Z Geburtshilfe Neonatol 2008; 212(3): 80-86
DOI: 10.1055/s-2008-1004749
Originalarbeit

© Georg Thieme Verlag Stuttgart ˙ New York

Rauchen in der Schwangerschaft: Verbreitung, Trend, Risikofaktoren

Smoking during Pregnancy, Rates, Trends, Risk FactorsR. L. Bergmann1 , 2 , K. E. Bergmann1 , 2 , S. Schumann1 , R. Richter1 , J. W. Dudenhausen1 , 2
  • 1Kliniken für Geburtsmedizin, Charité Centrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin Berlin
  • 2Kaiserin Auguste Victoria Gesellschaft für präventive Pädiatrie
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Publication History

2008

2008

Publication Date:
24 July 2008 (online)

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Zusammenfassung

Hintergrund und Fragestellung: Das Wissen um die negativen Wirkungen des Rauchens bewegt nur einen Teil der Schwangeren dazu, es aufzugeben. Welcher Anteil der Schwangeren bei uns raucht und mit welchen Merkmalen dieses Verhalten verbunden ist, behandelt der vorliegende Beitrag. Methoden: Daten des Mikrozensus, mehrerer Bundesgesundheitssurveys, des Kinder- und Jugend-Gesundheits-Surveys, der Perinatalerhebung und von Euro-scip III werden vorgestellt, verglichen und bewertet. Außerdem werden die Ergebnisse eigener Studien vorgestellt, mit denen das „Underreporting” veranschlagt wird. Ergebnisse: Der Anteil der Raucherinnen im Alter von 15 bis 45 Jahren liegt bei 36–45 %. Diese Prävalenzen dürften auch für den Beginn der Schwangerschaft zutreffen. Im Gegensatz zum Rauchverhalten der Männer, das seit einigen Jahren leicht zurückgeht, stieg die Verbreitung des Rauchens bei Frauen in den letzten 20 Jahren an. Bei niedrigem Sozialstatus und rauchendem Partner findet man einen höheren Raucheranteil, auch unter den Schwangeren. Nach unseren Untersuchungen unterschätzen die Perinatalerhebungen und die subjektiven Angaben der Schwangeren die wahre Verbreitung des Rauchens um mindestens ein Drittel. Weniger als die Hälfte geben das Rauchen in der Schwangerschaft auf. 76 % der Berliner Gynäkologen gaben an, dass sie sich für die Rauchentwöhnung von Schwangeren zuständig fühlen, aber nur 12 % halten dies für erfolgreich. Schlussfolgerungen: Unter Berücksichtigung vorhandener Daten und eigener Ergebnisse zum „Underreporting” raucht in Deutschland etwa ein Viertel aller Schwangeren während der ganzen Schwangerschaft. Damit werden jährlich etwa 150 000 Kinder geboren, die durch Zigarettenrauch in der Schwangerschaft nachhaltig geschädigt wurden. Die Situation darf man zu Recht als „Nationales Unglück” bezeichnen.

Abstract

Knowledge of the risks of smoking during pregnancy induces only part of the pregnant women to give up smoking. How many pregnant women in Germany smoke from the beginning to delivery, and what characterises these smokers, is the topic of this article. Methods: Results from the German Mikrozensus, several national surveys, perinatal statistics and Euro-scip III are presented, compared, and assessed. Findings of our own studies conducted between 1999 and 2002 at the obstetric department and gynacological practices in Berlin allow an insight into the magnitude of “underreporting”. Results: In the ages 15–45 years 36–45 % of German women smoke, prevalence rates that probably are valid even for the beginning of pregnancy. While smoking prevalence in men has decreased during the last 20 years, there is an increasing trend in women. The prevalence is higher in pregnant women of low social status, living with smoking partners and those of German nationality. At most, half of the women give up smoking during pregnancy. Assuming an “underreporting” in pregnant women of at least one third, the prevalence of smoking up to delivery is 24 %. Although 76 % of the practicing gynacologists in Berlin feel responsible for smoking counselling, only 12 % are convinced that it is successful. Conclusions: A quarter of the pregnant women in Germany smoke through to delivery, which means that 150 000 newborns per year have been exposed to passive smoking in utero, and its long-term health effects, which is a national disaster.