Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - HV40
DOI: 10.1055/s-2008-1078785

Therapie der pädiatrischen Sepsis – State of the art

M Sasse 1, A Bosk 2, J Pöschl 3
  • 1Kinderklinik der Med. Hochschule, Hannover
  • 2Eberhard-Karls-Universität, Universität für Kinderheilkunde und Jugendmedizin, Tübingen
  • 3Kinderklinik, Klinikum der Ruprecht-Karl-Universität, Heidelberg

Einleitung Die Behandlung von Erwachsenen mit Sepsis ist inzwischen gut etabliert und durch zahlreiche Studien sowohl für die kausale und die supportive als auch für die adjuvante Therapie belegt. In der Pädiatrie ist die Studienlage deutlich eingeschränkter. Während die pädiatrische Intensivmedizin sich weitgehend an den Behandlungen der Erwachsenenmedizin orientiert kann, stellt sich dies für die Neonatologie deutlich schwieriger dar. Hochdosierte Katecholamin- und Flüssigkeitsgaben beinhalten bei dieser Patientengruppe ein großes Risikopotential. Einige Therapieansätze sind allerdings vor allem für die Pädiatrie gut untersucht. Der Vortrag stellt den gegenwärtigen Stand der Therapie bei pädiatrischer Sepsis dar. Er beinhaltet die Empfehlungen der ACCPP/SCCM und der Arbeitsgruppe pädiatrische Sepsis in der deutschen Sepsis-Gesellschaft. Auf die Herdsanierung und die adäquate Antibiotikatherapie wird in diesem Vortrag nicht eingegangen. Therapien: Für die pädiatrische Altersgruppe ergeben sich folgende Empfehlungen: Die frühe intensive Volumentherapie und der Einsatz von Vasopressoren konnten die Mortalität in der schweren Sepsis und dem septischen Schock signifikant senken. Ob kristalloide oder kolloidale Lösungen Vorteile haben ist nicht entschieden. Eine sehr früh einsetzende und konsequente Therapie ist hierbei entscheidend. First line Katecholamine sind Dopamin und Epinephrin. Die Datenlage hierzu führt aber derzeit zu keiner klaren Empfehlung. Vasopressin und seine Analoga sind nur als Rescuetherapie in Erwägung zu ziehen. Die Mortalität bleibt auch unter Vasopressin mit ca. 55% ausgesprochen hoch. Aufgrund der geringeren Residualkapazität von Kindern gegenüber Erwachsenen ist eine maschinelle Beatmung bei Kindern mit Sepsis häufiger indiziert. Reanimationspflichtige Ereignisse können dadurch vermindert werden. Studien zum Beatmungsregime liegen nicht in ausreichender Anzahl vor. Die extracorporale Membranoxygenierung kann als Rescue-Methode im septischen Schock in Erwägung gezogen werden. Die geringe Datenmenge zeigt einen positiven Einfluss auf die Mortalität. Eine kontinuierliche veno-venöse Hämofiltration vor allem bei Kindern nach Knochenmarkstransplantation zeigte in Voruntersuchungen positive Einflüsse. Die Ergebnisse einer systematischen Studie werden derzeit erwartet. Die Gabe von aktiviertem Protein C zeigte in einer großen multizentrischen Studie keinen Vorteil und wird daher nicht empfohlen. Daten zur Gabe von humanem Protein bei der Purpura fulminans erscheinen ermutigend. Eine ausreichende Datenmenge liegt aber nicht vor. Die Gabe kann aber nach Ausschöpfung der konservativen Therapie erwogen werden. Die Stress-Ulkus- und die Thromboseprophylaxe wird in der Routine meist angewandt, Studien liegen aber auch hier nicht in genügender Qualität vor. Für die Gabe von Steroiden ergibt sich keine gesicherte Evidenz. Bei katecholaminrefraktären arteriellen Hypotonien wird nach wie vor die Verabreichung von Hydrocortison jetzt 2 mal täglich empfohlen. Die vorhergehende Testung einer Nebenniereninsuffizienz ist nicht notwendig. Pentoxifyllin zeigte in 2 Studien eine gewisse Effektivität. Eine eindeutige Therapieempfehlung kann daraus noch nicht abgeleitet werden. Die intravenöse Gabe von Immunglobulinen ist umstritten. Eine neuere Studie konnte ermutigende Ergebnisse zeigen. Eine generelle Empfehlung kann daraus noch nicht abgeleitet werden. Für G-CSF besteht derzeit keine Evidenz. G-MCSF könnte unter bestimmten Konditionen positive Effekte zeigen. Aufgrund von häufig auftretenden Hypoglykämien ist die Insulintherapie in der Kritik. Die strenge Einstellung auf niedrige Blutzuckerwerte sollte zugunsten eines höheren Zielwertes verlassen werden. Engmaschige Blutzuckerkontrollen sind die Grundvoraussetzung für die Durchführung dieser Therapie. Die Gabe von Selen und Antithrombin III ist für Kinder nicht untersucht. Vor allem beim Antithrombin III gibt es auch in der Erwachsenenmedizin keine Empfehlung mehr, während Selen positive Effekte in der Sepsis zeigen konnte. Zusammenfassung: Der Vortrag stellt die gegenwärtige Datenlage von supportiven und adjuvanten Therapien in der Sepsis für die pädiatrische Altergruppe dar. Vor allem die frühzeitige Volumengabe kann als eine der Grundbausteine in der pädiatrischen Sepsis betrachtet werden. Insgesamt ist die im Vergleich zur Erwachsenenmedizin niedrige Mortalität in der kindlichen Sepsis und der Fortschritt durch neue Therapiemethoden als außerordentlich positiv anzusehen. Aufgrund der eingeschränkten Datenlage ist allerdings die Initiierung von Multicenterstudien und die Schaffung von Sepsis bundles dringend geboten.