapie

Nenner:

Alle Patienten mit Erstdiagnose Magenkarzinom (ICD-10 16.1–16.9) cT3 oder cT4, M0 und Resektion

11.2

Bei lokalisiertem Magenkarzinom der Kategorie cT3 und resektablen cT4-Tumoren soll eine perioperative Chemotherapie, d. h. präoperativ begonnen und postoperativ fortgesetzt werden.

LoE 1a, EG A

Qualitätsziel:

Möglichst häufig präoperative Chemotherapie bei lokalisierten Magenkarzinomen cT3 oder cT4, M0 mit Resektion.

QI 8: Perioperative Chemotherapie oder Radiochemotherapie bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs mit cT3 oder cT4, M0 (seit 2012, in 2019 modifiziert)

Zähler:

Anzahl Patienten mit präoperativer Chemotherapie oder Radiochemotherapie

Nenner:

Alle Patienten mit Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 16.01) cT3 oder cT4, M0 und Resektion

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

11.3

Beim nicht fernmetastasierten Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs der Kategorien cT3 und resektablen cT4-Tumoren soll eine neoadjuvante Radiochemotherapie oder eine perioperative Chemotherapie durchgeführt werden.

LoE 1a, EG A

Qualitätsziel:

Möglichst häufig perioperative Chemotherapie oder Radiochemotherapie bei Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs cT3 oder cT4, M0 und Resektion.

QI 9: Vorstellung interdisziplinäre Tumorkonferenz (seit 2012, in 2019 modifiziert)

Zähler:

Anzahl Patienten mit postinterventioneller Vorstellung in der Tumorkonferenz

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) mit operativer Therapie (endoskopische oder chirurgische Resektion)

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

11.9

Bei Nachweis eines Tumorprogresses soll die Entscheidung über die weitere Therapie interdisziplinär erfolgen.

11.12

Nach präoperativer Chemotherapie und anschließender Operation soll über die postoperative Chemotherapie interdisziplinär entschieden werden.

EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig postinterventionelle Vorstellung in der interdisziplinären Tumorkonferenz von Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs mit operativer Therapie (endoskopische oder chirurgische Resektion)

QI 10: Bestimmung HER-2-Status vor palliativer Tumortherapie (seit 2012, in 2019 modifiziert, bisher QI 11)

Zähler:

Anzahl Patienten mit Bestimmung des HER-2-Status

Nenner:

Alle Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen Übergangs (ICD-10 C16.01, C16.1–16.9) mit palliativer medikamentöser Tumortherapie

1 Tumoren, deren Zentrum > 2 cm vom ösophagogastralen Übergang entfernt ist, werden als Magenkarzinome klassifiziert, auch dann, wenn der ösophagogastrale Übergang einbezogen ist.

12.6

Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie soll der HER-2-Status als positiver prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden.

EK

Qualitätsziel:

Möglichst häufig Bestimmung des HER-2-Status vor palliativer medikamentöser Tumortherapie bei Patienten mit Karzinom des Magens oder des ösophagogastralen

Übergangs.


#

19. Anlagen

19.1. Änderungen der Leitlinie im Rahmen der Aktualisierung

Version 1 (2012)

Version 2 (2018)

Kommentar

Kapitel 3.1. Helicobacter pylori

Helicobacter pylori ist ein wesentlicher Risikofaktor für das distale Magenkarzinom.

Helicobacter pylori ist der wesentliche Risikofaktor für das Magenkarzinom.

Statement geändert

Die H.-pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprophylaxe kann bei Risikopersonen durchgeführt werden.

Die H.-pylori-Eradikation mit dem Ziel der Magenkarzinomprävention sollte bei den folgenden Risikopersonen durchgeführt werden (s. [Tab. 11]).

Empfehlung geändert

Kapitel 3.2. Weitere Risikofaktoren

Wichtige Risikofaktoren für das distale Magenkarzinom sind Alter, niedriger sozioökonomischer Status, Tabakrauchen, Alkoholkonsum, familiäre Belastung, vorangegangene Magenoperationen, perniziöse Anämie, Leben in einer Hochrisikopopulation sowie Ernährungs- und Umweltfaktoren.

Wichtige Risikofaktoren für das Nicht-Kardiakarzinom sind Alter, niedriger sozioökonomischer Status, Tabakrauchen, Alkoholkonsum, familiäre Belastung, vorangegangene Magenoperationen, perniziöse Anämie, Leben in einer Hochrisikopopulation sowie Ernährungs- und Umweltfaktoren.

Statement geändert

Übergewicht ist ein gesicherter Risikofaktor für Karzinome des ösophagogastralen Übergangs. Für das distale Magenkarzinom stellt das Übergewicht keinen signifikanten Risikofaktor dar.

Statement gestrichen

Es gibt Hinweise auf eine Assoziation zwischen einer gastroösophagogealen Refluxkrankheit (GERD) und der Entstehung eines Adenokarzinoms des Magens (AEG II und III).

Die Assoziation zwischen einer gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) und der Entstehung eines Adenokarzinoms des gastroösophagealen Übergangs ist wahrscheinlich.

Statement geändert

Kapitel 4.1. Familiäres Risiko

Ein frühes Erkrankungsalter, das Vorliegen eines diffusen Magenkarzinoms und eine familiäre Häufung sind Hinweise auf das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms.

Ein frühes Erkrankungsalter, das Vorliegen eines Magenkarzinoms und eine familiäre Häufung weisen auch bei gesunden Personen auf eine erbliche Form eines Magenkarzinoms hin. In diesen Fällen sollte die Indexperson einem multidisziplinären Team unter Einbeziehung eines Humangenetikers und Zugang zu psychosozialer Beratung vorgestellt werden.

Statement geändert

Bereits erkrankte Personen, Anlageträger und Risikopersonen für monogen erbliche Erkrankungen mit erhöhtem Risiko für Magenkarzinome sollen auf die Möglichkeit und den Nutzen einer psychosozialen Beratung und Betreuung hingewiesen werden.

Neue Empfehlung

Personen aus Familien, die die Kriterien des International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) für das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms (HDGC) erfüllen, sind Risikopersonen.

Neues Statement

Die Feststellung, ob bei einem Patienten die Kriterien des International Gastric Cancer Linkage Consortium (IGCLC) für das Vorliegen eines hereditären diffusen Magenkarzinoms erfüllt sind, soll anamnestisch durch die behandelnden Ärzte erfolgen.

Neue Empfehlung

Bei Individuen mit gesicherter pathogener CDH1-Keimbahnmutation, bei denen keine prophylaktische Gastrektomie durchgeführt wird, soll eine regelmäßige Endoskopie (ÖGD) angeboten werden.

Neue Empfehlung

In diesem Fall soll eine genetische Beratung erfolgen. Bei Nachweis einer Keimbahnmutation des CDH-1-Gens soll eine prophylaktische Gastrektomie dem Patienten nach Aufklärung geraten werden.

Risikopersonen für ein HDGC soll mit Erreichen der Einwilligungsfähigkeit (ab dem 18. Lebensjahr) eine genetische Beratung empfohlen werden. Sobald die krankheitsverursachende Mutation in der betreffenden Familie bekannt ist, sollen Risikopersonen auf die Möglichkeit einer prädiktiven Testung hingewiesen werden.

