Radiologie up2date 2020; 20(02): 111-115
DOI: 10.1055/a-0024-5493
Bildessay

CT-Morphologie der COVID-19-Pneumonie

Jan Schaible
,
Stefanie Meiler
,
Florian Poschenrieder
,
Benedikt Pregler
,
Gregor Scharf
,
Okka W. Hamer
 

Einleitung

Die durch SARS-CoV-2 verursachte Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) hat inzwischen den Status einer Pandemie erreicht. Der definitive Nachweis erfolgt über die RT-PCR aus Proben der oberen oder unteren Atemwege. Die Morphologie der COVID-19-Pneumonie in der CT ist bemerkenswerterweise bei vielen Patienten ähnlich, sodass sie die Diagnosestellung unterstützen kann. Zudem ermöglicht die CT eine Bestimmung des Ausmaßes der Parenchymveränderungen, eine Verlaufsbeurteilung und die Erkennung evtl. Komplikationen. In diesem Bildessay wird die CT-Morphologie der COVID-19-Pneumonie beschrieben.


#

Gemäß der Statements der nationalen und internationalen thoraxradiologischen Gesellschaften ist die bildgebende Methode der Wahl bei Patienten mit Verdacht auf oder gesicherter COVID-19-Pneumonie die CT des Thorax [1] (https://www.drg.de/de-DE/5995/covid-19/). Die Thoraxübersichtsaufnahme ist initial nicht empfohlen, da ihre Sensitivität zu gering ist [2]. Sie kann jedoch bei Verlaufskontrollen zum Einsatz kommen. Die CT sollte als native dünnschichtige Volumen-CT in Niedrigdosistechnik durchgeführt werden [3]. Allerdings mehrt sich die Evidenz, dass eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu einer Hyperkoagulopathie mit vermehrtem Auftreten von thrombotischen und embolischen Ereignissen führt ([Abb. 1]) [4], [5], [6]. Bei steigendem Wert der D-Dimere oder anderweitigen Verdachtsmomenten auf eine Lungenembolie sollte daher Kontrastmittel verabreicht werden.

Zoom Image
Abb. 1 COVID-19-Pneumonie kompliziert durch Lungenembolie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In einer Subsegmentarterie des rechten Unterlappens zeigt sich eine Kontrastmittelaussparung (Pfeil) im Sinne einer Lungenembolie. Der Patient litt an einer fortgeschrittenen COVID-19-Pneumonie.

CT-Morphologie der COVID-19-Pneumonie

Die Morphologie der COVID-19-Pneumonie in der CT ist bemerkenswerterweise bei vielen Patienten ähnlich. Meist liegen Milchglastrübungen oder ein Mischbild aus Milchglastrübungen und Konsolidierungen vor ([Abb. 2], [Abb. 3], [Abb. 4], [Abb. 5], [Abb. 6], [Abb. 7]) [7] – [15]. Die Milchglastrübungen können von einem feinen Netzmuster (Retikulationen) überlagert sein, was als Crazy Paving bezeichnet wird ([Abb. 4], [Abb. 8]). Vielfach ist beschrieben, dass die Gefäße innerhalb der Verdichtungen oder periläsional dilatiert sind ([Abb. 4]). Die Konfiguration der Verdichtungen ist häufig rund ([Abb. 4]), geografisch ([Abb. 2], [Abb. 5], [Abb. 6]) oder streifig ([Abb. 7]). Die Peripherie der posterioren Unterlappen ist meist dominant betroffen. Die Läsionen sind in der Regel multifokal und bilateral. Insgesamt erinnert das Bild an eine (kryptogen) organisierende Pneumonie ([Abb. 9]). Mit zunehmendem Schweregrad der Erkrankung nehmen die Konsolidierungen zu und das Milchglas tritt in den Hintergrund. Im Extremfall kann es zum Bild eines diffusen Alveolarschadens (diffuse alveolar damage, DAD) kommen ([Abb. 10]).

