Aktuelle Dermatologie 2019; 45(10): 445-467
DOI: 10.1055/a-0989-8591
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frankfurter Dermatologentagung − 6. November 2019

Annual Frankfurt Dermatology Meeting − November 6th, 2019
E. Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
P. Kleimann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
M. Wolter
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität, Frankfurt am Main
,
R. Kaufmann
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Frankfurt, Goethe-Universität, Frankfurt am Main
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Korrespondenzadresse

PD Dr. Eva Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt

Publication History

Publication Date:
08 October 2019 (online)

 

Therapierefraktäre orofaziale Granulomatose bei einem 12-jährigen Mädchen

Konstanze Zydek

Anamnese Die Vorstellung einer 12-jährigen Patientin erfolgte aufgrund einer seit ca. 2 Jahren bestehenden symptomlosen Gewebsvermehrung am Zahnfleisch des Oberkiefers. Bei Kontakt, insbesondere beim Zähneputzen, kam es zu Blutungen. Neben der Blutungstendenz wurde der Befund als kosmetisch störend empfunden. Im Vorfeld erfolgte bereits eine zahnärztliche Vorstellung ohne Klärung der Ursache. Eine Vortherapie mit Prednisolon 20 mg/d über 6 Wochen habe zu einer dezenten Verbesserung verholfen. Infolge der Reduktion und des Absetzens trat jedoch ein Rezidiv auf.

Bei dem Mädchen war eine atopische Diathese mit einem Asthma bronchiale bekannt sowie Sensibilisierungen, die mit einem oralen Allergiesyndrom auf Nüsse, Paprika, Kiwi und Erdbeeren vergesellschaftet waren.

Untersuchungsbefund Das Mädchen präsentierte isoliert an der Gingiva des Oberkiefers eine ausgeprägte, flächige, knotig-derbe Gewebsvermehrung betont oberhalb der Zahnzwischenräume. Hierbei ist der frontale Bereich stärker betroffen als der laterale Bereich ([Abb. 1 a]). Entzündungszeichen, Ulzera oder eine Blutung sind nicht ersichtlich. Die Zunge sowie die enoralen Schleimhäute zeigen sich nicht betroffen.

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Abb. 1 a Gingivahyperplasie des Oberkiefers. b Nichtverkäsende Granulome mit zahlreichen Histiozyten, Riesenzellen und vereinzelten kleinen Lymphozyten in der HE-Färbung (40-fache Vergrößerung).

Dermatohistologischer Befund In der Hämatoxylin-Eosin-Färbung liegen unter einer abgeflachten Epidermis im mittleren Korium zahlreiche Histiozyten, Riesenzellen und vereinzelt kleine Lymphozyten vor. Ein Hinweis für Fremdmaterial findet sich nicht ([Abb. 1 b]).

Therapie und Verlauf Aufgrund der histologisch vorliegenden granulomatösen Gingivitis wurde der Verdacht auf ein Melkersson-Rosenthal-Syndrom gestellt. Bei hohem Leidensdruck erfolgte die Therapie mit Minocyclin 50 mg/d für insgesamt 4 Wochen. Hierunter kam es zu keinem Ansprechen bei zusätzlich schlechter Verträglichkeit. In Folge wurden mehrfach intraläsionale Triamcinoloninjektionen (3 × 5 mg, 1 × 20 mg) im Abstand von ca. 6 Wochen durchgeführt. Parallel erfolgte die Einleitung einer Systemtherapie mit Clofazimin für insgesamt 4 Monate. Auch diese Kombinationstherapie zeigte sich frustran. Bei Vorliegen von Granulomen wurde differenzialdiagnostisch eine orale Manifestation eines M. Crohns in Erwägung gezogen. Eine Stuhldiagnostik auf Calprotectin war nicht wegweisend. Eine Koloskopie wurde abgelehnt.

Kommentar Die orofaziale Granulomatose umfasst eine Gruppe von rezidivierenden oder persistenten Erkrankungen, welche charakteristisch durch eine Granulombildung zu Schwellungen des orofazialen Weichteilgewebes führt. Im englischen Sprachgebrauch unterscheidet die Bezeichnung der „orofacial granulomatosis“ nicht eindeutig vom kutanen M. Crohn und der Cheilitis granulomatosa z. B. im Rahmen eines Melkersson-Rosenthal-Syndroms. Eine Prävalenz ist nicht bekannt. Die Erkrankung kann in jedem Alter auftreten, jedoch ist eine Erstdiagnose bei jungen Erwachsenen, ohne eine Geschlechterpräferenz, gehäuft beschrieben. Die klinische Präsentation ist vielgestaltig. Schmerzlose Schwellungen können im gesamten orofazialen Bereich auftreten. Als zusätzliche Begleiterscheinungen sind Ulzerationen, Gingivitis, Gingivahyperplasie oder Lippenfissuren beschrieben. Eine eindeutige Ätiologie oder Pathogenese konnte bisher nicht identifiziert werden. Am ehesten wird von einem multifaktoriellen Geschehen ausgegangen. Vermutet werden genetische, immunologische, allergo- und infektiologische Triggerfaktoren. Favorisiert wird eine Einteilung in primäre (idiopathische) und sekundäre Formen. Eine idiopathische Variante stellt die lokalisierte granulomatöse Lippenschwellung (Miescher Cheilitis) dar. Das Melkersson-Rosenthal Syndrom beschreibt den Symtomkomplex aus Lippenschwellung, Fazialisparese und einer Lingua plicata. Auch hier gibt es unterschiedlich starke Ausprägungen mit mono- oder oligosymptomatischen Varianten. Zu den sekundären Formen wird eine mykobaterielle Infektion oder Pilzinfektionen der Zähne gezählt. Auch bei einer Rosacea wurde die orofaziale Granulomatose beschrieben. Zudem kann die Gingivahyperplasie als Teilaspekt bei Systemerkrankungen wie Sarkoidose oder einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn einhergehen. Insbesondere bei Beginn in der Kindheit mit laborchemischer Infektkonstellation, Anämie, Eisenmangel, Vitamin B12- oder Folsäure-Mangel, Erhöhung des Calprotectins sowie entsprechender Symptomatik ist eine weitere Diagnostik mittels Koloskopie zu empfehlen.

Die Diagnose wird meist anhand einer histologischen Untersuchung gesichert. Der Nachweis nichtverkäsender Granulome ist typisch. Zum Ausschluss einer systemischen granulomatösen Erkrankung sollte eine Bildgebung des Thorax erfolgen, wobei eine hiläre Lymphadenopathie hinweisend für eine Sarkoidose oder Tuberkulose ist. Zudem sollte das Vorliegen einer Atopie mit der Frage nach v. a. Lebensmittelallergien, Asthma bronichale oder Ekzemen evaluiert werden. Eine standardisierte Therapie existiert nicht. Eine dauerhafte Abheilung kann bei einer lokalen Infektion oder der Identifizierung eines auslösenden Allergens erreicht werden. Häufig ist jedoch eine antientzündliche Therapie zur Langzeitkontrolle notwendig. Bei milden Formen sind topische Kortikosteroide oder Calicineurin-Inhibitoren wirksam. Falls unzureichend werden systemische oder intraläsionale Kortikosteroide eingesetzt. In einigen Fällen wurde die erfolgreiche Therapie mit u. a. Minocyclin 100 mg pro Tag berichtet. In Anlehnung an Fallberichte beim Melkersson-Rosenthal-Syndrom kann die Einnahme von Clofazimin diskutiert werden. Bei Vorliegen eines M. Crohn zeigen Systemtherapien wie Azathioprin oder TNF-α-Inhibitoren vielversprechende Erfolge. In therapierefraktären Fällen ist als ultima ratio eine paradontologische Vorstellung mit oralchirurgischer Abtragung in Betracht zu ziehen.

Literatur

1 Miest R, Bruce A, Rogers RS. Orofacial granulomatosis. Clin Dermatol 2016; 34 (4): 505 – 513

2 Maalini P, Davis G, John R et al. Orofacial granulomatosis in children − a review. Dental Update 2019 46: 1, 42 – 48

3 Troiano G, Dioguardi M, Giannatempo G et al. Orofacial granulomatosis: clinical signs of different pathologies. Med Princ Pract 2015; 24: 117 – 122


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Necrobiosis lipoidica diabeticorum: Erfolgreiche Behandlung mit Fumarsäureestern

Deniz Özistanbullu

Anamnese Bei dem 53-jährigen Patienten bestehen seit 2006 an beiden Unterschenkelstreckseiten symmetrisch verteilte braun-rote Plaques. Diese zeigten über die Jahre ein allmähliches zentrifugales Wachstum.

Nach banalen Traumata komme es rezidivierend zu schlecht heilenden Ulzera. Insgesamt seien die Schmerzen mild und gut erträglich (NRS: 3/10).

2016 erfolgte die Diagnose eines Diabetes mellitus Typ 2, welcher durch eine Kombinationstherapie mit Sitagliptin und Metformin sehr gut eingestellt ist.

Allgemeiner Untersuchungsbefund 53-jähriger Patient in gutem AZ und leichtem Übergewicht (BMI: 29,5). Unauffälliger allgemeiner Untersuchungsbefund. In der phlebologischen Untersuchung konnte weder eine relevante Stamm- noch Leitveneninsuffizienz nachgewiesen werden.

Dermatologischer Befund Es fanden sich an beiden Unterschenkeln (links mehr als rechts) unregelmäßig konfigurierte, scharf begrenzte, rote bis braungelbe, speckig glänzende, indurierte Plaques ([Abb. 2]). Am linken Unterschenkel zeigten sich mehrere bis etwa 0,5 cm durchmessende Ulzera in der Plaque.

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Abb. 2 Prätibiale Necrobiosis lipoidica mit Ulzerationen.

Histologie Insgesamt fanden sich im einsehbaren Gewebe keine für die Necrobiosis lipoidica typischen granulomatösen Entzündungszonen oder Nekrobiosezonen.

Therapie und Verlauf Nach unzureichender Entzündungskontrolle unter Lokaltherapie mit topischen Glukokortikoiden intermittierend über 12 Jahre, sowie Tacrolimus-haltiger Salbe im Wechsel mit Dexpanthenol-haltigen Externa, leiteten wir, trotz fehlendem histologischem Nachweis von Granulomen bzw. Nekrobiosezonen, bei eindeutigem klinischen Bild eine Therapie mit Fumarsäureestern ein. Es zeigte sich bereits nach 3 Monaten Therapie mit Fumarsäureestern ein deutlicher Rückgang der Entzündung mit zunehmender Stabilität der Epidermis.

Kommentar Die Necrobiosis lipoidica ist mit weniger als 1:100 000 Erkrankungen pro Jahr eine seltene Erkrankung. 75 % der Betroffenen sind Frauen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei etwa 50 Jahren. Unter Patienten mit NL zeigt sich ein erhöhtes Auftreten von Erkrankungen des metabolischen Syndroms. Insbesondere der Diabetes mellitus mit glykämischen Stoffwechsellagen wird in engen Zusammenhang mit dem Auftreten der NL gebracht. Insgesamt tritt die NL jedoch bei weniger als 1 % aller Diabetiker auf. Eine diabetische Stoffwechsellage besteht andererseits bei über 40 % aller NL-Patienten. Eine Verbesserung der NL bei adäquater glykämischer Kontrolle wird in einigen Fallberichten beschrieben. Insgesamt ist die Datenlage hierzu jedoch unzureichend. Im hier beschriebenen Fall konnte, trotz effektiver antidiabetischer Therapie, keine Verbesserung der NL erzielt werden.

Wie im vorliegenden Fall gelingt der histologische Nachweis NL-typischer Veränderungen in einigen Fällen, trotz wiederholter Hautbiopsien, nicht. Bei klinisch eindeutigem Befund, wie im hier beschriebenen Fall, sollte in diesen Fällen die Diagnose dennoch gestellt und eine adäquate Therapie eingeleitet werden.

Wichtige Differenzialdiagnosen sind andere granulomatöse Erkrankungen (wie Sarkoidose, Granuloma anulare oder nekrobiotisches Xanthogranulom), zirkumskripte Sklerodermie oder ein chronisch venöses Stauungssyndrom.

Derzeit gibt es keine spezifischen Therapierichtlinien und Therapieansätze basieren meist auf nur wenigen Fallberichten, Fallserien oder nicht placebokontrollierten Studien mit geringer Patientenzahl. Aktuelle lokale Therapieoptionen umfassen topische oder intraläsionale Glukokortikoide, Kompressionstherapie, Calcineurin-Inhibitoren und Lichttherapie (PUVA, UVA-1, PDT). Systemisch kommen hauptsächlich Glukokortikoide und Fumarsäureester zur Anwendung. In der bislang einzigen prospektiven Studie zu Fumarsäureestern, welche jedoch nicht placebokontrolliert war, zeigte sich eine signifikante klinische Verbesserung der NL. Auch im hier beschriebenen Fall war ein deutlicher Rückgang der Entzündung bereits nach 12-wöchiger Therapie mit Fumarsäureestern zu verzeichnen. Bei schwerem Befall und Nicht-Ansprechen auf andere Therapien können außerdem TNF-α-Inhibitoren versucht werden.

Literatur

1 Erfurt-Berge C, Dissemond J, Schwede K. Updated results of 100 patients on clinical features and therapeutic options in necrobiosis lipoidica in a retrospective multicentre study. Eur J Dermatol 2015; 25 (6): 595 – 601

2 Jockenhofer F, Kroger K, Klode J. Cofactors and comorbidities of necrobiosis lipoidica: analysis of the German DRG data from 2012. J Dtsch Dermatologischen Ges 2016; 14 (3): 277 – 284

3 Mistry BD, Alavi A, Ali S. A systematic review of the relationship between glycemic control and necrobiosis lipoidica diabeticorum in patients with diabetes mellitus. Int J Dermatol 2017; 56 (12): 1319 – 1327

4 Erfurt-Berge C, Schliep S. Necrobiosis lipoidica – Klinische Charakteristika und therapeutische Ansätze. Akt Dermatol 2019; 45 (4): 156 – 159

5 Kreuter A, Knierim C, Stucker M. Fumaric acid esters in necrobiosis lipoidica: results of a prospective noncontrolled study. Br J Dermatol 2005;153 (4): 802 – 807


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Persistierende Quaddeln: Simultanes Auftreten einer chronisch spontanen Urtikaria und eosinophilen Zellulitis (Wells-Syndrom)

Katharina Aßmus

Anamnese Die Zuweisung der 55-jährigen Patientin erfolgte zur Abklärung einer chronischen Urtikaria. Bereits seit 2007 leide sie unter täglichen Quaddelschüben. Meistens seien die Quaddeln flüchtig. Seit ca. 3 Jahren würden die Hautveränderungen teilweise auch über mehrere Wochen anhalten und schmerzen. Systemische Steroide führten nur zu einer kurzfristigen Besserung der Symptomatik. Antihistaminika zeigten ein unbefriedigendes Ansprechen. Grunderkrankungen seien nicht bekannt.