Empfehlung geändert

Bei gesicherten Trägern einer pathogenen CDH1-Mutation soll eine prophylaktische Gastrektomie ab dem 20. Lebensjahr angeboten werden.

Neue Empfehlung

Kapitel 4.2. Hereditäres nonpolypöses kolorektales Karzinom (HNPCC)

Patienten mit hereditärem kolorektalem Karzinom ohne Polyposis (HNPCC, Lynch-Syndrom) sollten über ihr erhöhtes Lebenszeitrisiko für die Entwicklung eines Magenkarzinoms aufgeklärt werden. Eine Ösophagogastroduodenoskopie kann angeboten werden.

Bei HNPCC-Patienten und Risikopersonen für HNPCC sollte ab dem 35. Lebensjahr zusätzlich zur Koloskopie regelmäßig eine ÖGD durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 5.1. Screening

Ein serologisches Screening der asymptomatischen Normalbevölkerung sollte nicht durchgeführt werden.

Ein serologisches Screening der asymptomatischen Bevölkerung auf H. pylori, EBV sowie pathologische Serumpepsinogene soll nicht durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Die fokale Atrophie und die intestinale Metaplasie müssen nicht endoskopisch überwacht werden.

Patienten mit fortgeschrittener Atrophie und intestinaler Metaplasie des Magens soll eine endoskopische Überwachung angeboten werden.

Empfehlung geändert

Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenfrühkarzinomen wird für Deutschland nicht empfohlen.

Ein bevölkerungsbezogenes endoskopisches Screening zum Nachweis von Magenkarzinomen soll in Deutschland nicht erfolgen.

Empfehlung geändert

Bezüglich einer möglichen endoskopischen Überwachung von Patienten mit reseziertem Magen lässt sich aus den existierenden Daten keine Empfehlung ableiten.

Bezüglich einer möglichen endoskopischen Überwachung von Patienten mit reseziertem Magen ohne Magenkarzinomanamnese lässt sich aus den existierenden Daten keine Empfehlung ableiten.

Statement geändert

Kapitel 5.2. Prävention

ASS oder NSAR sollten nicht zur Prophylaxe des Magenkarzinoms angewendet werden.

ASS oder NSAR sollen nicht mit der Indikation der Prophylaxe eines Magenkarzinoms angewendet werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 6.1. Endoskopische Untersuchung

Patienten mit einem oder mehreren der folgenden Alarmsymptome im klinischen Zusammenhang mit einem V. a. Ösophagus- oder Magenkarzinom sollen zu einer frühzeitigen Endoskopie mit Entnahme von Biopsien überwiesen werden:

  • Dysphagie

  • rezidivierendes Erbrechen

  • Inappetenz

  • Gewichtsverlust

  • gastrointestinale Blutung

Patienten mit einem oder mehreren der folgenden Alarmsymptome sollen zu einer frühzeitigen ÖGD mit Entnahme von Biopsien überwiesen werden:

  • Dysphagie

  • rezidivierendes Erbrechen

  • Inappetenz

  • unklarer Gewichtsverlust

  • gastrointestinale Blutung

  • unklare Eisenmangelanämie

Empfehlung geändert

Die vollständige endoskopische Untersuchung von Ösophagus und Magen stellt das Standardverfahren zur Detektion der Tumoren dar. Diese Untersuchung besitzt die höchste Sensitivität und Spezifität für den Nachweis von Neoplasien des oberen Gastrointestinaltrakts.

Bei Verdacht auf das Vorliegen einer Neoplasie des Magens oder ösophagogastralen Übergangs soll eine vollständige endoskopische Untersuchung von Ösophagus, Magen und Duodenum (Ösophagogastroduodenoskopie, ÖGD) erfolgen.

Empfehlung geändert

Der Einsatz neuer endoskopischer Verfahren (NBI, Chromoendoskopie, konfokale Lasermikroskopie) über eine Videoendoskopie hinaus in der Primärdiagnostik von Ösophagus- und Magenkarzinom ist routinemäßig nicht notwendig.

Zur Primärdiagnostik des Adenokarzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs soll die hochauflösende Videoendoskopie eingesetzt werden.

Magnifikation und computergestützte Chromoendoskopie sollten zur Verbesserung der Detektionsrate und Therapieplanung eingesetzt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 6.2. Staging

Intraepitheliale Neoplasien (früher Dysplasien) des Magens werden nach WHO in Low-Grade und High-Grade unterschieden.

Intraepitheliale Neoplasien (früher Dysplasien) des Magens und gastroösophagealen Übergangs werden nach WHO in Low-Grade und High-Grade unterschieden.

Statement geändert

Bei High-Grade intraepithelialen Neoplasien sollte eine externe Zweitbefundung durch einen in der gastrointestinalen Onkologie erfahrenen Pathologen durchgeführt werden.

Bei histologischer Diagnose jeder IEN/Dysplasie soll der Prozess einer kompetenten (dokumentierten) pathologischen Zweitmeinung im Sinne eines Vier-Augen-Prinzips durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 6.3. Histologie

In Fällen, in denen, trotz hochgradigen klinischen und endoskopischen Verdachts auf ein Adenokarzinom des Magens bzw. ein AEG ausgiebige Biopsien die Sicherung der Diagnose nicht erlauben, kann der EUS zur primären Diagnosesicherung beitragen.

In Fällen, in denen trotz eines hochgradigen klinischen und endoskopischen Verdachts auf eine Neoplasie des Magens bzw. ösophagogastralen Übergangs ausgiebige Biopsien die Sicherung der Diagnose nicht erlauben, kann der EUS zur primären Diagnosesicherung genutzt werden.

Statement geändert

Kapitel 7.2. Ultraschalldiagnostik

Eine Fernmetastasierung soll mittels konventioneller B-Bild-Sonografie, CT-Thorax und CT-Abdomen ausgeschlossen werden.

Eine Fernmetastasierung soll mittels Sonografie, CT-Thorax und CT-Abdomen inklusive Becken ausgeschlossen werden.

Empfehlung geändert

Die B-Bild-Sonografie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zum Ausschluss von Lebermetastasen eingesetzt werden.

Die Sonografie sollte als erstes bildgebendes Verfahren zur Detektion von Lebermetastasen eingesetzt werden.

Empfehlung geändert

Die B-Bild-Sonografie des Halses kann beim Magenkarzinom bei klinischem Verdacht und sollte bei AEG-Tumoren ergänzend im Staging eingesetzt werden.

Die Sonografie des Halses sollte bei Karzinomen des ösophagogastralen Übergangs zur Detektion von Lymphknotenmetastasen im Staging ergänzend eingesetzt werden. Beim Magenkarzinom kann sie bei klinischem Verdacht auf Lymphknotenmetastasen erfolgen.

Empfehlung geändert

Kapitel 7.4. Röntgendiagnostik

Bei Patienten mit kurativem Therapieansatz sollte ein CT des Thorax und Abdomens mit i. v. Kontrastmittel und Distensionen des Magens mit oralem Kontrastmittel oder Wasser durchgeführt werden.

