Aktuelle Dermatologie 2019; 45(01/02): 47-51
DOI: 10.1055/a-0806-8832
Eine Klinik im Blickpunkt
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kutane nichttuberkulöse Mykobakteriosen

Cutaneous Infections Due to Non-tuberculous Mycobacteria
K. Emmerich
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
,
A. Kolb-Mäurer
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
,
M. Goebeler
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie, Universitätsklinikum Würzburg
› Author Affiliations
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Korrespondenzadresse

Katharina Emmerich
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg

Publication History

Publication Date:
12 February 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Atypische Mykobakterien sind eine heterogene Gruppe ubiquitär vorkommender Umwelt-Saprophyten, die zu oberflächlichen und tiefen Hautinfektionen bis hin zu Hautinfektionen mit Systembeteiligung führen können. Die Erreger vermögen nach Bagatellverletzungen in die Haut einzudringen und führen insbesondere bei Immunsupprimierten zu schweren Infektionen. Klinisch werden schnell und langsam wachsende atypische Mykobakterien unterschieden. Für die Dermatologie wichtige Vertreter der langsam wachsenden Mykobakterien sind M. marinum, M. ulcerans und M. haemophilum. M. marinum verursacht das Schwimmbad- bzw. Aquariumgranulom, die in westlichen Industriestaaten häufigste atypische Mykobakteriose der Haut. M. ulcerans ist der Erreger der weltweit häufigsten kutanen atypischen Mykobakteriose und verursacht v. a. in Westafrika das sog. Buruli-Ulkus. M. haemophilum wird besonders bei Immunsupprimierten und bei Kindern mit begleitender zervikaler und perihilärer Lymphadenitis beobachtet. Zu den schnellwachsenden atypischen Mykobakterien gehören M. abscessus, M. chelonae und M. fortuitum. Relevant sind sie insbesondere als Verursacher von kutanen Mykobakteriosen, die in Zusammenhang mit iatrogener Immunsuppression sowie medizinischen und kosmetischen Prozeduren stehen. Das Management von NTM stellt eine besondere Herausforderung dar: Das klinische Erscheinungsbild ist vielfältig, die Diagnostik schwierig und die antibiotische Kombinationstherapie nicht standardisiert.


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Abstract

Atypical mycobacteria constitute a heterogeneous group of ubiquitously occurring environmental saprophytes, which give rise to superficial and deep skin infections that may also lead to systemic manifestations. The pathogens may penetrate into the skin after minor injuries and can lead, particularly in case of immunocompromised patients, to severe infections. Within the clinical field, fast-growing and slowly growing atypical mycobacteria are distinguished. Dermatology recognizes M. marinum, M. ulcerans and M. haemophilum as salient representatives of slowly growing mycobacteria. M. marinum causes the aquarium or swimming pool granuloma, constituting the most common atypical skin mycobacteriosis in western industrialised countries. M. ulcerans is the pathogen responsible for the worldwide most common cutaneous atypical mycobacteriosis and causes, above all in West Africa, the so-called Buruli ulcer. M. haemophilum can be observed especially in immunosuppressed patients and children with accompanying cervical and perihilar lymphadenitis. M. abscessus, M. chelonae and M. fortuitum belong to the fast-growing atypical mycobacteria. They are particularly relevant as pathogens of cutaneous mycobacterioses, which are associated with iatrogenic immunosuppression as well as with medical and cosmetic procedures. The management of NTM poses a serious challenge: the clinical appearance is multifarious, the diagnosis difficult and the antibiotic combination therapy not yet standardized.