Untersuchungsbefund Bei Erstkonsultation zeigten sich am gesamten Integument disseminiert verteilte Quaddeln.

In der Verlaufsuntersuchung bestand am Oberschenkel links eine ca. 15 cm große, rote, indurierte Plaque.

Histologie

Präparat 1: Regelrechte Epidermis mit Auflockerung der Dermis. Perivaskulär lockeres Infiltrat aus zahlreichen eosinophilen Granulozyten, teils bis in die Subkutis reichend. Eosinophile Granulozyten finden sich insbesondere auch intravaskulär und innerhalb der Gefäßwände.

Präparat 2: Regelrecht differenzierte Epidermis. In der gesamten Dermis sieht man dichte perivaskuläre Infiltrate aus Lymphozyten, Makrophagen sowie zahlreichen eosinophilen und auch neutrophilen Granulozyten mit Nachweis von Flammenfiguren.

Therapie und Verlauf Bei anamnestisch fraglich persistierenden Quaddeln (> 24 h) erfolgte z. A. einer Urtikariavaskulitis eine Probebiopsie. Die Histologie zeigte sich vereinbar mit einer Urtikaria ohne Hinweise auf eine Vaskulitis. Die Suche nach einem Infektfokus blieb ohne wegweisende Befunde. Es erfolgte die Behandlung mit unterschiedlichen Antihistaminika in bis zu vierfacher Dosierung. Das Ansprechen war undulierend. Im weiteren Verlauf präsentierte die Patientin eine seit bereits einer Woche bestehende, schmerzhafte, livide Plaque am Oberschenkel links ([Abb. 3 a]). Es erfolgte die erneute Probebiopsie. Hier konnte eine eosinophile Dermatose mit typischen Flammenfiguren ([Abb. 3 b]) gesehen werden.

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Abb. 3 a Wells-Syndrom: Oberschenkel links: erythematöse Plaque. b Wells-Syndrom: Flammenfiguren (HE-Färbung, 200-fache Vergrößerung).

Zum Ausschluss anderer Systemerkrankungen bzw. Systembeteiligung im Rahmen der Eosinophilie erfolgte die weiterführende laborchemische und apparative Abklärung ohne pathologische Befunde.

In der Zusammenschau von Klinik und Histologie stellten wir die Diagnose einer eosinophilen Zellulitis. Bei zusätzlich bestehenden flüchtigen Quaddeln blieb die Diagnose einer chronisch spontanen Urtikaria allerdings weiter bestehen.

Da es in der Literatur einige Fallberichte einer erfolgreichen Behandlung der eosinophilen Zellulitis wie auch der chronischen Urtikaria mit Dapson gibt, haben wir uns zur Einleitung einer Therapie mit Dapson in Kombination mit Rupatadin 3 × tgl. entschieden.

Kommentar Die eosinophile Zellulitis (Wells-Syndrom) wurde erstmals im Jahr 1971 von G. C. Wells beschrieben und ist eine sehr seltene Dermatose. Bisher gibt es nur wenige publizierte Fallberichte (< 200) in der Literatur.

Die Erkrankung verläuft meist phasenhaft. V. a. im Primärstadium zeigt sie ein sehr variables klinisches Bild. Meistens sieht man rote, juckende Papeln oder auch Quaddeln.

Im Verlauf kommt es typischerweise zu länger bestehenden, hochroten, indurierten Plaques, die klinisch an ein Erysipel erinnern können. Diese Plaques brennen oder schmerzen. Auch bullöse Verlaufsformen existieren. Rezidivierende und chronische Verläufe sind typisch.

Die Histologie im primären Stadium zeigt ein dermales Ödem mit eosinophilenreichen Infiltraten. Im Verlauf bilden sich dann die typischen Flammenfiguren. Diese lassen sich jedoch nicht nur bei der eosinophilen Zellulitis, sondern vereinzelt z. B. auch beim Churg-Strauss-Syndrom (neue Nomenklatur: eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis), dem bullösen Pemphigoid oder parasitären Infektionen finden.

Die Ätiologie der eosinophilen Zellulitis ist noch nicht vollständig geklärt. Vermutlich spielen abnorm aktivierte Th2-Zellen eine Rolle, die eine vermehrte Bildung des Zytokins IL-5 zur Folge haben und somit zur Aktivierung der eosinophilen Granulozyten führen.

Eine Eosinophilie im Blut wird in ca. 50 % der Fälle gesehen. In der Literatur werden diverse mögliche endogene Auslöser wie z. B. Tumorerkrankung, Infektionen, Medikamente, Insektenstiche beschrieben. Einzelne Fallberichte sehen in der eosinophilen Zellulitis die Erstmanifestation eines Churg-Strauss-Syndroms. Die Diagnose der eosinophilen Zellulitis ist eine Ausschlussdiagnose. Sie sollte in Zusammenschau der Histologie mit „typischen Flammenfiguren“ sowie der Klinik, nach Ausschluss anderer Systemerkrankungen und Differenzialdiagnosen, gestellt werden.

Auf systemische Steroide spricht die Erkrankung i. d. R. gut an. Aufgrund des schlechten Nebenwirkungsprofils von Steroiden in der Langzeittherapie sollten auch andere Therapieansätze diskutiert werden. Positive Fallberichte gibt es v. a. zu Dapson. Aber auch andere Therapien sind als wirkungsvoll beschrieben worden (wie z. B. intraläsionale Steroide, Cyclosporin, Hydroxy-/Chloroquin, Adalimumab, PUVA, Azathioprin und Tacrolimus).

Das Besondere an unserem Fall ist das simultane Vorhandensein einer chronisch spontanen Urtikaria und einer eosinophilen Zellulitis.

Bei ähnlicher Klinik und Symptomatik besteht die Gefahr, dass die häufige Diagnose der chronisch spontanen Urtikaria die sehr seltene Diagnose der eosinophilen Zellulitis kaschiert und diese schlicht übersehen wird.

Bei Patienten mit einer chronischen Urtikaria, die über länger bestehende Quaddeln berichten, sollte zum Ausschluss von Differenzialdiagnosen oder Zweitdiagnosen eine Probebiopsie erfolgen.

Literatur

1 Bokotas C, Kouris A, Stefanaki C et al. Wells Syndrome: Response to Dapsone Therapy. Ann Dermatol 2014; 26: 541 – 542

2 Weins AB, Biedermann T, Weiss T et al. Wells-Syndrom. J Dtsch Dermatol Ges 2016; 14 (10): 989 – 994. doi:10.1111 /ddg.13132_g

3 Brehmer-Andersson E, Kaaman T, Skog E et al. The histopathogenesis of the flame figure in Wells’ syndrome based on five cases. Acta Derm Venereol 1986; 66: 213 – 219

4 Räßler F, Lukács J, Elsner P. Treatment of eosinophilic cellulitis (Wells syndrome) – a systematic review. J Eur Acad Dermatology Venereol 2016; 30: 1465 – 1479

5 Dijkstra JWE, Bergfeld WF, Steck WD et al. Eosinophilic cellulitis associated with urticaria: A report of two cases. J Am Acad Dermatol 1986; 14: 32 – 38

6 Ogueta I, Spertino J, Deza G et al. Wells syndrome and Chronic Spontaneous Urticaria: report of four cases successfully treated with omalizumab. J Eur Acad Dermatol Venereol 2019 May 20. doi:10.1111 /jdv.15683. [Epub ahead of print]


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Eosinophile Fasziitis: Progrediente Bewegungseinschränkungen bei tiefgelegener Sklerose des Bindegewebes

Irina Kaluzki

Anamnese Der 58-jährige Patient stellte sich mit seit ca. 6 Monaten persistierender Hautsteifigkeit im Bereich der Arme und Beine sowie begleitender Bewegungseinschränkung betont an den Hand-, Ellenbogen- und Kniegelenken vor. Dieser Zustand hat sich rasch binnen weniger Wochen eingestellt. Eine B-Symptomatik, Arthralgien, Myalgien oder Raynaud-Symptomatik bestanden weder zum Zeitpunkt der Erstmanifestation noch im Verlauf. Ein den Beschwerden vorausgegangenes Trauma oder besondere körperliche Anstrengung waren nicht zu eruieren. Bis auf einen arteriellen Hypertonus und mittlerweile quittierten langjährigen Nikotinabusus waren keine Vorerkrankungen bekannt.

Untersuchungsbefund Es imponierte an Armen und Beinen eine symmetrisch ausgebildete, holzartige Gewebeinduration mit eingedelltem Oberflächenrelief (Matratzenphänomen) und darüber glänzend bräunlicher Haut ([Abb. 4 a]). Ferner zeigte sich eine negative Venenzeichnung, sog. Groove sign. Hände und Füße sowie auch Stamm und Gesicht waren ausgespart.

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Abb. 4 a Eosinophile Fasziitis: An der unteren Extremität indurierte und glänzend bräunliche Haut mit Matratzenphänomen. b Eosinophile Fasziitis: In der Übersicht zur Tiefe betont kräftig verbreiterte und komapkte Fettgewebssepten, außerdem oberflächlich Muzinablagerung erkennbar (20-fache Vergrößerung).

Diagnostik Abgesehen von einer grenzwertigen ANA-Erhöhung (1:80) ergab die Blutdiagnostik keine nennenswerten Auffälligkeiten. Im Übrigen bot sich kein Nachweis einer Bluteosinophilie. CRP, Erythrozytensedimentationsrate, Rheumafaktor, CK waren normwertig. Eine Borrelienserologie erwies sich negativ.

Eine tiefe Inzisionsbiopsie erbrachte den dermatohistologischen Nachweis einer Sklerodermie-Erkrankung. Histologisch imponierten zur Tiefe betont eine ausgeprägte Verdickung und Sklerosierung der Fettgewebssepten ([Abb. 4 b]). Begleitend fanden sich oberflächlich bis mitteltief ein neutrophilenhaltiges lymphohistiozytäres Infiltrat und Muzinablagerungen. Die Rarefizierung des elastischen Fasergerüsts war geringgradig ausgeprägt.

Therapie und Verlauf In Zusammenschau der Befunde unter besonderer Berücksichtigung des klinischen Verteilungsmusters mit Aussparung der Akren wurde die Diagnose einer eosinophilen Fasziitis gestellt. Der Patient erhielt eine Steroidstoßtherapie mit initial 1 mg Prednisolon/kg Körpergewicht über 3 Wochen. Es zeigte sich darauf ein rasches partielles Therapieansprechen. Bei längerfristig erforderlicher immunmodulierender Therapie erfolgte die Einleitung einer Systemtherapie mit Methotrexat s. c. (20 mg/Woche), die Prednisolondosis wurde reduziert. Um eine weitere Verbesserung der Sklerose der Haut zu erzielen, erhielt der Patient zusätzlich eine UVA1-Phototherapie. Hierunter zeigte sich zwar ein weiteres Ansprechen, eine Vollremission ließ sich jedoch nach fünfmonatiger Therapiephase nicht erzielen.

Kommentar Die eosinophile Fasziitis wurde erstmals 1974 von Shulman beschrieben. Sie zählt zu den autoimmunen Bindegewebserkrankungen mit Affektion der tiefen Strukturen und wird dem Kontinuum des Morphea-Formenkreises zugerechnet. Die wegweisendsten Charakteristika stellen der symmetrische Befall aller 4 Extremitäten mit Aussparung der Akren sowie obligat die Sklerose der Muskelfaszie dar. Die sklerotischen Veränderungen können zusätzlich direkt angrenzende Gewebeschichten betreffen: sowohl Muskelgewebe mit Degeneration der Muskelfasern als auch die Subkutis bis zur unteren Dermis. Dies führt zur klinischen Erscheinung als fester Gewebeinduration mit geringer Verschiebbarkeit der darüber befindlichen Haut und gilt als Zeichen zur Abgrenzung von der systemischen Sklerodermie. Konsekutiv ergeben sich daraus häufig funktionelle Gelenkkontrakturen.

Weitere diagnostische Merkmale wie etwa eine Bluteosinophilie und Erhöhung von CRP, CK und Erythrozytensedimentationsrate sowie Hypergammaglobulinämie finden sich in sehr variabler Ausprägung, was sich auch in unserem Fall präsentierte. Für die Diagnosestellung sind das klinische Bild und die histologische Sicherung der Fasziensklerose mittels tiefer Exzisionsbiopsie bis zur Erfassung von Muskelgewebe entscheidend. Daneben propagieren in jüngster Zeit mehrere Autoren zunehmend die MR-Tomografie als Diagnostikum der Faszienverdickung und zur nicht invasiven Kontrolle des Therapieansprechens.

Die meisten Berichte mit einem Therapieansprechen liegen für mittel- bis hochdosierte Steroid gaben (sowohl als Stoß- und Pulstherapie) und Methotrexat vor. Doch auch hinsichtlich Therapieansprechens ist eine Varianz von Spontanremission bis zum Therapieversagen beschrieben. Deshalb finden auch diverse andere in der Dermatologie eingesetzte, systemisch wirksame immunmodulatorische Therapeutika ihre Anwendung.

Die Erkrankung hat eine günstige Prognose, dennoch beträgt die Zeitspanne bis zur Totalremission der Gewebeinduration überwiegend 1 – 2 Jahre.

Literatur

1 Mazori DR, Femia AN, Vleugels RA. Eosinophilic fasciitis: an updated review on diagnosis and treatment. Curr Rheumatol Rep 2017; 19: 74

2 Tull R, Hoover III WD, De Luca JF et al. Eosinophilic fasciitis: a case series with an emphasis on therapy and induction of remission. Drugs Context 2018; 7: 212529

3 Jinnin M, Yamamoto T, Asano Y et al. Diagnostic criteria, severity classification and guidelines of eosinophilic fasciitis. J Dermatol 2018; 45: 881 – 890


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DRESS-Syndrom: Komplexes Therapiemanagement bei versteckten und persistierenden Auslösern

Leli Barialai

Anamnese Die Vorstellung des 54-jährigen Patienten erfolgte aufgrund eines seit einer Woche bestehenden Exanthems. Begleitet wurde dieses von Fieber und Erbrechen. Darüber hinaus klagte der Patient über starkes Brennen und Jucken der Haut.

Als Grunderkrankung ist eine koronare Herzerkrankung bekannt. Aufgrund eines NSTEMI wurde der Patient 2 Monate zuvor koronarangiografiert und erhielt in diesem Zusammenhang Natriumperchloral (Irenat®) bei hyperthyreoter Stoffwechsellage, Ticagrelor und mehrere Drug-eluting-Stents, die allesamt als potenzielle Auslöser der aktuellen Beschwerden in Betracht kamen.

Untersuchungsbefund Der Patient präsentierte sich in reduziertem Allgemeinzustand. Am gesamten Integument zeigte sich ein makulopapulöses, düsterrotes, teils pustulöses Exanthem ([Abb. 5 a]). Im Nacken waren vereinzelt kleine Bläschen und teilweise nässende Erosionen auffällig.