Bei Patienten mit kurativem Therapieansatz soll die CT des Thorax und Abdomens inklusive Becken mit i. v. Kontrastmittel und Distension des Magens mit oralem Kontrastmittel oder Wasser durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Die MRT sollte Patienten vorbehalten sein, bei denen keine CT durchgeführt werden kann oder sollte, falls erforderlich nach Vorliegen von CT- und/oder EUS-Befunden genutzt werden.

Die MRT sollte Patienten vorbehalten sein, bei denen keine CT durchgeführt werden kann.

Empfehlung geändert

Eine Knochenszintigrafie im Rahmen des Stagings ist ohne entsprechende klinische Symptomatik nicht indiziert.

Eine Knochenszintigrafie soll im Rahmen des Stagings ohne Verdacht auf eine Knochenmetastasierung nicht durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Für Patienten mit Adenokarzinomen des ösophagogastralen Übergangs und kurativer Therapieoption kann nach konventionellem Staging mit CT/EUS eine PET-CT für das Staging von loko-regionär und nicht loko-regionär gelegenen Lymphknoten und zum Nachweis/Ausschluss anderer Fernmetastasen in Betracht gezogen werden.

Statement gestrichen

Das PET-CT wird nicht routinemäßig für das Staging von Magenkarzinomen empfohlen.

Das PET-CT soll nicht für das routinemäßige Staging von Magenkarzinomen durchgeführt werden.

Empfehlung geändert, Wording an Soll/sollte/kann-Systematik abgepasst

Kapitel 7.6. Laparoskopie

Eine Staging-Laparoskopie kann zur Verbesserung der Staging-Genauigkeit, zum Ausschluss von Lebermetastasen und zum Ausschluss von Peritonealmetastasen in den fortgeschrittenen Stadien (insbesondere cT3, cT4) durchgeführt werden.

Die Staging-Laparoskopie verbessert die Therapieentscheidungen beim lokal fortgeschrittenen Magenkarzinom (insbesondere cT3, cT4) und sollte vor Beginn der neoadjuvanten Therapie durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Eine Peritoneallavage mit Zytologie kann zur Ergänzung des Stagings durchgeführt werden. Das Ergebnis korreliert mit der Prognose, hat aber keinen Einfluss auf die weitere Therapie.

Statement gestrichen

Breischluckuntersuchungen sind für das Staging von Tumoren des Magens oder ösophagogastralen Übergangs nicht geeignet. Die Frage der Höhenlokalisation des Tumors kann durch Endoskopie und CT- Rekonstruktionstechniken hinreichend beantwortet werden.

Statement gestrichen

Kapitel 7.7. Laborchemische Paramenter

Molekulare Prognosemarker sollen für die Primärdiagnostik außerhalb klinischer Studien nicht bestimmt werden.

Molekulare Marker zur Abschätzung der Prognose sollen für die Primärdiagnostik außerhalb klinischer Studien nicht bestimmt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 9.1. Resektion

Oberflächliche Magenkarzinome, die auf die Mukosa begrenzt sind (T1a N0 M0), können unter Berücksichtigung folgender Kriterien mit einer endoskopischen Resektion behandelt werden (basierend auf der Japanischen Klassifikation der Magenkarzinome):

  • Läsionen von < 2 cm Größe in erhabenen Typen

  • Läsionen von < 1 cm Größe in flachen Typen

  • Histologischer Differenzierungsgrad: gut oder mäßig (G1/G2)

  • Keine makroskopische Ulzeration

  • Invasion begrenzt auf die Mukosa

  • Keine restliche invasive Erkrankung nach ER

Intraepitheliale Neoplasien (sogenannte Dysplasien) jeglicher Größe sowie Magenfrühkarzinome, die alle vier folgenden Kriterien erfüllen, sollen endoskopisch en bloc reseziert werden:

  • < 2 cm Durchmesser

  • nicht ulzeriert

  • Mukosakarzinom

  • intestinaler Typ bzw. histologischer Differenzierungsgrad gut oder mäßig (G1 / G2)

Empfehlung geändert

Magenfrühkarzinome mit maximal einem „erweiterten Kriterium“ können endoskopisch kurativ reseziert werden. Zur Resektion soll die ESD eingesetzt werden. Liegt mehr als ein erweitertes Kriterium vor, soll eine onkologisch-chirurgische Nachresektion erfolgen.

Die erweiterten Kriterien sind wie folgt definiert:

  • differenziertes Mukosakarzinom (G1/2) ohne Ulzeration und Größe > 2 cm

  • differenziertes Mukosakarzinom mit Ulzeration und Größe < 3 cm

  • gut differenzierte Karzinome mit Submukosainvasion < 500 µm und Größe < 3 cm

  • Undifferenziertes Mukosakarzinom < 2 cm Durchmesser (sofern bioptisch kein Nachweis von Tumorzellen im Abstand ≤ 1 cm besteht (Cave: Bitte Hintergrundtext beachten!).

Neue Empfehlung

Der Endoskopiker arbeitet mit dem Ziel, den Tumor als Ganzes zu entfernen, ohne residuales Tumorgewebe zurückzulassen. Daher ist immer eine Mukosaresektion mit kurativer Intention und R0-Resektion anzustreben.

Statement gestrichen

Kapitel 9.2. Rezidiv

Die ER und ESD von Magenfrühkarzinomen soll nur durch Endoskopiker mit entsprechender Expertise in der endoskopischen Therapie von gastrointestinalen Frühkarzinomen durchgeführt werden.

Die ER und ESD von Magenfrühkarzinomen soll nur durch Endoskopiker mit Expertise in der endoskopischen Therapie von gastrointestinalen Frühkarzinomen durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Lokalrezidive nach ER eines Magenfrühkarzinoms können erneut endoskopisch behandelt werden, wenn ein mukosaler Befall (rT1a N0 M0) vorliegt. Alternativ soll ein chirurgisches Vorgehen gewählt werden.

Bei Nachweis eines positiven horizontalen Randes oder im Fall einer Piece-Meal-Resektion ist das Lokalrezidivrisiko sehr hoch. Lokalrezidive nach ER eines Magenfrühkarzinoms können erneut endoskopisch behandelt werden, wenn ein mukosaler Befall (rT1a N0 M0) vorliegt. Alternativ soll ein chirurgisches Vorgehen gewählt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 9.3. Komplikationen

Blutung und Perforation sind typische Komplikationen nach endoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen.

Blutung und Perforation sind typische Komplikationen nach endoskopischer Resektion von Magenfrühkarzinomen und können in der Regel endoskopisch bzw. konservativ behandelt werden.

Statement geändert

Kapitel 9.4. Nachsorge

Patienten, die mit endoskopischer Resektion behandelt wurden, sollten eine endoskopische Überwachung erhalten. Eine Nachsorge-Endoskopie sollte alle 3 Monate im ersten Jahr, danach alle 6 Monate im zweiten Jahr und dann jährlich erfolgen.

Patienten, die mit endoskopischer Resektion behandelt wurden, sollen eine endoskopische Überwachung erhalten. Bei Vorliegen erweiterter Kriterien sollten in der Nachsorge zusätzlich bildgebende Verfahren eingesetzt werden.

Empfehlung geändert

Patienten mit einer R1-Resektion sollen nachreseziert werden. Nach einer Piece-Meal-Resektion ohne Indikation für eine Operation soll nach 3 Monaten endoskopisch-bioptisch kontrolliert werden.

