Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - P2_01
DOI: 10.1055/s-2008-1079173

Teratogenes Potential von Valproinsäure

W Paulus 1, S Schlömp 1, F Stoz 1
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Oberschwabenklinik/KH St. Elisabeth – Akadem. Lehrkrankenhaus der Universität Ulm, Elisabethenstraße 17, 88212 Ravensburg

Fragestellung: Obwohl seit Jahren auf teratogene Risiken einer antikonvulsiven Medikation mit Valproat hingewiesen wird, findet der Wirkstoff auch in der Psychiatrie zur Prophylaxe manisch-depressiver Psychosen bei Frauen im fertilen Alter zunehmend Anwendung. Die vorliegende Studie soll die Frage klären, inwieweit das Risiko für kongenitale Anomalien unter Medikation mit Valproinsäure im I. Trimenon erhöht ist.

Methodik: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem nationalen Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 1990 und 2007 220 Schwangerschaftsausgänge nach Valproatmedikation in der Frühgravidität dokumentiert. Die Befunde wurden mithilfe des Fisher's Exact Testes mit den Daten eines Kontrollkollektives (n=679) aus demselben Zeitraum verglichen, das nicht oder unproblematisch exponiert war.

Ergebnisse: 13,6% der exponierten Patientinnen (30/220) entschieden sich ohne sonographische Hinweise auf eine gestörte Embryonalentwicklung zum Schwangerschaftsabbruch, während der Anteil im Kontrollkollektiv bei 2,7% lag (18/679; p<0,001). Die Spontanabortrate nach Einnahme von Valproat unterschied sich mit 10,0% (19/190) nicht signifikant vom Kontrollkollektiv mit 11,7% (77/661). Kongenitale Anomalien traten jedoch nach Medikation mit Valproat (27/171=15,8%) signifikant häufiger (p<0,0001) auf als im Kontrollkollektiv (26/584=4,5%). Darunter wurden kardiovaskuläre Anomalien (7x), Neuralrohrdefekte (3x), kraniofaziale Dysmorphien (3x), Hypospadien (4x), zentralnervöse Störungen (4x), Hämangiome (2x), aber auch Choanalatresie, Hüftdysplasie, Nierenagenesie, Ösophagusatresie, Megacolon und Analatresie registriert. Im Vergleich zum Kontrollkollektiv ergab sich unter Valproatmedikation ein relatives Fehlbildungsrisiko von 3,6 (95%-Konfidenzintervall: 2,1–6,1).

Schlussfolgerung: Valproat sollte bei Frauen mit Kinderwunsch vor Eintritt einer Schwangerschaft möglichst gegen Alternativmedikamente wie Lamotrigin ausgetauscht werden.