Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - P2_02
DOI: 10.1055/s-2008-1079174

Anwendung atypischer Neuroleptika in der Frühschwangerschaft

W Paulus 1, S Schlömp 1, F Stoz 1
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Oberschwabenklinik/KH St. Elisabeth – Akadem. Lehrkrankenhaus der Universität Ulm, Elisabethenstraße 17, 88212 Ravensburg

Fragestellung: Etwa 400.000 Frauen in Deutschland leiden unter Schizophrenie, meist bereits im fertilen Alter. Seit nunmehr über 15 Jahren wird eine wachsende Zahl atypischer Neuroleptika in den Handel gebracht. Diese Psychopharmaka besitzen geringere extrapyramidalmotorische Nebenwirkungen und beeinflussen den Prolaktinspiegel weniger, so dass darunter häufiger Schwangerschaften eintreten. Leider fehlen weitgehend prospektive Studien zu den Effekten dieser Medikamente auf den Ausgang der Schwangerschaft.

Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Follow-up-Studie wurden von unserem nationalen Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1990 und 2007 178 Schwangerschaftsausgänge nach Medikation mit atypischen Neuroleptika in der Frühgravidität dokumentiert (Aripiprazol: n=18, Clozapin: n=39, Risperidon: n=30, Olanzapin: n=66, Quetiapin: n=22, Ziprasidon: n=3). Die Befunde wurden mithilfe des Fisher's Exact Testes mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=679) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.

Ergebnisse: 16,3% der exponierten Patientinnen (29/178) entschieden sich ohne sonographische Hinweise auf eine gestörte Embryonalentwicklung zum Schwangerschaftsabbruch, während der Anteil im Kontrollkollektiv bei 2,7% lag (18/679; p<0,001). Die Spontanabortrate nach Einnahme atypischer Neuroleptika unterschied sich mit 9,4% (14/149) nicht signifikant vom Kontrollkollektiv mit 11,7% (77/661).

Im Vergleich zum Kontrollkollektiv verfehlte der Anstieg des Fehlbildungsrisikos unter Medikation mit atypischen Neuroleptika knapp das Signifikanzniveau (12/135=8,9% vs. 26/584=4,4%; p=0,052; relatives Risiko 2,00; 95%-Konfidenzintervall: 0,97–4,00). Ein homogenes Fehlbildungsmuster fiel nicht auf.

Schlussfolgerung: Bislang sind die Erfahrungen mit atypischen Neuroleptika noch zu gering, um einen Einsatz in der Frühschwangerschaft empfehlen zu können. Um Patientinnen mit schizophrenen Erkrankungen im fertilen Alter genügend Sicherheit zu vermitteln, müssen weitere Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft konsequent gesammelt werden.