Zoom Image
Abb. 2 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigen sich multifokale Milchglastrübungen. Sie sind geografisch konfiguriert. Positives Aerobronchogramm.
Zoom Image
Abb. 3 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Milchglastrübungen und Konsolidierungen. Die posterioren Segmente sind dominant betroffen.
Zoom Image
Abb. 4 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Multifokale Milchglastrübungen im rechten Unterfeld (die linke Lunge war ebenso betroffen, nicht gezeigt). Die Milchglastrübungen sind zum Teil von Retikulationen überlagert, was als Crazy Paving bezeichnet wird. Sie sind rund konfiguriert und liegen bevorzugt in der Peripherie der Lunge.
Zoom Image
Abb. 5 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Fleckförmige bis konfluierende sowie streifige Konsolidierungen in der Peripherie beider Mittelfelder. Die Verdichtungen sind teils geografisch konfiguriert.
Zoom Image
Abb. 6 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Milchglastrübungen und Konsolidierungen. Die Verdichtungen sind zum Teil rund, zum Teil geografisch konfiguriert. Positives Aerobronchogramm. Der unmittelbare subpleurale Raum ist ausgespart, was eher in späteren Stadien der Fall ist. Die posterioren Segmente sind dominant betroffen.
Zoom Image
Abb. 7 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT in Low-Dose-Technik. MPR in axialer Ebene. Mischbild aus fleckförmigem Milchglas und streifigen Konsolidierungen. Die Verdichtungen liegen überwiegend in der Peripherie der Lunge, vor allem posterior. Der unmittelbare subpleurale Raum ist ausgespart, was eher in späteren Stadien der Fall ist.
Zoom Image
Abb. 8 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Im rechten Unterlappen kommt eine annähernd rund konfigurierte Milchglastrübung mit überlagernden Retikulationen im Sinne eines Crazy Paving zur Darstellung. Positives Aerobronchogramm. Das dominante Gefäß innerhalb der Verdichtung ist dilatiert.
Zoom Image
Abb. 9 Differenzialdiagnose kryptogen organisierende Pneumonie. Kontrastmittelgestützte Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Konsolidierungen und Milchglastrübungen. Die Verdichtungen sind zum Teil fleckig, zum Teil streifig konfiguriert und liegen in der Peripherie der Lunge. Positives Aerobronchogramm.
Zoom Image
Abb. 10 Fortgeschrittene COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In beiden Lungen zeigen sich dorsal betonte Konsolidierungen und ventral davon gelegenes Crazy Paving. Positives Aerobronchogramm. Das Bild passt zu einem diffusen Alveolarschaden. Nebenbefundlich schmaler Pneumothorax rechts.

Liegt die beschriebene CT-Morphologie vor, kann in Zeiten einer hohen Umgebungsprävalenz (Pandemie) und passender klinischer Symptomatik mit hoher Wahrscheinlichkeit von einer COVID-19-Pneumonie ausgegangen werden. Dies ist hilfreich, da die Sensitivität der CT höher sein kann als die des Goldstandards der Reversen Transkriptase-Polymerasekettenreaktion (RT-PCR) [16]. In einer jüngst veröffentlichten Studie aus Italien war die RT-PCR bei 96 von 158 Patienten initial negativ, die CT bei 42 dieser 96 Patienten positiv [17]. Andererseits schließt eine unauffällige CT COVID-19 nicht aus.

Zu bedenken ist, dass nicht alle Patienten die oben beschriebene suggestive Morphologie zeigen. Es kann auch das unspezifische Bild einer atypischen Pneumonie vorliegen, das keinen Rückschluss auf den Erreger erlaubt ([Abb. 11], [Abb. 12]). Wertvoll zu wissen ist, welche Zeichen bisher bei der COVID-19-Pneumonie nicht gesehen wurden. Hierzu gehören Noduli, Tree-in-Bud, Kavernen, Bronchialwandverdickungen und Mucus Plugging. Pleuraergüsse oder eine mediastinale Lymphadenopathie wurden nur bei unter 10% der Patienten beobachtet.

Zoom Image
Abb. 11 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In beiden Mittelfeldern kommt ein Mischbild aus zum Teil fleckigen, zum Teil konfluierenden Milchglastrübungen und Konsolidierungen zur Darstellung. Positives Aerobronchogramm. In axialer und koronarer (nicht gezeigt) Ebene sind beide Lungen diffus betroffen. Das Bild passt zu einer atypischen Pneumonie, wobei keine Zuordnung zu einem Erreger möglich ist.
Zoom Image
Abb. 12 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT in Low-Dose-Technik. MPR in axialer Ebene. Ausgedehnte, zum Teil geografisch konfigurierte Milchglastrübungen und Crazy Paving. Diskret ausgebildete fleckige Konsolidierungen. Positives Aerobronchogramm. In axialer und koronarer (nicht gezeigt) Ebene sind beide Lungen diffus betroffen. Das Bild passt zu einer schweren atypischen Pneumonie, wobei keine Zuordnung zu einem Erreger möglich ist.

#

Zusammenfassung

Der Goldstandard für COVID-19-Pneumonie ist die RT-PCR. Allerdings ist die CT bei einigen Fällen sensitiver als der Goldstandard. Dennoch sollte die CT nicht als Screening-Methode eingesetzt werden. Die CT ist jedoch sehr hilfreich, um die Patientenströme zu lenken. Gemäß der CT-Morphologie scheint es nämlich möglich, Patienten mit hoher Prätestwahrscheinlichkeit während der Pandemie in 3 Gruppen einzuteilen:

  1. CT-Morphologie suggestiv für eine COVID-19-Pneumonie

  2. CT-Morphologie spricht für eine atypische Pneumonie, keine Zuordnung zu einem Erreger möglich

  3. CT-Morphologie spricht gegen eine COVID-19-Pneumonie [18], [19], [20].

Die CT kann zudem das Ausmaß der Lungenparenchymbeteiligung erfassen und evtl. Komplikationen wie eine Superinfektion oder Lungenembolie erkennen.


