Diabetologie und Stoffwechsel 2008; 3 - A5
DOI: 10.1055/s-2008-1076152

Isolierung multipotenter Stammzellen aus adulten Haarfollikeln für die Transdifferenzierung in insulinproduzierende Betazellen

M Nath 1, M Hummel 1, M Offers 1, C Sattler 1, J Seissler 1
  • 1Medizinische Klinik Innenstadt, Diabetes Zentrum, München, Deutschland

Fragestellung: Durch die Transplantation von isolierten Inselzellen oder des gesamten Pankreasorgans kann der Typ-1-Diabetes geheilt werden. Der Mangel an Spenderorganen führt allerdings dazu, dass diese Methode nur sehr wenigen Patienten angeboten werden kann. Ein neuer, vielversprechender Ansatz ist die Herstellung von Betazellen aus Stammzellen. Bisher ist unklar, welcher Stammzelltyp prinzipiell für die Generierung von Betazellen eingesetzt werden kann. Ziel der Untersuchung war es, das endokrine Potential adulter multipotenter Stammzellen aus der Haarwurzel zu untersuchen.

Methodik: Für die Isolierung von Haarfollikelstammzellen wurden Hautbiopsien aus dem Rücken und aus der Schnauzenregion von zwei verschiedenen Mäusestämmen entnommen und über Nacht in Dispase verdaut. Nach Picken der Haarfollikel wurde eine Einzelzellsuspension hergestellt. Es folgte die Austestung verschiedener Kulturbedingungen für die Generierung von Stammzelllinien. Ab Passage vier erfolgte die Zellcharakterisierung auf RNA- (RT-PCR) und Proteinebene (FACS). Durch Gabe spezifischer Faktoren wurde das Differenzierungspotential in Knochen-, und Fettzellen sowie in endokrine Zellen analysiert.

Ergebnisse: Unter definierten Isolierungs- und Kultivierungsbedingungen ist es gelungen, Haarfollikelstammzellen (mHFSC) mit charakteristischen Expressionsprofil (Cytokeratin-19, Nestin, GATA3) zu isolieren, die sich problemlos über mehrere Passagen expandieren lassen. Zusätzlich waren stammzell-assoziierte Marker wie z.B. BRCP1, Sca-1 und Sox9 nachweisbar. Mesenchymale (CD73, CD90) und hämatopoetische Marker (CD34, CD45, CD117) wurden nicht exprimiert. Mit etablierten Differenzierungsprotokollen konnten aus den mHFSCs Adipozyten (Oil-Red-Färbung) und Osteoblasten (Von-Kossa-Färbung) hergestellt werden. Nach der Kultivierung in serumfreiem-Medium war der endodermale Marker HNF3beta nachweisbar.

Schlussfolgerungen: In der vorliegenden Arbeit wurde erstmals gezeigt, dass eine Population von adulten Stammzellen aus dem Haarfollikel verwendet werden kann, um endodermale Zellen herzustellen. Momentan werden die weiteren Ausreifungsbedingungen von den endodermalen Zellen hin zu endokrinen Progenitorzellen und reifen Betazellen untersucht. Da erste Ergebnisse bestätigen, dass der gleiche Stammzelltyp auch aus humanen Haarfollikeln angezüchtet werden kann, besteht berechtigte Hoffnung, dass es Zukunft gelingen könnte aus den HFSCs Betazellen für die Diabetestherapie herzustellen. Damit stünde eine neue Quelle autologer, adulter Stammzellen zur Verfügung, die den Vorteil der ethischen Unbedenklichkeit besitzt.