OP-Journal 2019; 35(02): 100-106
DOI: 10.1055/a-0755-4319
Fachwissen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Frakturen am Knie: Bildgebung

Fractures of the Knee: Imaging
Lukas Beller
,
René El Attal
Further Information

Korrespondenzadresse

Dr. Lukas Beller
Abteilung für Unfallchirurgie
Landeskrankenhaus Feldkirch
Carinagasse 47
6807 Feldkirch
Österreich   
Phone: + 43/(0)55 22/3 03-91 17   
Fax: + 43/(0)55 22/3 03-7 50   

Publication History

Publication Date:
23 January 2019 (online)

 

Zusammenfassung

Die Röntgenuntersuchung ist der Goldstandard für die Frakturdiagnostik. Mit den verschiedenen Projektionen können außerdem Operationsplanung, intraoperative Kontrolle, Verlaufsbeurteilung und Funktionsprüfung durchgeführt werden. Dieser Beitrag beschreibt die gängigsten Röntgenprojektionen am Knie, deren Indikationen samt Einstelltechniken. Weiterführende Schnittbilddiagnostik (CT, MRT) wird ebenso besprochen.


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Abstract

X-ray is the gold standard of fracture imaging. With various projections different tasks can be achieved: surgery planning, intraoperative control, follow-up and function-tests. In this section the most common x-ray projections are described including indications and technical settings. Also, sectional image techniques (CT, MRI) are reviewed.


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Einleitung

Das Kniegelenk ist unser größtes Gelenk. Durch die verhältnismäßig geringe Weichteildeckung und die hohen Torsions- und Biegekräfte ist das Gelenk prädisponiert für Verletzungen und Erkrankungen. Als bildgebende Untersuchungsverfahren beim frakturierten Knie dienen Röntgen, CT und MRT, welche in diesem Kapitel beschrieben werden.


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Röntgen

Standardprojektionen

Zur traumatologischen Erstuntersuchung gehören neben Anamnese und Status Röntgenbilder in anterior–posteriorer (a.–p.), seitlicher (lateraler) und bei Verdacht auf Patellafraktur in axialer Projektion. Es existieren eine Reihe weiterer Projektionen, die bestimmten Fragestellungen vorbehalten sind. Eine Übersicht bietet [Tab. 1].

Tab. 1 Übersicht der häufigsten Röntgenprojektionen am Kniegelenk mit Indikationsstellungen.

Projektion

Indikation

anterior–posterior, seitlich, Patella axial

Standardaufnahme

Tunnelaufnahme nach Frik

knöcherner Kreuzbandausriss, Osteochondrosis dissecans, osteochondrales Flake

Schrägaufnahme

erweiterte Frakturdiagnostik (insbes. mediale/laterale Patella, Fibulaköpfchen, Femurkondylen, Tibiakopf)

posterior–anterior (p.–a.)

Patellafraktur

Varus-/Valgusstressaufnahmen gehalten

Kollateralbänder, Gelenkspaltverlust

gehaltene Aufnahmen für a.–p. Translation

Kreuzbandverletzungen

Ganzbeinaufnahme

Achsenbeurteilung

45° p.–a. Belastungsaufnahme nach Rosenberg

beginnende mediale Gonarthrose

Patella-Défilé-Aufnahme 30°, 60°, 90°

Patellainstabilität

Anterior–posteriore Projektion

Aufnahmetechnik

Die Aufnahme erfolgt in Rückenlage mit gestrecktem, leicht innenrotiertem Bein, sodass die Kondylen parallel zur Tischebene liegen. Der Zentralstrahl soll senkrecht auf den Gelenkspalt eintreffen, d. h. ein Querfinger unterhalb der Patellaspitze [1].


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Qualitätskriterien

Ziel dieser Einstellung ist eine freie Projektion des femorotibialen Gelenkspaltes und mittige Lage der Patella zwischen beiden Femurkondylen. Der Gelenkspalt erscheint lateral meist etwas kräftiger wegen gegeneinander verkippter Gelenkflächen und unterschiedlich dicker Knorpelschichten. Dementsprechend wird meist nur ein Tibiaplateau streng tangential abgebildet. Die Eminentia intercondylaris sollte die konkave Fossa intercondylaris nicht überlagern. Das Fibulaköpfchen wird in der a.–p. Standardaufnahme nicht frei projiziert, da der mediale Anteil hinter dem Tibiakopf liegt [2].