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Einleitung

Die Gattung der Mykobakterien wird in 3 Gruppen unterteilt: M. tuberculosis-Komplex, M. leprae und atypische Mykobakterien. Letztere werden in der englischsprachigen Literatur auch als non-tuberculous mycobacteria (NTM) oder mycobacteria other than tuberculosis (MOTT) bezeichnet. Sie stellen eine heterogene Gruppe ubiquitär vorkommender Umwelt-Saprophyten dar, die potenziell zu oberflächlichen oder tiefen Hautinfektionen bis hin zu Hautinfektionen mit Systembeteiligung führen können [1]. Mittlerweile sind über 170 Arten identifiziert. Allerdings führen nur wenige zu Erkrankungen beim Menschen [2]. Das Hauptmerkmal dieser aeroben, unbeweglichen, säurefesten Stäbchen, die sich im Wasser und im Erdreich finden, ist das Vorhandensein einer hydrophoben, lipidreichen äußeren Membran. Diese ist der entscheidende Faktor für Aerosolisierung, Oberflächenhaftung, Biofilm-Bildung sowie Desinfektionsmittel- und Antibiotikaresistenz [2].

NTM sind überwiegend opportunistische Krankheitserreger, die bei Immunsupprimierten zu schweren Infektionen führen können. Sie vermögen an Orten kutaner Läsionen bspw. infolge von Bagatellverletzungen in die Haut einzudringen. Systemische und schwere Infektionen sind fast ausnahmslos bei Immunsupprimierten zu beobachten, sodass von einer niedrigen Virulenz auszugehen ist. Infolge von Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS, der Therapie mit TNF-α-Inhibitoren und insbesondere der iatrogenen Immunsuppression bspw. nach Organtransplantation hat die Bedeutung von Infektionen mit NTM zugenommen [3].

Die etablierte Klassifikation nach Runyon teilt NTM gemäß ihrer Wachstumsgeschwindigkeit und nach Pigmentierung der Kolonien in 4 Gruppen ein [4], zudem kann eine Einteilung nach genotypischen Charakteristiken erfolgen [5]. Im klinischen Alltag erfolgt die Einordnung nach der Wachstumsgeschwindigkeit: Unterschieden werden langsam wachsende Mykobakterien (Koloniebildung ≥ 7 Tage) und schnell wachsende Mykobakterien (Koloniebildung innerhalb von 3 – 7 Tagen) ([Tab. 1]). Bedeutsame Vertreter der Gruppe der schnell wachsenden Mykobakterien (rapidly growing mycobacteria [RGM]) sind M. fortuitum, M. chelonae und M. abscessus. Die Gruppe der langsam wachsenden Mykobakterien (slowly growing mycobacteria [SGM]) umfasst u. a. den M. avium intracellulare-Komplex, M. haemophilum, M. kansasii, M. malmoense, M. marinum, M. scrofulaceum, M. ulcerans und M. xenopi [1].

Tab. 1

Dermatologisch bedeutsame Vertreter der NTM.

Langsam wachsende Mykobakterien (SGM)

Schnell wachsende Mykobakterien (RGM)

M. avium intracellulare-Komplex
M. hemophilum
M. kansasii
M. malmoense
M. marinum
M. scrofulaceum
M. ulcerans
M. xenopi

M. fortuitum
M. chelonae
M. abscessus


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Langsam wachsende Mykobakterien

M. marinum: Erreger des Schwimmbad- oder Aquariumgranuloms

M. marinum verursacht als pathogener Keim die in der westlichen Welt häufigste atypische Mykobakteriose der Haut, das Schwimmbad- oder Aquariumgranulom. Beim Menschen führt der Kontakt von verletzter Haut mit kontaminierten Gewässern (Süß- und Salzwasser), z. B. beim Baden in Seen, Flüssen oder Pools sowie der Kontakt mit kontaminiertem Aquarienwasser oder Meerestieren, zu Infektionen. Die Infektion mit M. marinum ist aufgrund der optimalen Wachstumstemperatur von 30 °C in erster Linie auf die Haut beschränkt. Bei Immunsupprimierten kann es zu disseminierten Infektionen kommen [6]. Zudem sind Fälle mit rascher Ausbreitung unter Therapie mit TNF-α-Inhibitoren beschrieben [7]. Es zeigen sich in 60 % der Fälle solitäre papulonoduläre Läsionen an Fingern oder Händen. Bei einem Viertel der Patienten ist ein lokales sporotrichoides Verbreitungsmuster entlang der Lymphabflusswege zu beobachten ([Abb. 1]). Gelegentlich treten pustulöse, nodulär-ulzerierende, granulomatöse oder verruköse Plaques auf. Ein Übergreifen der Infektion auf tiefere Strukturen bspw. in Form einer Tendosynovitis, einer Osteomyelitis, Arthritis oder Bursitis ist in 20 – 40 % der Fälle beschrieben [8]. Größere Ausbrüche von Infektionen mit M. marinum sind seit Einführung der Wasserchlorierung wesentlich seltener geworden. Die Inkubationszeit ist relativ variabel und beträgt 3 Wochen bis 9 Monate. Nicht selten führt aber auch der asymptomatische und schmerzlose sowie subakute bis chronische Verlauf zu einer längeren Latenz zwischen primärer Manifestation und ärztlicher Konsultation. Die Anamneseerhebung ist hier besonders wichtig und kann für die klinische Diagnosestellung wegweisend sein [9].

