Geburtshilfe Frauenheilkd 2008; 68 - P24
DOI: 10.1055/s-2008-1078311

Negierte Schwangerschaft, verheimlichte Schwangerschaft, anonyme Geburt

A Schmiedhofer 1, C Brezinka 1
  • 1Univ.-Frauenklinik Innsbruck, Anichstraße 35, 6020 Innsbruck

Fragestellung: Das Phänomen der negierten Schwangerschaft – eine Frau nimmt bis zur Geburt nicht wahr, dass sie schwanger ist – besteht nach wie vor, man rechnet mit einer Inzidenz von 1 auf 2500 Geburten. Gleichzeitig gibt es eine Zunahme verheimlichter Schwangerschaften, wobei eine Frau zwar weiß, dass sie schwanger ist, dies aber selbst vor der nächsten Umgebung geheim hält um eventuell eine anonyme Geburt oder ein Ablegen des Kindes in einer Babyklappe anzustreben.

Methodik: An Hand der Dokumentation der Frauenklinik und auf der Basis von Gesprächen mit Patientinnen wurden zu jedem Fall von negierter und verheimlichter Schwangerschaft 2005–2007 die geburtshilflichen Eckdaten gesammelt. Verlauf von Schwangerschaft, Geburt und die Entscheidung zum Verbleib des Kindes wurden dokumentiert.

Ergebnisse: Es wurden 2 Fälle von negierter Schwangerschaft beobachtet. In einem Fall wurde die Negation erst so knapp vor der Geburt aufgehoben, dass es zu einer vaginalen Beckendlagengeburt kam. Im anderen Fall wurde die Negation 3 Stunden vor der Geburt aufgehoben und die Frau gab das Kind zur anonymen Adoption frei. Ein IV-para brachte nach verheimlichter Schwangerschaft im Rettungswagen ihr Kind zur Welt, das dann als anonyme Geburt zur Adoption kam. Einer Schülerin gelang es ihre Schwangerschaft bis zur 34 SSW vor ihrer Familie geheim zu halten. Eine Mehrgebärende mit Zustand nach 2 Sectiones ging mit Wehen an die Chirurgie „um die Familie abzuschütteln“ und liess sich, als die Schwangerschaft dort entdeckt worden war, als anonyme Geburt an die Frauenklinik bringen, wo akut die Re-Sectio durchgeführt wurde.

Schlussfolgerung: Eine Zunahme der „nicht dokumentierten Schwangerschaften“ ist zu beobachten. Keine Mutter-Kind-Pass Kontrollen, chaotische Planung der Geburt, fehlende Unterstützung des sozialen Umfeldes führen insgesamt zu einer erheblichen Gefährdung von Mutter und Kind. Die öffentliche und ärztliche Wahrnehmung ist durch die Frau geprägt, die ihre Schwangerschaft sehr bewußt auslebt. Das Bewußtsein von Ärzten aber auch von Pflegeberufen und Sanitätern muss aber dahingehend geschärft werden, dass sich hinter vielen diffusen Symptomen eine negierte oder verheimlichte Schwangerschaft verbergen kann.