Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A138
DOI: 10.1055/s-2008-1076285

Botulinustoxininjektion bei diabetischer Gastroparese

M Hummel 1, AG Ziegler 1, M Füchtenbusch 1
  • 1Klinikum Schwabing, Klinik für Endokrinologie, Diabetologie und Suchtmedizin, München, Deutschland

Fragestellung: Zwei Patienten mit schwerer, symptomatischer, therapierefraktärer diabetischer Gastroparese wurden prospektiv vor und nach Botulinustoxininjektion in den Pylorus untersucht.

Methodik: Vor und nach der Intervention wurde jeweils über 14 Tage eine standardisierte Symptomskala erhoben und zur Objektivierung des Therapieerfolges eine Magenszintigraphie durchgeführt. Bei dem Eingriff per ÖGD wurden 100 Einheiten BOTOX® in den Pylorus injiziert. Die Rationale dieses Therapieansatzes ist durch manometrische Messungen bei Patienten mit diabetischer Gastroparese begründet, die einen erhöhten Pylorustonus bzw. einen Pyloruspasmus nachweisen konnten.

Ergebnisse: Beide Patienten leiden unter einem Langzeit-Typ-1-Diabetes mit multiplen Komplikationen, der HbA1c war mit 6,9%/6,8% unter jeweils CSII zufriedenstellend. Beide Patienten sind bedingt durch die Gastroparese berufsunfähig (Lehrling/Jurist). Bei Patient A wurde eine PEJ zur Sicherung der Ernährung angelegt, Patient B primär relativ erfolgreich mit Cisaprid plus Anlage eines Magenschrittmachers (Enterra™, Medtronic) therapiert. Nach Absetzen des Cisaprid wurde erneute eine deutliche Verschlechterung der Symptomatik dokumentiert. Die prospektiv per standardisierten Patiententagebuch erhobene Gastroparese-Symptomskala ergab bei Patient A/B vor der Intervention folgende Daten: die Anzahl der Brechanfälle pro Tag lag bei 11/3, die tägliche Zeitdauer mit Brechreiz lag im Mittel bei 7,5h/6,1h, frühzeitiges Sättigungsgefühl 3,4/2,4 (Grad 0–4, Normalbefund 0), Magenblähung 2,5/2,6 (Grad 0–3, Normalbefund 0) und allgemeines Wohlbefinden 3,7/3,3 (Grad 0–4, Normalbefund 0). Die Auswertung ergab 4 Wochen nach der Intervention eine dramatische Besserung: die Anzahl der Brechanfälle pro Tag lag bei 0,5/0, die Zeitdauer mit Brechreiz lag im Mittel bei 1,0h/1,9h, frühzeitiges Sättigungsgefühl 1,9/0, Magenblähung 1,1/0, allgemeines Wohlbefinden 2,1/0,3. Die szintigraphisch bestimmte 50%-Magen-Entleerungszeit betrug bei Patient A 57 Minuten vor und 36 Min. eine Woche nach der Intervention (Norm: 10–20 Min.). Bei Patient B blieb die 50%-Entleerungszeit unverändert (30 vs. 28 Min.). Nebenwirkungen und Komplikationen wurden nicht beobachtet. 3 Monate nach Injektion war der Erfolg jeweils unverändert dokumentierbar; die Injektion wurde bei beginnendem Nachlassen der Wirkung nach 4,5 Monaten erfolgreich wiederholt. Bei Patient A wurde dann die PEJ-Sonde gezogen, der bei Patient B implantierte Magenschrittmacher belassen. Die Kombination eines Magenschrittmachers mit einer Botulinustoxintherapie ist bisher noch nicht beschrieben, pathophysiologisch aber (theoretisch) sinnvoll.

Schlussfolgerungen: Die Injektion von Botulinustoxin in den Pylorus stellt eine neue Therapieoption bei schwerer, therapierefraktärer diabetischer Gastroparese dar. Die beschriebenen erfolgreich behandelten Fälle bestätigen offene Beobachtungsstudien, ausreichend große randomisierte doppelblinde Studien fehlen aber noch.