Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - PV36
DOI: 10.1055/s-2008-1078897

ROP-Prophylaxe mit Xantinolnicotinat: aktuelle Daten

L Feldhahn 1, WD Ekert 1, G Nachtrodt 1, S Ehehalt 2, M Eder 1, G Froese 1, M Teufel 1
  • 1Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Böblingen
  • 2Universitätsklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Tübingen

Hintergrund: Die Entwicklung einer höhergradigen Retinopathie (ROP) zählt immer noch zu den schwerwiegendsten Komplikationen der Frühgeburtlichkeit. Die in Xantinolnicotinat enthaltene Nikotinsäure wirkt gefäßerweiternd und verbessert die Durchblutung der Retinagefäße. Diese Substanz wird von uns seit 1968 parenteral bei inzwischen über 1.000 Früh- und Neugeborenen ohne erkennbare Nebenwirkungen eingesetzt. Fragestellung: Da unter anderem Durchblutungsschwankungen der Retina als Ursache der ROP diskutiert werden, stellt sich die Frage, ob intravenös gegebenes Xantinolnicotinat die ROP-Häufigkeit reduzieren kann. Material und Methode: Anhand der Daten der Neonatalerhebung des Bundeslandes Baden-Württemberg wurde die Häufigkeit der ROP von 1998 bis 2006 ermittelt. Zudem standen die Daten unserer Klinik für die Neonatalerhebung 2007 zur Verfügung. In der Hochrisikogruppe der Frühgeborenen (FG) <28. Schwangerschaftswoche (SSW) wurden die erhobenen Daten zur Inzidenz der ROP Stadium III-V mit den Zahlen im eigenen Patientenkollektiv verglichen. Ergebnisse und Diskussion: In Baden-Württemberg wurden im Zeitraum 1998–2006 insgesamt 2.597 FG <28. SSW einem augenärztlichen Screening unterzogen. Die Inzidenz einer höhergradigen ROP Stadium III-V lag zwischen 11,4% und 18,6%. Dagegen beobachteten wir bei unseren Patienten in den Jahren 1998–2002 und 2006 + 2007 bei 81 FG <28. SSW keine ROP Stadium III-V (davon 33 FG <26. SSW). In den Jahren 2003 + 2004 und über 2 Monate im Jahr 2005 stand uns kein Xantinolnicotinat zur Verfügung. In diesen Jahren lag die ROP-Rate Stadium III-V zwischen 8,3% und 11,1%. Weder unsere neonatologische noch die augenärztliche Betreuung waren während dieser Zeiträume unterschiedlich. Somit ergibt sich für die Jahre, in denen uns Xantinolnicotinat zur Verfügung stand, eine hochsignifikant niedrigere Rate an ROP Stadium III-V bei FG <28. SSW im Vergleich zu Baden-Württemberg (p=0,0002). Diese Ergebnisse sprechen für eine prophylaktische Wirkung von Xantinolnicotinat bei der Retinopathie des Frühgeborenen. Weitere Studien sind notwendig um die Bedeutung von Xantinolnicotinat in der ROP-Prophylaxe zu klären. Schlussfolgerung: Die Behandlung von Frühgeborenen <28. SSW mit parenteralem Xantinolnicotinat reduzierte in unserem Kollektiv die ROP-Häufigkeit.