#
#

Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikt besteht.


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Okka W. Hamer
Universitätsklinikum Regensburg
Institut für Radiologie
Franz-Josef-Strauß-Allee 11
93046 Regensburg
und
Lungenfachklinik Donaustauf
Abteilung für Radiologie
Ludwigstr. 68
93093 Donaustauf

Publication History

Article published online:
05 June 2020

Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York


Zoom Image
Abb. 1 COVID-19-Pneumonie kompliziert durch Lungenembolie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In einer Subsegmentarterie des rechten Unterlappens zeigt sich eine Kontrastmittelaussparung (Pfeil) im Sinne einer Lungenembolie. Der Patient litt an einer fortgeschrittenen COVID-19-Pneumonie.
Zoom Image
Abb. 2 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigen sich multifokale Milchglastrübungen. Sie sind geografisch konfiguriert. Positives Aerobronchogramm.
Zoom Image
Abb. 3 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Milchglastrübungen und Konsolidierungen. Die posterioren Segmente sind dominant betroffen.
Zoom Image
Abb. 4 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Multifokale Milchglastrübungen im rechten Unterfeld (die linke Lunge war ebenso betroffen, nicht gezeigt). Die Milchglastrübungen sind zum Teil von Retikulationen überlagert, was als Crazy Paving bezeichnet wird. Sie sind rund konfiguriert und liegen bevorzugt in der Peripherie der Lunge.
Zoom Image
Abb. 5 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Fleckförmige bis konfluierende sowie streifige Konsolidierungen in der Peripherie beider Mittelfelder. Die Verdichtungen sind teils geografisch konfiguriert.
Zoom Image
Abb. 6 COVID-19-Pneumonie. Kontrastmittelgestützte dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Milchglastrübungen und Konsolidierungen. Die Verdichtungen sind zum Teil rund, zum Teil geografisch konfiguriert. Positives Aerobronchogramm. Der unmittelbare subpleurale Raum ist ausgespart, was eher in späteren Stadien der Fall ist. Die posterioren Segmente sind dominant betroffen.
Zoom Image
Abb. 7 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT in Low-Dose-Technik. MPR in axialer Ebene. Mischbild aus fleckförmigem Milchglas und streifigen Konsolidierungen. Die Verdichtungen liegen überwiegend in der Peripherie der Lunge, vor allem posterior. Der unmittelbare subpleurale Raum ist ausgespart, was eher in späteren Stadien der Fall ist.
Zoom Image
Abb. 8 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. Im rechten Unterlappen kommt eine annähernd rund konfigurierte Milchglastrübung mit überlagernden Retikulationen im Sinne eines Crazy Paving zur Darstellung. Positives Aerobronchogramm. Das dominante Gefäß innerhalb der Verdichtung ist dilatiert.
Zoom Image
Abb. 9 Differenzialdiagnose kryptogen organisierende Pneumonie. Kontrastmittelgestützte Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In der Peripherie beider Mittelfelder zeigt sich ein Mischbild aus Konsolidierungen und Milchglastrübungen. Die Verdichtungen sind zum Teil fleckig, zum Teil streifig konfiguriert und liegen in der Peripherie der Lunge. Positives Aerobronchogramm.
Zoom Image
Abb. 10 Fortgeschrittene COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In beiden Lungen zeigen sich dorsal betonte Konsolidierungen und ventral davon gelegenes Crazy Paving. Positives Aerobronchogramm. Das Bild passt zu einem diffusen Alveolarschaden. Nebenbefundlich schmaler Pneumothorax rechts.
Zoom Image
Abb. 11 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT. MPR in axialer Ebene. In beiden Mittelfeldern kommt ein Mischbild aus zum Teil fleckigen, zum Teil konfluierenden Milchglastrübungen und Konsolidierungen zur Darstellung. Positives Aerobronchogramm. In axialer und koronarer (nicht gezeigt) Ebene sind beide Lungen diffus betroffen. Das Bild passt zu einer atypischen Pneumonie, wobei keine Zuordnung zu einem Erreger möglich ist.
Zoom Image
Abb. 12 COVID-19-Pneumonie. Native dünnschichtige Volumen-CT in Low-Dose-Technik. MPR in axialer Ebene. Ausgedehnte, zum Teil geografisch konfigurierte Milchglastrübungen und Crazy Paving. Diskret ausgebildete fleckige Konsolidierungen. Positives Aerobronchogramm. In axialer und koronarer (nicht gezeigt) Ebene sind beide Lungen diffus betroffen. Das Bild passt zu einer schweren atypischen Pneumonie, wobei keine Zuordnung zu einem Erreger möglich ist.