Klin Monbl Augenheilkd 1987; 190(4): 367
DOI: 10.1055/s-2008-1050412
© 1987 F. Enke Verlag Stuttgart

Anwendung von Botulinustoxin A bei Strabismus concomitans und paralyticus

Use of Botulin Toxin A in Concomitant and Paralytic StrabismusA. Huber, M. Meyer
  • Universitäts-Augenklinik und Neurologische Universitätsklinik Zürich
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Publication Date:
11 February 2008 (online)

Zusammenfassung

Die muskellähmende Wirkung des Botulinustoxin A kann zur Erzeugung künstlicher Augenmuskelparesen in der Therapie des Strabismus concomitans und paralyticus angewendet werden und stellt damit eine echte Alternative zur chirurgischen Behandlung dar. Wichtigste Voraussetzung für eine wirksame Anwendung des Toxins bei den Augenmuskeln ist die unter elektromyographischer Kontrolle erfolgende Injektion in die zu behandelnden, respektive abzuschwächenden Muskeln. Beim Strabismus concomitans kann durch ein- oder zweimalige Injektion von Botulinustoxin A eine 60-90%ige Reduktion des Schielwinkels (mit Werten bis maximal 25°) erzielt werden, wobei interessanterweise die meisten Fälle einen Dauereffekt aufweisen, offenbar im Zusammenhang mit der Denervationsatrophie des injizierten Muskels sowie einer Änderung des Gleichgewichtes antagonistischer horizontaler Augenmuskeln zu Gunsten des nichtbehandelten Muskels. Der günstigste Effekt wird mit einer initialen Anwendung kleinerer Dosen und einer eventuellen Wiederholung derselben oder leicht erhöhten Dosen erreicht. Die Botulinustoxin A-Injektionen eignen sich auch bei postoperativen Überkorrekturen nach Strabismusoperationen sowie ganz besonders für Fälle von Strabismus concomitans, wo eine operative Korrektur kontraindiziert ist. Beim Strabismus paralyticus ist das Botulinustoxin A geeignet, der Kontraktur des homolateralen Antagonisten vorzubeugen und eine Wiederherstellung der Parallelität der Augachsen mit binokularem Einfachsehen zu ermöglichen oder bei Nichtheilung zum mindesten die operative Korrektur zu erleichtern, indem unter Umständen die Abschwächung des homolateralen Antagonisten weggelassen werden kann. Die Anwendung ist besonders bei Abducensparesen, aber auch bei Okulomotorius- und Trochlearislähmungen mit entsprechender Auswahl der überfunktionierenden Muskeln angezeigt. Bei der endokrinen Ophthalmopathie kann das Toxin in Anfangstadien, wo weitgehende gewebliche Veränderungen an Augenmuskeln noch nicht eingetreten sind, wirksam werden, um eine pathologische, durch reversible Kontraktur bedingte Augenstellung zu korrigieren. Das Toxin kann auch bei okulären Myopathien oder Myasthenien zur Abschwächung überfunktionierender Muskeln Anwendung finden.

Summary

In concomitant strabismus (exotropia or esotropia) the adminstration of botulin toxin A is an important alternative to strabismus surgery. After one, two or multiple injections a reduction in the squint angle of about 60 to 90% is possible. In most cases the effect is permanent, although in other cases repeated injections are necessary. The method is applicable above all in small-angle strabismus, in residual deviations after strabismus surgery, and in cases where surgery is contraindicated. The botulin injections were primarily administered to adults. In paralytic strabismus the contracture of the antagonist of the paralyzed muscle can be weakened by local injection of botulin toxin. Binocular single vision can be rapidly established in this way. The toxin thus facilitates spontaneous recovery of the paralyzed muscle, or, if it does not recover, facilitates surgical correction in such a way that recession of the homolateral antagonist is no longer necessary. Satisfactory results can be obtained by injecting the toxin in the early stages of endocrine ophthalmopathy, whereas in the later stages, with fibrous alterations of the muscles, no effect can be observed. Botulin toxin A can also be used in myopathies and ocular myasthenias to decrease the action of overacting muscles and to reestablish single binocular vision. No systemic effects of the toxin have been observed, nor any effects on the pupil, accommodation, or optic nerve function.