Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - P3_09
DOI: 10.1055/s-2008-1079192

Geburtshilfliche und neonatologische Betreuung von zweizeitigen Mehrlingsgeburten – ein Fallbeispiel

IM Rühl 1, H Ehrhardt 2, AW Flemmer 2, C Hübener 1, A Schulze 2, U Hasbargen 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
  • 2Abteilung für Neonatologie, Perinatalzentrum Großhadern, Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

Hintergrund: Nach der unaufhaltbaren Frühgeburt eines Mehrlings sind Versuche der Prolongation von Mehrlingsschwangerschaften bereits seit vielen Jahren in Form von Fallberichten in der Literatur beschrieben. Es liegen nur unzureichende Erfahrungen vor, ob die Vorteile der gewonnenen Reife der in utero verbleibenden Feten durch die maternalen und fetalen Risiken der Infektion und möglicher behandlungsbedingter Probleme relativiert werden.

Methoden: Bis zum Jahre 2007 erfolgte in unserem Hause bei 9 Mehrlingsschwangerschaften an der Grenze der Lebensfähigkeit eine zweizeitige Geburt mit einer Verlängerung der Schwangerschaft um 1–63 Tage. Anhand einer Kasuistik stellen wir exemplarisch eine Analyse des zuerst geborenen Mehrlings und der in utero verbliebenen Mehrlinge in Bezug auf Mortalität, perinatale Morbidität und prognostisch relevante Parameter, wie intrakranielle Blutung (ICH), Retinopathie (ROP) und Schweregrad der bronchopulmonalen Dysplasie (BPD) vor.

Ergebnisse: Bei einer 32jährigen 2 Gravida 2 Para kam es bei trichorial-triamnialer Drillingsschwangerschaft im Z.n. IVF zur unaufhaltbaren Geburt des 1. Drillings. Die verbleibenden Kinder wurden 12 Tage später bei Fußvorfall des führenden Kindes per Notsectio entbunden. Die Tabelle zeigt prognostisch relevante Parameter der Morbidität im Kurzzeit-Follow-up:

SSW/Gewicht

ICH

BPD (36 SSW PMA)

ROP

I: M. (m)

24+2

570g

II°+ Parenchym

schwer

III°+ (Laserung)

II: M. (w)

26+0

650g

nein

mäßig

III°

III: Y. (w)

26+0

700g

nein

mäßig

III°

Schlussfolgerung: Die zweizeitige Mehrlingsgeburt an der Grenze der Lebensfähigkeit ist in einzelnen Fällen nach individueller Absprache mit Eltern, Pädiatern und Geburtshelfern möglich. Gelingt es, die Geburt der in utero verbleibenden Feten zu verzögern, zeigt sich tendenziell eine Verringerung der postpartalen frühgeburtsbedingten Morbidität sowohl in der eigenen Kohorte als auch in den in der Literatur beschriebenen Fällen. Daten zum langfristigen Outcome der in utero verbliebenen Mehrlinge liegen noch nicht vor.