Pneumologie 2019; 73(10): 627-628
DOI: 10.1055/a-1008-5758
Mitteilungen des DZK
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Mitteilungsseiten des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose (DZK)

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Publication Date:
17 October 2019 (online)

 

Aktuelle Tuberkulosefälle erneut in den Medien

Vor wenigen Wochen war in der Tagespresse von einem Tuberkuloseausbruch an einer Schule in Baden-Württemberg zu lesen, bei dem 4 Kinder an Tuberkulose (TB) erkrankten und mehr als 100 Kinder infiziert wurden. Eine Kommentierung zu diesem Ausbruchsgeschehen finden Sie auf der Internetseite des DZK www.dzk-tuberkulose.de.

Zum Jahreswechsel 2018/2019 war die öffentliche Aufmerksamkeit ebenfalls gestiegen, da 14 Erkrankungen verbunden mit einem Todesfall bei Schlachthof-Mitarbeitern in Niedersachsen festgestellt wurden. In der Umgebungsuntersuchung im Arbeitsumfeld zeigte sich im Interferon-Gamma-Release-Assay (IGRA) bei 59 (61 %) der 96 Kontaktpersonen ein positives Testergebnis im Sinne einer latenten Infektion (LTBI) ohne Erkrankung.

Das Ausbruchsgeschehen wurde im Epidemiologischen Bulletin 26/2019 veröffentlicht. Medikamentenresistenzen konnten mittels Sequenzierung bei 12 Stämmen untersucht werden, und es zeigten sich bis auf eine Isoniazid-Resistenz vollständig sensible Tuberkulosestämme. In der molekulargenetischen Typisierung wurden zwei unterschiedliche kleinere Cluster von jeweils 4 und 2 Personen gefunden, die an demselben TB-Stamm erkrankt waren. Hieraus wird gefolgert, dass der überwiegende Teil der erkrankten Personen die für die aktuelle Erkrankung ursächliche TB-Infektion bereits aus dem Herkunftsland mitgebracht hat.

Die Ergebnisse der Recherche bei weiteren niedersächsischen Gesundheitsämtern zeigten, dass TB-Erkrankungen bei Beschäftigten aus Osteuropa, insbesondere aus Rumänien, seit 2017 nicht nur in Schlachthöfen vermehrt auftraten. Diskutiert werden die Arbeits- und Lebensbedingungen der mobilen Beschäftigten, und es wird die Frage aufgeworfen, ob ein Screening in dieser Risikogruppe sinnvoll sein kann. Hauptrisikofaktor für TB scheint – den Autoren zufolge – das Herkunftsland der Arbeitskräfte zu sein. Geeignete Maßnahmen, um Transmissionen wirkungsvoll zu verhüten, wären umfassende Aufklärung über TB und ein niedrigschwelliger Zugang zu medizinischer Versorgung für alle Beschäftigten sowie wirksame Umgebungsuntersuchungen im Fall einer Erkrankung.


Ziehm D, Barth SA, Menge C, Andres S, Kohlmorgen B, Brakensiek K, Rettenbacher-Riefler S, Dreesman, J. Gehäufte Tuberkuloseerkrankungen bei Schlachthofmitarbeitern in Niedersachsen, Ermittlungsergebnisse und Public-Health-Maßnahmen. Epid Bull 2019; 26: 225 – 230. doi:10.25646/6192


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Retrospektive Analyse der Umgebungsuntersuchungsergebnisse des Gesundheitsamtes Köln