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Abb. 5 a DRESS-Syndrom: Makulopapulöses erythematöses Exanthem mit multiplen feinen Pusteln. b DRESS-Syndrom: Akanthotische Epidermis, teils spongiotisch mit Parakeratose. Dichtes entzündliches Infiltrat in der oberen Dermis bestehend aus Lymphozyten, Makrophagen und zahlreichen neutrophilen und eosinophilen Granulozyten.

Dermatohistologischer Befund Die Epidermis zeigt sich akanthotisch, teils spongiotisch mit Parakeratose. Fokal sieht man einzelne eher subkorneal gelegene Pusteln. Die obere Dermis weist ein dichtes entzündliches, neutrophilen- und eosinophilenreiches Infiltrat im Sinne einer Interface-Dermatitis auf ([Abb. 5 b]).

Therapie und Verlauf Bei erhöhten laborchemischen Infektparametern und Fieber wurde eine antibiotische Therapie mit Imipenem und Vancomycin eingeleitet. Aufgrund des Exanthems, der Eosinophilie im peripheren Blut und der erhöhten Leberwerte erhielt der Patient außerdem bei V. a. DRESS-Syndrom eine systemische Steroidtherapie mit Prednisolon 1 mg/kgKG. Unter kontinuierlicher Immunsuppression und antiinfektiver Therapie besserten sich sowohl der Hautzustand wie auch das Allgemeinbefinden des Patienten. Im weiteren Verlauf kam es zu einem massiven Anstieg der Transaminasen mit beginnendem akutem Leberversagen und wieder reduziertem Allgemeinbefinden. In Kooperation mit den internistischen Kollegen wurden bei V. a. eine toxische Genese des Leberversagens sämtliche potenziell verantwortlichen Substanzen (Prednisolon und Antibiose) abgesetzt. Unter einer Nulltherapie besserten sich die Transaminasen innerhalb von 1,5 Wochen. Hautbefund und Allgemeinbefinden waren zum Zeitpunkt der Entlassung in einem guten Zustand.

Etwa einen Monat nach Entlassung kam es zu einer erneuten Exazerbation der Hautveränderungen mit starkem Juckreiz, allerdings geringer ausgeprägt als bei der Erstvorstellung. Hinweise auf eine systemische Beteiligung oder Fieber existierten nicht. Wir behandelten erneut mit systemischen Glukokortikoiden in ausschleichender Dosierung. Bei wiederholter Exazerbation des Hautbefundes im Reduktionsversuch der Glukokortikoide erfolgte die Systemtherapie mit Cyclosporin A. Die Glukokortikoide konnten im Verlauf problemlos abgesetzt werden. Als einzige verbleibende potenzielle Auslöser des prolongierten DRESS-Syndroms kamen die zwei Monate vor dem Erstereignis implantierten und mit Everolimus beschichteten koronaren Drug-eluting-Stents infrage. Hier ist eine Freisetzung des Everolimus für ca. 120 Tage zu erwarten, sodass ein Absetzen des Cyclosporin A im Verlauf geplant ist.

Kommentar Das DRESS-Syndrom stellt eine seltene und schwerwiegende Arzneimittelreaktion dar, die mit einem generalisierten Exanthem einhergeht. Der Allgemeinzustand der Betroffenen ist erheblich vermindert, so wird v. a. über hohes Fieber berichtet. Des Weiteren können eine Beteiligung innerer Organe und eine Eosinophilie im Blut vorliegen. DRESS hat eine Mortalität von 10 %, am häufigsten aufgrund einer fulminant verlaufenden Hepatitis mit hepatischer Nekrose. Die Erkrankung tritt 2 – 6 Wochen nach Einleitung des auslösenden Medikamentes ein. Möglich sind auch eine Persistenz bzw. eine Verschlechterung der Symptome nach Absetzen des Auslösers. Zu diesen gehören Carbamazepin, Phenytoin, Lamotrigin, aber auch andere Arzneimittel wie Allopurinol, Minocyclin, Dapson, Salazosulfapyridin, Nevirapin oder Abacavir. Der genaue Pathomechanismus ist unklar. Eine Hypothese begründet sich in dem zu Beginn der Erkrankung wiederholt festgestellten Immunglobulinabfall oder auch einer Reaktivierung von Herpesviren v. a. HHV-6. Die Therapie besteht aus Absetzen des auslösenden Medikamentes sowie systemischer Glukokortikoide und Immunsuppressiva. Bez. der Therapie mit Cyclosporin A gibt es bislang nur wenige Fallberichte, welche jedoch größtenteils einen Therapieerfolg beschreiben, wie auch in unserem Fall gezeigt werden konnte.

Ob der prolongierte Verlauf in unserem Fall aufgrund der Freisetzung des Everolimus oder trotz Elimination eines der anderen potenziellen Auslöser besteht, lässt sich nicht abschließend klären.

Literatur

1 Hofmeier KS, Bircher AJ. Hypersensitivity reactions to modern antiplatelet and anticoagulant drugs. Allergo J Int 2015; 24 (2): 58 – 66

2 Bianchi L, Caraffini S, Lisi P. Drug reaction with eosinophilia and systemic symptoms syndrome caused by an everolimus-eluting stent. Int J Dermatol 2014; 53 (4): e286 – e288

3 Husain Z, Reddy BY, Schwartz RA. DRESS syndrome: Part I. Clinical perspectives. J Am Acad Dermatol 2013; 68: 693. e1 – e14

4 Chaiken BH, Goldberg BI, Segal JP. Dilantin sensitivity; Report of a case of hepatitis with jaundice, pyrexia and exfoliative dermatitis. N Engl J Med 1950; 242: 897 – 898


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Scleroedema adultorum Buschke: Symmetrische Induration der Haut aufgrund von Muzinablagerungen

Tatjana Fischer

Anamnese Der Patient berichtete, seit ca. 15 Jahren unter langsam fortschreitenden Verhärtungen und Spannungsgefühl am oberen Rücken und an den Unterarmen mit zunehmender Bewegungseinschränkung im Schulterbereich zu leiden. Die endokrinologische, rheumatologische und orthopädische Diagnostik habe keinen pathologischen Befund erbracht. Das Vorliegen einer monoklonalen Gammopathie sowie eines Diabetes mellitus sei ausgeschlossen worden. Ein Infekt im zeitlichen Zusammenhang sei nicht erinnerlich.

Körperlicher Untersuchungsbefund 41-jähriger männlicher Patient in gutem Allgemein- und adipösem Ernährungszustand. Abduktion der Arme bds. geringfügig eingeschränkt.

Dermatologischer Untersuchungsbefund Im Schulterbereich, nuchal, zervikal sowie an beiden Unterarmen unter Aussparung der Hände und des Gesichtes zeigten sich flächige, kutane Indurationen. Interskapulär fand sich ein flächiges, unscharf-begrenztes Erythem mit peau d’orange-Aspekt ([Abb. 6]). Die Haut ließ sich nicht eindrücken oder in Falten abheben.

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Abb. 6 Scleroedema adultorum Buschke: typische Klinik mit Verdickung der Haut im Nacken- und Schulterbereich.

Therapie und Verlauf Wir empfahlen eine Phototherapie (UVA1 oder PUVA) oder alternativ eine Radiotherapie mit Elektronen. Im Falle eines raschen Progresses wurde eine Systemtherapie mit Methotrexat erwogen.

Kommentar Beim Scleroedema adultorum Buschke (SAB) handelt es sich um eine seltene, Sklerodermie-artige Muzinose mit ätiologisch ungeklärter, dermaler Ablagerung von Mucopolysacchariden und Kollagen. SAB Typ 1 tritt in Assoziation mit respiratorischen Infekten (v. a. Streptokokken) vorwiegend bei Kindern und Frauen auf. Die Abheilung erfolgt spontan innerhalb weniger Wochen bis Monate. SAB Typ 2 weist eine Assoziation mit Paraproteinämien auf, verläuft langsam progredient und betrifft v. a. junge Erwachsene. SAB Typ 3 ist assoziiert mit Diabetes mellitus und ist charakterisiert durch einen langsam-progredienten, chronischen Verlauf. Betroffen sind überwiegend Männer. Sehr selten ist auch ein paraneoplastisches Auftreten beschrieben.

Die typische Klinik zeichnet sich durch eine Verdickung und Verhärtung der Haut mit Beginn im Nacken und Ausweitung auf die obere Körperhälfte aus, welche zu einem eingeschränkten Bewegungsumfang führt. Extrakutane Organbeteiligungen sind selten.

Die Diagnose eines SAB wird anhand der charakteristischen Klinik sowie des histopatholgischen Nachweises von Mucopolysaccharid-Ablagerungen in der Dermis und einer durch dichte Kollagenfasern ersetzten Subkutis gestellt. Differenzialdiagnostisch sollten das Skleromyxödem, eine systemische Sklerose sowie eine eosinophile Fasziitis abgegrenzt werden. Im Vordergrund der Therapie steht die Behandlung der Grunderkrankung. Eine effektive Therapie für chronisch-progrediente Formen des SAB existiert bisher nicht. Therapieoptionen umfassen Immunsuppressiva (MTX, Ciclosporin A), Phototherapie (PUVA, UVA1), Radiotherapie (Elektronenstrahlung), intravenöse Immunglobuline (IVIG), Antibiotika (Penicillin), Faktor XIII sowie extrakorporale Photophorese. Krankengymnastik zur Förderung der Mobilität ist ebenfalls ratsam.

Literatur

1 Miguel D, Schliemann S, Elsner P. Treatment of Scleroedema Adultorum Buschke: A Systematic Review. Acta Derm Venereol 2018; 98 (3): 305 – 309

2 Knobler R, Moinzadeh P, Hunzelmann N et al. European dermatology forum S1-guideline on the diagnosis and treatment of sclerosing diseases of the skin, Part 2: Scleromyxedema, scleredema and nephrogenic systemic fibrosis. J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31 (10): 1581 – 1594

3 Brenner M, Herzinger T, Berking C et al. Phototherapy and photochemotherapy of sclerosing skin diseases. Photodermatol Photoimmunol Photomed 2005; 21 (3): 157 – 165


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Papillomatosis confluens et reticularis: Eine seltene Verhornungsstörung beim jungen Erwachsenen

Konstanze Zydek

Anamnese Die Vorstellung eines 29-jährigen Patienten erfolgte aufgrund seit Jahren bestehender symptomloser, jedoch kosmetisch störender, hyperpigmentierter, stecknadelkopfgroßer Papeln und Plaques am Stamm und den oberen Extremitäten. Vortherapien mit lokalen Antimykotika und lokalen Kortikosteroiden haben nicht zur Abheilung geführt.

Untersuchungsbefund Es finden sich betont am Stamm sowie den oberen Extremitäten im Bereich der Beugen multiple, samtartige bis hyperkeratotische, orange-braune teils hyperpigmentierte Papeln ([Abb. 7 a]). Zentral konfluieren diese zu Plaques, während sich in der Peripherie ein netzartiges Muster darstellt ([Abb. 7 b]).

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Abb. 7 a Papillomatosis confluens et reticularis: hyperkeratotische orange-braune Papeln zentral konfluierend zu Plaques, netzartiges Muster in der Peripherie. b Detailaufnahme des charakteristischen klinischen Befundes der Axilla links.

Histologie Es zeigt sich eine unregelmäßig akanthotische Epidermis mit kompakter Orthokeratose, fokal teils mit Parakeratose. Oberflächlich ist ein perivaskulär diskretes sowie perifollikuläres, deutlicheres lymphozytäres Entzündungsinfiltrat ersichtlich. In der PAS-Färbung konnte eine mykotische Besiedelung (z. B. Malassezia furfur) ausgeschlossen werden.

Therapie und Verlauf Die Diagnose der Papillomatosis confluens et reticularis wurde bei unspezifischer Histologie aufgrund des klinischen Befundes gestellt. Die mykologische Diagnostik mittels Nativpräparat und Pilzkultur fiel ohne pathologischen Befund aus. Bei ausgeprägtem Befund und hohem Leidensdruck wurde eine Systemtherapie mit Minocyclin 50 mg 2 × tgl. für 6 Wochen eingeleitet. Aufgrund eines guten Ansprechens und Verträglichkeit therapierten wir für weitere 4 Wochen bis zur Abheilung. Im Verlauf kam es auch nach Absetzen der Therapie zu keinem Rezidiv.

Kommentar Die Papillomatosis confluens et reticularis (M. Gougerot-Carteaud) wurde erstmals 1927 beschrieben und stellt eine seltene Verhornungsstörung dar. Aufgrund der Seltenheit ist die Erkrankung häufig unterdiagnostiziert und es besteht oftmals ein langer Leidensweg über mehrere Jahre bis zu Diagnosesicherung. Typischerweise manifestiert sich die Erkrankung im jungen Erwachsenenalter zwischen 8 – 32 Jahren. Obwohl meist asymptomatisch, besteht oft eine psychische Belastung durch die langsam progredienten, teils sehr großflächigen, ästhetisch störenden Hyperkeratosen an unbedeckten Körperarealen. Klinisch sind die seborrhoischen Areale betroffen. Typisch sind multiple, hyperpigmentierte, bräunliche, stecknadelkopfgroße, flache bis verruköse, samtige Papeln, welche zentral zu Plaques konfluieren und in der Peripherie netzartig angeordnet sind. Die Ätiologie ist derzeit ungeklärt, es wird eine Vielzahl an Auslösern diskutiert. Eine Hypothese stellt eine erblich bedingte Störung der Keratinisierung dar. Auch eine Form der Hautamyloidose oder eine Pseudoakanthosis nigricans werden als ursächlich erwähnt. Vereinzelt fand sich eine Assoziation zu endokrinologischen Grunderkrankungen, sodass eine Abklärung von Erkrankungen der Schilddrüse oder eines Diabetes mellitus speziell bei Adipositas zu empfehlen ist. In Fallberichten wurde eine Assoziation zu Malassezia spp. festgestellt. Favorisiert wird aktuell die Theorie einer bakteriellen Besiedelung, welche eine reaktive Verhornungsstörung hervorruft. Im Speziellen wurde hier der gram-positive, aerobe Actinomyces Dietzia papillomatosis identifiziert.

Als klinische Differenzialdiagnose kommt aufgrund der Farbgebung am ehesten eine Acanthosis nigricans benigna infrage. Die Prädilektionsstellen der beiden Erkrankungen unterscheiden sich hingegen und ermöglichen eine Abgrenzung.

