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DOI: 10.1055/s-2008-1079072
Tipps und Tricks für die Erstversorgung im Kreißsaal
Wichtige Prinzipien:
Die Entfaltung der Lungen nach der Geburt setzt negative Drücke im Pleuraspalt voraus (bis –60cm H20). Bei Neugeborenen gelingt dies durch forcierte aktive Inspiration. Bei deprimierten Neugeborenen oder Frühgeborenen muss dies durch positive Drücke bei Beatmung ersetzt werden.
Bei Frühgeborenen mit Surfactantmangel kommt es zum Alveolarkollaps in der Exspiration und damit zu erheblich gesteigerter Atemarbeit bzw. Atelektasen mit Hypoxaemie. Abhilfe schafft die Surfactantgabe.
Für das Sauerstoffangebot ans Gewebe (Gehirn!) sind zuerst das Herzzeitvolumen, weniger der Haematokrit und kaum der arterielle Sauerstoffdruck (pa 02) wichtig. Ein „suffizienter Kreislauf“ hat also viel höhere Bedeutung als eine „Sättigungs-kosmetik“. Bedenke: intrauterin hat ein Fetus eine 02-sättigung von ca. 70%.
Eine Hypokapnie aber auch eine Hyperoxaemie reduzieren die Gehirnperfusion mit der Gefahr einer cerebralen Schädigung. Dies gilt vor allem bei einem Perfusionsabfall z.B. bei Blutdruckabfall oder Bradykardie.
Andererseits senkt die Gabe von Sauerstoff den pulmonalen Gefäßwiderstand mit der Folge einer Reduzierung von unphysiologischen Rechts-Linksshunts mit der Folge von Hypoxaemien.
Hypoxaemien, Unterkühlung, Vagusreize und Infektionen begünstigen Apnoen. Diese physiologischen Bedingungen und Überlegungen begründen folgenden Empfehlungen zur Erstversorgung: Je nach Situation kann nach jeder Stufe abgebrochen werden bzw. es muss im Einzelfall von diesem Vorgehen abgewichen werden. Ruhe und Gelassenheit sind immer richtig und wichtig! Verteilung der Aufgaben: 1. Person: allein Absaugen und Beatmen 2. Person: Apgar-Werte, Stimulation, Infusion, Nabelkatheter, Herzmassage Vorgehen:
Stoppuhr für Apgar-Werte, wenn Kind abgenabelt ist
Absaugen: Mund vor Nase! Kurz aber effektiv.
Abtrocknen mit warmen Tüchern zur Vermeidung von Wärmeverlusten
Stimulation: Fußsohle reiben, Massage Intercostalräume, Rücken
Blähen der Lunge mit positivem Beatmungsdruck vor allem nach primärer Sectio wichtig! Führt zu Erhöhung des Residualvolumens! Dauer: 10–15 (-20) Sekunden lang: mitzählen!, Druck. FG ca. 15 (20)cm, Neugeborene 20 (30)cm H20. Wird Beutel benutzt: anfangs hoher Druck (bei Neugeborenen u.U. bis zu 60cm H20 Druck erforderlich, nach 3–4 Atemzügen – Thorax hat sich gehoben – Druck rasch reduzieren.
Maskenbeatmung, falls überhaupt erforderlich. Fi02 0,21 (0,30), ggf stufenweise erhöhen. Eigenatmung synchron durch Maske unterstützen: Frühgeborene ca. 15cm H20, Neugeborene ca. 20cm H20. Pulsoxymeter bevorzugt rechte Hand (praeduktal) anlegen!
Sauerstoff bald reduzieren!
Anschließend:
Entweder: Spontanatmung, evtl. unter Vorlage von in Konzentration kontrolliertem (!) Sauerstoff. Dauer dieser Phase individualisieren. Wir tendieren dazu im Zweifel lieber früher zu intubieren und dann bald wieder zu extubieren,
oder: CPAP-Beatmung mit Maske oder Rachen-Tubus (Druck ca + 5cm H20)
oder: Intubation (siehe dort) und Beatmung. Beatmungsdruck: Beginn 20/3, Frequenz ca. 60. Druck bald reduzieren bzw. erhöhen falls erforderlich (PEEP 5cm?). Möglichst sparsam dekonnektieren um Residualvolumen aufrecht zu erhalten!!
Surfactant:
bei FG <27 SSW und sicher korrekt liegendem Tubus bei hohem 02-Bedarf (Fi02 >0,4) und/oder hohem PIP (>20cm H20) und/oder PEEP >4cm H20).
Kind gut absaugen und Blutdruck stabilisieren (Volumengabe?)
Messung der Sättigung an der rechten Hand (praeduktal)
Applikation von Surfactant im Bolus über 1–2min
Cave: nach Surfactantgabe evtl. Blutdruckabfall!
Voraussetzung ist eine kontinuierliche Überwachung während des Transportes! Beatmung so wählen, dass Kind gerade nicht mehr mitatmet, dann liegt paC02 meist im korrekten Bereich von 35–45mmHg.
Bradykardie <60/min:
Zunächst Beatmung sicherstellen, kontrolliere Tubuslage, Beatmung, Pneu?
Herzdruckmassage,
Bei Fortbestehen der Bradykardie (extrem selten erforderlich): Suprarenin in einer Dosis von 0,1–0,3ml/kgKG der 1: 10000 Lösung. Entspricht 0,01–0,03mg/kgKG intratracheal oder intravenös.
Bei weiter Bestehen der Bradykardie evtl. Natriumbikarbonat alle 10 Minuten in einer Dosis von 1ml/kgKG Natriumbicarbonat in einer 1: 1Verdünnung mit aqua dest. Dies ist aber nur extrem selten erforderlich und stets umstritten.
Infusion von Glukose 10%: 3ml/kgKG/h. Obligatorisch bei Frühgeborenen oder anpassungsgestörten Neugeborenen!
Kontrolle von Blutdruck: bei MAD <30mmHg, Hypovolämie oder Schock (lange Rekapillarisierungszeit >3s, blass-graues Aussehen) Daran zu denken ist vor allem bei reifem Neugeborenen nach Nabelschnurkomplikationen oder vorzeitiger Plazentalösung: NaCl 0,9% 10ml/kg über (mindestens) 10 Minuten (Perfusor!). diese Dosis muss ggfs wiederholt werden.
Kontrolle von Temperatur am besten kontinuierlich über Rektal- u./o. Hautsonde
Dokumentation im Reanimationsprotokoll ist äußerst wichtig!