Dtsch Med Wochenschr 1997; 122(30): 930-932
DOI: 10.1055/s-2008-1047711
Kasuistiken

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Bradykardes Vorhofflimmern nach Genuß von Kräutertee

Bradycardic atrial fibrillation after drinking herbal teaR. Brustbauer, C. Wenisch
  • 2. Medizinische Abteilung (Leiter: Prim. Dr. K. Dam), Allgemeines Krankenhaus St. Pölten, und Klinische Abteilung für Infektionen (Leiter: Univ. Prof. DDr. W. Graninger), Universitätsklinik für Innere Medizin I des Allgemeinen Krankenhauses der Stadt Wien
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. März 2008 (online)

Zusammenfassung

Anamnese und klinischer Befund: Bei einer 72jährigen Patientin war es einen Tag nach Genuß von vermeintlichem Borretschblättertee zu Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoen gekommen, schließlich auch zu Sehstörungen (Flimmern) und Palpitationen. Die Patientin war in gutem Allgemeinzustand. Der Blutdruck betrug 120/75 mm Hg; die Herzschläge (52/min) waren arrhythmisch. Der übrige klinische Untersuchungsbefund war unauffällig. Sie nahm keine Medikamente ein.

Untersuchungen: Die klinisch-chemischen Routineparameter lagen im Normbereich. Das Elektrokardiogramm erbrachte ein bradykardes Vorhofflimmern mit Pausen bis zu 1,5 Sekunden, intermittierend einen AV-Block 2. Grades Typ I und II und muldenförmige ST-Streckensenkungen. Der Digoxinspiegel war auf 3,93 ng/ml erhöht, der Digitoxinspiegel auf 133,5 ng/ml.

Therapie und Verlauf: Unter symptomatischer Therapie trat rasch eine klinische Besserung ein. Anamnese und Vergleich der Borretschblätter mit Fingerhutblättern sprachen für eine Verwechslung beim Einsammeln.

Folgerung: Bei unklaren Herzrhythmusstörungen und Genuß von selbstgesammelten Kräutern sollte an die Möglichkeit einer verwechslungsbedingten Digitalisintoxikation gedacht werden.

Abstract

History and clinical findings: One day after drinking what she throught to be a tea made from borage leaves a 72-year-old woman developed nausea, vomiting and diarrhoea, later also flickering in her eyes and palpitations. She was in a good general state with a blood pressure of 120/75 mm Hg and an irregular heart rate of 52/min. Physical examination was otherwise unremarkable. She had not been on any medication.

Investigations: The usual laboratory tests were normal. The electrocardiogram showed atrial fibrillation with a slow ventricular rate with pauses of up to 1.5 s, intermittently type I and II 2° AV block, and depressed concave ST segments. The level of digoxin was 3.93 ng/ml, that of digitoxin 133.5 ng/ml.

Treatment and course: The patient's symptoms quickly improved under symptomatic treatment. Further questioning suggested that she had probably mistaken foxglove leaves for those of borage when picking them to make a brew.

Conclusion: If cardiac arrhythmias have occurred after intake of self-picked herbal leaves one should consider digitalis intoxication resulting from misidentification.