Die Behandlungsansätze sind vielfältig und begründen sich auf die kontrovers diskutierten Ätiologien. Pathophysiologisch kommt es zu einer Störung der Keratinisierung, weshalb zunächst topische keratolytische Behandlungen wie Harnstoff, Salizylsäure, 5-Fluoruracil oder topische Retinoide eingesetzt werden. Der Therapieerfolg bleibt jedoch häufig aus. Dagegen zeigt die systemische Anwendung von Isotretinoin über 8 – 12 Wochen Erfolge. Beim Nachweis von Malassezia furfur ist ein Ansprechen auf topische Antimykotika zu erwarten. Bereits 1965 wurde die Effektivität von Minocyclin nach ca. 6 – 12 Therapiewochen beschrieben. Weitere Antibiotika wie z. B. Doxycyclin und Tetracylin wurden ebenfalls in Einzelfallberichten erfolgreich eingesetzt.

Nach Davies et al. wird die Diagnose anhand klinischer Kriterien gestellt. Dazu gehört das Vorliegen von samtig braun-gelben Papeln bis Plaques in den seborrhoischen Zonen ohne das Auftreten von Juckreiz, der chronische Verlauf und ein fehlender Pilznachweis.

Literatur

1 Lim JH, Tey HL, Chong WS. Confluent and reticulated papillomatosis: diagnostic and treatment challenges. Clin Cosmet Investig Dermatol 2016; 9: 217 – 223

2 Scheinfeld N. Confluent and reticulated papillomatosis: a review of the literature. Am J Clin Dermatol 2006; 7 (5): 305 – 313

3 Lee SW, Loo CH, Tan WC. Confluent and reticulated papillomatosis: Case series of 3 patients from Kedah, Malaysia and literature review. Med J Malaysia 2018; 73: 338

4 Davis MDP, Weenig RH, Camilleri MJ. Confluent and reticulated papillomatosis (Gougerot-Carteaud syndrome): a minocycline-responsive dermatosis without evidence for yeast in pathogenesis: a study of 39 patients and a proposal of diagnostic criteria. Br J Dermatol 2006; 154; 287 – 293


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Hidrotische ektodermale Dysplasie (Clouston-Syndrom): Eine seltene Genodermatose

Amelie Buchinger

Anamnese Die ambulante Vorstellung des 53-jährigen Patienten erfolgte aufgrund einer seit Geburt bestehenden und im Verlauf zunehmenden Papillomatose v. a. der Hände. Der Patient berichtet, dass seit Geburt eine Alopezia universalis sowie Verdickungen palmar und plantar bestehen würden. Diese hätten im Laufe der Jahre zugenommen. Ansonsten sei er gesund. Der Patient habe einen Sohn, der nicht betroffen sei.

Untersuchungsbefund Es finden sich an den Händen beidseits palmar ausgeprägte erythematöse Plaques. Im Bereich der Handgelenke und Finger gehen die Plaques in eine Papillomatose über ([Abb. 8 a]). Über der Patella und an den Fußsohlen präsentierten sich gelbliche Hyperkeratosen. Alle Nägel der Hände zeigten sich dystroph und deutlich verdickt ([Abb. 8 b]). Zudem besteht eine Alopezia universalis. Der Patient präsentiert einen intakten Zahnstatus. Eine Augenbeteiligung liegt nicht vor. Eine Anhidrosis konnte ebenfalls nicht nachgewiesen werden. In der genetischen Untersuchung konnte die Mutation des GJB6-Gens, welches für Connexin 30 codiert, als Erstmutation festgestellt werden.

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Abb. 8 a Hidrotische ektodermale Dysplasie Typ Clouston: palmare Papillomatose. b Hidrotische ektodermale Dysplasie Typ Clouston: Nageldystrophie.

Therapie und Verlauf Klinisch und genetisch wurde die Diagnose einer hidrotischen ektodermalen Dysplasie (Clouston-Syndrom) gestellt. Der lokale Therapieversuch mit Tretinoin 0,1 %-Creme erbrachte an den Handinnenflächen eine Besserung, sodass die Therapie entsprechend fortgeführt wurde. Eine probatorische Abtragung der Papillomatose am rechten Handgelenk erfolgte mittels CO2-Laser mit zufriedenstellendem medizinischem und kosmetischem Ergebnis.

Kommentar Bei der hidrotischen ektodermalen Dysplasie (Clouston-Syndrom) handelt es sich um eine Genodermatose. Die Patienten leiden unter Defekten von Organen ektodermalen Ursprungs. Zugrunde liegt eine Mutation des GJB6-Gens, welches für das Transmembranprotein Connexin 30 codiert. Dieser Defekt könnte die erhöhte Stabilität von Keratin enthaltenden Strukturen erklären. Die Erkrankung wird i. d. R. autosomal-dominant vererbt. Es sind aber auch Spontanmutationen in der Literatur beschrieben. Das klinische Bild der hidrotischen ektodermalen Dysplasie ist gekennzeichnet durch palmoplantare Hyperkeratosen, Nagelveränderungen und Hypotrichose bzw. Alopezie.

Die Nageldystrophie präsentiert sich durch verdickte, verformte, meist hyperkonvexe und verfärbte Nägel. Häufig kann es bei isolierter Nageldystrophie zu Fehldiagnosen kommen. Etwa 30 % aller Betroffenen weisen isolierte Nagelveränderungen auf. Die Kopfbehaarung ist oft spärlich, dünn, bleich und spröde, in einigen Fällen auch fehlend. Augenbrauen, Wimpern und Sekundärbehaarung sind ebenfalls spärlich angelegt oder fehlend. Palmoplantare Hyperkeratosen können zusätzlich auftreten. Im Gegensatz zur anhidrotischen ektodermalen Dysplasie sind bei der hidrotischen Variante Schweißdrüsen, Talgdrüsen und Zähne nicht verändert.

Die Diagnose wird durch das klinische Bild mit der Trias palmoplantare Hyperkeratosen, Alopezie bzw. Hypotrichose und Nagelveränderungen gestellt. Die Therapie orientiert sich am klinischen Beschwerdebild und erfolgt symptomatisch. Die Krankheit ist fortschreitend und die beschriebene Symptomatik im Alter zunehmend.

Literatur

1 Smith FJD, Irwin McLean WH, Morley SM. A Novel Connexin 30 Mutation in Clouston Syndrome. J Invest Dermatol 2002; 118: 530 – 532

2 Yang R, Hu Z, Kong Q et al. A known mutation in GJB6 in a large Chinese family with hidrotic ectodermal dysplasia. J Eur Acad Dermatol Venerol 2016; 30: 1362 – 1365

3 Der Kaloustian VM. Hidrotic Ectodermal Dysplasia 2. In: Pagon RA, Adam MP, Ardinger HH et al, eds. GeneReviews® 2005; Seattle (WA): University of Washington; 1993 – 2014

4 Itin PH, Fistarol SK. Ectodermal dysplasias. ‎Am J Med Genet 2004; 131C: 45 – 51


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Comèl-Netherton-Syndrom: Seltene Differenzialdiagnose einer therapierefraktären atopischen Dermatitis

Kim Nikola Zeiner

Anamnese Die konsiliarische Vorstellung des 4 Monate alten Jungen erfolgte bei bereits bekanntem Comèl-Netherton-Syndrom. Die Eltern berichteten, dass bereits einige Tage nach der Geburt unscharf begrenzte Erytheme mit ausgeprägter Schuppung aufgetreten seien. Diese Hautveränderungen fanden sich initial am Kopf, insbesondere im Gesicht, sowie im Windelbereich und im Verlauf auch an den Extremitäten ([Abb. 9]). Zunächst wurde bei der Verdachtsdiagnose Impetigo contagiosa eine intravenöse antibiotische sowie lokal antimykotische Therapie veranlasst. Im Verlauf erfolgte bei ausbleibender Besserung der zu diesem Zeitpunkt noch unklaren Dermatose und Verdacht auf eine Kuhmilchproteinintoleranz eine Ernährungsumstellung. Da sich auch hierunter keine Besserung einstellte, wurde eine humangenetische Untersuchung auf Genodermatosen initiiert. Hier konnten zwei heterozytogene Mutationen auf Exon 3 (c.135del) und Exon 11 (c.891C > T) des SPINK5-Gens nachgewiesen und damit die Diagnose eines Comèl-Netherton-Syndroms gestellt werden.

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Abb. 9 Ichthyotische Erythrodermie bei Comèl-Netherton-Syndrom.

Dermatologischer Untersuchungsbefund Vorrangig im Bereich des Kopfes, genital und axillär, aber auch mild an den Extremitäten, zeigten sich flächige Erytheme mit grober, lamellärer Schuppung. Die spärlichen Vellushaare waren mikroskopisch unauffällig.

Therapie und Verlauf Aufgrund des Nachweises einer autosomal-rezessiv vererbbaren Erkrankung erfolgte bereits im Vorfeld eine genetische Beratung der Familie.

Nach konsiliarischer Vorstellung in unserer Klinik wurde eine symptomatische lokale Therapie mit Glukokortikoiden in Kombination mit einem Antiseptikum (hydrophile Prednicarbat-Creme 0,08 % mit Octenidinhydrochlorid 0,1 %) eingeleitet. Im Verlauf wurde auf topische Calcineurininhibitoren (Pimecrolimus) umgestellt. Im Windelbereich erfolgte die Anwendung von antimykotischen Pasten. Des Weiteren wurde eine rückfettende Basispflege mit DAC-Basiscreme bzw. Polihexanid in DAC-Basiscreme und für das Gesicht Unguentum emulsificans aquosum empfohlen. Darunter zeigte sich bereits nach einer Woche eine deutliche Besserung.

Kommentar Das Comèl-Netherton-Syndrom ist eine seltene autosomal-rezessiv vererbte Genodermatose mit einer Inzidenz von 1:200 000. Ursächlich sind Mutationen im Bereich des SPINK5-Gens auf Chromosom 5q32. SPINK5 kodiert für den Serin-Protease-Inhibitor LEKTI, welcher unter anderem im Epithel der Mukosa, im Thymus, aber auch in epidermalen Keratinozyten exprimiert wird. Der Phänotyp richtet sich nach dem Ausmaß der Funktionseinschränkung von LEKTI. Durch die pathologisch gesteigerte Aktivität von Serin-Proteasen kommt es zu einem Übergewicht an proinflammatorischen Mediatoren und folglich einer Entzündung sowie Barrierestörung der Haut.

Klinische Merkmale sind eine angeborene ichthyotische Erythrodermie und Haarschaftanomalien. Charakteristisch für die Erkrankung sind sog. ‚Bambushaare‘ (Trichorrhexis invaginata), die durch Keratinisierungsdefekte im Bereich des Haarschaftes entstehen und sich mikroskopisch durch kugelförmige Invaginationen nachweisen lassen. Jedoch finden sich in der Literatur auch Fallberichte von Kindern mit Comèl-Netherton-Syndrom ohne die beschriebenen Haarschaftanomalien.

Häufig treten bei den betroffenen Kindern auch Gedeihstörungen auf, und es kann zu Komplikationen wie rezidivierenden Infekten und bakteriellen Superinfektionen kommen. Im Verlauf kann das klinische Bild in eine Ichthyosis linearis circumflexa übergehen. Mögliche extrakutane Symptome sind ein erhöhtes Gesamt-IgE im Serum oder Nahrungsmittelallergien.

Initial kann das Comèl-Netherton-Syndrom fälschlicherweise für eine therapierefraktäre atopische Dermatitis gehalten werden.

Der Therapieansatz ist rein symptomatisch und beinhaltet eine Lokaltherapie mit Glukokortikoiden, Calcineurininhibitoren, Retinoiden und rückfettenden Externa. Auch Versuche mit oralen Retinoiden oder UVB-Phototherapie sind beschrieben. In schweren Fällen stellen intravenöse Immunglobuline oder anti-TNF-α-Antikörper eine mögliche Therapiealternative dar.

Literatur

1 Bitoun E, Chavanas S, Irvine AD et al. Netherton Syndrome: Disease Expression and Spectrum of SPINK5 Mutations in 21 Families. J Invest Dermatol 2002; 118 (2): 352 – 361

2 Hachem JP, Wagberg F, Schmuth M et al. Serine protease activity and residual LEKTI expression determine phenotype in Netherton syndrome. J Invest Dermatol 2006;126 (7): 1609 – 1621

3 Saleem HMK, Shahid MF, Shahbaz A et al. Netherton Syndrome: A Case Report and Review of Literature. Cureus 2018; 10 (7): e3070

4 Jones SK, Thomason LM, Surbrugg SK et al. Neonatal hypernatraemia in two siblings with Netherton’s syndrome. Br J Dermatol 1986; 114 (6): 741 – 743

5 David DL, Smith JG, Wong SW et al. Netherton’s syndrome: a syndrome of elevated IgE and characteristic skin and hair findings. J Allergy Clin Immunol 1995; (1 Pt 1): 116 – 123


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Arzneimittel-induzierte Photoonycholyse nach kosmetischer Shellac-Behandlung

Clara Geppert

Anamnese Die Vorstellung der 26-jährigen Patientin erfolgte bei seit etwa 4 Wochen bestehenden, ausgeprägten Nagelveränderungen. Zunächst habe sich am Nagel des rechten Zeigefingers eine Verdickung gezeigt, welche die Patientin versucht habe mit einer Nagelfeile zu entfernen. Im Verlauf hätten sich auch an den übrigen Fingernägeln Verdickungen und Verfärbungen entwickelt. Eine Vortherapie mit Betamethason- und Calcipotriol-haltigem Gel hatte keine Besserung bewirkt. Bei der Patientin bestanden weder Vorerkrankungen noch eine Dauermedikation. Bei Dysmenorrhoe erfolge die Einnahme von Paracetamol oder Ibuprofen bei Bedarf. Hautveränderungen und Gelenkbeschwerden wurden verneint. In der Familienanamnese konnte eine Psoriasis vulgaris beim Vater der Patientin erhoben werden. Die Patientin berichtete, wenige Wochen vor dem Auftreten der Nagelveränderungen wiederholt kosmetische Shellac-Behandlungen der Nägel durchgeführt zu haben.

Dermatologischer Untersuchungsbefund An den Fingernägeln Dig. 1 – 5 beider Hände zeigten sich distal halbmondförmige Onycholysen sowie proximal hiervon bräunliche Verfärbungen und Splinter-Hämorrhagien ([Abb. 10]). An den Fußnägeln und am restlichen Integument fanden sich keine Auffälligkeiten.

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Abb. 10 Photoonycholyse: typisch halbmondförmige Onycholyse der Fingernägel (hier Hand rechts).

