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DOI: 10.1055/a-0674-6809
SOP Herzschrittmacher
- Die Indikationsstellung hat eine herausragende Bedeutung
- Auswahl des Schrittmachersystems
- Auswahl der Schrittmacheraggregate
- Literatur
Herzschrittmacher werden seit vielen Jahren sehr erfolgreich zur Therapie bradykarder Herzrhythmusstörungen implantiert. Aufgrund der häufig geringen Fallzahlen an deutschen Kliniken und der lebenslangen Auswirkungen einer Schrittmacher-Implantation kommt der Indikationsstellung eine herausragende Bedeutung zu. Die folgende SOP kann Schablone und Anregung sein, eigene, an lokale Gegebenheiten adaptierte stationsinterne SOPs zu entwerfen und zu implementieren.
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In Deutschland finden bezogen auf die Bevölkerung deutlich mehr Schrittmacher-Implantationen statt als in sozioökonomisch ähnlichen Ländern wie der Schweiz oder Schweden. Die Gründe dafür sind unklar. Derzeit führen in Deutschland mehr als 1100 Kliniken Herzschrittmacher-Implantationen durch. Durchschnittlich werden pro Klinik jährlich etwa 70 Neuimplantationen und zusätzlich ca. 30 Aggregatwechsel und Revisionen vorgenommen.
Die Zahl der Implantationen ist somit an vielen Kliniken relativ gering – häufig findet weniger als ein Eingriff pro Woche statt. Vor diesem Hintergrund kommt der richtigen Indikationsstellung eine besondere Bedeutung zu. Europäische Leitlinien zur Schrittmacher-Implantation wurden zuletzt im Jahr 2013 publiziert [1]. Sie wurden ergänzt durch die Kommentierung einer Arbeitsgruppe der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie [2].
Bezüglich der Indikation zur kardialen Resynchronisationstherapie (CRT) gibt es in der neueren Herzinsuffizienzleitlinie geringfügige Änderungen, sodass eine CRT unterhalb einer Breite des QRS-Komplexes von 130 ms nicht gerechtfertigt erscheint.
Die Indikationsstellung hat eine herausragende Bedeutung
Das in der eigenen Klinik verwendete Formular zur Anmeldung einer Schrittmacher-Implantation ist in [Abb. 1] beigefügt. Hier werden die Kriterien der Leitlinien erfragt und so die Basis für die Qualitätssicherung gelegt. Verwendung findet das Formular nur bei Erwachsenen. Es soll sicherstellen, dass die Indikation zur Schrittmacher-Implantation nicht zu leichtfertigt gestellt wird. Die in den Leitlinien genannten Evidenzklassen werden hier nicht dargestellt, da sie bei den eigenen Patienten – auch bei Aufklärungsgesprächen – allenfalls im Ausnahmefall eine Rolle spielen.
Für die Indikationsstellung gelten die folgenden Grundsätze:
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Die Leitlinien verfolgen eher einen Symptom- als einen Pathophysiologie-basierten Ansatz.
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Der Korrelation zwischen Symptomen und Bradykardien kommt eine herausragende Bedeutung zu.
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Bei der Abfrage der Symptomatik sollten nicht nur naheliegende Symptome wie Präsynkopen oder Synkopen bewertet werden. Auch unspezifische Symptome wie Abgeschlagenheit und sogar Albträume können mit Bradykardien assoziiert sein und müssen daher erfragt werden.
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Es ist überaus wichtig, Korrelationen zwischen EKG-Auffälligkeiten und Symptomen zu dokumentieren.
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Die Indikationsstellung zur Schrittmachertherapie wird im Verlauf des weiteren Lebens in nahezu keinem Fall revidiert. Gerade bei jüngeren Patienten wird eine Entscheidung getroffen, die oft mehrere Nachfolgeeingriffe nach sich zieht (Aggregataustausche, Revisionseingriffe). Aus diesem Grund ist die Güte der initialen Indikationsstellung entscheidend für die Qualität der Schrittmachertherapie.
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Eine verlängerte Monitoringdauer sollte im Zweifelsfall einer pragmatischen Schrittmacher-Implantation vorgezogen werden.
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Auswahl des Schrittmachersystems
Der in der eigenen Klinik verwendete Algorithmus ist in [Abb. 2] dargestellt.
Für die Mehrzahl der Patienten ist die Versorgung mit einem konventionellen Herzschrittmachersystem sinnvoll. Vor der Festlegung sollte aber geprüft werden, ob Schwierigkeiten im Zugangsweg zu erwarten sind. Mögliche Gründe dafür sind
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vorangegangene Operationen,
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alte Thrombosen,
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Infektionen,
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Bestrahlungen oder
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die Notwendigkeit von Dialyseshunts.
Kabellose und epikardiale Schrittmacher
Für diese Patienten steht mit den kabellosen Schrittmachern inzwischen eine Alternative zur Verfügung, die weniger aufwendig ist als etwa eine – ebenfalls mögliche – epikardiale Schrittmacherversorgung. Beide Zugangswege (kabellos bzw. epikardial) müssen zumindest erwogen werden. Derzeit sind aber sowohl epikardiale als auch kabellose Schrittmacher Nischensysteme, sodass hier in den meisten Kliniken Individualentscheidungen getroffen werden.
