PiD - Psychotherapie im Dialog 2019; 20(02): 119
DOI: 10.1055/a-0771-5330
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

„Archeological site“ oder doch eher „Gerümpel“?

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Publication Date:
12 June 2019 (online)

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(Quelle: lic0001/stock.adobe.com )

Von Trier bis Tripolis, von Volubilis bis Ephesos – die Mittelmeerregion (wenn man denn Rheinland-Pfalz dazu zählt) ist voll von übriggebliebenen Resten vor- und nachchristlicher Bautätigkeit. Und Ziel unzähliger Reisen, die sich mit mehr oder weniger Kultur befassen. So werden täglich Rom, Pompeji, Olympia, Delphi, Korinth, Ephesos, die Akropolis und viele andere Orte besucht. Dabei betrachtet der gemeine Tourist fasziniert z. B. Trassen, über die Schiffe 6 km über Land gezogen wurden, weil das Meer im Süden der Peleponnes so stürmisch war. Er produziert Fotos davon und verschickt sie begeistert mithilfe sozialer Medien an Adressaten, die sich wundern, was das für krumme Steine inmitten hoher Grashalme sind, die da abgelichtet wurden …

Um dieser Form von begrenzter Vorstellungskraft auf die Sprünge zu helfen, werden an manchem Souvenirstand animierte Darstellungen verkauft, die ein Abbild davon geben sollen, wie es wohl einmal gewesen sein könnte. Modern denkende Museumspädagogen bemühen sich darüber hinaus mit teilweise dramaturgisch aufgebauten digitalen Aufarbeitungen und allen möglichen technischen Tricks, Besuchern Exponate näher zu bringen, die oft nur mit viel Fantasie noch als Teil eines Gegenstandes erkannt werden können.

In der Zwischenzeit durchkämmt der hoffentlich gut „behütete“ Tourist, in den oft heißen Regionen zusätzlich ausgestattet mit Sonnenmilch, Wasserflasche und ggf. Mückenschutz, meist weiträumiges Gelände mit spärlichem Schatten, auf der Suche nach Orten, an die er sich aus dem Geschichts-, Latein- oder Griechisch-Unterricht (in gefühlt grauer Vorzeit der eigenen Lebensgeschichte) erinnert. Sätze, die mit „333“ und „Keilerei“ zu tun haben, machen die Runde unter deutschsprachigen Schicksalsgenossinnen, und wer nicht große Freude an Bildungsprotzerei hat, ist froh, sich doch gegen einen bekannten Studienreisenanbieter entschieden zu haben, bei dem die Ferientage eher der Agenda einer Geschäftsführung entsprechen als Erholung zu bieten. Denn, je nach Wachheits- oder Erschöpfungsgrad der Besucher, ist das, was sie da – zum Teil unter fachkundiger Führung – betrachten, irgendwann nur noch schemenhaft Ergebnis großartiger archeologischer Arbeit, sondern eher ein liegengebliebener abgebröselter Rest aus Stein, den immer noch niemand weggeräumt hat …

Dr. Bettina Wilms, Querfurt