Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - P7
DOI: 10.1055/s-2008-1078909

Clostridium perfringens: Atypischer Beginn einer NEC, vollständiger Darminfarkt und rascher Exitus letalis eines Frühgeborenen

O Ahrens 1, U Kessler 2, S Schobinger 3, P Klimek 2, C Aebi 4, M Nelle 1
  • 1Neonatologie, Med. Univ.-Kinderklinik Inselspital, Bern, Schweiz
  • 2Chir. Univ.-Kinderklinik Inselspital, Bern, Schweiz
  • 3Autoptische Untersuchungen, Institut für Pathologie der Universität Bern, Bern, Schweiz
  • 4Pädiatrische Infektiologie, Med. Univ.-Kinderklinik, Bern, Schweiz

Hintergrund: Clostridium perfringens (Cp) sind ubiquitär vorkommende, sporenbildende, gramneg. Stäbchenbakterien. Ihre Rolle in der multifaktoriellen Pathogenese der Nekrotischen Enterokolitis (NEC) ist umstritten: Cp wird diskutiert als initiierender oder Co-Faktor oder als Verursacher schwerer Verläufe. Kasuistik: Wir berichten über einen frühgeborenen Zwillingsknaben der 28 3/7 SSW, Geburtsgewicht 720g. Intrauterine Wachstumsretardierung und Kreislaufzentralisation hatten zur Sectio caesarea geführt. Bei Apgar-Scores 6/7/8 nach 1/5/10min erfolgte die Behandlung eines RDS mit Intubation und Surfactant. Wegen initialer Leuko- und Granulozytopenie führten wir eine antibiotische Therapie durch. Nach 8 Stunden wurde der Patient bei FiO2 0,21 intermittierend mit CPAP versorgt. Der enterale Nahrungsaufbau wurde durch verzögerten Mekoniumabgang (4. Tag) erschwert, weshalb wir mit rektalem Anspülen und Erythromycin behandelten. Anfangs ernährten wir mit Maltodextrinlösung und Formula, ab dem 5. Tag ausschließlich mit Muttermilch. Ab dem 14. Tag begann der Patient, breiige Stühle abzusetzen, ohne Nachweis pathologischer Erreger. Am 18. Tag entwickelten sich aus gutem Allgemeinzustand heraus rot-livide, girlandenförmige Makulae des Beins. Kreislauf und Abdomen waren zu diesem Zeitpunkt unauffällig. Mit Verschwinden der Effloreszenzen nach einer Stunde verschlechterte sich der Allgemeinzustand: Auf dreistündige Unruhe folgten leicht reduzierte Vigilanz und fahl-ikterisches Hautkolorit. Intrazerebrale Hämorrhagie, Perfusionsstörung des Beins und Endokarditis wurden ausgeschlossen. Vier Stunden nach Erkrankungsbeginn kristallisierte sich der Befund einer NEC heraus: Akutes Abdomen und Pneumatosis intestini. Wir behandelten zunächst konservativ, bei foudroyantem Verlauf wurde jedoch bald die Indikation zur Laparotomie gestellt. Hier trat ein komplett avitaler, bereits verwesender Darm mit kleiner Perforation zutage. In den nicht mehr perfundierten großen Mesenterialgefäßen befanden sich einzelne Gasbläschen. Bei infauster Prognose wechselten wir auf palliative Behandlung, und das Kind verstarb knapp 11 Stunden nach Erkrankungsbeginn. Intrakavitär liess sich Clostridium perfringens Typ A (α-Toxin-bildend) nachweisen. Diskussion: Es handelt sich um einen zunächst irreführenden, dann ungewöhnlich fulminanten Verlauf einer NEC. Risiken unseres Patienten, an einer NEC zu erkranken, waren Frühgeburtlichkeit, Hypotrophie, intrauterine Kreislaufzentralisation und verzögerter Mekoniumabgang. Spezielle Risiken für verstärkte Darmbesiedlung mit Cp waren Sektiogeburt, Formulaernährung und Eisensubstitution. Wie in der Literatur beschrieben, kann Cp bei NEC eher im intraoperativen Abstrich als im Stuhl nachgewiesen werden. Der Fall unterstützt die Ansicht, dass eine NEC mit Cp-Nachweis als separate Krankheitsentität aufgefasst werden könnte, die an eine Enteritis necroticans (Gas-Gangrän) erinnert, ohne dass der dafür ursächliche Erreger (Cp Typ C) vorliegt.