Zeitschrift für Orthomolekulare Medizin 2009; 7(1): 23-24
DOI: 10.1055/s-2008-1039113
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Protonenpumpenhemmer und Vitamin B12

Uwe Gröber
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Publication Date:
04 March 2009 (online)

Antazida und Säureblocker gehören zu den am häufigsten verordneten Medikamenten überhaupt. In den letzten zehn Jahren haben sich die Verordnungen von Ulkustherapeutika mehr als verdoppelt, vor allem durch den erfolgreichen Einsatz von Protonenpumpenhemmern zur Eradikation des Helicobacter pylori und zur Behandlung der Refluxösophagitis ([Tab. 1]). Insbesondere die Ulkustherapie im höheren Lebensalter sowie der hohe Anteil der im Rahmen der Selbstmedikation abgegebenen Antazida sind für potenzielle Störungen des Mikronährstoffstatus von Bedeutung.

Tab. 1 Protonenpumpenhemmer (Auswahl). Internationaler Freiname Handelspräparat (Beispiel) Omeprazol Antra, Omebeta, Omep, Omeprazol STADA Esomeprazol Nexium Lansoprazol Agopton, Lansoprazol-CT, Lansoprazol-ratiopharm Pantoprazol Pantozol, Rifun Rabeprazol Pariet

Auf Protonenpumpenhemmer entfallen über 60 % des Umsatzes der Magen-Darm-Mittel. Bei Patienten, deren Säuregehalt des Magens wegen peptischer Erkrankungen längere Zeit medikamentös durch Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol) verringert wird, sollte ein besonderes Augenmerk auf die Vitamin-B12-Versorgung gerichtet werden. Protonenpumpenhemmer vermindern die gastrale Säuresekretion und damit die intestinale Freisetzung von Vitamin B12 aus Nahrungsmitteln [1].

Übersicht 1 Checkliste: Protonenpumpenhemmer und Vitamin B12 2

Protonenpumpenhemmer vermindern die Vitamin-B12-Resorption

Mechanismus

Protonenpumpenhemmer (z. B. Omeprazol)

Verringerung der gastralen Säuresekretion und Freisetzung von proteingebundenem (R-Protein-Bindung) Vitamin B12

Vitamin B12 orale Bioverfügbarkeit ↓

Folgen

Vitamin B12 Vitamin-B12-Mangel (Serumspiegel < 300 ng/l)

Folsäure intermediäre Verarmung an biologisch aktivem Tetrahydrofolat

Homocystein milde Hyperhomocysteinämie (Plasmaspiegel ≥ 10 µmol/l)

Langfristig kann ein erhöhtes Risiko für neurokognitive Störungen, vor allem bei älteren Personen (z. B. Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, Demenz und Neigung zu Depressionen) nicht ausgeschlossen werden.

Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass bis zu 40 % der über 60-Jährigen nicht ausreichend mit Vitamin B12 (Cobalamin) versorgt sind (Vitamin-B12-Serumspiegel < 300 ng/l). Als besonders problematisch erweist sich die Tatsache, dass ein Vitamin-B12-Mangel häufig mit einer Folsäure-Unterversorgung assoziiert ist und das Risiko einer Hyperhomocysteinämie (≥ 10 µmol/l) signifikant steigert. Homocystein entfaltet eine Reihe pathobiochemischer Effekte auf das Zentralnervensystem, die wesentlich für die Entstehung und Progression neurodegenerativer Erkrankungen wie Alzheimer oder vaskuläre Demenz verantwortlich gemacht werden [1].

Bei älteren Personen ist ein Vitamin-B12-Mangel überwiegend auf eine unzureichende Bildung von Magensaft (Achlorhydrie) zurückzuführen. Hauptursache sind entzündliche Prozesse der Magenmukosa, die primär auf dem Boden einer atrophischen Gastritis vom Typ B mit Sub- und Anazidität (Salzsäure- und Pepsinogen-Sekretion ↓) sowie verminderter Intrinsic-Faktor-Produktion entstehen.

