Sprache · Stimme · Gehör 2019; 43(03): 154
DOI: 10.1055/a-0887-9789
Interview
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Totale Inklusion? – Die Grenzen einer gemeinsamen Beschulung

Interview mit Prof. Dr. Bernd Ahrbeck
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Publication Date:
10 September 2019 (online)

Zur Person
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Bernd Ahrbeck promovierte 1982 im Fachbereich Psychologie der Universität Hamburg. 1986 – 1993 absolvierte er die Weiterbildung zum Psychoanalytiker der Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft (DPG), 1991 folgte die Habilitation im Fachbereich Erziehungswissenschaft an der Universität Hamburg zum Thema „Gehörlosigkeit und Identität. Probleme der Identitätsbildung Gehörloser aus der Sicht soziologischer und psychoanalytischer Theorien“. 1994 – 2016 war Herr Ahrbeck als Professor in der Philosophischen Fakultät IV an der Humboldt-Universität zu Berlin und seit 2016 ist er an der Psychoanalytischen Universität als Professor für Psychoanalytische Pädagogik tätig. Bernd Ahrbeck setzt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Inklusion und Umgang mit Behinderung auseinander, wozu er mittlerweile verschiedene Bücher veröffentlicht hat.

Herr Professor Ahrbeck, wie definieren Sie „schulische Inklusion“?

Ein allgemein anerkannter Begriff von Inklusion existiert bis heute nicht. Eine schulische Inklusion ist aus meiner Sicht dann gegeben, wenn bei gemeinsamer Beschulung eine soziale Einbindung der Kinder mit Behinderung entsteht. Sie müssen sich in der Klasse wohl und persönlich anerkannt fühlen. Das Inklusionsanliegen wird verfehlt, wenn es zu einer „Exklusion in der Inklusion“ kommt, Kinder mit Behinderung psychisch stark belastet sind und sozial am Rande stehen. Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist, ob eine behinderungsspezifische Förderung auf einem hohen Niveau erfolgt oder unterbleibt. Mit einer bloßen Gemeinsamkeit ist es also nicht getan.