Neue Empfehlung

Kapitel 10.1. Resektion

Die chirurgische Resektion stellt die einzige Möglichkeit zur kurativen Behandlung und damit die Standardtherapie für alle potenziell resektablen Magenkarzinome dar.

Eine Ausnahme bilden die auf die Mukosa begrenzten Karzinome (T1a N0 M0), wenn sie endoskopisch komplett R0-reseziert werden können.

Die chirurgische Resektion stellt die einzige Möglichkeit zur kurativen Behandlung und damit die Standardtherapie für alle potenziell resektablen Magenkarzinome dar.

Eine Ausnahme stellen die endoskopisch kurativ resezierbaren Frühkarzinome dar (s. Empfehlung 44).

Statement geändert

Bei Magenfrühkarzinomen kann eine laparoskopische subtotale distale Resektion oder Gastrektomie durchgeführt werden und ist einer offenen Resektion onkologisch gleichwertig.

Neues Statement

Das Ziel der Resektion ist die vollständige Entfernung des Karzinoms (oral, aboral und in der Zirkumferenz) zusammen mit den regionären Lymphknoten.

Statement gestrichen

Um tumorfreie Resektionsränder (R0) zu erzielen, ist außer bei Mukosakarzinomen (T1a N0 M0) in der Regel ein proximaler Sicherheitsabstand am Magen von 5 cm (intestinaler Typ n. Laurén) bzw. 8 cm (diffuser Typ n. Laurén) in situ einzuhalten.

Um tumorfreie Resektionsränder bei chirurgischer Resektion zu erzielen, sollte ein proximaler Sicherheitsabstand am Magen von 5 cm (intestinaler Typ n. Laurén) bzw. 8 cm (diffuser Typ n. Laurén) in situ angestrebt werden. Bei Unterschreitung des Sicherheitsabstands nach oral soll ein Schnellschnitt erfolgen.

Empfehlung geändert

Es liegen deutliche Hinweise dafür vor, dass in Kliniken mit hoher Fallzahl die perioperative Letalität geringer ist als in Kliniken mit niedriger Fallzahl.

Kliniken mit hoher Fallzahl haben eine geringere perioperative Letalität als Kliniken mit niedriger Fallzahl. Patienten sollte daher die Überweisung an Kliniken mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Empfehlung geändert

Bei Lokalisation des Tumors im ösophagogastralen Übergang (AEG Typ II) mit Infiltration der unteren Speiseröhre kann eine transthorakale subtotale Ösophagektomie mit proximaler Magenresektion nach Ivor Lewis durchgeführt werden.

Alternativ kann eine transhiatal erweiterte Gastrektomie mit distaler Ösophagusresektion erfolgen.

Bei zusätzlich ausgedehntem Magenbefall kann eine Ösophagogastrektomie erforderlich sein.

Neues Statement

Die Entfernung der regionären Lymphknoten von Kompartiment I und II (D2-Lymphadenektomie) stellt den Standard für die operative Behandlung in kurativer Intention dar.

Die Entfernung der regionären Lymphknoten von Kompartiment I und II (D2-Lymphadenektomie) soll bei der operativen Behandlung in kurativer Intention erfolgen.

Empfehlung geändert

Bei der D2-Lymphadenektomie ohne Splenektomie/Pankreaslinksresektion werden in der Regel mehr als 25 regionäre Lymphknoten entfernt und histopathologisch untersucht.

Bei der D2-Lymphadenektomie ohne Splenektomie/Pankreaslinksresektion sollten mindestens 25 regionäre Lymphknoten entfernt und histopathologisch untersucht werden.

Empfehlung geändert

Die Peritonektomie bei Peritonealmetastasen kann außerhalb klinischer Studien nicht empfohlen werden.

Statement gestrichen

Nach R1-Resektion beim Adenokarzinom des Magens und des ösophagogastralen Übergangs soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Falls dies nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden. Eine alleinige postoperative Chemotherapie soll nicht durchgeführt werden.

Nach R1-Resektion beim Adenokarzinom des Magens und des ösophagogastralen Übergangs soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Falls dies nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Nach inkompletter Resektion (lokale R2-Resektion) ohne Nachweis von Fernmetastasen soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Falls diese nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden.

Nach makroskopisch inkompletter Resektion (R2) ohne Nachweis von Fernmetastasen soll zunächst die Möglichkeit einer kurativen Nachresektion geprüft werden. Falls diese nicht möglich ist, kann eine postoperative Radiochemotherapie nach Konsens in der interdisziplinären Tumorkonferenz durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 10.3. Definitive Radiochemotherapie

Bei funktioneller Inoperabilität eines Patienten oder Irresektabilität eines lokal begrenzten Adenokarzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs kann eine definitive Radiochemotherapie in potenziell kurativer Absicht durchgeführt werden.

Bei funktioneller Inoperabilität eines Patienten oder Irresektabilität eines lokal begrenzten Adenokarzinom des Magens oder ösophagogastralen Übergangs kann eine definitive Radiochemotherapie durchgeführt werden.

Statement geändert

Kapitel 11.1. Perioperative Chemotherapie

Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Magens oder ösophagogastralen Übergangs mit Kategorie uT2 kann eine präoperative Chemotherapie durchgeführt und postoperativ fortgesetzt werden.

Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Magens oder ösophagogastralen Übergangs mit Kategorie cT2 kann eine perioperative Chemotherapie durchgeführt werden.

Statement geändert

Beim lokalisierten Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs der Kategorien uT3 und resektablen uT4-Tumoren soll/sollte eine perioperative Chemotherapie oder eine neoadjuvante Radiochemotherapie durchgeführt werden.

Beim nicht fernmetastasierten Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs der Kategorien cT3 und resektablen cT4-Tumoren soll eine neoadjuvante Radiochemotherapie oder eine perioperative Chemotherapie durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 11.2. Präoperative Radiochemotherapie – Magen

Eine präoperative Radiochemotherapie soll beim Magenkarzinom nicht durchgeführt werden.

Eine präoperative Radiochemotherapie soll außerhalb von Studien beim Magenkarzinom nicht durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 11.3. Präoperative Antikörpertherapie

Antikörper und „small molecules“ sollen in der präoperativen Therapie nicht eingesetzt werden.

Antikörper und „small molecules“ sollen in der präoperativen Therapie nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 11.4. Restaging nach neoadjuvanter Therapie

Die Genauigkeit des Restagings von lokal fortgeschrittenen Magenkarzinomen und AEG nach neoadjuvanter Therapie ist in Bezug auf den Primärtumor sowohl mit der Endosonografie als auch mit der Computertomografie gering.

Statement gestrichen

Ein routinemäßiges Restaging des Lokalbefundes ist nicht erforderlich. Ein erneuter Ausschluss von Fernmetastasen soll erfolgen.

Ein Restaging zur Bewertung der Response soll mittels CT und ÖGD nach Abschluss der präoperativen Therapie durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Falls im Verlauf der neoadjuvanten Therapie klinisch Hinweise auf eine Tumorprogression bestehen (Verschlechterung tumorbedingter Symptome oder des Allgemeinzustandes), soll eine symptomadaptierte Diagnostik erfolgen.