Therapie und Verlauf Wir diagnostizierten eine Photoonycholyse, welche durch Photosensibilisierung nach NSAR-Einnahme und anschließender UV-Bestrahlung zur Härtung des Shellacs induziert wurde. Die Patientin hatte bereits im Vorfeld mehrmals Shellac angewandt, ohne dass es zu Nagelveränderungen gekommen ist. Der im Vergleich zur vorherigen Anwendung entscheidende Faktor scheint die koinzident zur Nagelbehandlung erfolgte NSAR-Einnahme zu sein. Infolge der Arzneimittel-induzierten Photosensibilisierung führte das künstlich applizierte UVA-Licht für die Shellac-Härtung zur phototoxischen Reaktion im Bereich des Nagelbetts und letztlich zur Onycholyse. Die Fußnägel waren nicht der UVA-Strahlung ausgesetzt, sodass dort keine derartige Reaktion stattfand. Bei zu erwartender Spontanheilung durch Herauswachsen der Nägel erfolgte lediglich eine unterstützende Therapie mit Silizium und Methylsulfonylmethan-haltigem Nagellack. Bei der Kontrollvorstellung nach 8 Wochen fanden sich bereits nur noch minimale Residuen der Onycholyse. Der Patientin wurde empfohlen auf weitere Shellac-Behandlungen zu verzichten.

Kommentar Die Photoonycholyse ist eine seltene Nagelveränderung, welche infolge einer Photosensibilisierung durch Medikamenteneinnahme auftreten kann. Sie zeigt sich einige Wochen nach Einnahme von u. a. Tetrazyklinen, Gyrasehemmern, nichtsteroidalen Antiphlogistika und Psoralen. Es werden 4 unterschiedliche Manifestationstypen der Onycholyse unterschieden. Am häufigsten zeigt sich Typ 1, bei dem an mehreren Fingernägeln eine halbmondförmige Ablösung des Nagels vorliegt. Die Seitenränder des Nagels sind i. d. R. nicht vom Nagelbett abgelöst. Die Onycholyse kann in Begleitung oder Abwesenheit anderer vorheriger photosensitiver Reaktionen (z. B. Dermatitis solaris) auftreten. Hierbei nimmt man begünstigende Faktoren für die Photosensitivität im Bereich der Nägel an. Durch die Form des Nagels wirkt dieser wie eine konvexe Linse, welche die UV-Strahlen bündelt. Das Fehlen von Melanozyten, eines Stratum granulosum und Talgdrüsen im Nagelbett reduzieren zusätzlich den natürlichen UV-Schutz. I.d.R. regeneriert sich der Nagel innerhalb von 3 – 6 Monaten. Bei Shellac handelt es sich um eine Mischung aus Gel und Nagellack, welche nach der Applikation mittels UV-Lampe ausgehärtet wird.

Literatur

1 Baran R, Mascaro JM, Aguilera P. Photoonycholyses: new findings. JEADV 2019; 33: 56 – 62

2 Al-Kathiri L, Al-Asmaili A. Diclofenac-Induced Photo-Onycholysis. Oman med J 2016; 31 (1): 65 – 68

3 Dinani N, George S. Nail cosmetics: a dermatological perspective. Clinical end Experimental Dermatology 2019; 44 (6): 599 – 605


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Natrium-Thiosulfat: Eine vielversprechende Therapieoption beim Ulcus cruris hypertonicum Martorell

Laura Petry

Anamnese Ein 73-jähriger Patient stellte sich in unserer Hochschulambulanz aufgrund von seit ca. 6 Wochen bestehenden größenprogredienten, stark schmerzhaften Nekrosen an beiden Unterschenkeln vor. Eine externe Histologie ergab einen Befund passend zu einem Ulcus cruris arteriosum mit Verdacht auf das Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.

An Vorerkrankungen bekannt waren ein Diabetes mellitus Typ II, eine arterielle Hypertonie und eine Herzinsuffizienz NYHA III.

Untersuchungsbefund An beiden dorsalen Unterschenkeln fanden sich mehrere, 2 – 5 cm große, zungenförmige Nekrosen. Auffällig war eine Livedo racemosa-Zeichnung der Umgebung. Am linken laterodorsalen Unterschenkel zeigte sich eine 15 × 7 cm große, fest haftende Nekroseplatte mit lividem Randsaum ([Abb. 11 a]). Die Extremitätenpulse waren gut tastbar.

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Abb. 11 a Ulcus hypertonicum Martorell: nekrotische Ulzera der Unterschenkel. b Ulcus hypertonicum Martorell: Befund nach 3 Monaten Natrium-Thiosulfat-Infusionstherapie.

Dermatohistologischer Befund In der Hämatoxylin-Eosin-Färbung präsentierten sich ausgeprägte Fettgewebsnekrosen sowie eine Arterio- und Arteriolosklerose mit dystrophen Verkalkungsarealen der Gefäße. Es stellten sich außerdem Gefäße mit verdickter Gefäßwand und bizarr geformten, thrombosierten Lumina dar.

Therapie und Verlauf Klinisch und histologisch wurde die Diagnose eines Ulcus cruris hypertonicum Martorell gestellt, differenzialdiagnostisch kam auch eine Kalziphylaxie bei normaler Nierenfunktion sowie normwertigem Parathormon und Kalzium-Phosphat-Produkt (Eutrophication) in Betracht.

Um bei kardiovaskulären Vorerkrankungen trotz tastbarer Fußpulse keine relevante Makroangiopathie zu übersehen, erfolgte die Dopplerdruckmessung sowie eine Angio-MR-Untersuchung der unteren Extremitäten. Hier ergaben sich keinerlei Hinweise auf eine arterielle Minderperfusion der unteren Extremitäten. Eine Koagulopathie konnte ebenfalls ausgeschlossen werden.

Bei ausgeprägtem Befund und starker Schmerzhaftigkeit wurde ein chirurgisches Vorgehen zunächst zurückgestellt und eine intravenöse Therapie mit 25 g Natriumthiosulfat 3 ×/Woche eingeleitet, worunter es zu einer raschen Schmerzreduktion und Befundbesserung mit spontanem Ablösen der Nekrosen kam ([Abb. 11 b]). Im Verlauf konnte eine Defektdeckung mittels Spalthauttransplantation erfolgen. Neue Ulzerationen traten nicht mehr auf.

Kommentar Das Ulcus cruris hypertonicum Martorell (UHM) ist eine häufige Differenzialdiagnose bei schmerzhaften Unterschenkelulzera. Der spanische Arzt Fernando Martorell (1906 – 1984) gilt als Erstbeschreiber des Zusammenhangs zwischen arterieller Hypertonie mit pathologisch veränderten Arteriolen und der Entstehung von Beinulzera ohne Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit.

Das UHM tritt i. d. R. im Alter über 65 Jahre auf und zeigt eine Verteilung W:M von 60:40. Alle Patienten weisen eine arterielle Hypertonie, mehr als die Hälfte zusätzlich einen Diabetes mellitus Typ II auf. Klinisch imponieren schmerzhafte, umschriebene Ulzera, häufig bilateral am laterodorsalen Unterschenkel oder direkt über der Achillessehne lokalisiert.

Histologisch finden sich Arteriolen mit verdickten Gefäßwänden (Mediahyperplasie) und einem verringerten, häufig thrombosierten Gefäßlumen, was zu einer verminderten Hautperfusion und folglich zur Ischämie führt. In mehr als der Hälfte der Fälle besteht zusätzlich eine Gefäßverkalkung (Mediakalzinose).

Die histologischen Veränderungen beim UHM ähneln denen der Kalziphylaxie sehr. Daher liegt die Hypothese nahe, dass beide Entitäten Varianten derselben Erkrankung sind.

Die Diagnose wird in Zusammenschau von Anamnese und Klinik gestellt. Charakteristisch finden sich eine langjährig bestehende arterielle Hypertonie, schmerzhafte Ulzera an den Prädilektionsstellen sowie der Nachweis einer stenosierenden Arteriolosklerose in der tiefen Messerbiopsie.

Bei der Therapieentscheidung muss das bei der Kalziphylaxie kontrovers diskutierte Auftreten eines Pathergiephänomens berücksichtigt werden. Manipulationen im erkrankten Gewebe können beim UHM einen Krankheitsschub auslösen. Therapie der ersten Wahl bleibt jedoch eine Nekrosektomie mit konsekutiver Spalthauttransplantation, da dies häufig zu einer sofortigen Schmerzlinderung führt. Das Spalthauttransplantat heilt i. d. R. im Zentrum direkt an und führt somit zu einer Verkleinerung der Wundfläche. Oftmals kommt es jedoch zu fortschreitenden Nekrosen am Wundrand, weshalb mehrere Spalthauttransplantationen notwendig sind. Angelehnt an die Behandlung der Kalziphylaxie kann bei ausgeprägten und sehr schmerzhaften Befunden eine konservative Behandlung mit Natrium-Thiosulfat erfolgen. Natrium-Thiosulfat bringt Kalziumphosphat in Lösung, erhöht die Perfusion von verkalkten Arteriolen und bessert somit die Gewebeoxygenierung. Völlig verstanden ist weder der Pathomechanismus der Erkrankung noch die Wirkungsweise von Natrium-Thiosulfat.

Das UHM findet in der medizinischen Ausbildung leider noch wenig Beachtung und wird häufig fehl- und unterdiagnostiziert. Es muss jedoch als eine häufige Differenzialdiagnose bei schmerzhaften Beinulzera in Betracht gezogen werden, die zwingend von klinisch ähnlich imponierenden Erkrankungen wie Pyoderma gangraenosum oder einer nekrotisierenden Vaskulitis abgegrenzt werden sollte.

Literatur

1 Hafner J. Calciphylaxis and Martorell Hypertensive Ischemic Leg Ulcer: Same Pattern – One Pathophysiology. Dermatology 2016; 232 (5): 523 – 533

2 Alavi A, Mayer D, Hafner J et al. Martorell hypertensive ischemic leg ulcer: an underdiagnosed Entity. Adv Skin Wound Care 2012; 25 (12): 563 – 572

3 Vuerstaek JD, Reeder SW, Henquet CJ et al. Arteriolosclerotic ulcer of Martorell. J Eur Acad Dermatol Venereol 2010; 24 (8): 867 – 874

4 Meissner M, Bauer R, Beier C et al. Sodium thio-sulphate as a promising therapeutic option to treat calciphylaxis. Dermatology 2006; 212 (4): 373 – 376


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Keratoacanthoma centrifugum marginatum: Acitretin als möglicher neoadjuvanter Behandlungsansatz

Arash Valipour

Anamnese Eine 66-jährige Patientin stellte sich mit einer langsam progredienten, ulzerierenden Plaque am linken Unterschenkel vor. Erstmalig seien vor ca. 3 Jahren mehrere erhabene Effloreszenzen des Unterschenkels bemerkt worden, welche spontan sistierten. Seit einem Jahr jedoch habe sie eine besonders größenprogrediente und schmerzhafte Stelle bemerkt. Unter der Annahme einer Pyodermie seien Vortherapien mit Antibiotika und topischen Steroiden versucht worden, welche erfolglos blieben.

Untersuchungsbefund Am linken Unterschenkel fand sich eine isoliert stehende, ca. 20 cm durchmessende, von einem dezenten Erythem umgebene, polyzyklisch begrenzte, an den Rändern knotig bis polsterartig aufgeworfene und mit hämorrhagischen Krusten bzw. Hyperkeratosen belegte Plaque ([Abb. 12 a]).

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Abb. 12 a Keratoacanthoma centrifugum marginatum: Befund bei Erstvorstellung. b Keratoacanthoma centrifugum marginatum: nach 12-monatiger Therapie mit Acitretin.

Diagnostik Das differenzialdiagnostische Spektrum umfasste neben infektiösen Dermatosen v. a. Neoplasien. Die PCR zum Nachweis von Mykobakterien und Leishmanien fiel negativ aus. Mittels tiefer Messerbiopsie konnte in Zusammenschau mit der Klinik die Diagnose eines Keratoacanthoma centrifugum marginatum gestellt werden.

Therapie und Verlauf Ein operatives Vorgehen wurde mit der Patientin besprochen, aufgrund der anatomischen Lokalisation und Befundgröße jedoch nicht favorisiert. Unter einer ca. einjährigen systemischen Therapie mit Acitretin 25 mg/die, zwischenzeitlich auf 35 mg/die eskaliert, konnte ein deutlicher Rückgang der Plaque verzeichnet werden ([Abb. 12 b]). Als unerwünschte Arzneiwirkung traten neben Mundtrockenheit eine milde Alopezie sowie eine vermehrte Brüchigkeit der Nägel auf. Keine dieser Nebenwirkungen führte zum Abbruch der Therapie.

Kommentar Das Keratoacanthoma centrifugum marginatum (KCM) ist eine Variante des Riesenkeratoakanthoms, welches rasch zentrifugal wächst und zentral eine Atrophie hinterlässt. Erstmalig wurde es von Miedzinski und Kozakiewicz 1962 beschrieben. Die genaue Pathogenese dieser Dermatose ist unbekannt, es werden jedoch Einflussfaktoren wie UV-Exposition, Rauchen und Viruserkrankungen als ursächlich diskutiert. Abzugrenzen ist das KCM von einem spinozellulären Karzinom, welches bspw. kein atrophisches Zentrum aufweist.

Obwohl in der Literatur eine Spontanheilung dieser sehr seltenen Erkrankung beschrieben wurde, ist prinzipiell eine Therapie indiziert. Die Therapieoptionen umfassen Retinoide, 5-Fluoruracil, Methotrexat, Kryotherapie und letztendlich operative Maßnahmen. Ein etabliertes Behandlungsprotokoll liegt derzeit nicht vor. In dem vorliegenden Fall fiel die gemeinsame Entscheidung auf Retinoide. Unter Acitretin konnte ein deutlicher Behandlungserfolg erreicht und die Voraussetzung für eine etwaige zukünftige Exzision geschaffen werden.

Literatur

1 Miedzinski F, Kozakiewicz J. Keratoacanthoma centrifugum – a special variety of keratoacanthoma. Der Hautarzt 1962; 13: 348 – 352

2 Kim Y, Helm KF, Billingsley EM et al. Spontaneous Regression of a Keratoacanthoma Centrifugum Marginatum. Dermatology practical & conceptual 2019; 9: 157 – 159

3 Mehrtens SH, La Hera I de, Shankar S. Case of keratoacanthoma centrifugum marginatum treated with acitretin. BMJ Case Rep 2018 Nov 1; 2018. pii: bcr-2018-226818. doi:10.1136/bcr-2018-226818


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Komplexe Immunsuppression bei einem therapierefraktären Pemphigus vulgaris

Frank Thomas Mayer

Anamnese Die Vorstellung des Patienten erfolgte in unserer Hochschulambulanz mit einem vor 4 Monaten neu diagnostizierten Pemphigus vulgaris. Es wurde bereits extern eine Therapie mit systemischen Steroiden und Azathioprin eingeleitet. Diese musste aufgrund von Nebenwirkungen (Übelkeit/Erbrechen, Transaminasenanstieg) abgebrochen werden.

Untersuchungsbefund Es präsentiert sich ein 64-jähriger Patient in reduziertem Allgemeinzustand. Die internistische Untersuchung stellt sich unauffällig dar.

An der Kopfhaut, am Hals sowie am Oberkörper finden sich multiple, teils hämorrhagisch-krustig belegte, 1 bis 10 cm große Erosionen ([Abb. 13 a]). Auch an der Nasen- und Mundschleimhaut kommen multiple Erosionen zur Darstellung.