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Beurteilung

Die a.–p. Aufnahme wird zur Beurteilung des distalen Femurs, Tibiakopfes und Fibulaköpfchens verwendet. Außerdem ist das Femorotibialgelenk gut einsehbar. Der Gelenkspalt gibt Auskunft über die Dicke des Gelenkknorpels. Als Traumafolge lassen sich insbesondere Impressionen, knöcherne Kapsel-/Bandausrisse und freie osteochondrale Gelenkkörper darstellen. Im orthopädischen Kontext zeigen sich außerdem Fibroostosen und Verkalkungen bei degenerativen oder tumorösen Prozessen (siehe [Abb. 1]) [3].

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Abb. 1 Anterior–posteriores Röntgen editiert mit paraossalen Kalk- und Knochenschatten. 1: Außenseitenbandursprung verknöchert. 2: Aussparung am Ursprung der Popliteussehne. 3: Verknöchertes Außenband. 4: Alte Meniskusläsion (osteophytenartige Ausziehung, Rauber-Zeichen). 5: Segond-Fraktur (kleine Avulsionsfraktur des anterolateralen Ligaments, häufig assoziiert mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes). 6: Fabella. 7: Meniskusverkalkung. 8: Osteochondrosis dissecans. 9: Alte Innenbandverletzung (Stieda-Pellegrini-Schatten; 3 Typen).

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Laterale Projektion

Aufnahmetechnik

Der Patient ist in Seitenlage, betroffenes Bein leicht gebeugt (30°) mit der Außenseite dem Film aufliegend. Das gesunde Bein befindet sich entweder vor oder hinter dem anderen unterpolstert gelagert. Der Zentralstrahl verläuft 2 cm unterhalb der Patellaspitze und senkrecht zum Gelenkspalt, indem die Ferse unterpolstert wird. Der Strahlengang wird 5 – 7° nach kranial gekippt, um die geringfügig größere mediale Femurkondyle mit der lateralen in Deckung zu bringen. Sollte verletzungsbedingt keine Seitenlage möglich sein, so wird die Röntgenkassette medial angestellt [1], [4].


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Qualitätskriterien

In einer regelrecht eingestellten Aufnahme werden beide Femurkondylen deckungsgleich dargestellt. Im Bereich der Eminentia intercondylaris besteht eine Überlagerung mit dem Femur. Das mediale (konkave) und laterale (konvexe) Tibiaplateau ist gut einsehbar und das Femoropatellargelenk projiziert sich frei [2].

Merke

Laterale Projektion: „M“ediales Tibiaplateau = „M“ulde = konkav


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Beurteilung

Veränderungen im ventralen und dorsalen Knieabschnitt lassen sich überlagerungsfrei darstellen. Besonders wichtig ist die seitliche Projektion für die Beurteilung des Femoropatellargelenks, der Trochlea und der Patella.

Die Blumensaat-Linie entspricht einer Geraden durch das Dach der Fossa intercondylaris [5]. Sie hat Bedeutung zur Bestimmung der Patellahöhe [5], [6], [7], [8] und wird intraoperativ als Landmarke verwendet, um bei Osteosynthesen eine intraartikuläre Schraubenlage zu vermeiden.

Die Patellahöhe kann auf verschiedene Arten bestimmt werden [5], [6], [7], [8], [9], [10]. So berechnet sich bspw. der Insall-Salvati-Index aus dem Verhältnis der Patellalänge zur Patellarsehnenlänge und liegt normalerweise zwischen 0,8 und 1,2. Bei Werten < 0,8 liegt eine Patella baja vor, bei Werten > 1,2 spricht man von einer Patella alta. Bei entsprechendem Trauma besteht dann der Verdacht auf eine Patellarsehnenruptur, wenn die Patella pathologisch hoch steht [11].

In 10 – 18% findet man ein Sesambein proximal im Bereich des lateralen Gastroknemius, die sog. Fabella. Sie kann bei vergrößertem Abstand zur Tibiarückfläche Hinweis auf einen Gelenkerguss oder eine Weichteilvermehrung geben. Außerdem sind Frakturen und Einklemmungen der Fabella beschrieben [12].

