Rofo 1987; 146(6): 711-716
DOI: 10.1055/s-2008-1048570
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

131 Jod: Biokinetik, Strahlenexposition sowie Risikoabschätzung im Zusammenhang mit dem Reaktorunfall in Tschernobyl

Iodine: biokinetics, radiation exposure and risk assessment following the reactor accident at ChernobylE. Moser, H. D. Roedler
  • Radiologische Klinik der Universität München, Klinikum Großhadern (Direktor: Prof. Dr. J. Lissner) und
  • Institut für Strahlenhygiene des Bundesgesundheitsamtes (Leiter: Prof. Dr. A. Kaul)
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Publication Date:
20 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Aus Anlaß des Reaktorunfalls in Tschernobyl wird eine Darstellung der Biokinetik von Radiojod im menschlichen Organismus und der aus einer Aufnahme von 131J resultierenden Strahlenexposition gegeben. Auf der Grundlage dieser Werte wird eine Abschätzung des Risikos strahleninduzierter Schilddrüsenkarzinommortalität und vererbbarer Wirkungen vorgenommen. Unter der Annahme einer linearen Dosiswirkungsbeziehung läßt sich rechnerisch für Kinder im süddeutschen Raum eine Erhöhung der Schilddrüsenkarzinommortalität durch die unfallbedingte Radiojod-Freisetzung von etwa 100 auf 101 Todesfälle pro eine Million Kinder herleiten. Für Erwachsene im süddeutschen Raum sowie für die übrige Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland liegt dieser Wert deutlich niedriger. Die Keimdrüsendosis durch das freigesetzte 131Jod ist im Vergleich zur jährlichen natürlichen Strahlenexposition und ihrer Schwankungsbreite derart gering, daß vererbbare Wirkungen in diesem Zusammenhang nicht zu diskutieren sind.

Summary

Following the reactor accident at Chernobyl, this paper describes the biokinetics of radioiodine in man and discusses the radiation exposure resulting from intake of 131I. The risk of radiation-induced thyroid carcinomas and of congenital abnormalities is evaluated. Assuming a linear dose/risk relationship, one can calculate an increase in mortality from thyroid carcinomas amongst children in southern Germany of 100 to 101 per million children. For adults in southern Germany, and for the rest of the population in Germany, the figure is considerably lower. Gonadal dose from the 131I released is so small, compared with the annual natural radiation exposure, that it is not appropriate to discuss genetic effects.