Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A292
DOI: 10.1055/s-2008-1076439

Signifikante Reduktion kardiovaskulärer Risiken durch ein patientenzentiertes Gesundheitsprogramm für Typ 2-Diabetiker

T Hudler 1, C Hofmeister 2, R Jax 1, L Stratmann 1, R Philipp 1, S Kottmair 1, A Liebl 3
  • 1ArztPartner almeda AG, München, Deutschland
  • 2Ludwig-Maximilians-Universität/Institut für Risikoforschung und Versicherungswirtschaft, München, Deutschland
  • 3Diabetes- und Stoffwechselzentrum Fachklinik Bad Heilbrunn, Bad Heilbrunn, Deutschland

Fragestellung: Die medizinische Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus Typ 2 in Deutschland weist Verbesserungsmöglichkeiten auf: Evidenzbasierte Potenziale von wichtigen Lebensstilfaktoren (z.B. Ernährung, Bewegung, Umgang mit Stress) sowie die Förderung des Selbstmanagements der Patienten werden zu wenig berücksichtigt. Ist ein Gesundheitsprogramm Diabetes geeignet, diese Versorgungslücken durch ein systematisches telefonisches Coaching zu schließen? Die Erfolgsbewertung beruht auf klinischen Parametern und anerkannten kardiovaskulären Risikoscores.

Methodik: Zielgruppe für das Gesundheitsprogramm waren Typ 2-Diabetiker ohne bekannte Folgeerkrankungen von 60 bis 69 Jahren einer privaten Krankenversicherung. Die Patienten wurden anhand von Versicherungsdaten identifiziert und zur Teilnahme am Programm eingeladen.

Teilnehmer mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko wurden einer Intensivbetreuung zugeordnet und regelmäßig von einem persönlichen Betreuer angerufen. In den Gesprächen wurden Wissenslücken strukturiert bearbeitet. Relevante Lebensstiländerungen wurden durch anerkannte Verfahren zur Verhaltensmodifikation (Transtheoretisches und SMART-Modell) unterstützt. Die Teilnehmer erhielten zudem schriftliche Schulungsunterlagen und individuelle Feedbackberichte, die den behandelnden Ärzten in Kopie zugesandt wurden.

Patienten mit geringem Risiko erhielten lediglich die schriftlichen Schulungsunterlagen.

In einer prospektiven Längsschnittstudie ohne Kontrollgruppe wurde das Erkrankungsrisiko der Gruppe mit Intensivbetreuung mittels PROCAM-Score zu Beginn des Programms und nach einem Jahr bewertet.

Ergebnisse: In das Programm wurden insgesamt 422 Patienten (80,3% Männer) eingeschrieben; 108 (25,6%) wurden der Intensivbetreuung zugeordnet. Davon konnten bei.91 Patienten (84,3%) vollständige Wertepaare (Ausgangs-/Kontrollwert) erhoben und ausgewertet werden.

Das 10-Jahres Herzinfarktrisiko sank absolut und statistisch signifikant um 4,5% (95%-Konfidenzintervall der Mittelwertdifferenz: 1,29–7,78) von 31,9% auf 27,4%. Der Risikoreduktion liegen Verbesserungen klinischer Parameter zugrunde: Gesamtcholesterin (202,2 (Beginn)/194,3 (nach 1 Jahr) mg/dl; p=0,09), LDL-Cholesterin (124,7/116,2mg/dl; p=0,03), HDL-Cholesterin (48,7/50,2; p=0,11), Triglyceride (198,6/166,2; p<0,01), BMI (29,9/29,6kg/m2; p=0,04), Blutdruck (syst. 133,6/130,1mmHg; p=0,02; diast. 79,7/76,8mmHg; p=0,01) und HbA1c (7,03/6,88; p=0,14).

Schlussfolgerungen: Das vorgestellte patientenzentrierte Gesundheitsprogramm ist geeignet, kardiovaskuläre Risiken nachhaltig zu senken. Mit der Vermeidung von Akutereignissen (z.B. Schlaganfall) ist gleichzeitig eine Reduktion der Leistungsausgaben verbunden.