Ein intraartikulärer Erguss zeigt sich im Recessus suprapatellaris zwischen vorderem und hinterem suprapatellarem Fettpolster. Bei großem, bereits klinisch ausgeprägtem Erguss ist die Patellarsehne nach ventral und die dorsale Kapsel nach distal vorgewölbt. Außerdem verlieren dann die Quadrizepssehne und die Bursa suprapatellaris ihre scharfe Begrenzung [13].

Es gibt eine Vielzahl weiterer Normvarianten oder Zeichen chronischer Veränderungen. Einen Überblick verschafft [Abb. 2].

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Abb. 2 Seitliches Röntgen editiert mit paraossalen Kalk- und Knochenschatten. 1: Verkalkung am Streckapparat. 2: Verkalkung am Hoffa-Fettkörper. 3: Verkalkung der Bursa praetibialis. 4: Fabella. 5: Verkalkung der dorsalen Gelenkkapsel. 6: Gefäßverkalkung. Pfeil: artikulärer Patellafirst (articular tangent). Pfeilkopf: Überlagerung der lateralen Patellafacette (secondary articular density). Stern: Blumensaat-Linie.

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Axiale Projektion

Aufnahmetechnik

Es gibt eine Reihe unterschiedlicher axialer Aufnahmetechniken. Als sog. Défilé-Aufnahmen werden Patellatangentialaufnahmen in verschiedenen Beugestellungen (30, 60, 90°) bezeichnet [14].


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Qualitätskriterien

Hauptaugenmerk besteht in einer überlagerungsfreien Darstellung der Patella (siehe [Abb. 3]).

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Abb. 3 Axiales Röntgen der Patella.

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Beurteilung

Axiale Aufnahmen werden für die Beurteilung des Femoropatellargelenks verwendet. Insbesondere im Hinblick auf Frakturen, arthrotische Veränderungen, randständige Defekte, Dysplasie, Patellalateralisation und angeborene Mehrteiligkeit. Die Form der Patella ist sehr variabel und es existiert eine Vielzahl von Klassifikationen (z. B. nach Wiberg), die jedoch keine klinische Bedeutung haben [15], [16]. Die Einteilung der Trochlea ist hingegen sehr hilfreich und gibt im Zusammenhang mit einer Reihe von Winkeln und Längenmaßen Auskunft über das Vorliegen einer femoropatellaren Instabilität und Dysplasie des Gleitlagers [10].


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Spezialaufnahmen

Tunnelaufnahme nach Frik

Aufnahmetechnik

Der Patient wird in Rückenlage, Knie in 45° Flexion, ggf. durch Keil unterpolstert, gelagert mit Zentralstrahl senkrecht zum Gelenkspalt.


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Qualitätskriterium

Die Eminentia und die Fossa intercondylaris sollen überlagerungsfrei dargestellt werden (siehe [Abb. 4]).

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Abb. 4 Röntgenaufnahme des Knies nach Frik [1].

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Beurteilung/Indikation

Mittels Tunnelaufnahme können die Femurkondylen und die Interkondylarregion besonders gut dargestellt werden. Sie wird bei Verdacht auf knöchernen Ausriss oder Insuffizienz des vorderen Kreuzbandes, Osteochondrosis dissecans oder Morbus Ahlbäck verwendet [1].


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Schrägaufnahmen

Aufnahmetechnik

Die Lagerung erfolgt auf dem Rücken, die Beine werden leicht abgespreizt und sind jeweils in 45° Innen- und Außenrotation. Der Zentralstrahl verläuft senkrecht zum Gelenkspalt.


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Qualitätskriterium

Das Kniegelenk soll weiterhin frei einsehbar bleiben. Die laterale Patellafacette projiziert sich in Außenrotation und das Fibulaköpfchen sowie die mediale Patellafacette in Innenrotation frei [1], [17].


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Beurteilung/Indikation

Schrägaufnahmen werden empfohlen bei unauffälligen Standardprojektionen, aber klinischem Verdacht auf eine ossäre Läsion, insbesondere im Bereich der medialen/lateralen Patellafacette, des Fibulaköpfchens, der Femurkondylen und des Tibiakopfes. Außerdem zur Beurteilung von Frakturverlauf, Gelenkflächendepression und Fragmentdislokation [18].