Bei Patienten mit klinischen Hinweisen auf einen Tumorprogress (z. B. Verschlechterung tumorbedingter Symptome oder des Allgemeinzustandes) während präoperativer Therapie soll eine Re-Evaluation durch Endoskopie und Bildgebung erfolgen.

Empfehlung geändert

Im Falle eines lokalen Tumorprogresses unter neoadjuvanter Therapie sollte eine frühzeitige Operation durchgeführt werden.

Im Falle eines lokalen Tumorprogresses unter neoadjuvanter Therapie sollte diese abgebrochen und eine frühzeitige Operation durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Bislang können noch keine Empfehlungen zum Einsatz von prädiktiven Biomarkern für die Lenkung der neoadjuvanten Therapie des Magenkarzinoms ausgesprochen werden.

Prädiktive Biomarker sollen für die Lenkung der präoperativen Therapie des Magenkarzinoms nicht außerhalb klinischer Studien eingesetzt werden.

Empfehlung geändert

Der Stellenwert der histologischen Bestimmung des Tumorregressionsgrades nach neoadjuvanter Chemotherapie ist zur Beurteilung der Prognose nicht gesichert.

Nach präoperativer Therapie soll eine histologische Bestimmung des Tumorregressionsgrades nach Becker erfolgen.

Empfehlung geändert

Kapitel 11.5. Postoperative und adjuvante Therapie

Nach präoperativer Chemotherapie und anschließender Operation sollte die Chemotherapie postoperativ fortgesetzt werden.

Nach präoperativer Chemotherapie und anschließender Operation soll über die postoperative Chemotherapie interdisziplinär entschieden werden.

In diese Entscheidung sollen Regressionsgrad, klinisches Ansprechen, Verträglichkeit der Chemotherapie und Allgemeinzustand einfließen.

Empfehlung geändert

Bei Progress soll die präoperative Therapie postoperativ nicht fortgesetzt werden.

Neue Empfehlung

Vor Einleitung einer postoperativen Chemotherapie sollte mit einfachen Mitteln (Röntgen-Thorax, Sonografie Abdomen) eine Metastasierung ausgeschlossen werden.

Empfehlung gestrichen

Für Patienten mit R0-Resektion und adäquater D2-Lymphadenektomie ist die postoperative Radiochemotherapie kein Standard.

Für nicht neoadjuvant behandelte Patienten mit R0-Resektion und adäquater D2-Lymphadenektomie sind postoperative Radiochemotherapie und Chemotherapie kein Standard.

Für Patienten mit R0-Resektion und adäquater D2-Lymphadenektomie ohne präoperative Chemotherapie kann bei Vorliegen von Risikofaktoren eine postoperative Radiochemotherapie oder Chemotherapie angeboten werden.

Statement geändert

Bei einer Lymphadenektomie < D2 oder in begründeten Risikosituationen kann eine adjuvante Radiochemotherapie bei nicht neoadjuvant behandelten Patienten nach interdisziplinärer Entscheidung im Tumorboard durchgeführt werden.

Bei einer Lymphadenektomie < D2 und in begründeten Risikosituationen sollte eine adjuvante Radiochemotherapie bei nicht neoadjuvant behandelten Patienten nach interdisziplinärer Entscheidung im Tumorboard durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Nach primärer R0-Resektion (ohne präoperative Chemotherapie) sollte keine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Bei primär komplett reseziertem Adenokarzinom des ösophagogastralen Übergangs (keine präoperative Chemotherapie) sollte keine adjuvante Chemotherapie durchgeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Außerhalb klinischer Studien soll eine adjuvante Immuno-Chemotherapie nicht durchgeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Eine intraperitoneale Chemo(immun)therapie soll außerhalb klinischer Studien nicht durchgeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Kapitel 12.1. Medikamentöse Tumortherapie

Während der Chemotherapie sollen das allgemeine Befinden des Patienten, Tumorsymptome und vitale Körperfunktionen regelmäßig geprüft werden.

Neue Empfehlung

Unter laufender palliativer Chemotherapie sollte alle 6–12 Wochen eine klinische Re-Evaluation und geeignete Bildgebung erfolgen, um negative Entwicklungen der Erkrankung rechtzeitig zu erkennen und Patienten nicht unnötig lange unwirksamen Therapien auszusetzen bzw. die Chance auf wirksamere Therapien zu ermöglichen.

Neue Empfehlung

Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie sollte der HER-2-Status als positiver prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden.

Die histopathologische Bestimmung am Tumorgewebe soll qualitätsgesichert durchgeführt werden.

Vor dem Einsatz einer palliativen medikamentösen Tumortherapie soll der HER-2-Status als positiver prädiktiver Faktor für eine Therapie mit Trastuzumab bestimmt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 12.2. Vorgehen bei Tumoren ohne HER-2-Überexpression

Die Kombinationstherapie ist der Monotherapie mit 5-FU bzw. oralen Fluoropyrimidinen in Bezug auf die Überlebenszeit signifikant überlegen.

Statement gestrichen

Indiziert ist eine systemische platin/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie. Bei der Indikationsstellung sind mögliche Kontraindikationen zu berücksichtigen.

In der Palliativsituation soll in der Erstlinientherapie eine platin-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie durchgeführt werden.

Bei Vorliegen von Kontraindikationen gegen Platin kann alternativ eine irinotecan-/fluoropyrimidinhaltige Kombinationstherapie durchgeführt werden. Dabei handelt es sich um einen Off-Label-Use.

Empfehlung geändert

Eine Dreifachkombination mit Cisplatin/5-FU und Docetaxel (DCF) führt bei einer jüngeren Patientenpopulation (median 55 Jahre) im Vergleich zu einer Zweifachtherapie mit Cisplatin/5-FU zu einem statistisch signifikanten Überlebensvorteil, ist jedoch mit einer höheren Rate an Toxizitäten verbunden.

Statement gestrichen

Die docetaxelhaltige Dreifachkombination (DCF) sollte daher nur Patienten in gutem Allgemeinzustand ohne relevante Komorbidität angeboten werden.

Eine docetaxelhaltige Dreifachkombination kann unter Berücksichtigung von Alter, Allgemeinzustand und Komorbidität erwogen werden.

Statement geändert

Die sogenannten modifizierten DCF-Schemata verfügen über ein im Vergleich zum klassischen DCF verbessertes Nebenwirkungsprofil.

Statement gestrichen

Besteht eine Indikation zu einer docetaxelbasierten Dreifachkombination, kann der Einsatz der modifizierten DCF-Schemata in Erwägung gezogen werden.

Wenn eine taxanbasierte Dreifachkombination geplant ist, soll ein modifiziertes DCF-Schema (z. B. FLOT) durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Oxaliplatin hat eine dem Cisplatin vergleichbare Wirksamkeit, die Toxizitätsprofile sind jedoch unterschiedlich.

Statement gestrichen

Die Therapieentscheidung zwischen diesen beiden Substanzen sollte deshalb die Begleiterkrankungen des jeweiligen Patienten berücksichtigen.

Die Therapieentscheidung zwischen Oxaliplatin und Cisplatin soll aufgrund vergleichbarer Wirksamkeit und unterschiedlicher Nebenwirkungen die Begleiterkrankungen des jeweiligen Patienten berücksichtigen.

Empfehlung geändert

Capecitabin zeigt eine dem 5-FU vergleichbare Wirksamkeit.

