Klin Monbl Augenheilkd 1997; 211(12): 354-358
DOI: 10.1055/s-2008-1035147
Klinische Studien

© 1997 F. Enke Verlag Stuttgart

Retinale Blutungen beim Säugling als Hinweis auf ein Schütteltrauma

Retinal Bleedings in Young Children Suspicious for the Shaken Baby SyndromeUlrike S. Schmidt, Karin Mittelviefhaus, Lutz L. Hansen
  • Universitäts-Augenklinik Freiburg (Dir. Prof. Dr. med. H. Witschel)
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Publication History

Manuskript erstmalig eingereicht am 24.07.1997

in der vorliegenden Form angenommen am 29.09.1997

Publication Date:
25 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Das Schütteltrauma ist eine Form der Mißhandlung von Säuglingen und Kleinkindern und führt zu intrakraniellen und intraokularen Blutungen. Infolge fehlender äußerer Verletzungen kann es leicht unbemerkt bleiben. Der Nachweis intraokularer Blutungen ist ein wichtiger Hinweis für die Diagnose und hilft dem Pädiater entscheidend bei der Abklärung einer vermuteten Kindesmißhandlung, so dass u. U. eine kritische Familiensituation aufgedeckt und eine langfristige Hilfe eingeleitet werden kann.

Patienten Zwischen 1991 und 1997 wurden sieben Säuglinge im Alter zwischen zwei und neun Monaten mit Netzhaut- und Glaskörperblutungen untersucht. Anhand dieser Kinder sollen Diagnose, Differentialdiagnose und Prognose eines Schütteltraumas dargestellt werden.

Ergebnisse Bei zwei von sieben Kindern wurde ein Schütteltrauma gesichert, bei drei weiteren bestand ein hochgradiger Verdacht auf diese Form der Kindesmißhandlung. In einem Fall waren die retinalen Blutungen Folge einer Wiederbelebungsmaßnahme, in einem weiteren Fall möglicherweise Folge eines länger zurückliegenden Sturzes. Bei zwei Kindern wurde eine Vitrektomie durchgeführt. Die Nachbeobachtung erstreckte sich über einen Zeitraum von zwei Monaten bis sechs Jahren. Bei zwei Kindern bildeten sich die intraokularen Blutungen vollständig zurück, drei Kinder entwickelten eine unterschiedlich starke Amblyopie, zwei Kinder erblindeten. Eine Vitrektomie konnte die Erblindung nicht verhindern.

Schlußfolgerung Plötzlich auftretende zerebrale Symptome und intraokulare Blutungen bei sonst gesunden Säuglingen legen immer den Verdacht auf eine Kindesmißhandlung nahe. Bei Verdacht auf ein Schütteltrauma ist eine Fundusuntersuchung in Mydriasis obligatorisch. Die Prognose bezüglich des Sehvermögens wird entscheidend von dem Ausmaß der intraokularen Einblutung und der zerebralen Schädigung bestimmt.

Summary

Background The shaken baby syndrome is a form of child abuse in young children. Typical are intracranial and intraocular bleedings. As external injuries are often missing, the shaken baby syndrome may easily be overlooked. Intraocular bleeding is a major diagnostic sign and can prove the diagnosis, if child abuse is suspected by the paediatrician. Thus critical family situations can be uncovered and long term help can be initiated.

Patients Between 1991 and 1997 seven babies (age two to nine months) with intraocular bleedings were examined. Diagnosis, differential diagnosis and prognosis of the shaken baby syndrome are presented with these children.

Results In two of the seven children a non-accidental trauma and shaken baby syndrome was obvious. In three cases the diagnosis of a shaken baby syndrome was most probable. In one child intraocular bleeding was possibly caused by a fall three months earlier. One child had retinal bleedings after resuscitation. In two cases a vitrectomy was performed. The follow up was two months to six years. In two children intraocular bleeding resolved completely, three children developed mild to severe amblyopia and two children became blind. Vitrectomy could not prevent loss of sight.

Conclusions Sudden cerebral symptoms or intraocular bleedings in otherwise healthy young children are suspicious for child abuse. A shaken baby syndrome has to be considered. Thus funduscopic examination in mydriasis is obligatory. The prognosis depends on the severeness of ocular hemorrhages and cerebral leasions.

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