Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P20
DOI: 10.1055/s-2008-1078923

Die ABO-Inkompatibilität als außergewöhnliche Indikation zur Austauschtransfusion beim Neugeborenen

D Klauwer 1, B Kampschulte 1, D Faas 1, MJ Dechant 1, M Heckmann 1, H Hackstein 2, G Bein 2
  • 1Zentrum für Kinderheilkunde der Justus-v.-Liebig-Universität, Gießen
  • 2Blutbank, Institut für Immunologie und Transfusionsmedizin, Gießen

Hintergrund: Die materno-fetale ABO-Inkompatibilität findet sich bei ca. 15% aller Schwangerschaften. Bei der ABO Konstellation treten allerdings nur in ca. 20% der Fälle (damit 3% der Schwangerschaften) behandlungsbedürftige Hyperbilirubinämien auf. Nur in seltenen Fällen zeigt sich eine klinisch relevante Hämolyse, die Indikation zur Austauschtransfusion stellt eine Rarität dar. Fallbericht: Wir berichten über ein eutrophes reifes Neugeborenes mit unauffälliger Schwangerschafts und –perinatalanamnese sowie negativem Antikörpersuchtest, welches im Rahmen einer ABO-Inkompatibilität im Alter ca. 24 Stunden einen Bilirubinanstieg von 19 auf 27,5mg/dl innerhalb von 5 Stunden trotz zwischenzeitlich begonnener Fototherapie aufwies. Es zeigte sich eine Hämolyse (LDH 1450U/l, Hämoglobinabfall von 16,6g/l auf 14,4g/l). Immunologisch ergab sich ein negativer indirekter Coombs Test bei der Mutter mit der Blutgruppe O Rh positiv (CcDee). Der Patient wies mit der Blutgruppe B Rh positiv (CcDee) ebenfalls einen negativen indirekten als auch direkten Coombstest auf. Der Nachweis irregulärer mütterlicher Anti-B-IgG als Ursache der ABO-Inkompatibilität konnte erst aus dem Säure-Eluat kindlicher Erythrocythen geführt werden, welches einen deutlich positive Reaktion gegen B- positive Zellen aufwies. Es wurde eine Austauschtransfusion mit dem 2-fachem Blutvolumen (Blut der Gruppe 0 negativ) durchgeführt. Im Follow-Up bis zu einem Alter von 1 Monat trat keine relevante Hämolyse mehr auf.

Schlussfolgerung: Die ABO-Inkompatilität mit irregulären, mütterlichen Anti-B Antikörpern ist eine sehr seltene Indikation zur Austauschtransfusion. Ein negativer direkter Coombs-Test schließt eine klinisch relevante ABO-Inkompatibilität nicht aus. Bei klinischem Verdacht auf eine ABO-Inkompatibilität und negativen direkten Coombs-Test kommt dem Nachweis der hämolysierenden Antikörper aus dem Säure-Eluat kindlicher Erythrozyten eine wegweisende Bedeutung zu. Somit konnte im vorliegeneden Fall diese ausserordentlich seltene Diagnose gestellt und erfolgreich behandelt werden.