Hintergrund: Kongenitale Granularzelltumoren sind seltene, vom Zahnfleisch ausgehende, gutartige Tumoren mit kontrovers diskutierter Genese. In der Literatur wurden bisher weniger als 200 Fälle mit einer deutlichen Mädchenwendigkeit (8:1) beschrieben. Trotz ihres gutartigen Verhaltens kann es, abhängig von Größe und Lokalisation, zu respiratorischen Komplikationen, Ernährungsstörungen und Blutungszwischenfällen aufgrund der kräftigen Gefäßversorgung kommen. Obwohl er im pränatalen Ultraschall problemlos feststellbar ist, wird der Tumor nur selten vor Geburt diagnostiziert, was häufig eine gezielte Planung von Entbindungsmodus und Erstversorgung verhindert. Erstaunlicherweise verläuft jedoch selbst bei großen Tumoren die Adaptation häufig problemlos. Die Behandlung besteht in der chirurgischen Entfernung. Rezidive sind in der Literatur nicht beschrieben. Fallbericht: Wir beschreiben den Fall eines weiblichen Neugeborenen der 38. Schwangerschaftswoche mit pränatal nicht diagnostiziertem Tumor, ausgehend vom Oberkiefer, der sowohl die Mundhöhle komplett ausfüllte, als auch deutlich aus dem Mund prolabierte. Bei Makrosomie im Rahmen eines Gestationsdiabetes wurde das Kind per Sectio entbunden. Die postpartale Adaptation verlief problemlos. Das Kind zeigte keine respiratorische Beeinträchtigung trotz einer Tumorgröße von 4,5×4,5×2,5cm. In einer MRT-Untersuchung am ersten Lebenstag fanden sich keine Hinweise auf ein infiltrierendes Wachstum oder eine nach intrakraniell reichende Verbindung. Wegen des relevanten Blutungsrisikos wurde eine frühzeitige Operation am zweiten Lebenstag auf der neonatologischen Intensivstation durchgeführt. Operation, Wundheilung und postoperativer Nahrungsaufbau verliefen unkompliziert, bis auf ein wenige Monate später aufgetretenes Granuloma pyogenicum an der ursprünglichen Resektionsstelle. Die Diagnose eines Granularzelltumors ergab sich in der histologischen Aufarbeitung.
Fig.1: Aus dem Mund prolabierender kongenitaler Granularzelltumor
Diskussion: Anders, als zunächst vermutet, handelte es sich nicht um den sehr viel häufigeren Epignathus, eine „Zwillingsgeschwulst“, die als klassisches Teratom stets mittelständig am Gaumen, Oberkiefer oder Keilbein sitzt, und obligat alle drei Keimblätter enthält. Der kongenitale Granularzelltumor wird auch als Myoblastenmyom bezeichnet und ist ein benigner Tumor, der histologisch primitiven Myoblasten ähnlich sieht und viel grobes granuläres Zytoplasma aufweist. Lokalisation und Geschlecht der Patientin sind konkordant mit der Mehrzahl der vorbeschriebenen Fälle. Ebenso typisch ist, dass der Tumor als Überraschungsbefund postpartal festgestellt wurde. Die Differenzialdiagnose beinhaltet Teratome, Häm- oder Lymphangiome, Rhabdomyome und Fibrome. Die exakte Diagnose ist jedoch weder klinisch, noch im MRT, sondern erst durch die histologische Beurteilung zu stellen.