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Patella im lateralen Strahlengang

Ergänzend zur axialen Projektion der Patella dient die laterale Aufnahme in verschiedenen Ausrichtungen der Frakturdiagnostik und der intraoperativen Repositionskontrolle. Entsprechende Landmarken zur genauen Identifizierung und Interpretation der medialen und lateralen Facette wurden in der Arbeit von Berkes et al. beschrieben [17]. Die Gelenktangente (articular tangent; [Abb. 2]) repräsentiert den vertikalen First, welcher die mediale von der lateralen Facette trennt. Die sekundäre Gelenkaufhellung (secondary articular density; [Abb. 2]) wird durch diverse Überlagerungen hervorgerufen (vor allem die Kante der lateralen Facette). Mittels zusätzlichen schrägen Projektionen können Gelenkstufen bei insuffizienter Reposition intraoperativ besser dargestellt werden. Die mediale Facette lässt sich am besten in 30° Innenrotation und die laterale Facette in 20° Außenrotation darstellen [17].


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Posterior–anteriore Aufnahme

Aufnahmetechnik

Diese Projektion wird ebenfalls auf den Gelenkspalt zentriert, jedoch in p.–a. Ausrichtung.


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Beurteilung/Indikation

Verglichen zum a.–p. Röntgen können mit dieser auch als „Kontaktaufnahme“ bezeichneten Projektion spaltförmige Patellafrakturen und angeborene Mehrteiligkeit besser diagnostiziert werden.


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Belastungsaufnahmen

Varus-/Valgusstressaufnahme a.–p.

Diese Aufnahme kann mit 150 N Anpressdruck zur Beurteilung des mediolateralen Kapsel-Band-Apparats durchgeführt werden.


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Ganzbeinaufnahmen

Ganzbeinaufnahmen bzw. Aufnahmen im 20/40-Format a.–p. werden zur Achsbeurteilung nach Osteosynthesen, Umstellungsosteotomien oder Kniegelenkendoprothesen verwendet.


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45° p.–a. Belastungsaufnahme nach Rosenberg

Eine weitere Aufnahme zur Diagnostik von Knorpelschädigungen stellt die 45° p.–a. Belastungsaufnahme nach Rosenberg dar. So können femorotibiale arthrotische Veränderungen in der Belastungszone von 30 – 60° Flexion gut diagnostiziert werden [19].


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Computertomografie

Die Computertomografie (CT) dient in der Traumatologie als ergänzendes Verfahren zum Standardröntgen und liefert überlagerungsfreie Schnittbilder in axialer Orientierung. Mittlerweile ist die CT unabdingbar in der Diagnostik und Darstellung von Frakturen mit Gelenkbeteiligung. Aufgrund der fast flächendeckenden Verfügbarkeit und diagnostischen Genauigkeit hat die CT einige Röntgenspezialaufnahmen in der Standarddiagnostik abgelöst. Weitere Schnittebenen werden mittels Interpolation rekonstruiert. Mit den gängigen Spiral- und Multidetektor-CT-Geräten ist es möglich, eine Körperregion unter kontinuierlichem Tischvorschub und Röhrenrotation zu untersuchen. Die Auflösung der rekonstruierten Ebenen ist abhängig von der Schichtdicke und der Tischvorschubgeschwindigkeit. Üblicherweise werden 1 – 2-mm-Schnitte in der Frakturdiagnostik verwendet, da bei höheren Abständen unscharfe Rekonstruktionen entstehen und möglicherweise Details verloren gehen. Es können sowohl Knochen als auch eingeschränkt Weichteile beurteilt werden. Letztere sind jedoch Domäne der Magnetresonanztomografie (MRT). Das Kniegelenk sollte möglichst in Streckung gelagert werden, mit der Kniescheibe nach oben zeigend. Die axiale Schnittführung sollte dann möglichst parallel zum Tibiaplateau erfolgen. Ist dies beim traumatisierten Patienten nicht möglich, ist mit artifiziellen Defekten im Bereich des posterioren Tibiaplateaus zu rechnen. Schichtdicken von < 1 mm (Multidetektor-CT) ermöglichen eine exakte Diagnostik trotz suboptimaler Lagerungsbedingungen [20].

Rekonstruktion

Mit der Rechenleistung aktueller Computer ist es möglich, aus den Schnittbildern Rekonstruktionen zur 3-dimensionalen Beurteilung in Echtzeit anzufertigen. Dies ermöglicht eine präzisere Beurteilung des Frakturverlaufes, insbesondere in komplexen Tibiaplateaufrakturen zur Operationsplanung. Einige Autoren empfehlen die CT-Diagnostik nach Fixateur-externe-Anlage, um das definitive operative Vorgehen nach primärer Reposition (Ligamentotaxis) planen zu können [21].

