Suchttherapie 2019; 20(02): 110
DOI: 10.1055/a-0854-2027
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Deutsche Gesellschaft für Suchtmedizin e.V.

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Publication Date:
06 May 2019 (online)

Gemeinsame Stellungnahme zur Herausnahme der Hepatitis-C-Antikörpertestung aus den extrabudgetären Laborleistungen (EBM-Ziffer 32006)

Offener Brief im März 2019 der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten an Dr. Andreas Gassen (Vorstandsvorsitzender der KBV ) Dr. Stephan Hofmeister (Stellvertretender Vorsitzender KBV), in Kopie an Ministerialdirektorin Susanne Wald (Bundesministerium für Gesundheit, Leiterin der Abteilung 3) und Prof. Dr. Lothar H. Wieler (RKI)

Sehr geehrter Herr Dr. Gassen,
sehr geehrter Herr Dr. Hofmeister,

seit der im April 2018 in Kraft getretenen Laborreform der KBV gehört die Hepatitis-C-Antikörpertestung nicht mehr zu den Laboruntersuchungen, die ohne Anrechnung auf das Laborbudget einer Arztpraxis genutzt werden können. Die unterzeichnenden Fachgesellschaften unterstützen die Initiative der KBV die wachsenden Laborausgaben zu begrenzen. Wir sind jedoch der Auffassung, dass die Herausnahme der Hepatitis-C-Antikörpertestung aus den außerbudgetär möglichen Laborleistungen (EBM-Ziffer 32006) – entgegen der Intention der BIS 2030-Strategie – die Versorgung unserer Patienten verschlechtern und die Eindämmung der Hepatitis C-Infektion in Deutschland erschweren wird. Daher möchten wir in Ergänzung zu unserem Schreiben vom 02.11.2018 und Ihrer Antwort vom 26.11.2018 noch einmal auf die von Ihnen genannten Punkte eingehen. Die Prävalenz der Hepatitis C in Deutschland beträgt laut Robert Koch Institut 0,3%[1]. Um Patienten, die an einer Hepatitis C erkrankt sind zu identifizieren, ist eine Stufendiagnostik erforderlich, die im ersten Schritt die Hepatitis C-Antikörperbestimmung beinhaltet[2]. Sie geben in Ihrem Schreiben an, dass zurzeit ca. 1 Million Hepatitis-C-Antikörperbestimmungen innerhalb des Laborbudget berücksichtigt werden, um diese leitliniengerechte Stufendiagnostik durchzuführen. Diese Zahl, auch wenn die in der stationären Versorgung und im Blutspendewesen durchgeführten Tests noch hinzuaddiert werden, ist nach Auffassung der Stellungnehmenden jedoch bei weitem nicht ausreichend, um die Diagnostik der Hepatitis C indikationsgerecht durchzuführen.

Daraus ergibt sich einerseits ein drohender wirtschaftlicher Nachteil für die Ärzte, die die Hepatitis C-Diagnostik leitliniengerecht und wirtschaftlich - d. h. die Hepatitis-C-Antikörperdiagnostik vor Bestimmung der sehr viel teureren Virus RNA – durchführen. Andererseits besteht die Gefahr, das Hepatitis C-Antikörperbestimmung trotz gegebener Indikation nicht durchgeführt werden. Dass der Gemeinsame Bundesausschuss derzeit darüber berät, ob und ggf. für welchen Personengruppe über die derzeit gültigen Indikationen hinaus eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse besteht, berührt unseres Erachtens nicht die Tatsache, dass in der ärztlichen Praxis eine indikationsgerechte Stufendiagnostik ohne Verlust des Wirtschaftlichkeitsbonus sichergestellt sein muss.

International wird inzwischen damit gerechnet, dass Deutschland, anders als andere europäische Länder (z. B. Frankreich) seine als Selbstverpflichtung formulierten Ziele bei der nachhaltigen Eindämmung der Virushepatitis nicht erreicht, wenn nicht wesentliche Hindernisse beseitigt werden. Die hier diskutierte Neuregelung zum Laborwirtschaftlichkeitsbonus stellt ein solches Hindernis dar. Uns ist bewusst, dass es bei der Laborreform nicht nur um die Testung auf Anti-HCV-Antikörper geht und die Problematik noch weitreichender ist. Obwohl die Laborreform auch für andere Erkrankungen ein Problem darstellt, möchten wir hier auf die Hepatitis C fokussieren.

Wir bitten Sie aus den oben genannten Gründen nochmals darum, die Laborreform zu überprüfen und in einem ersten Schritt den Suchtest auf Hepatitis C kurzfristig als Ausnahmetatbestand anzuerkennen, damit die indikationsbezogene Diagnostik der Hepatitis C ohne Einschränkung sichergestellt ist. In der Anlage haben wir die Bedeutung der Hepatitis C-Diagnostik und deren Bedeutung für die Patientenversorgung noch einmal ausführlich dargestellt. Für Gespräche stehen wir jederzeit gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Prof. Dr. Frank Lammert
(DGVS)

Dr. A. Baumgarten (dagnä), Prof. Dr. T. Berg (DGVS), Prof. Dr. N. H. Brockmeyer (STI-Gesellschaft) Prof. Dr. D. Glebe (Nationale Referenzzentrum für Hepatitis-B-und D-Viren), Prof. Dr. W. P. Hofmann (BNG), Dr. K. Isernhagen (DGS), Prof. Dr. H. Klinker (DGI) PD Dr. P. Lynen Jansen (DGVS), Prof. Dr. M. P. Manns (DLS), Prof. Dr. U. Protzer (DZIF), Prof. Dr. Dr. R. S. Roß (Nationales Referenzzentrum für Hepatitis C), Prof. Dr. C. Sarrazin (Deutsche Leberhilfe e. V.), Prof. Dr. T. Sauerbruch (DGIM), Prof. Dr. J. Timm (GfV), Dr. I. Wolffram (FA für Allgemeinmedizin und Frauenheilkunde)

Anlagen zur gemeinsamen Stellungnahme werden an dieser Stelle nicht mit veröffentlicht, können aber über die Redaktion der Suchttherapie angefordert werden.

2 Sarrazin C, ZimmermannT et al. S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der chronischen Hepatitis C. Z Gastroenterol 2018; 56: 756–838