Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212 - HV29
DOI: 10.1055/s-2008-1078779

Diagnostik, Therapie und Perspektiven bei supraventrikulären Tachykardien

JP Pfammatter 1
  • 1Kardiologie, Universitätsklinik Inselspital, Bern, Schweiz

Supraventrikuläre Tachykardien (SVT) sind in der Pädiatrie schon numerisch ein typisches neonatologisches Problem, 2/3 aller Episoden von SVT manifestieren sich im Neugeborenen- oder frühen Säuglingsalter. Bei der Vielzahl der möglichen Formen von SVT ist eine EKG Diagnose im Anfall vordringlich, um die richtigen therapeutischen Schritte einzuleiten. In 80% der Fälle in dieser frühen Altersgruppe ist der Pathomechanismus der Arrhythmie eine akzessorische atrioventrikulär elektrisch leitende Bahn. Leitet diese Bahn in Richtung der Ventrikel kommt es im Oberflächen-EKG zum typischen Merkmal der Präexzitation (WPW-syndrom), in der Mehrheit der Fälle leitet diese Bahn aber nur retrograd in Richtung der Atria und das EKG auuserhalb der SVT-Episoden bleibt unauffällig (verborgene akzessorische Leitungsbahn). Auf dieser Grundlage kann die elektrisch isolierende Funktion der AV-Klappenringe umgangen werden und es kommt zum elektrischen Reentry und damit klinisch zur plötzlichen Tachykardie. Vagusreize und intravenöses Adenosin sind die Therapien erster Wahl zur Anfallsterminierung. Bei Tachykardierezidiven und zur Anfallsprophylaxe bieten sich eine ganze Reihe von Antiarrhythmika an, die sowohl intravenös zur Anfallsterminierung als auch oral zur Anfallsprophylaxe gegeben werden können. Die Anwendung dieser Substanzen gebietet eine Erfahrung und Kenntnis der Wirkung, des Nebenwirkungsspektrums und der möglichen Interaktionen dieser Substanzen und sollte deshalb dem Kinderkardiologen vorbehalten bleiben. Die SVT haben eine sehr gute Prognose und eine Mortalität ist nur ausnahmsweise bekannt und dann vorwiegend bei intrauterinen SVT. Die überwiegende Mehrheit der kleinen Patienten lässt sich medikamentös gut einstellen, ausserdem besteht eine sehr hohe Spontanheilungsrate bei Erstmanifestation im Neugeborenenalter. Für die sehr seltenen therapieresistenten Fälle bietet sich heute die kurative Ablation an, die auch in dieser Altersgruppe als ultima ratio eine sichere und effiziente Therapie ist, sonst aber zur definitiven Behandlung älterer Kinder ab 4 Jahren vorbehalten bleibt, und vorher sehr restriktiv indiziert wird.