Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - FV22
DOI: 10.1055/s-2008-1078809

Perkutane transluminale Stentimplantation (PTSI) zur palliativen Behandlung von Neugeborenen, Säuglingen und Kindern mit komplexen angeborenen Herzfehlern (AHF) und einem Körpergewicht von bis zu 10kg

FT Riede 1, M Kostelka 2, J Hambsch 1, V Razek 1, M Weidenbach 1, P Kinzel 1, J Janousek 1, P Schneider 1, I Dähnert 1
  • 1Klinik für Kinderkardiologie, Herzzentrum, Universität Leipzig, Leipzig
  • 2Klinik für Kinderherzchirurgie, Herzzentrum, Universität Leipzig, Leipzig

Hintergrund: Nahezu alle komplexen AHF sind heute einer korrigierenden oder palliativen Behandlung zugänglich, deren Erfolg oft von einer optimalen Koordination chirurgischer und katheterinterventioneller Maßnahmen abhängt. Eine zunehmende Rolle spielt dabei die PTSI, über deren Indikationen, Risiken und Erfolge in dieser Patientengruppe jedoch kaum Angaben vorliegen. Fragestellung: Beurteilung der Durchführbarkeit, Sicherheit, Effektivität und Ergebnisse der PTSI bei Kindern mit AHF und einem Körpergewicht (KG) von ≤10kg. Material und Methoden: Retrospektive Auswertung der Krankenakten von Kindern mit AHF und einem KG von ≤10kg, bei denen im Zeitraum von 2000–2007 die Indikation zur PTSI gestellt wurde. Ergebnisse: Die Indikation zur PTSI wurde bei 50 Patienten gestellt. Alter, KG und Länge betrugen im Median 103 Tage (1 Tag –2,7 Jahre), 4,9 (1,3–10,0)kg bzw. 57 (38–82)cm. 25 Patienten hatten ein funktionell univentrikuläres Herz (Hypoplastisches Linksherzsyndrom n=18, andere n=7). 25 Patienten hatten biventrikulär korrigierbare Herzfehler (Fallot'sche Tetralogie/Rechter Doppelausstromventrikel 6, Pulmonalatresie-Ventrikel-Septumdefekt (SD) 6, Transposition der großen Arterien 5, Ventrikel-SD 2, Truncus arteriosus communis 2, Atrioventrikulärer SD 2, Totale Lungenvenenfehlmündung 1, Vorhof-SD 1). Von 56 PTSI wurden 10 präoperativ und 46 postoperativ durchgeführt. Akute Indikationen waren inoperabler kardiogener Schock (7), tiefe Hypoxämie (27), Herzinsuffizienz (10) und obere Einflussstauung (2). 10 PTSI erfolgten elektiv. 60 Läsionen wurden behandelt (Obstruktionen systemikopulmonaler Shunts: 18, Pulmonalarterienstenosen: 17 (11 links, 6 rechts), Aortenisthmusstenosen: 11, restriktive Ductus arteriosus: 6, restriktive Vorhofseptumdefekte: 3, andere: 5). Insgesamt wurden 66 Stents implantiert. Alle Eingriffe waren technisch durchführbar. Hauptkomplikation waren 5 Stentdislokationen (7,5%), wodurch 2 Eingriffe ineffektiv blieben (4%). Bei allen anderen PTSI wurde die Beseitigung der Gefäßobstruktion erreicht (96%). Kein Kind verstarb aufgrund der PTSI. Insgesamt verstarben 8 Kinder (16%): 5 bei denen keine Stabilisierung erreicht wurde früh (<30 Tage), 3 inoperabel bleibende später. Zwei Kinder konnten nicht nachbeobachtet werden (4%). 1 Stent thrombosierte im Verlauf und ist verschlossen (2%). Bei allen anderen 39 Kindern (78%) funktionier(t)en die Stents regelrecht: a) im Median 5 Monate (4 Tage bis 3,1 Jahre) nach 31 PTSI bis zur Entfernung beim nachfolgenden kardiochirurgischen Eingriff und b) seit im Median 1,4 Jahren (47 Tage bis 6,2 Jahre) nach 14 PTSI. Schlussfolgerung: Die PTSI ist eine relativ sichere, anwendungsbereite und effektive Methode zur palliativen Behandlung komplexer AHF auch bei Neugeborenen, Säuglingen und Kindern mit einem KG von ≤10kg. Sie ist geeignet, ausgewählte Patienten präoperativ zu stabilisieren oder das hämodynamische Operationsergebnis zeitweilig zu erhalten bzw. zu optimieren.