Zahnmedizin up2date 2008; 2(3): 183
DOI: 10.1055/s-2008-1038696
Editorial

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Christopher J. Lux
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Publication Date:
30 May 2008 (online)

was kann die moderne Kieferorthopädie für den Zahnarzt leisten? Wie kann mittels kieferorthopädischer Maßnahmen eine spätere implantologische oder prothetische Versorgung vereinfacht werden? Die Kieferorthopädie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten extrem weiterentwickelt und so gewinnen neben der klassischen kieferorthopädischen Behandlung von Kindern und Jugendlichen multidisziplinäre Therapiekonzepte zwischen Kieferorthopädie und Parodontologie, Implantologie sowie zahnärztlicher Prothetik bei Patienten aller (!) Altersabschnitte zunehmend an Bedeutung. Kieferorthopädie kann somit wichtiger Bestandteil einer interdisziplinären Therapieabfolge sein. Beispiele finden sich in schwierigen prothetischen Ausgangssituationen, in denen durch kieferorthopädische Aufrichtung gekippter Molaren, präprothetische Pfeilerverteilung oder durch gezielte In- oder Extrusionen einzelner Zähne die prothetische Versorgung erleichtert werden kann. Für den Zahnarzt ist hierbei wichtig, dass kleinere präprothetisch-kieferorthopädische Maßnahmen zunehmend selektiv, beschränkt auf wenige Zähne, durchgeführt werden können. Aufgrund der verbesserten Biomechanik bleiben solche kontrollierten Bewegungen von Einzelzähnen häufig sowohl zeitlich (ggf. nur einige Monate) als auch bezüglich der Kosten für den Patienten überschaubar.

Aufgefächerte Oberkieferfrontzähne können nach systematischer Parodontalbehandlung kieferorthopädisch wieder sagittal und vertikal korrekt eingestellt werden, und auch bei extremen Kieferfehllagen kann beim Erwachsenen eine Beratung hinsichtlich einer kieferorthopädisch-kieferchirurgischen Kombinationsbehandlung ratsam sein. Nutzen Sie ebenfalls bei geplanten Implantatversorgungen mit unzureichender Lückengröße die kieferorthopädischen Möglichkeiten zur optimalen Einstellung von Kronen und Wurzeln der Nachbarzähne! Besonders interessant ist hierbei, dass „im Windschatten“ der kieferorthopädischen Zahnbewegung neuer Knochen für eine spätere Implantation induziert wird!

Warum hat sich in der Kieferorthopädie das Behandlungsspektrum so rasant vergrößert? In den letzten Jahren haben einige „stille Revolutionen“ stattgefunden: sog. Minischrauben, die für den Patienten kaum belastend sind, haben die skeletale Verankerung zu einem festen Bestandteil der kieferorthopädischen Behandlung werden lassen. Ebenso ist es der materialtechnischen (Grundlagen-)forschung zu verdanken, dass z. B. mittels pseudoelastischer Legierungen auch bei stärkeren Zahnfehlstellungen kieferorthopädische Zahnbewegungen mit sehr schwachen, biologisch gut verträglichen Kräften initiiert werden können. Zudem stehen inzwischen ästhetisch ansprechende orthodontische Apparaturen zur Verfügung wie z. B. zahnfarbene Brackets, Lingualtechnik oder Schienentechniken.

Wir möchten Sie mit unserer „Zahnmedizin up2date“ über diese erweiterten Behandlungsmöglichkeiten in der Kieferorthopädie auf dem Laufenden halten. Den Auftakt bildete im Februar 2008 die Darstellung der interdisziplinären Kieferorthopädie beim Erwachsenen und in den nächsten Heften haben wir weitere Beiträge zu vielen interessanten kieferorthopädischen Themen in Planung, z. B. zur Versorgung von Nichtanlagen oder zum Einsatz von Miniimplantaten. Da bei Kindern und Jugendlichen meistens der Zahnarzt den Anstoß zur kieferorthopädischen Behandlung gibt, werden ergänzend im Dezember-Heft 2008 der optimale kieferorthopädische Behandlungszeitpunkt und die kieferorthopädische Frühbehandlung thematisiert. Nutzen Sie die Möglichkeiten einer modernen Kieferorthopädie auch in Ihrer Praxis!

Herzlichst
Ihr

Prof. Dr. med. dent. Christopher J. Lux
Mitherausgeber der Zahnmedizin up2date