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Abb. 13 a Hautbefund vor zweitem stationären Aufenthalt. b Hautbefund 4 Monate nach Einleitung Rituximab.

Dermatohistologischer Befund Es zeigt sich eine ausgedehnte suprabasale Akantholyse mit für eine blasenbildende Autoimmundermatose aus der Pemphigus-Gruppe typischen „tombstone pattern“ (basale Keratinozyten bleiben auf Basalmembran verankert).

Therapie und Verlauf Es erfolgte die Gabe von Prednisolon p. o., beginnend mit 1 mg/kg KG pro Tag. Zusätzlich initiierten wir eine Therapie mit Mycophenolat mofetil (MMF) 2 g/d. Hierunter stellte sich eine deutliche Befundbesserung ein, sodass der Patient bereits nach 8 Tagen entlassen werden konnte. Die Therapie wurde ambulant fortgeführt, die Steroide schrittweise ausgeschlichen.

7 Wochen nach Entlassung kam es unter 5 mg Prednisolon pro Tag zu einer erneuten Exazerbation mit neuen Blasen am Rücken, inguinal und an der Nasenschleimhaut. Es erfolgte zunächst der Versuch einer peroralen Gabe von Kortikosteroiden, beim Ausbleiben eines adäquaten Therapieansprechens erfolgte die i. v. Pulstherapie mit 250 mg Prednisolon/die.

Unter Dosisreduktion traten jedoch immer wieder neue Blasen auf, sodass zusätzlich zu MMF Dapson bis zur Erhaltungsdosis eingeschlichen wurde. Aufgrund eines Dapson-induzierten Hämoglobin-Abfalls musste diese Therapie bereits vor Wirkeintritt wieder beendet werden.

Ein paraneoplastischer Pemphigus konnte mittels diverser Vorsorgeuntersuchungen und fehlendem serologischen Envoplakin-Nachweis ausgeschlossen werden.

Aufgrund einer Pseudomonas-Septikämie unter der o. g. immunsuppressiven Therapie musste der Patient zwischenzeitlich mit Piperacillin/Tazobactam behandelt werden. Insgesamt verschlechterte sich bei langwierigem Verlauf der Allgemeinzustand des Patienten zusehends. Bei weiterhin bestehendem therapierefraktärem Hautbefund wurde nach Ausschluss von Kontraindikationen eine zusätzliche Therapie mit Rituximab i. v. (375 mg/m2 KOF) begonnen. Nach 4 Zyklen Rituximab kam es zur signifikanten Besserung des Hautbefundes. Die MMF-Dosierung konnte bei 2 g/d belassen werden.

Der Patient ist aktuell unter MMF 2 g/d beschwerde- und erscheinungsfrei ([Abb. 13 b]).

Kommentar Beim Pemphigus vulgaris kommt es durch Autoantikörper gegen Strukturproteine der Desmosomen wie Desmoglein 1 und 3 zur Auflösung der Zell-Zell-Kontakte und zur intraepithelialen Spaltbildung. Dadurch entstehen schlaffe, instabile Blasen an Mukosa und verhornender Haut, welche nach raschem Platzen schmerzhafte Erosionen hinterlassen.

Unbehandelt verläuft die Erkrankung tödlich.

Therapeutisch wird in der Leitlinie eine systemische Steroidtherapie mit 1,0 – 1,5 mg/kg KG Prednisolonäquivalent empfohlen, bei ausbleibendem Ansprechen ist innerhalb der ersten Wochen eine Aufdosierung bis auf 2 mg/kg/d möglich. Als steroidsparende immunsuppressive Medikation kommen Azathioprin (2,0 – 2,5 mg/kg/d) oder MMF (2 g/d) in Betracht. Bei therapierefraktären Fällen, Nebenwirkungen sowie bei Patienten mit mehr als 30 % betroffener Körperoberfläche bzw. ausgedehntem Schleimhautbefall werden Rituximab, Immunglobuline oder Immunapherese empfohlen.

Rituximab ist ein monoklonaler Antikörper, der spezifisch an das transmembrane CD20-Antigen, exprimiert von B-Lymphozyten, bindet und dadurch die Produktion von Antikörpern hemmt. Die anhaltende B-Zell-Depletion (ca. 6 – 12 Monate) kann Remissionen für Monate bis 2 Jahre bewirken. Die initialen Remissionsraten unter Rituximab sind im Vergleich zur Gabe von Prednisolon deutlich höher. Diese aktuellen Studiendaten führten in 2019 zu einer positiven Bewertung von Rituximab durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Rituximab wird zukünftig als primäre Therapieoption zur Verfügung stehen.

Die Therapie mit Rituximab wurde bei unserem Patienten als additive Therapie neben der bereits bestehenden Immunsuppression (2 g MMF/d) und fehlendem Ansprechen auf die Prednisolongabe eingeleitet. Einerseits erfordert die Kombination dieser beiden Therapieverfahren besondere Wachsamkeit des Behandlers bez. des Auftretens möglicher Infektionen, andererseits gelingt es, schwerwiegende und komplexe Verläufe des Pemphigus vulgaris besser zu kontrollieren.

Literatur

1 Eming R, Sticherling M, Hofmann SC et al. S2k-Leitlinie zur Therapie des Pemphigus vulgaris/foliaceus und des bullösen Pemphigoids. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13 (8): 833 – 845

2 Hertl M, Zillikens D, Borradori L et al. Recommendations for the use of rituximab (anti-CD20 antibody) in the treatment of autoimmune bullous skin diseases. J Dtsch Dermatol Ges 2008; 6 (5): 366 – 373

3 Ahmed A,Spigelman Z, Cavacini L et al. Treatment of pemphigus vulgaris with rituximab and intravenous immune globulin. N Engl J Med 2006; 355 (17): 1772 – 1779

4 Joly P, Mouquet H, Roujeau JC et al. A single cycle of rituximab for the treatment of severe pemphigus. N Engl J Med 2007; 357 (6): 545 – 552


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Dermatologische Immunsuppression: Zwei Seiten einer Medaille

Flavia Angeletti

Anamnese

Patient 1: Ein 66-jähriger Patient wurde über viereinhalb Jahre aufgrund eines Pyoderma gangraenosum (PG) am Oberschenkel behandelt. Die Therapie gestaltete sich äußerst schwierig. Aufgrund von Nebenwirkungen oder fehlenden Ansprechens erhielt er über die Jahre verschiedenste Immunsupressiva, u. a. Steroide, Azathioprin, Cyclosporin A, Mycophenolatmofetil, Dapson, Methotrexat und Adalimumab.

Patient 2: Die 44-jährige Patientin erhielt aufgrund eines PG seit über einem halben Jahr eine Therapie mit Mycophenolatmofetil und Steroiden. Bei begleitender rheumatoider Arthritis bestand zusätzlich eine Dauermedikation mit Methotrexat.

Dermatologischer Befund

Patient 1: Es zeigten sich braungelbe Flecken und Papeln an Stamm und Extremitäten. Im Verlauf trat im Gesicht eine äußerst kontaktvulnerable, flächenhafte Rötung mit gelblicher Schuppung auf. V. a. Nase und Oberlippe waren gelblich krustös belegt ([Abb. 14 a]). Nasen- und Mundschleimhaut wiesen Erosionen und Krusten auf.

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Abb. 14 a Klinisches Bild der mukokutanen Leishmaniose. b Nachweis von Leishmania bodies in der Hämatoxylin-Eosin-Färbung (400-fache Vergrößerung).

Patient 2: Am linken Oberschenkel zeigen sich teils straßenförmig angeordnete livide Papeln und vereinzelt ulzerierte Knoten mit einem Durchmesser von bis zu 5 cm.

Diagnostik

Patient 1: Im histologischen Befund zeigt sich eine ausgeprägte gemischtzellige Entzündungsreaktion mit oberflächlich betonter Inkorporation von hell-basophilen Korpuskeln, passend zu Leishmanien-Körperchen ([Abb. 14 b]).

Patient 2: Die Patientin weist neben einer Anämie (Hämoglobin 10,6 g/dl) eine erhöhte alkalische Phosphatase (128 U/l) auf. In der PCR aus einem Hautbiopsat gelang der Nachweis von Mycobacterium spp.-DNA, passend zu Mycobacterium chelonae. Der Erreger konnte auch kulturell angezüchtet werden.

Therapie und Verlauf

Patient 1: Die Diagnose einer mukokutanen Leishmaniose wurde gestellt und eine Behandlung mit Miltefosin eingeleitet. Darunter besserte sich der klinische Befund. Der Patient litt jedoch an einer stetigen Verschlechterung des Allgemeinzustands mit Appetit- und Gewichtsverlust. Schließlich wurde eine Aspergillose der Lunge diagnostiziert, die mit Posaconazol behandelt wurde. Während eines stationären Aufenthaltes wegen einer Blutung aus einem Duodenalulkus verstarb der Patient an einer pneumogenen Sepsis.

Patient 2: Es bestand eine kutane Manifestation einer atypischen Mykobakteriose. Mittels Bildgebung konnte eine Lungenbeteiligung ausgeschlossen werden. Nach Resistenzbestimmung über das Referenzzentrum erhielt die Patientin eine intravenöse Therapie mit Linezolid, Clarithromycin, und Tobramycin über mehrere Wochen. Die Immunsuppression wurde bei niedriger Aktivität des PG vorsichtig schrittweise reduziert. Darunter heilten die Effloreszenzen ab.

Kommentar Diese beiden Fälle zeigen, welche Komplikationen unter einer immunsuppressiven Therapie auftreten können. Opportunistische Infektionen werden begünstigt, sodass eigentlich außergewöhnliche Erkrankungen zur Regel werden. Infektionen durch Leishmanien können als kutane, mukokutane oder viszerale Verlaufsformen auftreten. Dabei sind die Leishmania-Spezies und der Immunstatus des Betroffenen maßgeblich für die Form der Manifestation. Zur Diagnosesicherung und Identifizierung der Spezies, die auch Einfluss auf die Therapie hat, ist eine Stanzbiopsie erforderlich. Neben dem molekularbiologischen und kulturellen Erregernachweis können allgemeine Histopathologie und Immunhistochemie bei der Diagnosesicherung helfen.

Atypische Mykobakteriosen treten meist lokalisiert auf. Fast ausschließlich bei Immunsupprimierten kommt es zu generalisierten Formen. Eine Beteiligung von Lunge und Gastrointestinaltrakt sollte dann sicher ausgeschlossen werden. Aufgrund unterschiedlichen Therapieansprechens ist eine Resistenzbestimmung erforderlich. Je nach Behandlungserfolg kann eine monate- bis jahrelange antibiotische Kombinationstherapie über die Abheilung hinaus notwendig sein.

Literatur

1 Böer A, Blödorn-Schlicht N, Wiebels D et al. Unusual histopathological features of cutaneous leishmaniasis identified by polymerase chain reaction specific for Leishmania on paraffin-embedded skin biopsies. Br J Dermatol 2006;155 (4): 815 – 819

2 Boecken G, Weitzel T, Sunderkötter C et al. S1-Leitlinie Diagnostik und Therapie der kutanen und mukokutanen Leishmaniasis in Deutschland. J Dtsch Dermatol Ges 2009; 7: s1-s38

3 Lamb SR, Stables GI, Merchant W. Disseminated cutaneous infection with Mycobacterium chelonae in a patient with steroid-dependent rheumatoid arthritis. Clin Exp Dermatol 2004; 29 (3): 254 – 257

4 Uslu U, Böhm O, Heppt F et al. Skin and Soft Tissue Infections Caused by Mycobacterium chelonae: More Common Than Expected? Acta Derm Venereol 2019 May 29. doi:10.2340/00015555-3230. [Epub ahead of print]


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Elektrochemotherapie als mögliche Therapieoption beim kutanen B-Zell-Lymphom

Flavia Angeletti

Anamnese Die damals 65-jährige Patientin befand sich aufgrund eines diffus großzelligen B-Zell-Lymphoms vom Leg type in unserer interdisziplinären Behandlung. Die Hautveränderungen waren regellos und schlecht abgrenzbar über den linken Unterschenkel verteilt. Einen Hinweis auf einen extrakutanen Befall gab es nicht. Die Patientin erhielt 6 Zyklen Chemotherapie nach dem R-CHOP-Schema sowie eine Radiatio des linken Unterschenkels. Nach 8 und 12 Monaten war es wiederholt zu mehreren Lokalrezidiven gekommen, welche jeweils erneut bestrahlt wurden. Aktuell seien wieder Hautveränderungen am Unterschenkel aufgetreten.

Dermatologischer Befund Am linken dorsalen Unterschenkel finden sich vereinzelte blass-rote Plaques und Papeln ([Abb. 15 a]).

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Abb. 15 a Ausgangsbefund. Diskrete erythematöse Plaques und Papeln. b Befund nach ECT. Der gesamte Unterschenkel wurde behandelt. c Postinterventionelle Wundheilungsstörung. d Abgeheilter Befund nach Reverdin-Plastik.

Pathologischer Befund Infiltration durch das vorbekannte diffus großzellige B-Zell-Lymphom.

Therapie und Verlauf Ein erneutes Lokalrezidiv des Lymphoms wurde bestätigt. Nachdem der linke Unterschenkel bereits mehrmals bestrahlt worden war und die klinische Abgrenzung sich aufgrund des diskreten Bildes schwierig gestaltete, wurde durch die interdisziplinäre Tumorkonferenz die Empfehlung zur großflächigen Elektrochemotherapie (ECT) des linken Unterschenkels ausgesprochen. Der gesamte Unterschenkel wurde daraufhin in Intubationsnarkose behandelt ([Abb. 15 b]). Postinterventionell entwickelte die Patientin v. a. im Bereich der vorbestrahlten Areale eine Wundheilungsstörung ([Abb. 15 c]). Die Wunden heilten schließlich nach durchgeführter Reverdin-Plastik ab. Im weiteren Verlauf trat bis heute, 22 Monate nach der Behandlung, kein erneutes Rezidiv des Lymphoms auf ([Abb. 15 d]).

Kommentar Die Elektrochemotherapie wird für die Behandlung kutaner Tumore und Metastasen meist mit einem palliativen Therapieansatz an spezialisierten Zentren regelmäßig angewendet. V. a. für kutane und subkutane Metastasen des Mammakarzinoms, des malignen Melanoms sowie beim Kaposi-Sarkom stellt sie ein effektives Mittel zur lokalen Tumorkontrolle dar. Neuere Untersuchungen geben Hinweise auf hohe Ansprechraten auch bei Lymphomen. Bei flächigen, schwer abgrenzbaren Befunden oder häufigen Lokalrezidiven kann die ECT bei dieser Tumorentität neben der Radiatio eine weitere Therapieoption darstellen. Eine interdisziplinäre Entscheidung im Rahmen einer Tumorkonferenz sollte immer vorausgehen.