Zoom Image
Abb. 1 Aquariumgranulom in sporotrichoider Ausbreitung an Zeigefinger und Handrücken nach Infektion mit M. marinum bei einem 57-jährigen immunsupprimierten Patienten bei Zustand nach Nierentransplantation und vorangegangener Dialyse.

Die Diagnose ist mitunter schwierig zu stellen, da die klinische Präsentation recht unspezifisch sein kann. Als nicht-infektiöse Differenzialdiagnosen kommen Sarkoidose, Fremdkörperreaktionen und Hauttumoren in Betracht [9]. Zu beachten ist, dass der Tuberkulintest bei NTM aufgrund von Kreuzreaktionen und genetischer Verwandtschaft mit M. tuberculosis häufig positiv ist [10]. Auch der Interferon-γ-Release-Assay (IGRA)-Test kann bei Infektionen mit M. marinum falsch-positiv ausfallen (dies gilt übrigens ebenso bei Infektionen mit M. kansasii, M. szulgai, M. flavescens, M. gastri, und M. leprae) [11]. Zur Sicherung der Diagnose ist die Gewinnung einer ausreichend großen, läsionalen Gewebeprobe für die mikrobiologische Kultur und die Histologie notwendig. Den Goldstandard stellt die Kultur dar, diese ist in 70 – 80 % der Fälle positiv. Für die Kultur sollte das Präparat nativ asserviert werden; sofern eine verzögerte Zustellung ins Labor zu erwarten ist, sollte eine Lagerung bei 4 °C erfolgen. Die optimale Wachstumstemperatur beträgt 30 – 32 °C, zum Ausschluss anderer NTM sollte aber zusätzlich auch eine Inkubation bei 37 °C erfolgen. Kolonien wachsen innerhalb von 5 – 14 Tagen, bei nach diesem Zeitpunkt negativem Befund sollte aber die Inkubation für insgesamt bis zu 6 Wochen fortgeführt werden. Histopathologische Untersuchungen können wegweisend sein, allerdings sind Granulome nicht beweisend. Der Untersuchungsbefund ist abhängig vom Alter der Läsion und kann von unspezifischen Entzündungszeichen bis hin zu Granulomen mit vielkernigen Riesenzellen und nichtverkäsenden Granulomen mit Langhans’schen Riesenzellen reichen. Säurefeste Stäbchen lassen sich nur selten anfärben, die Ziehl-Neelsen-Färbung ist in maximal 30 % der Fälle positiv. Die Polymerasekettenreaktion (PCR) kann zum Nachweis von M. marinum dienen, vermag jedoch nicht zwischen M. marinum und M. ulcerans zu unterscheiden [3] [9].