Im Bereich der epikardialen Schrittmachersysteme ist absehbar nicht mit einem Wachstum zu rechnen. Sie dürften eine Nischentherapie bleiben. Dagegen versprechen kabellose Systeme durch den Wegfall von Sondenproblemen langfristige Vorteile. Allerdings müssen durch den großkalibrigen Venenzugang und eine mögliche großkalibrige Perikardtamponade gegebenenfalls Komplikationen in Kauf genommen werden. Derzeit besteht zudem noch die Einschränkung auf den VVI-R-Stimulationsmodus, sodass die Rolle von kabellosen Schrittmachern in der eigenen Klinik noch nicht in SOPs erfasst ist.
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Linksventrikuläre Elektroden
Die Implantation von linksventrikulären Elektroden ist inzwischen wesentlich einfacher geworden als noch vor einigen Jahren. Verantwortlich dafür dürfte das verbesserte Implantationsmaterial (z. B. Subselektoren) sein, aber auch die wachsende Implantationserfahrung. Damit einher geht eine Indikationsausweitung für CRT-Systeme auf Patienten mit nur mäßig eingeschränkter linksventrikulärer Pumpfunktion, wenn eine häufige antibradykarde Stimulation notwendig ist. Diese Erwägung gilt auch für Patienten, die zum Zeitpunkt der Implantation noch keine klinisch höhergradige Herzinsuffizienz haben.
Insofern sollte die Notwendigkeit zur biventrikulären oder linksventrikulären Stimulation vor der Systemauswahl geprüft werden.
Die hier gegebenenfalls alternativ mögliche His-Bündel-Stimulation wird in der eigenen Klinik nicht durchgeführt und ist daher im Auswahlalgorithmus nicht berücksichtigt.
Für die große Mehrzahl der Patienten, die eine antibradykarde Stimulation benötigen, ist der Zweikammer-Schrittmacher das System erster Wahl. Einkammersysteme finden nur noch bei den wenigen Patienten mit lange persistierender/permanenter symptomatischer Bradyarrhythmia absoluta Verwendung.
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Auswahl der Schrittmacheraggregate
Herzschrittmacher haben inzwischen eine sehr ausgereifte Technologie. Für die Aggregatauswahl sind daher die Erfahrungen des Implanteurs oder des nachsorgenden Kardiologen mit zu berücksichtigen. Von nahezu jedem Hersteller werden Aggregate in unterschiedlichen Preissegmenten angeboten. Für die Auswahl der standardmäßig in der eigenen Klinik verwendeten Schrittmacher gelten die folgenden Regeln:
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Es werden nur Systeme verwendet, die MRT-tauglich sind. Patienten dahingehend einzuschränken, erscheint nicht mehr zeitgemäß. Bei den in der Regel älteren oder alten Patienten ist nicht auszuschließen, dass MRT-Untersuchungen – insbesondere nichtkardiale MRT-Untersuchungen – im weiteren Leben nötig werden. Für jüngere Patienten gilt dies in noch größerem Ausmaß.
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Zweikammersysteme sollen bei allen Patienten, bei denen kein permanenter AV-Block III° besteht, einen Algorithmus zur automatischen Umschaltung zwischen AAI(R)- und DDD(R)-Modus haben. Aggregate, die lediglich die Möglichkeit zu AV-Verlängerung oder AV-Suchhysteresen haben, sollten möglichst nicht mehr verwendet werden.
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Bei Austausch-OPs soll immer ein Aggregat vom gleichen Hersteller wie der Elektroden verwendet werden. Mischsysteme, bei denen Elektroden und Aggregate verschiedener Hersteller kombiniert werden, führen dazu, dass die MRT-Tauglichkeit der Gesamtsysteme nicht gegeben ist.
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Wenn zum Zeitpunkt der Implantation oder eines Aggregatwechsels schon absehbar ist, dass häufiger MRT-Untersuchungen durchgeführt werden müssen (etwa weil eine begleitende neurologische oder orthopädische Erkrankung vorliegt), sollten Aggregate verwendet werden, die das Einschalten eines MRT-Modus vereinfachen oder automatisieren.
Die Beachtung dieser Regeln erlaubt es, kostengünstige Systeme auszuwählen, ohne auf für den klinischen Alltag bedeutsame Funktionen verzichten zu müssen.
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Interessenkonflikt
Der Autor gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
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Literatur
- 1 Brignole M, Auricchio A, Baron-Esquivias G. et al. 2013 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. Eur Heart J 2013; 34: 2281-2329
- 2 Israel CW, Bänsch D, Breithardt O. et al. Kommentar zu den neuen ESC-Leitlinien zur Schrittmacher- und kardialen Resynchronisationstherapie. Kardiologe 2015; 9: 35-45
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Brignole M, Auricchio A, Baron-Esquivias G. et al. 2013 ESC Guidelines on cardiac pacing and cardiac resynchronization therapy. Eur Heart J 2013; 34: 2281-2329
- 2 Israel CW, Bänsch D, Breithardt O. et al. Kommentar zu den neuen ESC-Leitlinien zur Schrittmacher- und kardialen Resynchronisationstherapie. Kardiologe 2015; 9: 35-45