Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A339
DOI: 10.1055/s-2008-1076486

Blutzucker-Nachtprofile mit Wecker und Selbstmessungen gegenüber Fremdmessungen durch spezialisiertes Pflegepersonal: Eine Analyse mittels kontinuierlichem Glucose-Monitoring (GlucoDay® S)

C Berndt 1, L Köthe 1, B Nawrodt 1, B Mraz 2, MA Nauck 1
  • 1Diabeteszentrum Bad Lauterberg, Bad Lauterberg im Harz, Deutschland
  • 2A. Menarini Diagnostics, Berlin, Deutschland

Einleitung: Der Ausschluss nächtlicher Hypoglykämien erfordert nächtliche Blutzuckermessungen. Ob das Stellen eines Weckers und die mit dem Aufwachen verbundene Stress-Reaktion die Blutzuckerwerte verfälschen kann, ist nicht bekannt. Deshalb sollte untersucht werden, ob die nächtlichen Blutzucker-Profile sich unterscheiden, wenn ein Wecker neben dem Bett den Patienten für die Blutzuckerselbstmessung mehrfach weckt, oder wenn eine versierte Pflegekraft schonend eine Blutprobe zur Messung gewinnt.

Methodik: 30 Patienten mit Typ-1-Diabetes (21Männer, 9 Frauen) wurden untersucht. Das Alter betrug 49±13J, der Body-Mass-Index 27.7±4.2kg/m2. Der Diabetes war seit 24±11 Jahren bekannt; die Behandlung erfolgte mit Insulinpumpe (n=9) oder ICT (n=21) mit einer Insulin-Tagesdosis von 42.7±17.6 IE. Alle Patienten wurden an drei Nächten (randomisierte Reihenfolge) untersucht. In einer Nacht ließen sich die Patienten um 2 und 4 Uhr von einem Wecker wecken, um selbst eine Blutprobe für eine Blutzucker-Messung zu gewinnen. In der anderen Nacht kam eine versierte Nachtschwester möglichst störungsfrei in das Einzelzimmer, um mit wenig Lautstärke und Schmerzreiz eine Blutprobe zu entnehmen. Zwischen beiden Versuchen lag die dritte Nacht ohne Störungen durch Blutzuckermessungen. Über die gesamte Zeit waren die Patienten mit einer kontinuierlichen Glucosemessung (CGM, GlucoDay® S, A. Menarini Diagnostics) ausgestattet, die über bis zu 2×48h Aufzeichnungen liefern sollte. Die Glucosemessungen mittels CGM von –5min (vor) bis 30min (nach) dem Termin für das Wecken wurden mittels Varianzanalyse für Messwiederholungen (Statistica 5.0, Statsoft, Hamburg) analysiert. A=Versuch; B=Zeitverlauf; AB=Interaktion von beidem.

Ergebnisse: Wenn die Patienten sich gegen 2 und 4 Uhr wecken ließen, stieg der CGM-Glucosewert innerhalb von 9min um 15.7±6.3mg/dl bzw. 17.7±6.6mg/dl an, während bei Blutentnahme durch das Pflegepersonal die Anstiege 4.8±4.5 bzw. 0.3±3.7mg/dl betrugen. Die Unterschiede im Anstieg der GewebsGlucosekonzentration in Abhängigkeit von der Form der Blutentnahme waren signifikant (2 Uhr: A: p=0.74; B: p<0.0001; AB: p<0.0001; 4 Uhr: A: p=0.11; B: p=0.0003; AB: p=0.021). In Nächten ohne Intervention wurden keine Glucoseanstiege um diese Uhrzeiten verzeichnet.

Schlussfolgerungen: Das Wecken zum Zweck einer Blutzucker-Selbstmessung führt zu einem nennenswerten vorübergehenden Anstieg der Glucosekonzentration, vermutlich im Rahmen einer Stress-Reaktion. Diese Reaktion kann bei schonender Blutentnahme durch versiertes Pflegepersonal weitgehend vermieden werden, so dass der Nachweis erbracht ist, dass die unter stationären Bedingungen ermittelten Blutglucosewerte objektiv eine höhere Richtigkeit aufweisen. Eine kontinuierliche Glucosebestimmung mit dem GlucoDay® S ermöglicht die Erfassung solcher Zusammenhänge.