Eine spontane Abheilung ist möglich, kann aber Monate bis Jahre dauern. Die Behandlung der M. marinum-Infektion ist wie die aller NTM nicht standardisiert. Die Testung auf Empfindlichkeit gegenüber antimikrobiellen Agenzien ist nicht zwingend notwendig [12]. Monotherapien sind bei oberflächlichen Infektionen oft ausreichend. Tiefe und disseminierte Infektionen sollten einer Kombinationstherapie zugeführt werden. Eine chirurgische Sanierung ist nur selten, z. B. bei Infektionen, die über die Haut und das Bindegewebe hinausgehen, indiziert [13]. Eine antimikrobielle Therapie sollte 1 – 2 Monate über die vollständige Abheilung hinaus durchgeführt werden. Die durchschnittliche Behandlungsdauer beträgt 3 – 4 Monate. Zur Monotherapie kommt insbesondere der Einsatz von Clarithromycin, Doxyzyklin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol in Frage. Allerdings wird unter Doxyzyklin häufiger ein unzureichendes Therapieansprechen beobachtet. Eine sinnvolle Kombinationstherapie stellt die Gabe von Clarithromycin (2 × 500 mg/d) oder Rifampicin (10 mg/kg Körpergewicht, max. 600 mg/d) zusammen mit Ethambutol (15 mg/kg KG) dar [6] [9] [14].


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M. ulcerans: Erreger des Buruli-Ulkus

M. ulcerans ist der Erreger der weltweit häufigsten atypischen Mykobakteriose der Haut, des Buruli-Ulkus. Nach Tuberkulose und Lepra stellt es sogar die dritthäufigste Mykobakteriose des Menschen dar. Zuerst in Australien als Bairnsdale-Ulkus beschrieben, verursacht M. ulcerans als pathogener Keim insbesondere in Westafrika eine chronisch-nekrotisierende Hautinfektion. Es betrifft v. a. Kinder. Eine Besonderheit stellt das von M. ulcerans gebildete Toxin Mykolakton dar, welches zytotoxische und immunsuppressive Eigenschaften besitzt [15]. Vermutlich dringt der Keim nach Verletzungen und direktem Kontakt mit kontaminierten Gewässern in die Haut ein. Aber auch eine Infektion über Insekten, die als Vektor fungieren, wird diskutiert [16]. Vergleichbar mit M. marinum liegt die optimale Wachstumstemperatur des Erregers bei 30 – 33 °C, daher sind typischerweise die Extremitäten betroffen, Kopf, Hals, Stamm oder Genitalien hingegen seltener. Klinisch imponiert initial oft ein schmerzloser subkutaner Knoten, auch Papeln bzw. Plaques und ein Ödem können anfangs bestehen. Nach mehreren Wochen entwickelt sich ein langsam progredientes und meist schmerzloses Ulkus mit unterminierten Rändern. Eine Beteiligung weiterer Organsysteme ist selten, jedoch ist in bis zu 15 % der Fälle eine Osteomyelitis beschrieben [6] [17].

Zur Diagnosestellung sollte eine Gewebsprobe aus dem Randbereich des Ulkus oder alternativ aus dem Zentrum einer nicht-ulzerierten Hautläsion gewonnen werden. Die sensitivste Methode zum Nachweis von M. ulcerans ist die PCR. Der Nachweis säurefester Stäbchen gelingt in 40 – 60 % der Fälle, lässt aber nicht eine Infektion durch andere Mykobakterien unterscheiden. Die Anlage einer Kultur ist aufgrund der niedrigen Sensitivität sowie langen Inkubationszeit von bis zu 6 Wochen eher von geringerer Bedeutung [6]. Aufgrund seiner Charakteristik kann der histopathologische Befund wegweisend sein: Initial können eine große Anzahl säurefester Stäbchen, ein subkutanes Ödem sowie Nekrosen imponieren, während sich Granulome häufig erst nach 6 Monaten demarkieren [18]. In Endemiegebieten stehen die vorgenannten diagnostischen Methoden häufig nicht zur Verfügung, sodass die Diagnosestellung des Buruli-Ulkus meist auf klinischer Basis erfolgen muss.