Literatur

1 Spugnini EP, Citro G, Mellone P et al. Electrochemotherapy for localized lymphoma: a preliminary study in companion animals. J Exp Clin Cancer Res 2007; 26 (3): 343 – 346

2 Kreuter A, van Eijk T, Lehmann P et al. Electrochemotherapy in advanced skin tumors and cutaneous metastases – a retrospective multicenter analysis. J Dtsch Dermatol Ges 2015; 13 (4): 308 – 315


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Schmerzlose kontusiforme Schwellung der Periorbitalregion: Leitsymptom eines kutanen Marginalzonenlymphoms

Manuel Jäger

Anamnese Eine 92-jährige Patientin wurde aufgrund einer vor 6 Monaten aufgetretenen, schmerzlosen, kontusiformen Schwellung der linksseitigen Periorbitalregion in unserer Ambulanz vorstellig. Die Patientin glaubte an einen kausalen Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Hautveränderungen und der Anwendung von Brimonidin-/Timolol-haltigen Augentropfen. An Symptomen gab die Patientin lediglich einen moderaten Juckreiz an.

Klinischer Befund Es finden sich an der Stirn hochfrontal bis temporal links sowie am linken Augenlid und Jochbein scharf begrenzte, erythematöse, zum Teil livide infiltrierte Plaques mit Ödem. An der behaarten Kopfhaut zeigen sich des Weiteren gelbliche Krusten ([Abb. 16 a]).

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Abb. 16 a Klinischer Befund: an der Stirn hochfrontal bis temporal links sowie am linken Augenlid und Jochbein scharf begrenzte erythematöse, zum Teil livide infiltrierte Plaques mit Ödem. An der behaarten Kopfhaut zeigen sich des Weiteren gelbliche Krusten. b Histologischer Befund: dichtes lymphozytäres Infiltrat (HE-Färbung, 400-fache Vergrößerung).

Weiterführende Diagnostik In der feingeweblichen Untersuchung fiel ein dichtes lymphoides Infiltrat auf ([Abb. 16 b]). Die molekularpathologische Aufarbeitung konnte ein klonales B-Zell-Rezeptor-Rearrangement nachweisen. Passend hierzu zeigte die Immunhistochemie eine Positivität für CD20 und eine Negativität für BCL6. Es wurde somit die Diagnose eines niedrig malignen Non-Hodgkin-Lymphoms der B-Zellreihe, vereinbar mit einem kutanen Marginalzonen-Lymphom, gestellt. Zur Ausbreitungsdiagnostik erfolgten eine Lymphknotensonografie der lokoregionären Lymphknotenstationen, eine MR-Untersuchung des Schädels und des Halses sowie eine CT-Untersuchung von Thorax und Abdomen. Weder sonografisch noch im Rahmen der Schnittbildgebung konnte eine extrakutane Manifestation des Lymphoms nachgewiesen werden.

Kommentar Das seltene primär kutane Marginalzonenlymphom gehört zur Gruppe der niedrigmalignen B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphome. Die Diagnose wird meist anhand Histologie und Immunhistochemie gestellt. Das primär kutane Marginalzonenlymphom muss mittels bildgebender Diagnostik von systemischen Marginalzonenlymphomen mit kutaner Beteiligung abgegrenzt werden. Solitäre Herde können operativ saniert oder strahlentherapeutisch behandelt werden. Bei ausgedehntem Befall können gute Resultate mit dem CD20-Antikörper Rituximab sowohl systemisch als auch intraläsional erzielt werden.

Literatur

1 Dippel E, Assaf C, Becker JC. S2k-Leitlinie – Kutane Lymphome Update 2016 – Teil 2: Therapie und Nachsorge (ICD10 C82-C86). J Dtsch Dermatol Ges 2018;16 (1): 112 – 123


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Onkolytische Virustherapie – Talimogene laherparepvec (TVEC) in der neoadjuvanten Therapie des Melanoms: Eine weitere Option?

Manuel Jäger

Anamnese In unserer onkologischen Sprechstunde erfolgte die Vorstellung eines 64-jährigen Patienten, bei dem im Vorfeld eine subkutane Melanommetastase am rechten Oberschenkel exzidiert wurde. Die Erstdiagnose eines malignen Melanoms (Superfiziell spreitendes malignes Melanom, Tumordicke: 0,9 mm, Clark-Level: IV) konnte bereits im Vorjahr (Lokalisation: Schulterblatt links) gestellt werden.

Weiterführende Diagnostik In den durchgeführten Staging-Untersuchungen (cMRT, CT-Thorax und CT-Abdomen) konnte eine weitere Fernmetastasierung des Melanoms ausgeschlossen werden. Zur lokalen Ausbreitungsdiagnostik wurde zusätzlich eine MR-Untersuchung des rechten Beines durchgeführt. Dabei zeigten sich am proximalen rechten Oberschenkeldrittel eine metastasensuspekte subkutane noduläre Läsion sowie 3 verdächtige Läsionen am distalen Oberschenkeldrittel, die bis an die Faszie des M. vastus lateralis heranreichten. Eine sichere R0-Resektion war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr möglich.

Therapie und Verlauf Bei Inoperabilität und fehlendem Nachweis von viszeralen Metastasen wurde gemeinsam in unserem interdisziplinären dermatologischen Tumorboard die Injektionstherapie mittels TVEC empfohlen. Nach Einleitung der intraläsionalen Therapie mit TVEC konnte eine stetige Volumenreduktion der beschriebenen Metastasen beobachtet werden. Die proximale Metastase, initial mit einem Durchmesser von 1,02 cm, maß nach der 11. Injektion lediglich nur noch 0,35 cm im Durchmesser. Nach der 12. Injektion konnte diese sonografisch nicht mehr abgegrenzt werden, was in der radiologischen Verlaufskontrolle mittels MR bestätigt wurde. Distale Anteile wurden hingegen weiter regelmäßig injiziert. Nach Reduktion der Gesamtfläche und sehr gutem Ansprechen der injizierten Metastasen erfolgte nach insgesamt 17 Behandlungen die Exzision eines fraglichen Restbefundes, der im MR als auch in der Sonografie nicht eindeutig als Ansprechen gewertet werden konnte. Es gelang hier die noch verbliebenen subkutanen Metastasen zu erfassen. Diese konnten allesamt tumorfrei exzidiert werden ([Abb. 17]). Es erfolgte die Defektdeckung mittels Spalthauttransplantation. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Seither befindet sich der Patient in unauffälliger regelmäßiger dermatologischer Nachsorge.

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Abb. 17 Nekrotisch umgewandeltes Tumorgewebe mit randständigem lymphozytärem Infiltrat nach Behandlung mit TVEC (HE-Färbung, 20-fache Vergrößerung).

Kommentar TVEC stellt eine genetisch modifizierte Variante des Herpes simplex Typ I-Virus dar, die sich selektiv in Melanomzellen vermehrt und eine gesteigerte Antigenpräsentation zur Folge hat. Die intraläsionale Therapie ist für Patienten mit nicht resezierbarem, lokal oder entfernt metastasiertem malignem Melanom (Stadium IIIB, IIIC und IVM1a) zugelassen, nicht jedoch für Knochen- oder viszerale Metastasen. Die Option, TVEC mit dem Ziel einer neoadjuvanten Tumorreduktion einzusetzen, erweitert die Möglichkeiten des Einsatzes in ausgewählten Fällen.

Literatur

1 Conry RM, Westbrook B, McKee C et al. Talimogene laherparepvec: First in class oncolytic virotherapy. Hum Vaccin Immunother 2018; 14 (4): 839 – 846


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Kryptokokkenmeningitis unter Immun-Checkpoint-Inhibitoren – ein Paradoxon?

Gülcin Mengi

Anamnese Der 54-jährige, in unserem Hause aufgrund eines lymphogen und pulmonal metastasierten malignen Melanoms betreute Patient, stellte sich im April notfallmäßig aufgrund seit 2 Tagen bestehender, temporal betonter Cephalgien (5/10), Übelkeit und rezidivierendem Erbrechen vor. Seit März befand der Patient sich unter einer Kombinations-Immuntherapie mit Ipilimumab und Nivolumab.

Untersuchungsbefund Die orientierende neurologische Untersuchung zeigte keine Auffälligkeiten. Die Meningismuszeichen waren negativ. Der Patient war zu allen Qualitäten orientiert und gab keine Sehstörungen an. Das Abdomen war weich und bot keine Druckdolenzen oder Resistenzen.

Therapie und Verlauf Der Patient wurde bei schlechtem Allgemeinbefinden zur weiteren Diagnostik und Therapie stationär aufgenommen. Aufgrund der gastrointestinalen Symptomatik mit Übelkeit und Erbrechen sowie der begleitenden Cephalgien erfolgte zunächst zum Ausschluss einer zerebralen Metastasierung/Blutung ein cMRT. Das cMRT ergab lediglich eine deutlich vergrößerte Hypophyse ([Abb. 18]). Zerebrale Metastasen oder eine Stauungsproblematik konnten ausgeschlossen werden. cMR-morphologisch zeigte sich auch kein Hinweis auf eine Enzephalitis. Bei fehlenden laborchemischen Veränderungen der Hormonachse erschien die differenzialdiagnostisch erwogene Hypophysitis als Ursache der Symptomatik unwahrscheinlich.

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Abb. 18 cMRT mit Darstellung der deutlich verdickten Hypophyse.

Die bei Aufnahme bereits laborchemisch auffällige Infektkonstellation zusammen mit den wiederholt auftretenden Fieberschüben veranlassten uns, trotz fehlendem Fokus- und Erregernachweis, eine kalkulierte Antibiose mit Piperazillin/Tazobactam zu initiieren. Kurz nach Beginn der Antibiose traten wässrige Diarrhöen auf. Die CT-Untersuchung des Abdomens wie auch die wiederholt negativen Stuhlkulturen bestätigten den Verdacht einer autoimmunologisch vermittelten Kolitis. Die systemischen Steroide (Prednisolon i. v.) wurden an die Stärke und Frequenz der Diarrhöen angepasst.

Bei weiter nur unzureichend gebesserter Übelkeit und Kopfschmerzen aber gut kontrollierter Kolitis erfolgte die erneute neurologische Vorstellung mit der Bitte um eine Lumbalpunktion, um sicher eine autoimmunologisch bedingte Meningitis/Enzephalitis ausschließen zu können. Nach wiederholt frustranen Versuchen der Lumbalpunktion gelang der Nachweis einer massiven Liquorpleozytose, und mittels der Multiplex-PCR konnte Cryptococcus neoformans als Erreger gesichert werden.

Der Patient erhielt eine Therapie mit Fluconazol oral und liposomalem Amphotericin B intravenös. Die Infektzeichen sowie die Cephalgien und Übelkeit waren hierunter rasch rückläufig. Das Amphotericin B musste aufgrund einer akuten Niereninsuffizienz abgesetzt werden. Fluconazol wurde weitergeführt. Die Immuntherapie konnte im Juli 2019 mit einer PD1-AK-Monotherapie unter laufender Fluconazol-Einnahme wieder aufgenommen werden.

Kommentar Eine Kryptokokkeninfektion, welche in den meisten Fällen als primäre Atemwegsinfektion mit Hefezellen auftritt, ist v. a. bei immunsupprimierten Patienten eine bekannte Komplikation. Sie stellt als opportunistische Erkrankung v. a. unter HIV-infizierten oder organtransplantierten Patienten eine häufig gestellte Diagnose dar. Im Gegensatz hierzu ist ein Auftreten unter einer Immunstimulation, wie sie unter Immuncheckpoint-Inhibitoren zu erwarten ist, bisher nicht gehäuft beschrieben.

Der Erreger wird i. d. R. durch Vogelkot übertragen. Da Cryptococcus neoformans einen Tropismus für Liquor hat, leiden die meisten Patienten an einer Meningitis oder Enzephalitis. Die Symptome einer Kryptokokken-Meningitis sind nicht spezifisch: Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit oder eine veränderte psychische Verfassung können hinweisend sein und stellen durch die fehlende Spezifität eine diagnostische Herausforderung dar. Die Lumbalpunktion ist für die Diagnosestellung entscheidend und sollte daher in der Diagnostik forciert werden.

Erfolgversprechend sind Amphotericin B oral oder liposomales Amphotericin B sowie Flucytosin intravenös, gefolgt von langfristigem Fluconazol. Die Sterblichkeitsrate bei Kryptokokken-Meningitis liegt für immunsupprimierte Patienten bei 20 – 40 %.

Der vorliegende Fall betont die Komplexität des Nebenwirkungsmanagements unter Immuncheckpoint-Inhibitoren und die Schwierigkeit der Interpretation von Symptomen, ob sie im Zusammenhang mit einer autoimmunologischen oder infektiologischen Genese stehen. So ist bei ausbleibender Besserung der klinischen Symptome stets eine Ausreizung sämtlicher Diagnostik anzustreben, da den häufig beobachteten, gängig erscheinenden Symptomen auch seltene und unwahrscheinliche Diagnosen zugrunde liegen können.

Literatur

1 van Spil W. Cryptococcal meningitis. Ned Tijdschr Geneeskd 2015; 159: A8478

2 Tsai W. The clinical characteristics and therapeutic outcomes of cryptococcal meningitis in elderly patients: a hospital-based study. BMC Geriatrics 2019; doi:10.1186

3 Vu K. Cryptococcal Meningitis and Anti-virulence Therapeutic Strategies. Front Microbiol 2019 Feb 26; 10: 353. doi:10.3389/fmicb.2019.00353. eCollection 2019


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Rosai-Dorfman-Krankheit: Eine seltene Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose

Kim Nikola Zeiner

Anamnese Die 20-jährige Patientin stellte sich in unserer Hochschulambulanz mit Hautveränderungen im Bereich der linken Brust vor. Initial war sie in der Gynäkologie vorstellig gewesen. Die Hautveränderungen bestünden seit ca. 6 Monaten und seien schleichend größenprogredient. Es bestehe eine leichte Druckdolenz sowie milder Juckreiz. Vorerkrankungen waren nicht bekannt, die Familienanamnese war unauffällig und es erfolgte keine regelmäßige Einnahme von Medikamenten.

Dermatologischer Untersuchungsbefund Am äußeren oberen Quadranten der linken Brust zeigten sich gruppiert angeordnete, hautfarbene bis gelbliche, weiche Papeln und Nodi mit einer Größe von 2 – 8 mm. In der Umgebung fanden sich zudem runde makulöse Hyperpigmentierungen. Palpatorisch war subkutan eine Gewebsvermehrung tastbar ([Abb. 19 a]).

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Abb.19 a Rosai-Dorfman-Krankheit: dermale Infiltrate pektoral links. b Rosai-Dorfman-Krankheit: dichtes, dermales, entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen, Plasmazellen und mehrkernigen epitheloiden Riesenzellen. Stellenweise Makrophagen, welche Fragmente von neutrophilen Granulozyten phagozytiert haben (Emperipolesis, siehe Pfeile), (HE-Färbung; 200-fache Vergrößerung).

