Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - FV72
DOI: 10.1055/s-2008-1078858

Pharyngeale Hirnkühlung nach experimentellem Schädel-Hirn-Trauma bei der Ratte verbessert das neurologische Outcome

H Doll 1, F Kipfmüller 1, M Maegele 1, H Trübel 1
  • 1HELIOS Klinikum Wuppertal, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Wuppertal

Hintergrund: Die moderate therapeutische Hypothermie nach Herz-Kreislauf-Stillstand zeigt in verschiedenen Untersuchungen eine Reduktion der Mortalität und eine Verbesserung des neurologischen Outcomes. Die experimentelle therapeutische Hypothermie konnte in verschiedenen Szenarien des Schädel-Hirn-Traumas (SHT) ähnliche positive Effekte aufzeigen. Dennoch konnten diese Ergebnisse nicht durch größere klinische Studien reproduziert werden. Einige mögliche Nebenwirkungen der Ganzkörperhypothermie (z.B. Koagulopathie, Immunsuppression) könnten dafür verantwortlich sein. Ein neuer Ansatz der pharyngealen selektiven Hirnkühlung (pSHK; Trübel et al., Int Care Med 2004) wurde auf ein verbessertes neurofunktionales Outcome in einem tierexperimentellen SHT-Modell getestet. Material und Methoden: 16männliche Sprague Dawley Ratten wurden einem Hirntrauma durch ein laterales Fluid-Percussion-Modell (LFP) ausgesetzt. Danach erhielten die Tiere entweder eine pSHK über 3 Stunden (n=8) oder keine Therapie (TBI only; n=8). In der pSHK-Gruppe wurde die Hirntemperatur 15 Minuten nach dem Trauma selektiv auf 33°C±1°C gesenkt. Diese Temperatur war über 3 Stunden konstant. Die Körperkerntemperatur wurde bei allen Tieren während des Versuchs stabil normotherm (37,5°C, rektal) gehalten. Die neuromotorische und sensomotorische Dysfunktion und Koordination wurde einen Tag nach dem Trauma und an den Tagen 7 und 14 (DPI) nach der Intervention überprüft. Dafür wurden i.) der standardisierte Composite Neuroscore (NS) Test und ii.) der Rotorod Test (RR) verwendet. Ergebnisse und Diskussion: Alle Tiere, die einem Trauma durch LFP ausgesetzt waren, zeigten das identische Schädigungsmuster einer schweren neurologischen Einschränkung 24 Stunden nach dem Ereignis. Im zeitlichen Verlauf der Studie zeigten die pSHK eine deutlich bessere neurofunktionale Rekonvaleszenz gegenüber den Tieren, die ohne therapeutische Intervention nach Trauma blieben. An den Tagen DPI 7 (pSHK: 18,87 Punkte±2,90; TBI only: 14,25 Punkte±1,03; p<0,001) und DPI 14 (pSHK: 20,12 Punkte±1,72; TBI only: 15,63 Punkte±1,92; p<0,001) konnte ein signifikanter Unterschied des NS gezeigt werden. Des Weiteren konnten sich die Tiere der pSHK-Gruppe gegenüber den nicht therapierten traumatisierten Tieren wesentlich länger auf einem rotierenden Balken (RR) halten. Auch dies konnte an DPI 7 (pSHK: 40,10s±6,46; TBI only: 30,96s±5,31; p<0,001) und DPI 14 (pSHK: 45,18s±3,52; TBI only: 30,20±6,41: p<0,001) nachgewiesen werden. Der neue therapeutische Ansatz der pharyngealen selektiven Hirnkühlung war mit einem verbesserten neuromotorischen und sensomotorischen Outcome verbunden. Schlussfolgerung: Weitere Untersuchungen sind notwendig um den Effekt der pSHK auf die Gedächtnisfunktionen und die Neuromorphologie zu charakterisieren. Außerdem muss überprüft werden, ob Nebenwirkungen der Ganzkörperkühlung bei der pSHK zu finden sind.