Eine spontane Heilung tritt in bis zu einem Drittel der Fälle ein, ist aber mit Narben bis hin zu Kontrakturen verbunden, daher ist ein früher Therapiebeginn entscheidend. Gemäß Empfehlungen der WHO (World Health Organization) ist eine frühe antibiotische Therapie mit Rifampicin (10 mg/kg Körpergewicht p. o.) und Streptomycin (15 mg/kg Körpergewicht i. m.) für 8 Wochen indiziert. Bei Schwangeren ist von Streptomycin abzusehen. Eine chirurgische Exzision ist nur in Ausnahmefällen empfohlen, z. B. bei Progredienz unter antibiotischer Therapie. In Australien und Französisch-Guinea wird eine Kombinationstherapie von Rifampicin (10 mg/kg Körpergewicht 1 × tgl. p. o.) mit Clarithromycin (7,5 mg/kg Körpergewicht 2 × tgl. p. o.) oder Moxifloxacin (400 mg 1 × tgl. p. o.) für 8 Wochen empfohlen. Moxifloxacin ist bei Kindern kontraindiziert [19].


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Infektionen durch M. haemophilum

Der natürliche Lebensraum von M. haemophilum und der Übertragungsweg sind bisher weitestgehend ungeklärt. M. haemophilum und M. ulcerans lassen sich im Gegensatz zu den anderen NTM nur selten in der Umwelt isolieren. Eine mögliche Quelle ist Wasser. Infektionen sind überwiegend bei Immunsupprimierten und bei Kindern mit begleitender zervikaler und perihilärer Lymphadenitis zu beobachten. Es finden sich zusammenstehende, multiple, schmerzhafte Hautknoten, die zu Abszessen, Ulzera, Fisteln bis hin zur Osteomyelitis führen können. Histopathologisch fallen eine granulomatöse Entzündung mit Riesenzellen und zahlreichen säurefesten Stäbchen auf. M. haemophilum ist ein anspruchsvoller Keim, für die kulturelle Anzucht ist neben der Zugabe von Eisen ein Temperaturoptimum von 28 – 30 °C erforderlich. Eine Resistenzbestimmung sollte angestrebt werden. Die PCR kann die Diagnostik vervollständigen. Empfohlen wird z. B. eine Kombinationstherapie aus einem Makrolidantibiotikum der neuen Generation, Rifamycin und einem Flourchinolonantibiotikum. Die durchschnittliche Therapiedauer beträgt 6 Monate [20] [21].


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Schnell wachsende Mykobakterien

Kutane Infektionen durch schnellwachsende atypische Mykobakteriosen, im englischsprachigen Raum als rapidly growing mycobacteria (RGM) bezeichnet, werden v. a. durch M. abscessus, M. chelonae und M. fortuitum verursacht. RGM zeichnen sich durch ein schnelles kulturelles Wachstum bereits nach 3 – 7 Tagen aus. Eine weitere Besonderheit ist die Fähigkeit zur Ausbildung von Biofilmen. Die Inzidenz ist steigend, da RGM in Leitungswasser und Kosmetika verbreitet sind. Nosokomiale Infektionen treten nicht selten durch Verwendung von unsterilem Wasser auf. Der Hautbefund variiert von Erythemen, Papeln, Pusteln und Follikulitiden bis hin zu subkutanen Knoten, Abszessen, Ulzera und Fistelgängen. Immunsupprimierte Patienten können zudem multifokale und schwere Infektionen aufweisen [1].

M. fortuitum ist der häufigste Erreger von kutanen Infektionen mit RGM. In der Umwelt weit verbreitet, verursacht M. fortuitum jedoch im Vergleich zu anderen Vertretern der RGM seltener Infektionen im Zusammenhang mit kosmetischen Prozeduren. Nichtsdestotrotz sind Fälle nach Tattoos, Pediküren und Mesotherapien beschrieben [22] [23] [24] [25] [26]. In den USA wurde ein Ausbruch nach Nutzung von Fußbädern beschrieben, Mikroläsionen nach Rasur stellten hier vermutlich die Eintrittspforte dar [26]. Zeigen sich entzündliche Hautveränderungen im Bereich von Traumata und OP-Gebieten, sollte M. fortuitum als Erreger von nosokomialen und Katheter-assoziierten Infektionen in Betracht gezogen werden [1] [24].