Statement gestrichen

Die orale Gabe von Capecitabin kann Patienten mit ausreichender Nierenfunktion und guter Compliance anstatt der intravenösen 5-FU- Dauerinfusion (wie z. B. bei ECF) angeboten werden.

Die Therapieentscheidung zwischen oralen und infusionalen Fluoropyrimidinen soll aufgrund vergleichbarer Wirksamkeit und unterschiedlicher Nebenwirkungen die Begleiterkrankungen und Präferenz des jeweiligen Patienten berücksichtigen.

Empfehlung geändert

Im Rahmen von 5-FU-basierten Kombinationstherapien zeigt Irinotecan eine dem Cisplatin vergleichbare Wirksamkeit.

Statement gestrichen

Eine irinotecan-/fluropyrimidinbasierte Kombinationstherapie kann Patienten angeboten werden, bei denen aufgrund des Nebenwirkungsprofils eine Alternative zu einer platinhaltigen Kombination sinnvoll ist.

Statement gestrichen

Kapitel 12.3. Vorgehen bei metastasierten Karzinomen mit HER-2-Überexpression/-Amplifikation

Aufgrund eines nachgewiesenen Überlebensvorteils besteht bei HER-2-überexprimierenden Tumoren (IHC3 + oder IHC2 + und FISH+) eine Indikation für den Einsatz von Trastuzumab in Kombination mit Cisplatin und Fluoropyrimidinen (5-FU oder Capecitabin).

Bei HER-2-überexprimierenden Tumoren soll eine cisplatin-/fluoropyrimidinbasierte Erstlinienchemotherapie um Trastuzumab ergänzt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 12.4. Zweit-Chemotherapie

Eine Zweitlinientherapie sollte Irinotecan*, Docetaxel*, Paclitaxel*, Ramucirumab* oder Paclitaxel* und Ramucirumab* umfassen, wobei der Zulassungsstatus zu berücksichtigen ist.

Neue Empfehlung

Kapitel 13.1. Palliative Therapieoptionen

Die Wahl des palliativen Therapieverfahrens einer symptomatischen Tumorstenose des Magens hängt vor allem von der Tumorlokalisation, -ausdehnung und Schwere der Symptomatik ab.

Die Wahl des palliativen Therapieverfahrens einer symptomatischen Tumorstenose des Magens hängt von der Tumorlokalisation, -ausdehnung und Schwere der Symptomatik und der Vortherapie ab.

Statement geändert

Im Bereich des ösophagogastralen Übergangs bieten interventionelle endoskopische Verfahren wie Stentimplantation eine raschere Wirksamkeit gegenüber einer Strahlentherapie und sind daher für eine rasche Symptomlinderung zu favorisieren. Der Effekt einer endoluminalen oder perkutanen Strahlentherapie scheint langfristig aber günstiger zu sein.

Bei symptomatischen Tumorstenosen im Bereich des ösophagogastralen Übergangs sollen in Abhängigkeit von der Prognose selbstexpandierende Metallstents (SEMS), eine hochdosierte intraluminale Brachytherapie oder eine perkutane Radiotherapie angeboten werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 13.2. Therapie der Tumorblutung in palliativer Situation

Sollte bei Tumorblutungen im Magen endoskopisch keine Blutstillung möglich sein, sollte bei einer starken Blutung eine angiografische Embolisation oder eine palliative Resektion erwogen werden. Eine palliative Radiotherapie kann bei chronischer Sickerblutung sinnvoll sein.

Bei endoskopisch nicht stillbaren, bedrohlichen Tumorblutungen in der palliativen Situation sollte eine angiografische Embolisation angeboten werden. Führen beide Verfahren nicht zur Blutstillung, kann eine palliative Resektion erwogen werden.

Bei chronischer Sickerblutung sollte eine palliative Radiotherapie angeboten werden.

Empfehlung geändert

Bzgl. Tumorblutungen speziell im Bereich des ösophagogastralen Übergangs gibt es keine relevanten Studien für nichtendoskopische lokale palliative Verfahren. Eine palliative Radiotherapie kann auch hier nach Versagen endoskopischer Therapiemaßnahmen bei chronischer Sickerblutung sinnvoll sein.

Statement gestrichen

Kapitel 13.3. Therapie bei limitierter Metastasierung

Gegenwärtig liegt für die Effektivität einer lokalablativen oder operativen Therapie von synchronen oder metachronen Metastasen in Bezug auf das Überleben keine ausreichende Evidenz vor.

Eine Resektion von Primärtumor und Metastasen sollte außerhalb von Studien nicht erfolgen.

Empfehlung geändert

Im Einzelfall können erst intraoperativ entdeckte, limitierte Metastasen, wenn R0-resektabel, reseziert werden.

Neues Statement

Patienten mit synchron limitierten Metastasen sollte die Überweisung in eine Klinik mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Neue Empfehlung

Kapitel 13.4. Chemotherapie-refraktärer maligner Aszites

Die Peritonealkarzinose mit regelmäßig punktionswürdigem Aszites entwickelt sich bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium der Krebserkrankung und kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Die Standardtherapie des symptomatischen, chemotherapierefraktären malignen Aszites ist die Parazentese.

Die Therapie des symptomatischen, chemotherapierefraktären Aszites soll mittels Parazentese erfolgen.

Empfehlung geändert

HIPEC soll beim chemotherapierefraktären Aszites – aufgrund der relevanten Morbidität und Letalität – bei fraglichem Nutzen in der Palliativsituation nicht durchgeführt werden.

Neue Empfehlung

Kapitel 13.5. Limitierte Peritonealkarzinose

Bei limitierter Peritonealkarzinose soll eine zytoreduktive Chirurgie mit hyperthermer intraperitonealer Chemotherapie nicht außerhalb von Studien durchgeführt werden.

Neue Empfehlung

Patienten mit limitierter Peritonealkarzinose sollte die Überweisung an eine Klinik mit hoher Fallzahl angeboten werden.

Neue Empfehlung

Eine PIPAC zur Therapie soll nicht außerhalb von Studien durchgeführt werden.

Neue Empfehlung

Bei chemotherapierefraktärem malignem Aszites kann zur Verlängerung des punktionsfreien Intervalls die Anwendung des intraperitoneal applizierbaren Antikörpers Catumaxomab erwogen werden.

Bei Patienten mit nachgewiesener Mikrosatelliteninstabilität kann nach Ausschöpfung zugelassener Therapien eine Therapie mit Immuncheckpoint-Inhibitoren erwogen werden.

Statement geändert

Der Stellenwert einer Therapie mit Immuncheckpoint-Inihibitoren ist bei unselektierten Patienten unklar.

Neues Statement

Kapitel 14.1. Allgemeine Entscheidungshilfen

Zur Reduzierung des Fatigue-Syndroms sollte ein sich an der individuellen Belastungsfähigkeit orientierendes Ausdauertraining durchgeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Obwohl eine künstliche Ernährung Tumorgewebe mit Nährstoffen versorgt, liegen keine Daten vor, dass dies die klinische Situation negativ beeinflusst. Diese Überlegungen sollten deshalb nicht die Entscheidung für eine klinisch indizierte Ernährung beeinflussen.