Proteingebundenes Vitamin B12 kann dadurch nur noch unzureichend freigesetzt und absorbiert werden. Die an Protein gebundenen Cobalamine aus der Nahrung werden im Magen durch Salzsäure und Pepsin freigesetzt und pH-abhängig an Intrinsic Faktor (IF‐B12-Komplex) gebunden. Im terminalen Ileum erfolgt die zelluläre Cobalaminaufnahme in das Mukosaepithel mithilfe spezifischer Rezeptoren der Bürstensaummembran. Der IF‐B12-Komplex bindet dabei an Cubilin, das zusammen mit einem weiteren Protein, dem Megalin, die kalziumabhängige rezeptorvermittelte Endozytose einleitet. Vitamin B12 kann auch unabhängig vom Intrinsic Factor durch passive Diffusion im Dünndarm aufgenommen werden. Dieser Mechanismus ist jedoch wenig effektiv, da nur etwa 1 % der eingenommenen Vitamin-B12-Dosis resorbiert wird.

Die eingeschränkte Säureproduktion des Magens im höheren Lebensalter führt zu einer Alkalisierung des Dünndarmmilieus, wodurch die physiologische Barriere gegenüber Mikroorganismen aufgehoben wird. Bakterien aus tieferen Darmabschnitten können dadurch vermehrt ins Jejunum und Ileum übertreten. Die bakterielle Überwucherung mit Clostridien und Campylobacter geht mit einem Mehrverbrauch an Vitamin B12 (Umwandlung in unwirksame Cobalamide) als auch mit der bakteriellen Synthese von Substanzen einher, die in der Ileumschleimhaut mit dem Vitamin um Rezeptoren konkurrieren. Die Verfügbarkeit von Vitamin B12 nimmt dadurch weiter ab. Bei Personen im höheren Lebensalter (> 60 Jahre) beruht die Atrophie der Magenschleimhaut häufig auf einer Infektion mit Helicobacter pylori. Bis zu 60 % der älteren Menschen weisen einen vermehrten Befall der Magenschleimhaut mit Helicobacter pylori und hierdurch bedingt ein hohes Risiko für die Entwicklung einer chronisch atrophischen Gastritis auf.

Personen, die regelmäßig Protonenpumpenhemmer zur Senkung der Magensäuresekretion einnehmen – vor allem ältere Menschen (→ Polypharma-kotherapie) – sollten aktiv in der Arztpraxis und Apotheke auf die Bedeutung der Vitamin-B12-Versorgung und die potenziellen Störungen durch Säureblocker hingewiesen werden. Generell ist bei diesen Personen die Vitamin-B12-Versorgung engmaschig zu kontrollieren und eine regelmäßige Supplementierung von Vitamin B12 (≥ 100 µg Vitamin B12/Tag, p. o.) in Kombination mit Folsäure und Vitamin B6 empfehlenswert. Da der Umfang des aktiv resorbierten Vitamin B12 von der Verfügbarkeit des Intrinsic Factor (IF) abhängt, wird im Alter von einigen Autoren zum Teil eine medikamentöse Hochdosierung (z. B. 1 000 µg B12/Tag, p. o.) in Betracht gezogen, damit noch geringe Mengen des Vitamins mittels passiver Resorption aufgenommen werden können.

Hinweis

  1. Unter Langzeitmedikation mit Protonenpumpenhemmern (z. B. Omeprazol, Lansoprazol, Pantoprazol) ist eine regelmäßige Supplementierung von Vitamin B12 (z. B. 50 µg Vitamin B12/Tag, p. o.) – auch in Kombination mit Folsäure und Vitamin B6 – zu empfehlen.

  2. Labordiagnostisch ist die Objektivierung des Homocystein-Plasmaspiegels sowie des Vitamin-B12- und Folsäurestatus in jedem Fall sinnvoll, insbesondere bei Risikogruppen wie älteren Personen und Diabetikern (→ auch Metformin stört die Vitamin-B12-Resorption).

  3. Bei Vitamin-B12-Mangel empfiehlt sich initial die parenterale Applikation (intramuskulär, subkutan oder langsam intravenös) von Hydroxocobalamin (z. B. 1 500 µg Hydroxocobalamin, 2 × pro Woche über einen Zeitraum von 1–2 Wochen).

Literatur

  • 1 Gröber U. Arzneimittel und Mikronährstoffe – Medikationsorientierte Supplementierung. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2007
  • 2 Gröber U. Interaktionen: Arzneimittel und Mikronährstoffe. Stuttgart; Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2008

Uwe Gröber

Akademie und Zentrum für Mikronährstoffmedizin

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