Zur operativen Versorgung von Tibiakopffrakturen wurde 2010 das „Drei-Säulen-Modell“ durch Luo et al. eingeführt. Als Grundlage dienen axiale CT-Bilder auf Höhe des Tibiaplateaus. Dieses wird in eine mediale, laterale und dorsale Säule eingeteilt. Je nach Frakturverlauf kann hiermit direkt die Frakturversorgung (Zugänge, Reposition, Plattenpositionierung) abgeleitet werden (siehe [Abb. 5]) [22].

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Abb. 5 CT-Rekonstruktion mit schematischer Darstellung des Drei-Säulen-Modells [22] in den axialen Schnittbildern zur präoperativen Planung der Frakturversorgung. a Gelenknahe Schnittebene. b Metaphysäre Schnittebene.

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Dichtewerte und Graustufen

Die Rohdaten der CT bestehen aus Volumenelementen (Voxel) abhängig von Ortsauflösung und Schichtdicke. Jedes Voxel repräsentiert einen Dichtewert eines bestimmten Gewebes und entspricht der Schwächung der angewendeten Röntgenstrahlung. Gemessen wird in Hounsfield-Einheiten (HE) und dargestellt wird als 2-dimensionales Pixel in Graustufen. Die Werte reichen von − 1000 bis + 1000 HE, wobei Wasser einem Wert von 0 und Luft von − 1000 entspricht.

Das menschliche Auge kann nur deutlich weniger Graustufen voneinander differenzieren. Daher sind sog. Bildfenster notwendig, mit deren Hilfe die Graustufenskala über einen bestimmten Dichtebereich definiert werden kann. Dichtewerte über dem Höchstwert werden so weiß und solche unter der Untergrenze schwarz dargestellt. Hohe Fensterwerte dienen der optimalen Darstellung von Knochen (Knochenfenster, siehe [Tab. 2]) [20].

Tab. 2 Übersicht: Dichtewerte nach Gewebetyp.

Gewebe

Dichtewerte in HE

kortikaler Knochen

> 250

spongiöser Knochen

130 ± 100

Muskulatur

45 ± 5

Fettgewebe

65 ± 10


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Indikation

Haupteinsatz findet die CT in der Frakturdiagnostik insbes. bei Tibiakopf- und Femurkondylenfrakturen [23]. Des Weiteren hat sie nach wie vor ihre Bedeutung in der Differenzialdiagnose von Knochen- und Weichteiltumoren. Die Beurteilung von Menisken [24] und Kreuzbändern (CT-Arthrografie) [25] ist beschränkt möglich, jedoch zugunsten des MRTs in den Hintergrund geraten.

Merke

Cave: Bei Verdacht auf Gefäßverletzung (fehlende oder abgeschwächte Fußpulse, Luxationsfrakturen Schatzker V und VI, High-Energy-Trauma) ist eine CT-Angiografie (oder Duplexsonografie) obligat!


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Magnetresonanztomografie

Hauptdomäne der MRT-Untersuchung des Kniegelenks ist die Beurteilung von Menisken, Bandstrukturen und Gelenkknorpeln. Auch Frakturen, insbes. Tibiaplateaufrakturen, lassen sich gut darstellen [26]. Vorteil der MRT gegenüber CT, Röntgen und Sonografie ist der hohe Weichteilkontrast.

Technik

Die Untersuchung erfolgt mit unterschiedlich starken Magnetfeldern (Niederfeld- und Hochfeldgeräten). Niederfeldgeräte mit < 0,5 Tesla Feldstärke haben beim Kniegelenk den Nachteil eines höheren Signal-Rausch-Verhältnisses, einer geringeren Auflösung und eines geringeren Kontrasts. Nichtsdestotrotz konnten, verglichen mit Hochfeldgeräten > 1 Tesla, ähnliche Ergebnisse bei der Diagnostik von Meniskus- und Kreuzbandläsionen erzielt werden [27]. Eine Überlegenheit der Hochfeldgeräte besteht vor allem in der Beurteilung von chondralen Läsionen [28].

Der Patient wird in Rückenlage mit gestrecktem Kniegelenk in der Mitte der Spule gelagert. Um ein homogenes Signal-Rausch-Verhältnis zu erzielen, sollte das Gelenk in einer speziellen Extremitätenspule gelagert werden. Bewegungsartefakte können weiter reduziert werden, indem das Kniegelenk samt Spule anschließend in einem Vakuumkissen gelagert werden.