Patienten sollen eine Ernährungstherapie erhalten, wenn der Ernährungszustand so weit kompromittiert ist, dass ein hohes Risiko für Komplikationen besteht oder eine geplante onkologische Therapie deshalb nicht durchgeführt werden kann.

Empfehlung geändert

Der Ernährungsstatus sollte bei allen Tumorpatienten, beginnend mit der Diagnosestellung, bei jedem Patientenkontakt beurteilt werden, um Interventionen frühzeitig einleiten zu können, bevor es zu schwer beeinflussbaren Einschränkungen des Allgemeinzustands kommt.

Der Ernährungsstatus soll bei allen Tumorpatienten, beginnend mit der Diagnosestellung, bei jeder stationären Aufnahme und bei ambulantem Patientenkontakt beurteilt werden, um Interventionen frühzeitig einleiten zu können.

Empfehlung geändert

Kapitel 14.2. Präoperative Ernährungstherapie

Zur Frage der funktionellen Auswirkungen einer Ösophagektomie oder Gastrektomie auf die Ernährung, kann bereits präoperativ, im Rahmen der Aufklärung, ein Diätassistent hinzugezogen werden.

Zur Begleitung während einer multimodalen Therapie und zur Vorbereitung auf die funktionellen Auswirkungen einer Ösophagektomie oder Gastrektomie sollte bereits präoperativ eine Ernährungsfachkraft hinzugezogen werden.

Empfehlung geändert

Patienten vor großen Tumorresektionen im oberen GI-Bereich sollten auch ohne Zeichen einer Mangelernährung präoperativ immunmodulierende Trinklösungen einnehmen, die Arginin, Omega-3-Fettsäuren und Ribonukleotide enthalten.

Patienten sollen auch ohne Zeichen einer Mangelernährung präoperativ für 5–7 Tage zur Einnahme bilanzierter Trinklösungen zusätzlich zur normalen Ernährung motiviert werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 14.3. Präoperative Ernährungstherapie

Patienten mit hohem ernährungsmedizinischem Risiko sollten für eine Dauer von 10–14 Tagen präoperativ eine gezielte Ernährungstherapie erhalten, auch wenn dafür die Operation verschoben werden muss.

Mangelernährte Patienten mit hohem ernährungsmedizinischem Risiko sollten für eine Dauer von 10–14 Tagen präoperativ eine gezielte Ernährungstherapie erhalten, auch wenn dafür die Operation verschoben werden muss.

Empfehlung geändert

Kapitel 14.4. Postoperative Ernährungstherapie

Nach Ösophagektomie oder Gastrektomie sollte eine enterale Sondenernährung frühzeitig innerhalb von 24 Stunden postoperativ begonnen werden.

Nach Ösophagektomie oder Gastrektomie kann die enterale Substratzufuhr frühzeitig (innerhalb von 24 Stunden) begonnen werden.

Statement geändert

Postoperativ sollen Patienten nach Ösophagektomie oder Gastrektomie vor der Entlassung eine eingehende diätetische Beratung zu den erforderlichen Änderungen im Ernährungsverhalten sowie ggf. eine Schulung im Umgang mit einer vorhandenen Feinnadelkatheterjejunostomie erhalten. Ernährungsmedizinische Verlaufskontrollen ggf. mit Wiederholung der Ernährungsberatung sollten regelmäßig erfolgen.

Ernährungsmedizinische Verlaufskontrollen ggf. mit Wiederholung der Ernährungsberatung sollten regelmäßig erfolgen.

Empfehlung geändert

Eine routinemäßige parenterale oder enterale Ernährung sollte weder während Chemotherapie oder Strahlentherapie noch während kombinierter Behandlung eingesetzt werden.

Empfehlung gestrichen

Eine Ernährungstherapie sollte regelmäßig erfolgen, wenn die normale Nahrungsaufnahme unzureichend ist, um einer mit Mangelernährung assoziierten Prognoseeinschränkung entgegenzuwirken.

Empfehlung gestrichen

Während einer Chemo- oder Strahlentherapie sollten Vitamine und Spurenelemente entsprechend dem physiologischen Bedarf und möglichst über die natürliche Ernährung zugeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Kapitel 14.5. Ernährung unter Chemo- oder Strahlentherapie

Auch bei Tumorpatienten, die palliativ behandelt werden, sollte der Ernährungszustand regelmäßig beurteilt werden, und bei der Feststellung eines Defizits sollte eine Intervention frühzeitig eingeleitet werden.

Eine Bewegungstherapie sollte allen Patienten angeboten werden. Bei Patienten mit eingeschränktem funktionellem Status sollte diese präoperativ im Rahmen der „Prähabilitation“ durchgeführt werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 14.6. Ernährung in der Sterbephase

In der Sterbephase sind Grundsätze zum Erhalt des Ernährungszustands nicht länger relevant und eine intensive künstliche Ernährung kann den Zustand eines sterbenden Patienten sogar verschlechtern.

In der Sterbephase soll sich die Betreuung auf die Linderung der Symptome Hunger und Durst konzentrieren, da der Erhalt des Ernährungszustandes nicht relevant ist und eine künstliche Ernährung den Zustand eines sterbenden Patienten verschlechtern kann.

Empfehlung geändert

Kapitel 15.1. Lebensqualität

Die Nachsorge nach chirurgischer Resektion sollte symptomorientiert Funktionsstörungen erfassen, die die Lebensqualität beeinflussen.

Patienten nach kurativer Therapie eines Karzinoms des Magens oder ösophagogastralen Übergangs sollte eine strukturierte ganzheitliche Nachsorge angeboten werden.

Empfehlung geändert

Die strukturierte Nachsorge umfasst die klinische Kontrolle, endoskopische Kontrolle und Kontrolle mittels Bildgebung. Die Intervalle sollten in den ersten zwei Jahren zumindest halbjährlich und danach bis zum 5. Jahr jährlich betragen.

Neue Empfehlung

Kapitel 15.3. Rehabilitationsmaßnahmen

Nach Abschluss der Primärtherapie sollte eine Anschlussheilbehandlung beim allen rehabilitationsfähigen Patienten angeboten werden.

Allen rehabilitationsfähigen Patienten soll nach Abschluss der Primärtherapie eine Anschlussheilbehandlung angeboten werden.

Empfehlung geändert

Kapitel 15.4. Bestimmung von Tumormarkern

Die routinemäßige Bestimmung von Tumormarkern wird in der Nachsorge nicht empfohlen.

Eine routinemäßige Bestimmung von Tumormarkern soll in der Nachsorge nicht erfolgen.

Empfehlung geändert

Kapitel 16.2 Psychoonkologische Betreuung

Das psychische Befinden und psychische Störungen der Patienten sollen im gesamten Krankheitsverlauf wiederholt ermittelt werden.

Das psychische Befinden der Patienten soll im Krankheitsverlauf wiederholt ermittelt werden.

Empfehlung geändert

Angemessene professionelle psychische Unterstützung/Mitbehandlung soll verfügbar sein.

Die psychoonkologische Versorgung durch angemessene professionelle Unterstützung soll im gesamten Krankheitsverlauf integraler Bestandteil der onkologischen Diagnostik, Therapie und Nachsorge sein.

Empfehlung geändert

Psychosoziale Interventionen sind wichtig. Psychosoziale Interventionen können die Lebensqualität von Patienten mit Magenkrebs verbessern und sollten Bestandteil einer umfassenden Versorgung sein.

