Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P39
DOI: 10.1055/s-2008-1078942

Wernicke-Encephalopathie bei jugendlichen Patienten mit Colitis ulzerosa

M Edlinger 1, E Pichler 1, J Gasser 2, W Kaulfersch 1
  • 1Abteilung für Kinder u. Jugendheikunde, LKH Klagenfurt, Klagenfurt, Österreich
  • 2Abteilung für Radiologie, LKH Klagenfurt, Klagenfurt, Österreich

Hintergrund: Die Wernicke Encephalopathie stellt einen neurologischer Notfall dar, der zu schwersten neurologischen Schäden und zum Tode führen kann. Zugrunde liegt ein Thiamin-(Vitamin-B1-)Mangel, der als Folge einer Fehlernährung, Resorptionsstörung oder eines Hungerzustandes auftritt. Vitamin B1 stellt einen wichtiger Kofaktor für verschiedenene Schlüsselenzyme im Ernergiemetabolismus dar. Der Bedarf des Vitamins steigt mit den metabolischen Anforderungen und insbesondere während hoher Glucosezufuhr, z.B. auch bei parenteraler Ernährung. Die typische Klinik besteht aus einer Encephalopathie mit mentalen Auffälligkeiten und Vigilanzstörungen (82%), okulomotorischen Störungen (29%), und einer Polyneuropathie mit Gangataxie (23%). Der Patient: Bei D. K. handelt es sich um einen 17-jährigen Patienten mit schwerer mehrjähriger Verlaufsform einer Colitis ulcerosa und aktueller Infliximab Therapie. Verlauf: Aufnahme wegen eines akuten Colitisschubes mit einer Stuhlfrequenz bis zu 30 x täglich und stark eingeschränkter oraler Nahrungszufuhr. Es erfolgt eine adjuvante Flüssigkeitssubstitutuion mit üblichen Glucosehältigen Infusionen. Nach einer Woche kommt es zum Auftreten von ophtalmologischen Störungen mit Doppelbildern, Koordinationsstörungen, Gangstörungen und Vigilanzverminderung. Während der nächsten Tage weitere neurologische Verschlechterung und Entwicklung eines cerebralen Komas. Im MRI typischer Veränderungen einer Wernicke-Encephalopathie. Nach erfolgter Intensivtherapie und mehrmonatiger neurologischer Rehabilitation entwickelt sich eine Defektheilung mit Pflegebedürftigkeit. Schlussfolgerung: Wernicke Encephalopathie tritt nicht nur bei chronischem Alkoholismus auf. Aber auch bei anderen Erkrankungen wie chronischen Darmerkrankungen, Hyperemesis gravidarum und Essstörungen wie Anorexia nervosa aber insbesondere auch bei parenteralem Ernährungsbedarf ohne entsprechende ausreichende Vitamin B1 Substitution kann es zu einer Wernicke Encephalopathie kommen. Bei erhöhtem metabolischem Bedarf reichen die handelsüblichen gebrauchsfertigen Vitamin B1 Zusätze zur parenteralen Ernährungen nicht aus. Der Verdacht auf eine Wernicke-Enzephalopathie ergibt sich aus der klinischen Symptomatik und stellt einen akuten Notfall dar. Eine unbehandelte Wernicke Enzephalopathie führt zum Koma und Tod. Die Prognose wird durch sofortige Gabe von jeweils 100mg intravenösem Thiamin über 5 aufeinander folgende Tage und nachfolgender oraler Thiaminsubstitution deutlich verbessert.