M. chelonae ist ein weiterer Vertreter der RGM und lässt sich ebenfalls aus der Umwelt isolieren. M. chelonae-Infektionen betreffen v. a. die Haut ([Abb. 2]) und Weichteile und können nach Einsatz penetrierender Verfahren wie z. B. Akupunktur, Liposuktion oder Botox-Anwendungen auftreten. Nicht selten werden Infektionen bei Patienten unter einer Kortikosteroidtherapie beobachtet. Disseminierte Infektionen treten häufiger als bei M. fortuitum auf. Selten wurden endemische Ausbrüche nach Kontakt mit kontaminiertem Wasser, bspw. im Rahmen von Injektionen bei Tätowierungen, beschrieben [12].

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Abb. 2 Hautinfektion durch M. chelonae am linken Unterschenkel bei einer 46-jährigen Frau. Einige Monate zuvor erfolgte an dieser Lokalisation wegen Schmerzen eine „Quaddelung“.

M. abscessus vermag nicht nur kutane, sondern auch pulmonale, mitunter lebensbedrohliche Infektionen hervorzurufen. Der Keim stellt aufgrund seiner Pathogenität eine besondere Herausforderung dar. Zumeist nosokomial und im Rahmen kleinerer chirurgischer Eingriffe erworben, führt er zu erythematösen Knoten und subkutanen Abszedierungen [25].

Zur Diagnosesicherung ist der kulturelle Nachweis bzw. die Bestimmung der Spezies mittels PCR erforderlich. Dafür sollte eine ausreichend große Gewebebiopsie aus läsionaler Haut entnommen werden, ggf. kann auch Drainagematerial oder Aspirationsflüssigkeit der Untersuchung zugeführt werden. Aufgrund des regelhaften Auftretens in der Umwelt muss eine positive Kultur nicht notwendigerweise eine Infektion bedeuten, eine Korrelation mit der Klinik ist unerlässlich.

Die Therapie erfolgt in Abhängigkeit von Spezies und Resistenzbestimmung. Es wird eine Therapie mit 2 Antibiotika unter Berücksichtigung der Resistenztestung über einen Zeitraum von mindestens 4 Wochen empfohlen, wobei in schweren Fällen eine intravenöse Applikation erforderlich sein kann. M. abscessus und M. fortuitum exprimieren ein induzierbares erythromycin-resistant methylase (erm)-Gen, sodass eine Resistenzentwicklung gegenüber Makroliden möglich ist. Als Therapieansatz von Infektionen mit RGM kommt die Kombination von Clarithromycin mit Ciprofloxacin, Doxyzyklin oder Trimethoprim/Sulfamethoxazol infrage [12] [13].


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Fazit

NTM sind eine heterogene Gruppe von Erregern, die eine Vielzahl von Manifestationen insbesondere an der Haut hervorzurufen vermögen. Vor dem Hintergrund weiter zunehmender iatrogener Immunsuppression ist zu vermuten, dass kutane Infektionen durch NTM an Häufigkeit zunehmen werden. Die Diagnostik erfordert spezielle Expertise. Standardisierte Therapien fehlen weitgehend; die antibiotische (Kombinations-)Therapie ist komplex und langwierig. Fachlicher Rat kann bspw. beim Nationalen Referenzzentrum für Mykobakteriosen in Borstel eingeholt werden.


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Interessenkonflikt

Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

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Korrespondenzadresse

Katharina Emmerich
Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Str. 2
97080 Würzburg

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Abb. 1 Aquariumgranulom in sporotrichoider Ausbreitung an Zeigefinger und Handrücken nach Infektion mit M. marinum bei einem 57-jährigen immunsupprimierten Patienten bei Zustand nach Nierentransplantation und vorangegangener Dialyse.
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Abb. 2 Hautinfektion durch M. chelonae am linken Unterschenkel bei einer 46-jährigen Frau. Einige Monate zuvor erfolgte an dieser Lokalisation wegen Schmerzen eine „Quaddelung“.