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DOI: 10.1055/s-2008-1078861
Hyperoxie verursacht eine reifeabhängige Schädigung der weissen Substanz im sich entwickelnden Gehirn
Hintergrund: Periventrikuläre Leukomalazie ist die vorherrschende Hirnerkrankung des Frühgeborenen, die im späteren Verlauf zur Zerebralparese führen kann. Es wird diskutiert, dass hohe Sauerstoffexpositionen bei diesen Kindern an einer Hirnschädigung ursächlich beteiligt sind und/oder diese verstärken. Fragestellung: Wie wirken sich hohe Sauerstoffkonzentrationen (Hyperoxie) auf die sich entwickelnde weisse Hirnsubstanz in vitro und in vivo aus? Gibt es einen reifeabhängigen Effekt? Material und Methoden: Unreife und reife Oligodendrozyten wurden mit 80% Sauerstoff (0–24 Stunden) inkubiert und mit unterschiedlichen protektiven Substanzen behandelt. Zum Nachweis der Zelltoxizität wurden Phasenkontrastmikroskopie und der LDH-Essay verwendet. Desweiteren wurden drei, sechs und zehn Tage alte Ratten über 24 Stunden mit 80% Sauerstoff behandelt und anschließend ihre Gehirne zur Untersuchung von Myelin (MBP=Myelin basis Protein) herangezogen. Ergebnisse: Die Zelltodrate war signifikant nach 6–24h Inkubation mit 80% Sauerstoff in pre-Oligodendrozyten (O4+, O1-) erhöht, nicht aber in reifen Oligodendrozyten (MBP+). Ausgelöst wurde dies durch einen Caspase-abhängigen apoptotischen Signalweg und konnte durch den Pan-Caspase Inhibitor zVADfmk verhindert werden. Überexpression von BCL2, einem anti-apoptotischen Molekül, reduzierte die Apoptose signifikant. Die Bildung von Superoxid-Radikalen und anderen reaktiven oxidativen Substanzen (ROS) war bereits 2h nach Sauerstoffexposition deutlich erhöht. Lipoxygenase-Inhibitoren AA-861 und N-benzyl-N-hydroxy-5-phenylpentamide schützen die Zellen vollständig vor oxidativem Schaden. Überexpression des Enzyms Superoxiddismutase (SOD1) führte hingegen zu einem dramatischen Anstieg des Zelltodes bei pre-Oligodendrozyten, jedoch nicht bei reifen Oligodendrozyten. Anschließend wurde der Effekt von Hyperoxie auf die sich entwickelnde weisse Substanz in vivo untersucht. Dabei zeigten P3 und P6 Ratten nach 24-stündiger Exposition mit 80% Sauerstoff eine signifikante Reduktion der MBP-Expression im Alter von 11 Tagen in beiden Gehirnhälften. Bei zehn Tage alten Ratten (P10) war keine Schädiung der weissen Substanz mehr nachweisbar. Schlussfolgerung: Hyperoxie führt zu oxidativem Stress und induziert reifeabhängig Apoptose in pre-Oligodendrozyten. Dieser Zelltod wird durch die Bildung von ROS und die Aktivierung von Caspasen ausgelöst und führt in der Spätfolge zu einer Schädigung der sich entwickelnden weissen Substanz im neonatalen Rattenhirn. Diese Ergebnisse können relevant sein für das Verständnis weisser Substanzdefekte bei Frühgeborenen und eröffnen neue Terapieansätze zur Präventation einer PVL.