Pneumologie 2019; 73(09): 551-552
DOI: 10.1055/a-0973-5670
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Thomas Hausen
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Dr. med. Thomas Hausen
Grafenstraße 52
45239 Essen

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Publication Date:
18 September 2019 (online)

 

Eindeutig indiziert sind ICS bei einer asthmatischen Komponente bei COPD (ACO), doch handelt es sich in diesen Fällen, strenggenommen um keine COPD-Therapie, sondern um die Therapie des Asthmas in einem „zufälligen“ Zusammentreffen zweier Krankheiten.

Unstrittig ist, dass wir bei der reinen COPD nur durch Ausschaltung der schädigenden Noxe und Verhindern von Exazerbationen – Infarkt des COPD-Patienten – Einfluss auf die Prognose des Patienten besitzen. Insofern muss die Reduktion eines eventuell vorhandenen Exazerbationsrisikos an erster Stelle unserer therapeutischen Bemühungen stehen.

Unstrittig ist auch, dass die Dreierkombination LAMA + LABA + ICS die größte Potenz besitzt, dieses Ziel zu erreichen. Nur darf dabei nicht übersehen werden, dass diese Therapie nicht für jeden Patienten mit COPD und Exazerbationen in der Anamnese notwendig ist. Deren schon eher unkritischer Einsatz bei zu vielen Patienten ist eher als Polypragmasie als einem kritischen Einsatz gleichzusetzen. Zusätzlich sind die ICS von diesen drei Substanzen immerhin diejenigen mit dem höchsten Nebenwirkungspotenzial und sollten deswegen gezielt eingesetzt werden nach der Prämisse, „so oft wie nötig, so selten wie eben möglich!“.

Die aufgeführten Kriterien für oder gegen den Einsatz von ICS sind hilfreich, zeigen aber doch nur auf, wo ICS potenziell erfolgreich sein können und wo nicht. Diese Erfolg versprechenden Hinweise sind aber auf keinen Fall mit einer Indikation gleichzusetzen.

In einer Metaanalyse [1] (35 Studien, n = 26 786) konnte belegt werden, dass alle drei Substanzen, also LAMA, LABA, ICS, in der Lage sind, Exazerbationen zu reduzieren. Signifikante Unterschiede zwischen den Substanzen bestanden nicht. Die Kombination LABA plus ICS reduzierte Exazerbationen allerdings nur im fortgeschrittenen Stadium der COPD (FEV1 ≤ 40 %).

Die aktuellen Leitlinien [2] empfehlen den Einsatz von ICS für die COPD-Gruppen C und D erst dann, wenn unter einer dualen Bronchodilatation immer noch Exazerbationen auftreten, d. h. LAMA und LABA ist der Vorrang vor ICS zu geben. Gleichzeitig wird empfohlen, die ICS nach einem Jahr wieder abzusetzen, sofern kein sicherer Effekt nachgewiesen werden konnte.

In der Copenhagen City Heart Study [3] konnte nachgewiesen werden, dass eine regelmäßige körperliche Aktivität die Zeit bis zur ersten Krankenhauseinweisung und Mortalität und damit Exazerbationen zu senken in der Lage ist. Dasselbe gilt für die Infektprophylaxe. Bekannt ist leider, dass diese Möglichkeiten nicht ausreichend ausgeschöpft, d. h. nicht empfohlen oder eingeleitet und/oder von Patienten nicht umgesetzt werden. Durch konsequenten Einsatz dieser Möglichkeiten könnten sicher auch ICS eingespart werden.

Von allen COPD-Patienten zählen nur 19 – 26 % zu den Exazerbierern. Von diesen zählt nur ein geringerer Anteil zu denjenigen mit größerem Schweregrad (FEV1 ≤ 40 %), d. h. die von einer Therapie mit ICS profitieren (s. o.). Von diesen dürfte wiederum ein großer Anteil durch eine duale Bronchodilatatortherapie eine ausreichende Reduktion ihres Exazerbationsrisikos erfahren und somit keiner ICS-Therapie mehr bedürfen.

Unter diesen Voraussetzungen sind ICS sicher deutlich seltener indiziert, als es gegenwärtig praktiziert wird, und wir müssen von einer Übertherapie sprechen. Während ICS beim Asthma ein Muss darstellen, sind die ICS dank neuer Erkenntnisse seltener indiziert und nicht mehr als ein seltenes Kann.


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Interessenkonflikt

Einmalig Beraterhonorar von Novartis 2018. Publikation zum Verordnungsverhalten Pneumologie 2019.


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