Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P62
DOI: 10.1055/s-2008-1078965

Rasburicase bei Hyperuricämie im Rahmen einer leukämoidem Reaktion bei einem extrem unreifen Frühgeborenen

T Strahleck 1
  • 1Olgahospital Päd. Zentrum, Stuttgart

Hintergrund: Stark erhöhte Harnsäurewerte insbesondere bei Tumorlyse und Leukämie führen zu einer Uratnephropathie. Bei Frühgeborenen erhöht eine vermehrte Harnsäureausscheidung das Risiko der Nephrokalzinose. Zur Vermeidung einer Uratnephropathie wird Rasburicase bei Kindern und Erwachsenen als nebenwirkungsarmes Medikament eingesetzt. Fragestellung: Kann Rasburicase auch bei einem extremen Frühgeborenen eingesetzt werden? Falldarstellung und Ergebnisse: Die Geburt eines Frühgeborenen 25+ 0 SSW (Geburtsgewicht 720g) erfolgte spontan im Rahmen eines Amnioninfektionssyndroms nach Steroidprophylaxe. Am 3. Lebenstag wurde eine maximale Leukozytenzahl von 93.510/µl (67.372 Neutrophile) als Folge eines fetalen Inflammationsreaktionssyndroms beobachtet. Durch Differentialblutbilder, Durchflusszytometrie, Anamnese und Verlauf wurde eine Leukämie und ein transientes myeloproliferatives Syndrom ausgeschlossen, die bezüglich frühkindlicher AML relevante genetische Diagnostik erbrachte unauffällige Befunde. CRP und IL- 8 waren unauffällig, bedeutsame Erereger wurden beim Kind nicht nachgewiesen. Parallel zur Neutrophilie war die Harnsäure erhöht. Mit Einverständnis der Eltern wurde Rasburicase (einmalige Dosis 0,15mg/kg) bei einem maximalen Harnsäurewert von 8,8mg/dl am 3. Lebenstag eingesetzt. Die Harnsäure fiel unter 0,5mg/dl ab, in der Folge Anstieg auf maximal 2,3mg/dl ohne Interventionsbedarf. Im Verlauf spontan rückläufige Leukozytenzahl, Normwerte am 14. Lebenstag. Nierensonographie und -funktion waren unauffällig. Es entwickelte sich eine milde BPD (geringer Sauerstoffbedarf am Tag 28, Raumluft mit 36 SSW). Fassbare akute oder Langzeit- Nebenwirkungen der Rasburicasetherapie wurden nicht beobachtet, ebenso keine Uratnephropathie, keine Nephrocalcinose, keine Symptome eines Hyperleukosesyndroms. Diskussion: Bei dem extremen Frühgeborenen wurde eine Rasburicasetherapie zur Vermeidung einer Uratnephropathie eingesetzt, weil die anderen therapeutischen Optionen (osmotische Diurese, vermehrte Flüssigkeitszufuhr, Diuretika, Alkalisierung, Allopurinol, Austauschtransfusion) wesentlich risikoreicher erschienen. Harnsäure hat einen antioxidativen Effekt, der möglicherweise im Rahmen der Entstehung einer bronchopulmonalen Dysplasie eine Rolle spielt, eine Assoziation hoher Harnsäurekonzentrationen im Plasma mit BPD wie mit cerebralen Schädigungen ist beschrieben. Schlussfolgerung: Rasburicase wurde ohne fassbare Nebenwirkungen bei einem extrem unreifen Frühgeborenen eingesetzt. Der Abfall der Harnsäurekonzentration konnte durch Rasburicase effektiv erreicht werden. Die Erwägung Rasburicase einzusetzen, kann bei extremen Frühgeborenen mit Neutrophilie und Hyperurikämie im Einzelfall statt einer Austauschtransfusion erwogen werden, um eine Uratnephropathie oder Nephrokalzinose zu vermeiden.