Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - V3_03
DOI: 10.1055/s-2008-1079154

High-Fidelity Simulation in der Geburtshilfe

C Jenderek 1, F Kainer 1, K Friese 1, V Drinovac 1, C Scholz 1
  • 1Universitäts-Frauenklinik Maistraße, Maistr. 11, 80337München

Fragestellung: Integration eines interaktiven, dynamischen Modells in die geburtshilfliche Aus- und Weiterbildung.

Einführung – Simulation in der Geburtshilfe: Das geburtshilfliche Training am Phantom, das die räumlichen Verhältnisse des weiblichen Beckens und des Kindes unter der Geburt gut darstellt, hat einen traditionell hohen Stellenwert. Die modernen Möglichkeiten der Geburtsüberwachung fordern jedoch vom betreuenden Arzt die Integration von Daten, die über den mechanischen Geburtsforschritt hinausgehen. Die Betreuung einer Geburt in ihrer physiologischen Dynamik lässt sich mit high-fidelity Simulatoren abbilden. Eine solche realitätsnahe aber gefahrfreie Abbildung eines Geburtsverlaufs kann für die Studentenausbildung und Facharztweiterbildung verwendet werden. Die Frauenklinik der Ludwig-Maximilians Universität München (Standort Innenstadt) betreut seit Januar 2008 im Zentrum für Unterricht und Studium (ZeUS) des Klinikums der Universität ein solches höchst-realitätsnahes Geburtsmodell.

Das Modell: Noelle-S575™ (Gaumard Scientific) stellt alle Vitalparameter, außer der Körpertemperatur, der Mutter und des Kindes physisch dar. Neben der Darstellung des Geburtsfortschrittes aus Schädel- und Beckenendlage können Uteruskontraktionen, Zyanose und Krampfanfall der Mutter oder des Neugeborenen dargestellt werden. Hinzu kommen Monitorableitungen der gängigen intensiv-medizinischen Parameter und des CTG. Die Parameter lassen sich kombinieren und zu einfachen Geburtsabläufen aber auch zu komplexen Szenarien und Algorithmus-Bäumen zusammensetzen.

Studentenausbildung: Das Erleben einer physiologischen Geburt ist für viele Studenten ein Ziel ihrer frauenheilkundlichen Ausbildung. Die Geburt als äußerst intimes und risikoträchtiges Ereignis lässt die Anwesenheit von Studenten nur in sehr begrenztem Umfang zu. Gleichzeitig können Studenten die Dynamik einer Geburt im gefahrfreien Raum einer Modell-Simulation unmittelbarer und unter eigener Beteiligung erleben als dies in der Realität der Fall wäre. Spezifische geburtshilfliche Lernziele wie z.B. die CTG Interpretation oder die geburtshilfliche Untersuchung, lassen sich so in ihrem Kontext erleben und damit besser vermitteln.

Facharzt-Weiterbildung: Zentrale Lernziele eines Assistenzarztes umfassen die Kombination aus manueller Geschicklichkeit, effektivem Kommunikationsverhalten, schnellem Notfallmanagement und der Fähigkeit komplexe Entscheidungen zu treffen [1]. Die Geburtssimulationspuppe erlaubt die Implementierung eines Stufenmodell, das von einer einfachen Vaginalgeburt über das Trainieren häufiger ärztlicher Entscheidungssituationen (z.B. konkretes Vorgehen bei suspektem oder pathologischem CTG) als auch das Üben komplexer Notfälle und effektiver Kommunikation im Team mit Hebammen, Pädiatern und Anästhesisten ermöglicht. Schließlich werden Werkzeuge zur Messung und Evaluation des persönlichen Lernfortschritts bereitgestellt.

Fazit: High-fidelity Geburtssimulation kann in die Studentenausbildung und in die ärztliche Weiterbildung integriert werden. Sie ermöglicht die Darstellung physiologischer Prozesse und das Training komplexer Entscheidungssituationen in gefahrfreier Umgebung. Sie ist damit ein Werkzeug von Lehre, Personalentwicklung und Qualitätssicherung, und wird in anderen Hoch-Risiko Arbeitsfeldern, wie z.B. der Notfallmedizin und Luftfahrt bereits erfolgreich eingesetzt.

Literatur: [1] Johannsson H, Ayida G, Sadler C. Faking it? Simulations in the training of obstetricians and gynaecologists. Curr Opin in Obstetrics and Gynaecology 2005;557-561