Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P15
DOI: 10.1055/s-2008-1078918

Selektive bronchiale Intubation bei einseitigem interstitiellem Emphysem

S Brümmer 1, D Müller 1, FK Tegtmeyer 1
  • 1Kinderabteilung, Städt. Kliniken, Kassel

Einleitung: Das Auftreten eines pulmonalen interstitiellen Emphysems (PIE) als Folge eines schweren ANS nach Gabe von natürlichem Surfactant wird bei Fgb. zw. 5–12% in der Literatur angegeben. Entwickelt sich das PIE einseitig, ergeben sich daraus therapeutische Schwierigkeiten. Eine selektive bronchiale Intubation (SBI) zur Ruhigstellung der betroffenen Lunge ist eine Therapieoption. Kasuistik: mnl. Fgb. der 24+2 SSW, GG 700g, NS-pH 7,43. Primäre Intubation (SIMV-Beatmung) und gutes Ansprechen des ANS IV° auf bovines Surfactant. In der 2. Lwo typische retikuläre BPD Zeichnung. Komp. Hyperkapnie bis zu 100 mmHG. BPD-Medikation ab 11. LT und Beginn der Dexamethasontherapie am 14. LT. Dies ergab unter Fortführung der SIMV/HFO-Beatmung stabile Oxygenierungs- und Ventilationsverhältnisse. In der 3. Lwo stellte sich erstmalig ein linksseitiges PIE mit Bullae dar. Am 20. LT Wechsel auf CPAP, um das Barotrauma zu verringern. Darunter kam es zur Zunahme des PIE mit beginnender Mediastinalverlagerung und atelektatischer rechter Lunge. Die Fortführung der Dexamethasontherapie und eine strenge Linksseitenlagerung brachten keine Besserung. Eine am 40. LT akute Dekompensation mit Spannungspneumothorax führte zur Pleurablindpunktion und Intubation, erst eine Pleuradrainage stabilisierte unseren Patienten. Wdh. Lagekorrekturen der Pleuradrainage, milde Beatmungsparameter, Linkslagerung und ein vierter Dexamethasonzyklus führten nicht zur Rückbildung des PIE und der damit verbundenen Mediastinalverlagerung. Bei anhaltender respiratorischer Instabilität entschlossen wir uns zur SBI der atelektatischen rechten Lunge. Unter Inkaufnahme von beidseitigen Oberlappenatelektasen verschwand das PIE und die Mediastinalverlagerung. Nach 8-tägiger SBI mit HFO-Beatmung erfolgte die Extubation am 59. LT. In den darauffolgenden 12 Tagen nahm die Mediastinalverlagerung erneut zu. Eine akute respiratorischer Dekompensation führte zu der zweiten SBI des rechten Hauptbronchus. Nach weiteren 8-tägiger Beatmung im SIMV-Modus kam es zur akzidentiellen Tubusdislokation. Im Folgenden stabilisierte sich der klinische Zustand unter CPAP-Beatmung. Entlassung im Alter von 4,5 Monaten mit seitengleicher pulmonaler Belüftung, PIE links ohne Mediastinalverlagerung, FiO2 0,2l/min und komp. Hyperkapnie von 65 mmHG. Diskussion: Die passive Ruhigstellung des einseitigen PIE ist das bevorzugte Behandlungskonzept. Konservative und invasive Methoden sind bekannt: ECMO, selektive bronchiale Okklusion, operative Entfernung bzw. Drainage des PIE und die hier beschriebene SBI sind disskutierte invasive Methoden. Fazit: Ist ein lokalisiertes PIE mit konservativen Maßnahmen (Seitenlagerung, Dexamethasonbehandlung und HFO-Beatmung) nicht zu beherrschen, stellt die SBI eine erfolgversprechende Therapieoption dar, auch wenn eine Restitutio ad integrum nicht immer vollständig möglich ist.