Neonatologie Scan 2019; 08(02): 103
DOI: 10.1055/a-0893-3649
Aktuell
Nekrotisierende Enterokolitis
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frühgeborene: Muttermilch schützt vor nekrotisierender Enterokolitis

Murthy S. et al.
Low rate of necrotizing enterocolitis in extremely low birth weight infants using a hospital-based preterm milk bank.

J Perinatol 2019;
39: 108-114
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Publication Date:
24 June 2019 (online)

 

    Eine wesentliche Herausforderung bei der intensivmedizinischen Versorgung von Frühgeborenen mit extrem niedrigem Geburtsgewicht (extremely low birth weight; ELBW) ist das Ernährungsmanagement. Insbesondere die nekrotisierende Enterokolitis (NEC) stellt dabei eine gefürchtete Komplikation dar. Mit einem standardisierten Nahrungsaufbau unter Verwendung von eigener bzw. Donor-Muttermilch lässt sich das NEC-Risiko minimieren, berichten US-Forscher.


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    Auf der neonatologischen Intensivstation des Crouse Hospital in Syracuse/New York, einem Perinatalzentrum mit jährlich rund 4000 Entbindungen, erhalten ELBW-Frühgeborene ein standardisiertes Ernährungsprotokoll mit humaner Milch, erläutern die Wissenschaftler. Das Zentrum verfügt über eine lizensierte Milchbank, die ausschließlich Spenderinnen, die selbst ein Frühgeborenes im Reifealter unter 34 Schwangerschaftswochen zur Welt gebracht haben, akzeptiert. Alle ELBW-Frühgeborene erhalten eigene Muttermilch oder pasteurisierte Donor-Milch: Die enterale Ernährung beginnt an Lebenstag 7 zunächst in Form trophischer Mengen. Nach 7 bis 10 Tagen erfolgt die langsame Steigerung der Milchmenge, bis das Ziel von 180 ml/kg/d erreicht ist. Eine Anreicherung der Muttermilch erfolgt lediglich bei Frühgeborenen mit ungenügender Gewichtszunahme. Nun berichten die Neonatologen über die Behandlungsergebnisse von 398 ELBW-Frühgeborenen, die zwischen 2010 und 2015 ohne kongenitale Anomalien zu Welt gekommen waren und 14 Tage überlebt hatten, unter besonderer Berücksichtigung der NEC-Inzidenz sowie weiterer Morbiditäten.

    Ergebnisse Das durchschnittliche Reifealter der Studienpatienten bei der Geburt betrug 26 Schwangerschaftswochen und das Geburtsgewicht 800 g. 62 % der ELBW-Frühgeborenen erhielten ausschließlich Muttermilch, wogegen in 29 % der Fälle ausschließlich oder additiv Spendermilch zum Einsatz kam. Bei 26 % der Frühgeborenen wurde eine Anreicherung der Milch erforderlich. Der volle enterale Nahrungsaufbau wurde im Median nach 27 Tagen erreicht. 4 Frühgeborene entwickelten nach Erreichen des vollständigen enteralen Nahrungsaufbaus eine NEC. Dies entsprach einer Inzidenz von 1 %. In 2 dieser Fälle war eine Anreicherung der Muttermilch erfolgt. Je 2 der 4 NEC-Patienten wurden konservativ bzw. chirurgisch behandelt und 2 verstarben aufgrund der Darmkomplikation. Bei 12 weiteren ELBW-Frühgeborenen (3 %) trat eine spontane intestinale Perforation auf – in allen Fällen vor Beginn der enteralen Ernährung. 96 Frühgeborene (24 %) erlitten eine nosokomiale Sepsis und 13 (0,03 %) verstarben vor der Klinikentlassung.

    Fazit

    Durch das Einhalten eines strukturierten Nahrungsaufbaus und ausschließliche Verabreichung von humaner Milch von Müttern, die selbst ein Frühgeborenes zur Welt gebracht haben, so die Autoren, lässt sich die NEC-Rate auf ein Minimum senken. Ihr Fazit: Die Milch der eigenen Mutter stellt für Frühgeborene die optimale Ernährung dar. Die zweitbeste Alternative ist Spendermilch von Frühgeborenen-Müttern.

    Dr. med. Judith Lorenz, Künzell


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