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Indikation

Wir empfehlen beim frakturierten Kniegelenk nach High-Energy-Trauma, sofern es der Allgemeinzustand des Patienten zulässt, eine zusätzliche MRT-Diagnostik zum Ausschluss von Begleitverletzungen. Bei intraartikulären Tibiaplateaufrakturen zeigen sich in ca. 50% und bei Luxationsfrakturen in beinahe 100% weitere Verletzungen [29]. Aktuell ist jedoch diese kosten- und zeitintensive Untersuchung meist nicht akut verfügbar.


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Darstellung von Frakturen

Frakturen lassen sich in fettsupprimierten, T2-gewichteten STIR- und TIRM-Sequenzen darstellen. Es zeigt sich dann eine Signalerhöhung im Markraum. Um dies von Bone Bruise differenzieren zu können, muss nach Strukturverwerfungen gesucht werden, die sich besonders gut in T1-gewichteten Sequenzen zeigen. Ein weiterer Hinweis auf das Vorliegen einer Fraktur ist das Vorhandensein eines Gelenkergusses mit Schichtungsphänomen (= Spiegelbildung bei Hämatolipoarthros). Mikrofrakturierungen kommen außerdem besonders gut nach intravenöser Kontrastmittelgabe in T1-gewichteten fettsupprimierten Sequenzen zur Darstellung. Im Gegensatz zu reiner Ödematisierung zeigt sich dann eine deutliche Kontrastmittelanreicherung [30].


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Fazit

Bei Frakturverdacht gehört jedes Knie mittels Röntgen abgeklärt. Anschließend sollten bei intraartikulären Frakturen CT-Bilder angefertigt werden. Bei zweizeitigem operativem Vorgehen empfiehlt sich, dies nach Fixateuranlage durchzuführen. Die MRT dient der Beurteilung von Menisken, Bändern und Knorpeln. Intraoperativ eignen sich die o. g. Spezialaufnahmen und die dynamische Durchleuchtung zur Repositionskontrolle. Unter anderem aus forensischen Gründen empfiehlt sich eine entsprechende Dokumentation und Archivierung.


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Autorinnen/Autoren

Lukas Beller

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Dr. med., Assistenzarzt, Abteilung für Unfallchirurgie, Landeskrankenhaus Feldkirch

René El Attal

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Priv. Doz. Dr. med., Chefarzt, Abteilung für Unfallchirurgie, Landeskrankenhaus Feldkirch

Interessenkonflikt

Es bestehen keine Interessenkonflikte.

  • Literatur

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Abb. 1 Anterior–posteriores Röntgen editiert mit paraossalen Kalk- und Knochenschatten. 1: Außenseitenbandursprung verknöchert. 2: Aussparung am Ursprung der Popliteussehne. 3: Verknöchertes Außenband. 4: Alte Meniskusläsion (osteophytenartige Ausziehung, Rauber-Zeichen). 5: Segond-Fraktur (kleine Avulsionsfraktur des anterolateralen Ligaments, häufig assoziiert mit Ruptur des vorderen Kreuzbandes). 6: Fabella. 7: Meniskusverkalkung. 8: Osteochondrosis dissecans. 9: Alte Innenbandverletzung (Stieda-Pellegrini-Schatten; 3 Typen).
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Abb. 2 Seitliches Röntgen editiert mit paraossalen Kalk- und Knochenschatten. 1: Verkalkung am Streckapparat. 2: Verkalkung am Hoffa-Fettkörper. 3: Verkalkung der Bursa praetibialis. 4: Fabella. 5: Verkalkung der dorsalen Gelenkkapsel. 6: Gefäßverkalkung. Pfeil: artikulärer Patellafirst (articular tangent). Pfeilkopf: Überlagerung der lateralen Patellafacette (secondary articular density). Stern: Blumensaat-Linie.
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Abb. 3 Axiales Röntgen der Patella.
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Abb. 4 Röntgenaufnahme des Knies nach Frik [1].
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Abb. 5 CT-Rekonstruktion mit schematischer Darstellung des Drei-Säulen-Modells [22] in den axialen Schnittbildern zur präoperativen Planung der Frakturversorgung. a Gelenknahe Schnittebene. b Metaphysäre Schnittebene.