Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - P4_01
DOI: 10.1055/s-2008-1079195

Die Sentinellymphonodektomie beim Vulvakarzinom

M Niederzoll 1, G Holl 2, T Wagner 3, J Sciuk 2, H Arnholdt 3, A Wischnik 1
  • 1Frauenklinik Klinikum Augsburg
  • 2Nuklearmedizinische Klinik Klinikum Augsburg
  • 3Pathologisches Institut Klinikum Augsburg

Fragestellung: In den Frühstadien des Vulvakarzinoms treten positive Lymphknoten in nur 10 bis 26% der Fälle auf, da also der überwiegende Teil dieser Patientinnen keine Metastasen aufweist, muss die inguinale Lymphonodektomie als Routinemaßnahme in Frage gestellt werden. Wir haben aber zur Zeit weder klinisch noch apparativ die Möglichkeit, prätherapeutisch den Nodalstatus mit ausreichender Genauigkeit vorherzusagen, um daraus Konsequenzen für eine individuelle Therapieentscheidung zu ziehen. Mit dieser Arbeit soll ein Beitrag dazu geleistet werden, ob wie beim malignen Melanom, dem Mammakarzinom und verschiedenen anderen Tumorentitäten auch beim Vulvakarzinom die Detektion des Sentinellymphknotens eine Möglichkeit darstellt, wie man auch hier individuell zu einer Einschränkung der Therapie kommen könnte.

Methodik: In einem Zwei-Tages-Protokoll wurden am Vortrag der Operation 60 MBq Technetium markiertes Nanokoloid peritumoral intradermal nach Lokalanästhesie appliziert, anschließend wurden dynamische Aufnahmen des Lymphabflusses angefertigt bis zur Darstellung der Sentinellymphknoten. Zwei Stunden später erfolgten statische Aufnahmen und die Markierung der Lage der Sentinellymphkoten auf der Haut. Am Operationstag wurden nach Durchführung des vulvären Partes in Form einer Vulvektomie oder einer radikalen lokalen Exzision die Sentinellymphknoten mit der Gammasonde aufgesucht und entfernt. Die histologische Aufarbeitung erfolgte in Stufenschnitten, HE-Färbung und Immunhistochemie.

Ergebnisse: Seit 2000 wurden an der Frauenklinik des Zentralklinikums Augsburg 19 Patientinnen mit Vulvakarzinom einer Sentinellymphknotendetektion unterzogen. Dabei konnte bei einer Detektionsrate von 100% in 33 betroffenen Leisten insgesamt 58 Wächterlymphknoten dargestellt und entfernt werden. 6 Patientinnen boten einen PT1b-Tumor, 13 Frauen wiesen einen PT2-Tumor mit einem Maximaldurchmesser zwischen 2,2 und 5,8cm auf. 55 Sentinellymphknoten aus 30 Leisten bei 17 Patientinnen waren histologisch tumorfrei. Dabei zeigte sich jedoch bei einer Patientin mit insgesamt 4 tumorfreien bilateralen Sentinellymphknoten ein völlig tumorokupierter, nicht-Sentinellymphknoten. Die anschließend durchgeführte komplette bilaterale Lymphadenektomie ergab einen Lymphknotenstatus von 2:14. Zwei Patientinnen hatten Karzinom-positive Sentinellymphknoten, die erste wurde aufgrund ihres hohen Alters nachbestrahlt, bei der zweiten mit je einem positiven Sentinellymphknoten in beiden Leisten ergab die Lymphknotendissektion einen abschließenden Status von 4:15.

Schlussfolgerung: Das Sentinelkonzept beim Vulvakarzinom ist unter den gynäkologischen Tumoren wahrscheinlich das mit der größten Zukunft. Bei vielen nodal negativen Fällen in den Frühstadien könnte durch dieses Konzept die hohe Komplikationsrate der Leistendissektion vermieden werden, ohne sich damit einen onkologischen Nachteil zu erkaufen.