Die Lebensqualität sollte wiederholt im Krankheitsverlauf aus Patientensicht erfragt werden.

Statement geändert

Kapitel 17.1. Allgemeine Hinweise zu komplementären und alternativen Verfahren

Diagnostische Maßnahmen der alternativen oder komplementären Medizin können für Patienten mit Karzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs nicht empfohlen werden.

Patienten, die komplementäre Verfahren einsetzen, sollten auch auf mögliche Risiken und Interaktionen hingewiesen werden.

Empfehlung geändert

Es gibt keinen Hinweis darauf, dass Misteltherapie einen positiven Einfluss auf das Überleben von Patienten mit Magenkarzinom hat.

Diagnostische Maßnahmen der alternativen oder komplementären Medizin sollen für Patienten mit Karzinomen des Magens und des ösophagogastralen Übergangs nicht empfohlen werden.

Empfehlung geändert

Von Mischkollektiven aus Patienten mit unterschiedlichen Tumorarten gibt es allerdings schwache Hinweise für eine Verbesserung der Lebensqualität.

Statement gestrichen

Kapitel 17.2. Misteltherapie

Eine Misteltherapie kann bei Patienten mit Karzinomen des Magens bzw. ösophagogastralen Übergangs mit dem Ziel der Verbesserung der Lebensqualität, nicht aber der Lebensverlängerung angewendet werden.

Neues Statement

Während einer Chemo- oder Strahlentherapie sollten Vitamine und Spurenelemente entsprechend dem physiologischen Bedarf und möglichst über die natürliche Ernährung zugeführt werden.

Empfehlung gestrichen

Kapitel 17.3. Chinesische Kräutermischungen

Für eine Reihe von hauptsächlich pflanzlichen Stoffen liegen präklinisch-experimentelle Daten vor, die auf eine antitumorale Wirkung hindeuten. Diese rechtfertigen einen klinischen Einsatz außerhalb von Studien nicht.

Chinesische Kräutermischungen sollten bei Magenkarzinomen nicht angewendet werden.

Statement geändert

Kapitel 17.4. Probiotika

Ein therapeutischer Nutzen der Homöopathie ist beim Magenkarzinom als supportive Therapie nicht erwiesen.

Probiotika können bei Diarrhoe eingesetzt werden. Aufgrund von vereinzelten Sepsisfällen unter Chemotherapie/Immunsuppression muss die Indikation jedoch streng geregelt werden.

Statement geändert

Kapitel 17.5. Akupunktur

Eine Empfehlung zu Hypnose, Visualisierungen, unterstützenden Gruppen, Akupunktur und Healing Touch zur Schmerzlinderung bei Patienten mit Tumorerkrankungen kann nicht ausgesprochen werden.

Akupunktur kann zur Linderung krebsbedingter Schmerzen in einem multimodalen Programm angewendet werden.

Statement geändert

Patienten sollte aktiv von der Verwendung von als „alternativ angebotenen“, jedoch zu wissenschaftlich empfohlenen Therapien abgeraten werden.

Akupunktur kann im palliativen Setting komplementär zur Linderung therapiebedingter Nebenwirkungen (Übelkeit, Erbrechen, Fatigue) eingesetzt werden.

Statement geändert

Kapitel 17.6. Achtsamkeitsbasierte Verfahren

Achtsamkeitsbasierte Verfahren/Mind-Body-Medizin können komplementär zur Verbesserung der Lebensqualität und zur Linderung von Ängsten und Stress eingesetzt werden.

Neues Statement


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20. Abbildungsverzeichnis

[Abb. 1] Erhebung des PCI (Peritoneal Carcinomatosis Index) nach Sugarbaker im Rahmen der Staging-Laparoskopie

1545

[Abb. 2] Definition des limitierten metastatischen Status gemäß der Flot3-Studie mit Modifikation [508]

1579


#

21. Tabellenverzeichnis

[Tab. 1] Autoren der Leitlinie

1520

[Tab. 2] Beteiligte Fachgesellschaften und Organisationen

1521

[Tab. 3] Arbeitsgruppen und deren Mitglieder

1521

[Tab. 4] Verwendete Abkürzungen

1522

[Tab. 5] Gängige Chemotherapien und Immun-/Antikörpertherapien

1523

[Tab. 6] Chemotherapiekombinationen

1524

[Tab. 7] Schema der Evidenzgraduierung nach Oxford (März 2009)

1526

[Tab. 8] Schema der Empfehlungsgraduierung

1526

[Tab. 9] Schema der Konsensstärke

1526

[Tab. 10] Risikoindividuen bzw. -konstellationen, bei denen eine H.-pylori-Eradikation unter karzinomprotektiven Aspekten durchgeführt werden sollte

1528

[Tab. 11] TNM-Klassifikation

1540

[Tab. 12] Empfohlene Angaben im pathologischen Befundbericht

1547

[Tab. 13] Leitlinienkriterien und erweiterte Kriterien für Magenfrühkarzinome

1549

[Tab. 14] Regressionsgrading der Japanischen Gesellschaft für Magenkarzinome (JRSGC)

1564

[Tab. 15] Regressionsgrading nach Becker

1564

[Tab. 16] Kategorien des geriatrischen Assessments und Instrumente zu ihrer Erfassung

1568

[Tab. 17] Randomisierte Studien zum Vergleich oxaliplatin- versus cisplatinhaltige Kombinationstherapien

1572

[Tab. 18] Randomisierte Studien zum Vergleich capecitabin- versus 5-FU-haltige Kombinationstherapien [639]

1573

[Tab. 19] Randomisierte Studien zum Vergleich capecitabin- versus 5-FU-haltige Kombinationstherapien

1574

[Tab. 20] Randomisierte Phase-III-Studien zur Zweitlinientherapie des Magenkarzinoms

1576

[Tab. 21] Qualitätsindikatoren

1595


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

1 Siehe hierzu auch die S2k-Leitlinie zu Helicobacter pylori und gastroduodenaler Ulkuskrankheit.


2 Zulassungstext: Ramucirumab ist als Monotherapie indiziert zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit einem fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs mit Tumorprogress nach vorausgegangener platin- oder fluoropyrimidinhaltiger Chemotherapie, wenn diese Patienten für eine Kombinationstherapie mit Paclitaxel nicht geeignet sind.


3 Zulassungstext: Ramucirumab in Kombination mit Paclitaxel ist indiziert zur Behandlung von erwachsenen Patienten mit einem fortgeschrittenen Adenokarzinom des Magens oder des gastroösophagealen Übergangs mit Tumorprogress nach vorausgegangener platin- und fluoropyrimidinhaltiger Chemotherapie.


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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Markus Möhler
Universitätsmedizin Mainz
I. Medizinische Klinik und Poliklinik
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz

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Abb. 1 Erhebung des PCI (Peritoneal Carcinomatosis Index) nach Sugarbaker im Rahmen der Staging-Laparoskopie (modifiziert nach [959]) [rerif].
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Tab. 13 Leitlinienkriterien und erweiterte Kriterien für Magenfrühkarzinome
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Abb. 2 Definition des limitierten metastatischen Status gemäß der Flot3-Studie mit Modifikation [508].