Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2018; 46(02): 115-128
DOI: 10.15653/TPG-180065
Für Studium und Praxis
Schattauer GmbH

Schmerzhafte Eingriffe bei kleinen Wiederkäuern: Kastration von Böcken

Eine ÜbersichtPainful procedures in small ruminants – castration of rams and bucks.An overview
Benjamin Bauer*
1   Klinik für kleine Klauentiere, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
,
Regina Hannemann*
1   Fachpraxis für Schafe, Ziegen, Lamas und Alpakas, Dr. Regina Hannemann, Tübingen
,
Christine Lendl
3   Tierarztpraxis Dr. Peter Stelzer
,
Heinz Strobel
4   Schafpraxis Dr. Heinz Strobel, Stoffenried
,
Martin Ganter
1   Klinik für kleine Klauentiere, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
› Institutsangaben
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Publikationsverlauf

Eingegangen: 10. Januar 2018

Akzeptiert nach Revision: 19. März 2018

Publikationsdatum:
04. Mai 2018 (online)

Zusammenfassung

Die Kastration von Nutztieren wird weltweit durchgeführt und unterliegt in den verschiedenen Ländern unterschiedlichen Reglementierungen. In Deutschland sind schmerzhafte Eingriffe am Tier im Tierschutzgesetz geregelt. Trotzdem wird die Frage der Indikation und Methodik der Kastration von Schaflämmern und Ziegenkitzen unter verschiedenen Haltungsbedingungen kontrovers diskutiert und bewertet, wobei häufig Unterschiede zwischen theoretischen Forderungen und Erfahrungen in der Praxis auftreten. Besonders die naturnahe Aufzucht von Jungtieren mit ihren Müttern stellt eine Indikation für die Kastration dar. Damit werden ungewollte Trächtigkeiten verhindert sowie die Schlachtung tragender Tiere vermieden. Deshalb muss die Kastration unter Schmerzausschaltung bei kleinen Wiederkäuern nach Meinung der Autoren weiterhin möglich sein. Jedoch sollten Indikation und Methodik dieses schmerzhaften Prozesses neu überdacht und gegebenenfalls gesetzlich neu reglementiert werden. Wenn die Kastration notwendig ist, muss sie unabhängig von Spezies, Alter und Methode mittels größtmöglicher Schmerzausschaltung durchgeführt werden. Dafür sind jedoch Zulassungen von potenten Anästhetika und Analgetika für kleine Wiederkäuer unabdingbar, nicht zuletzt um die praktizierenden Tierärzte von der Umwidmungspflicht und damit Haftung für mögliche Nebenwirkungen zu befreien. Um eine gemeinsame Lösung, die Tieren, Tierhaltern und Tierärzten gerecht wird, zu etablieren, wurde ausführlich die entsprechende Literatur zusammengestellt und mögliche Lösungsansätze formuliert.

Summary

The castration of farm animals is practiced routinely throughout the world and the procedure is subject to different levels of regulation in different countries. In Germany, painful procedures in animals are regulated by the animal welfare act. However, the indications for acceptable methods of lamb and kid castration are still under discussion. There are distinct differences between the theoretical requirements of this legislation and experiences in practice. When male lambs are kept for many months with their dams, or with ewe lambs, castration is essential to avoid unwanted pregnancies and the slaughter of pregnant females. In the opinion of the authors, it is essential that castration of small ruminants must remain possible. However, the methods used for these painful procedures need to be reassessed and if necessary new regulations established. When castration is necessary, sufficient anaesthesia and analgesia must be used irrespective of species, age and method. To make this possible potent anaesthetics and analgesics urgently need to be licensed for use in these species. This would provide an evidence base for their use and extricate veterinary practitioners from the need to use the cascade system with its associated liabilities. Current literature has been reviewed here and possible new approaches discussed in order to establish solutions that are suitable for the animals, their keepers and veterinarians.

* Beide Autoren haben im gleichen Umfang zu dem Artikel beigetragen.