Dermatohistologischer Befund Die Epidermis zeigt sich leicht akanthotisch mit kompakter Orthokeratose. In der gesamten Dermis sieht man ein dichtes entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen, Plasmazellen und mehrkernigen epitheloiden Riesenzellen bzw. Schaumzellen sowie auch eosinophilen Granulozyten. Oberflächlich ist das Gewebe deutlich aufgelockert. Es finden sich stellenweise Makrophagen, welche Fragmente von neutrophilen Granulozyten phagozytiert haben (Emperipolesis) ([Abb. 19 b]).

Therapie und Verlauf In der gynäkologischen Klinik erfolgte bereits eine Sonografie der Mammae. Hier fielen ödematöse Veränderungen der Kutis und Subkutis mit ca. 7 – 8 mm großen Bläschen in der Kutis im Bereich der linken Mamma auf. In unserer Klinik wurde eine Hautbiopsie durchgeführt. Der histologische Befund zeigte sich vereinbar mit einer Sinushistiozytose (Rosai-Dorfman-Krankheit). Die Diagnose konnte durch ein externes Referenzzentrum bestätigt werden. Daraufhin erfolgten zusätzliche Staging-Untersuchungen einschließlich CT Thorax/Abdomen, cMRT und Lymphknotensonografie, um einen Lymphknoten- oder Organbefall auszuschließen. Die Befunde waren durchweg unauffällig. In der interdisziplinären dermatologischen Tumorkonferenz wurde eine chirurgische Exzision des lokalen Hautbefundes empfohlen.

Kommentar Bei der Rosai-Dorfman-Krankheit handelt es sich um eine seltene Nicht-Langerhans-Zell-Histiozytose, die sich meist innerhalb des 2. Lebensjahrzehnts manifestiert. Die Ätiologie ist unklar. Virale Infektionen wie HHV-6, EBV oder Parvovirus B19 scheinen eine Rolle zu spielen.

Klinisch ist eine zervikale Lymphadenopathie kennzeichnend, aber auch andere Lymphknotenstationen können betroffen sein. Ein extranodaler Befall tritt bei ca. 40 % der Patienten auf. Häufig ist hier die kutane Manifestation mit asymptomatischen rot-gelb-braunen Papeln und Nodi. Darüber hinaus können verschiedene viszerale Organe, aber auch Knochen oder das zentrale Nervensystem betroffen sein. Weitere mögliche Symptome umfassen Fieber, eine BSG-Erhöhung, eine Leukozytose mit Neutrophilie oder eine Hypergammaglobulinämie.

Abgesehen davon wird eine rein kutane Form der Rosai-Dorfman-Erkrankung, ohne begleitende Lymphadenopathie oder Systembeteiligung, beschrieben. An dieser Form erkranken häufiger Frauen mittleren Lebensalters, und die Hautläsionen finden sich vermehrt am Rumpf oder in der Kopf-Hals-Region. Der Verlauf ist hier oftmals selbstlimitierend.

Histologisch kennzeichnend ist die Emperipolesis. Hierbei handelt es sich um von Histiozyten umgebene, intakte Lymphozyten oder Erythrozyten. Immunhistochemische Färbungen zeigen sich positiv für CD68, CD163 und S100, während CD1a typischerweise negativ ist.

Bei einem operablen Lokalbefund und ausbleibender spontaner Regression sollte stets eine chirurgische Exzision angestrebt werden. Im Falle einer Inoperabilität oder bei systemischem Befall sind Glukokortikoide die Therapie der Wahl. Eine weitere Alternative, insbesondere bei palliativem Therapieansatz, stellt die Radiotherapie dar. Weiterhin besteht bei Patienten mit disseminierter Erkrankung die Möglichkeit eine Chemotherapie durchzuführen. Mögliche einzusetzende Substanden sind bspw. Rituximab, Anthracycline, Alkylanzien, MTX, Cladribin oder auch Clofarabin. In der Nachsorge sollten regelmäßige klinische und bei Bedarf auch radiologische Verlaufskontrollen erfolgen.

Literatur

1 Foucar E, Rosai J, Dorfman R. Sinus histiocytosis with massive lymphadenopathy (Rosai-Dorman disease): review of the entity. Semin Diagn Pathol 1990; 7 (1): 19 – 73

2 Dalia S, Sagatys E, Sokol L et al. Rosai-Dorfman disease: tumor biology, clinical features, pathology, and treatment. Cancer Control 2014; 21 (4): 322 – 327

3 Frater JL, Maddox JS, Obadiah JM et al. Cutaneous Rosai-Dorfman disease: comprehensive review of cases reported in the medical literature since 1990 and presentation of an illustrative case. J Cutan Med Surg 2006; 10 (6): 281 – 290

4 Pulsoni A, Anghel G, Falcucci P et al. Treatment of sinus histiocytosis with massive lymphadenopathy (Rosai-Dorfman disease): report of a case and literature review. Am J Hematol 2002; 69 (1): 67 – 71

5 Averitt AW, Heym K, Akers L et al. Sinus Histiocytosis With Massive Lymphadenopathy (Rosai Dorfman Disease): Diagnostic and Treatment Modalities for this Rare Entity Revisited. J Pediatr Hematol Oncol 2018 May; 40 (4): e198-e202


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Stammvarikose bei Kindern und Jugendlichen: Endovenös thermische Ablationsverfahren als eine effektive und minimalinvasive Therapieoption

Karl Hempel

Anamnese Die Vorstellung der 16-jährigen Patientin erfolgte aufgrund seit mehreren Monaten bestehender Schwellung beider Unterschenkel mit Schmerzen und Schweregefühl bei nebenbefundlich vordiagnostizierter Kryoglobulinämie und Chilblain-Lupus. Die Beschwerden seien links ausgeprägter vorhanden, hätten initial jedoch beidseits begonnen und langsam zugenommen. Eine Therapie des Chilblain-Lupus mit Resochin habe lediglich eine Besserung bez. der abhängigen Hautveränderungen erbracht.

Sowohl väterlicher- als auch mütterlicherseits sei eine Varikosis bekannt. Eine Einschränkung der Gehstrecke sowie vorbekannte tiefe Beinvenenthrombosen oder Thrombophebitiden seien nicht vorhanden.

Untersuchungsbefund An beiden Unterschenkeln und Knöcheln einer schlanken Patientin fanden sich insbesondere linksseitig ödematöse Schwellungen (CEAP Stadium 3, [Abb. 20 a]). An den Phalangen sowie an der Rückseite beider Hände und Füße präsentierten sich hypotherme blass livide Maculae.

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Abb. 20 a Klinisches Bild. b Duplexsonografischer Nachweis der refluxiven V. saphena magna links.

Diagnostik Duplexsonografisch fiel beidseits eine deutliche Insuffizienz des saphenofemoralen Übergangs auf (mit insuffizienter präterminaler und terminaler Venenklappe). Links reichte der Reflux in der V. saphena magna bis zum mittleren (Stadium III nach Hach, [Abb. 20 b]) und rechts bis zum distalen Unterschenkel (Stadium IV nach Hach).

Therapie und Verlauf Unter symptomatischer Therapie mit Kompressionsstrümpfen der Kompressionsklasse II besserten sich sowohl Schmerzen und Schweregefühl als auch die Schwellungsneigung. Nach duplexsonografischem Nachweis einer beidseitigen V. saphena magna-Insuffizienz erfolgte die Evaluierung sämtlicher uns verfügbarer therapeutischer Optionen bei der noch minderjährigen Patientin. Wir entschieden uns gemeinsam mit der Patientin und ihren Eltern für die Durchführung eines endovenös-thermischen Verfahrens (hier: segmentale Radiofrequenzablation).

Kommentar Die chronisch venöse Insuffizienz der unteren Extremitäten ist eine häufige Erkrankung, die ca. 25 % der Frauen und 15 % der Männer betrifft. Häufig ist ein Reflux am saphenofemoralen Übergang ursächlich. Erstmanifestationen treten gehäuft ab dem 30. Lebensjahr auf. Die Behandlung erfolgt klassischerweise durch Krossektomie mit Durchtrennung sämtlicher in die Krosse einmündender Seitenäste, der Resektion des Mündungstrichters sowie das anschließende stadiengerechte Stripping der Stammvene. Seit 1999 sind die endovenös-thermischen Ablationsverfahren als minimalinvasive Alternativen auf dem Markt.

Es haben sich v. a. die endovenöse Laserablation (EVLA) sowie die Radiofrequenzablation (RFA) durchgesetzt. Gemeinsam ist diesen Eingriffen, dass isoliert die Strecke des pathologischen Refluxes ausgeschaltet wird und auf eine Krossektomie verzichtet werden kann.

Bei der segmentalen RFA wird die Sondenspitze durch Radiofrequenzenergie über eine Strecke von 7 bzw. 3 cm auf 120 °C erhitzt. Das Mündungssegment wird i. d. R. 2-mal behandelt. Nach durchlaufener segmentaler Ablation erfolgen der durch die Markierungen vorgegebene Rückzug und eine erneute Behandlung.

Voraussetzung für die suffiziente Anwendung sämtlicher endovenöser Verfahren sind die sehr guten duplexsonografischen und phlebologischen Kenntnisse vor, während und nach der Behandlung. Bei der Auswahl des Therapieverfahrens zur Behandlung der Stammvarikose im Jugendalter sollte besonders berücksichtig werden, ein möglichst wenig invasives Verfahren auszuwählen. Im Falle eines Rezidivs wäre hier eine erneute Intervention oder ggf. auch Erstkrossektomie problemlos möglich.

Literatur

1 Braithwaite B, Hnatek L, Zierau U et al. Radiofrequency-induced thermal therapy: Results of a European multicentre study of resistive ablation of incompetent truncal varicose veins. Phlebology 2013; 28 (1): 38 – 46

2 Goodyear SJ, Nyamekye IK. Radiofrequency ablation of varicose veins: Best practice techniques and evidence. Phlebology 2015; 30 (2): 9 – 17

3 Hamann SAS, Giang J, De Maeseneer MGR et al. Editor’s Choice – Five Year Results of Great Saphenous Vein Treatment: A Meta-analysis. Eur J Vasc Endovasc Surg 2017; 54 (6): 760 – 770


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

PD Dr. Eva Valesky
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Frankfurt
Theodor-Stern-Kai 7
60590 Frankfurt


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Abb. 1 a Gingivahyperplasie des Oberkiefers. b Nichtverkäsende Granulome mit zahlreichen Histiozyten, Riesenzellen und vereinzelten kleinen Lymphozyten in der HE-Färbung (40-fache Vergrößerung).
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Abb. 2 Prätibiale Necrobiosis lipoidica mit Ulzerationen.
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Abb. 3 a Wells-Syndrom: Oberschenkel links: erythematöse Plaque. b Wells-Syndrom: Flammenfiguren (HE-Färbung, 200-fache Vergrößerung).
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Abb. 4 a Eosinophile Fasziitis: An der unteren Extremität indurierte und glänzend bräunliche Haut mit Matratzenphänomen. b Eosinophile Fasziitis: In der Übersicht zur Tiefe betont kräftig verbreiterte und komapkte Fettgewebssepten, außerdem oberflächlich Muzinablagerung erkennbar (20-fache Vergrößerung).
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Abb. 5 a DRESS-Syndrom: Makulopapulöses erythematöses Exanthem mit multiplen feinen Pusteln. b DRESS-Syndrom: Akanthotische Epidermis, teils spongiotisch mit Parakeratose. Dichtes entzündliches Infiltrat in der oberen Dermis bestehend aus Lymphozyten, Makrophagen und zahlreichen neutrophilen und eosinophilen Granulozyten.
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Abb. 6 Scleroedema adultorum Buschke: typische Klinik mit Verdickung der Haut im Nacken- und Schulterbereich.
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Abb. 7 a Papillomatosis confluens et reticularis: hyperkeratotische orange-braune Papeln zentral konfluierend zu Plaques, netzartiges Muster in der Peripherie. b Detailaufnahme des charakteristischen klinischen Befundes der Axilla links.
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Abb. 8 a Hidrotische ektodermale Dysplasie Typ Clouston: palmare Papillomatose. b Hidrotische ektodermale Dysplasie Typ Clouston: Nageldystrophie.
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Abb. 9 Ichthyotische Erythrodermie bei Comèl-Netherton-Syndrom.
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Abb. 10 Photoonycholyse: typisch halbmondförmige Onycholyse der Fingernägel (hier Hand rechts).
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Abb. 11 a Ulcus hypertonicum Martorell: nekrotische Ulzera der Unterschenkel. b Ulcus hypertonicum Martorell: Befund nach 3 Monaten Natrium-Thiosulfat-Infusionstherapie.
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Abb. 12 a Keratoacanthoma centrifugum marginatum: Befund bei Erstvorstellung. b Keratoacanthoma centrifugum marginatum: nach 12-monatiger Therapie mit Acitretin.
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Abb. 13 a Hautbefund vor zweitem stationären Aufenthalt. b Hautbefund 4 Monate nach Einleitung Rituximab.
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Abb. 14 a Klinisches Bild der mukokutanen Leishmaniose. b Nachweis von Leishmania bodies in der Hämatoxylin-Eosin-Färbung (400-fache Vergrößerung).
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Abb. 15 a Ausgangsbefund. Diskrete erythematöse Plaques und Papeln. b Befund nach ECT. Der gesamte Unterschenkel wurde behandelt. c Postinterventionelle Wundheilungsstörung. d Abgeheilter Befund nach Reverdin-Plastik.
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Abb. 16 a Klinischer Befund: an der Stirn hochfrontal bis temporal links sowie am linken Augenlid und Jochbein scharf begrenzte erythematöse, zum Teil livide infiltrierte Plaques mit Ödem. An der behaarten Kopfhaut zeigen sich des Weiteren gelbliche Krusten. b Histologischer Befund: dichtes lymphozytäres Infiltrat (HE-Färbung, 400-fache Vergrößerung).
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Abb. 17 Nekrotisch umgewandeltes Tumorgewebe mit randständigem lymphozytärem Infiltrat nach Behandlung mit TVEC (HE-Färbung, 20-fache Vergrößerung).
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Abb. 18 cMRT mit Darstellung der deutlich verdickten Hypophyse.
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Abb.19 a Rosai-Dorfman-Krankheit: dermale Infiltrate pektoral links. b Rosai-Dorfman-Krankheit: dichtes, dermales, entzündliches Infiltrat aus Lymphozyten, Makrophagen, Plasmazellen und mehrkernigen epitheloiden Riesenzellen. Stellenweise Makrophagen, welche Fragmente von neutrophilen Granulozyten phagozytiert haben (Emperipolesis, siehe Pfeile), (HE-Färbung; 200-fache Vergrößerung).
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Abb. 20 a Klinisches Bild. b Duplexsonografischer Nachweis der refluxiven V. saphena magna links.