Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P22
DOI: 10.1055/s-2008-1078925

Hydrops fetalis, Anämie und persistierende Thrombozytopenie bei einem Frühgeborenen der 29. SSW

H Prießmann 1, H Roiha 1, N Konstantopoulos 1, M von Poblotzki 1, S Hiedl 1
  • 1Perinatalzentrum Innenstadt der LMU München, Dr. von Haunersches Kinderspital, München

Kasuistik: Eine 20-jährige IG 0P stellte sich nach bislang unauffälliger Schwangerschaft mit 28+5 SSW wegen Blutungen vor. Bei Verdacht auf Plazentalösung und Nachweis eines Hydrops fetalis erfolgte die Geburt durch Notsectio. Postnatal musste das Kind sofort intubiert werden. Apgar 4/5/7/7. Der Junge wies multiple Petechien auf. Es bestand eine massive Thrombozytopenie (9000/µl) und ausgeprägte Anämie (Hb 8mg/dl). Aufgrund deutlicher Hämolysezeichen und starkem Bilirubinanstieg erfolgte am ersten Tag eine Austauschtransfusion. Im Anschluss normalisierte sich der Hämatokrit. Die schwere Thrombozytopenie persistierte jedoch trotz Transfusionen. Zudem lag eine Kardiomegalie und eine deutliche Hepatosplenomegalie vor. Am zweiten Lebenstag zeigte sich eine Hirnblutung III° beidseits. Mütterliche Laborwerte: Blutgruppe A Rh positiv, TORCH-Serologie unauffällig, insbesondere kein Hinweis auf eine frische CMV-Infektion oder Reaktivierung (IgG schwach positiv, IgM negativ). Differentialdiagnostisch ließen sich das Vorliegen einer hämolytischen Anämie, numerische Chromosomenanomalien und ein feto-maternales Transfusionssyndrom ausschließen. Eine infektiöse Genese der Symptomatik wurde angenommen und die TORCH-Diagnostik beim Kind wiederholt. Diagnosen: Im Serum und Urin des Kindes und in der Plazenta ließ sich eine CMV-Infektion nachweisen. Trotz der unauffälligen mütterlichen Serologie zeigte das Kind das Vollbild einer konnatalen CMV-Infektion. Eine antivirale Therapie mit Ganciclovir wurde begonnen. Die persistierende schwere Thrombozytopenie und der ausbleibende Thrombozytenanstieg nach Transfusion waren jedoch für eine konnatale CMV-Infektion untypisch. In der Analyse der Thrombozytenmerkmale von Mutter und Vater konnte die Konstellation einer neonatalen Alloimmunthrombozytopenie nachgewiesen werden. Durch Transfusionen von HPA 1a negativen Thrombozytenkonzentraten und Gabe von Immunglobulinen kam es erstmals zu einer Normalisierung der Thrombozytenzahl.

Verlauf: Aufgrund des weiterhin schlechten Allgemeinzustandes des Kindes mit deutlicher neurologischer Symptomatik, zunehmender Hepatopathie und der sehr ungünstigen Prognose (ICH III° bds. und symptomatische konnatale CMV-Infektion) wurde die intensivmedizinische Therapie im Einverständnis mit den Eltern am 17. LT beendet. Das Kind verstarb am selben Tag.

Schlussfolgerungen:

  • Maternale Immunität und fehlende Reaktivierungszeichen (negatives IgM) schließen eine konnatale CMV-Infektion nicht sicher aus. Bei klinischem Verdacht sollte deswegen die Diagnostik beim Kind erfolgen.

  • Die Thrombozytopenie beruhte in diesem Fall auf zwei Faktoren: die Bildungsstörung im Rahmen der CMV-Infektion und das Vorliegen einer neonatalen Alloimmunthrombozytopenie. Diese tritt mit einer Häufigkeit von 1:1000 Geburten auf und muss bei persistierender, neonataler Thrombozytopenie als Differentialdiagnose erwogen werden.