Eine der Aufgaben des Gesundheitsamtes ist nach dem Infektionsschutzgesetz die Untersuchung von Kontaktpersonen von Patienten mit ansteckender Lungentuberkulose. In der Zeitschrift „Gesundheitswesen“ wurden die Daten der Umgebungsuntersuchungen des Gesundheitsamtes Köln der letzten 5 Jahre systematisch ausgewertet. So hatten 430 von 2859 Kontaktpersonen einen positiven IGRA-Test und somit den Nachweis einer latenten Tuberkuloseinfektion (LTBI). Bei 174 der 430 Kontaktpersonen mit Nachweis einer LTBI wurde eine Chemoprävention empfohlen, 65 Personen führten diese auch durch. Gründe, warum den Kontaktpersonen bei Nachweis einer LTBI keine Chemotherapie empfohlen wurde, waren die Ablehnung durch den Patienten, das Alter, Begleiterkrankungen sowie die Einschätzung einer fehlenden Compliance. Bei 72 Kontaktpersonen mit LTBI war dokumentiert, dass das IGRA-Testergebnis als länger zurückliegende Infektion oder die Höhe des IGRA als „grenzwertig“ beurteilt wurden. In einer Nachbeobachtungsphase von einem Jahr entwickelten 22 Kontaktpersonen mit LTBI eine aktive Tuberkulose.

Zusammenfassend leitet der Autor aus den Daten ein verbesserungswürdiges Management der LTBI und der Empfehlung zur Chemoprävention ab. Die Haltung und Beratung bei LTBI schien einen deutlichen Einfluss auf die Indikation und Durchführung einer Chemoprävention zu haben. Die Diagnose und Therapie der LTBI ist nicht meldepflichtig, sodass bisher nur inkonsistente Daten hierzu existieren. Eine einfache und systematische Datenerfassung wäre notwendig, um die Effizienz der Maßnahme besser beurteilen zu können.


Neuhann F, Franek H, Funke N, Pusch LM, Bunte A, Blettner M. [Contact Investigation in Active Tuberculosis and Management of Latent TB Infection: 5-year Analysis at a German City Health Authority]. Gesundheitswesen 2019 Aug 1. doi:10.1055/a-0946-0239


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Neuigkeiten Global

Am 14. August 2019 wurde eine Medikamentenkombination für die Behandlung von XDR-Tuberkulose und MDR-Tuberkulosetherapieversagern durch die amerikanischen Gesundheitsbehörden (FDA) zugelassen. Diese Kombination enthält das neue Tuberkulose-Medikament Pretomanid als Kombinationspartner mit Linezolid und Bedaquiline (BPaL) für eine Therapiedauer von 6 Monaten. Pretomanid wie auch die Kombinationstherapie wurden durch die gemeinnützige Organisation TB-Alliance entwickelt. In der zugrunde liegenden Phase-3-Studie (NixTB-Trial) wurden insgesamt 109 Patienten mit XDR-Tuberkulose oder MDR-Tuberkulose bei fehlendem Therapieansprechen eingeschlossen und mit dem Medikamentenregime BPaL behandelt. Nach 6 Monaten Gesamttherapiedauer hatten 89 % einen Therapieerfolg. Insgesamt ist eine Nachbeobachtungszeit von 24 Monaten geplant, die endgültigen Ergebnisse werden für 2021 erwartet. Im Vergleich liegt der WHO-Therapieerfolg für XDR-TB bei 34 %. 75 Patienten haben bisher eine Nachbeobachtungszeit von über 6 Monaten, von diesen sind alle rückfallfrei.


Links zu weiterführenden Artikeln:
https://www.tballiance.org/access/pretomanid-and-bpal-regimen
https://www.tballiance.org/news/fda-approves-new-treatment-highly-drug-resistant-forms-tuberculosis


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Podcast zu Tuberkulose

Und zum Schluss noch ein Beitrag diesmal zum Hören:
https://www.presseportal.de/pm/22537/4331167

In dem Podcast wird ein Forschungsprojekt des Hasso-Plattner-Instituts vorgestellt, wie Künstliche Intelligenz bei der Diagnose der Tuberkulose in Südafrika helfen kann.

Kontakt


DZK e. V.
Geschäftsstelle
Prof. Dr. Torsten Bauer
Walterhöferstraße 11
14165 Berlin

www.dzk-tuberkulose.de
Tel.: 030-814 909 22
E-Mail: info@dzk-tuberkulose.de


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