Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A315
DOI: 10.1055/s-2008-1076462

Die Glykogen-Hepatopathie ist eine hepatische Komplikation bei schlecht eingestelltem Typ-1-Diabetes. Eine Fallbeschreibung

J Stock 1, F Gruner 1, P Matheiowetz 1, B Betz 1, U Roessel 2, G Faller 2, E Siegel 1
  • 1St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, Medizinische Klinik I, Karlsruhe, Deutschland
  • 2St. Vincentius-Kliniken Karlsruhe, Institut für Pathologie, Karlsruhe, Deutschland

Einleitung: Wir nahmen einen 25-jährigen Patienten mit Typ-1-Diabetes seit dem 10. Lebensjahr stationär auf. Schlechte Diabetes-Kontrolle mit einem HbA1c 11,0%. Seit 2–3 Monaten zunehmende Oberbauchschmerzen, außerdem Gewichtsabnahme und Appetitlosigkeit. Kein Alkohol- oder Drogengenuß. Außer ICT keine weitere Medikation. Der Aufnahmebefund zeigte einen jungen Mann in reduziertem Allgemeinzustand mit derber vergrößert tastbarer Leber. Sonographisch extreme Hepatomegalie mit leicht gesteigertem Echoreichtum, keine Zirrhosezeichen, keine vaskulären Auffälligkeiten. Laborchemisch massive Leberwerterhöhung GPT 956U/l (NW<50), GOT 2567U/l (NW<50), gGT 1146U/l (NW<65), LDH 1273U/l (NW<235). Es ergaben sich keine Hinweise auf eine infektiöse Hepatitis, eine Autoimmunhepatitis, Hämochromatose oder M. Wilson. Wir vermuteten eine Glykogen-Hepatopathie und führten eine Leberpunktion durch.

Ergebnisse: Die Leberhistologie bestätigte die Glykogen-Hepatopathie. Unter verbesserter Stoffwechselkontrolle sanken die Transaminasen in den nächsten 14 Tagen deutlich ab: GPT 208U/l, gGT 553U/l, LDH 218U/l.

Diskussion: Während bei schlecht eingestelltem Typ-2-Diabetes die Fettleber (NAFLD) und Fettleberhepatitis (NASH) einen typischen und häufigen Befund darstellt, findet sich beim Typ 1-Diabetiker mit länger andauernder schlechter Stoffwechselkontrolle häufig das Bild einer Glykogen-Hepatopathie. Histologisch imponieren große blasse Gykogen-beladene Hepatozyten ohne signifikante Verfettung und ohne entzündliche Veränderung, also ohne Hepatitis, Nekrosen oder Fibrose. Typischerweise bestehen Oberbauchbeschwerden aufgrund der Hepatomegalie. Die Transaminasen sind erhöht, gelegentlich sehr ausgeprägt wie in unserem Fall. Unter einer besseren Stoffwechselkontrolle sind alle Veränderungen komplett reversibel. Die Glykogen-Hepatopathie ist relativ unbekannt und wird daher selten diagnostiziert, zumal eine sonographische Differenzierung von der Fettleber nicht eindeutig möglich ist. Eine extreme Ausprägung der Glykogen-Hepatopathie bei Typ-1-Diabetes mit zusätzlicher Wachstums- und Pubertäts-Retardierung, cushingoidem Aspekt und Hypercholesterinämie ist als Mauriac-Syndrom bekannt.

Zusammenfassung: Bei schlecht eingestellten Typ 1-Diabetikern mit Hepatomegalie und erhöhten Transaminasen sollte an eine Glykogen-Hepatopathie gedacht werden. Die Diagnose kann beweisend nur histologisch gestellt werden.