Fortschr Neurol Psychiatr 1994; 62(6): 186-196
DOI: 10.1055/s-2007-996671
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sucht und Schizophrenie* - Nosologische, klinische und therapeutische Fragestellungen

2. Drogenabhängigkeit und SchizophrenieAddiction and Schizophrenia2. Drug Dependence and SchizophreniaM.  Soyka
  • Psychiatrische Klinik der Universität München
* Meinem lieben Vater, Herrn Prof. Dr. Dieter Soyka, Kiel, zum 65. Geburtstag
Further Information

Publication History

Publication Date:
09 January 2008 (online)

Abstract

While schizophrenia-like psychosis is known to occur with chronic alcoholism the nosological differentiation of schizophrenia-like psychosis in patients with drug abuse remains difficult. An increased risk for the development of such psychoses has been discussed for various substances, e. g. cannabis. On the one hand this is supported by clinical and epidemiological studies but a final agreement has not been reached.

On the other hand high prevalence estimates for substance abuse in schizophrenics have been reported in the angloamerican literature. Prevalence estimates for drug abuse and dependence range between 7-65 % and a comparatively distinct abuse pattern in schizophrenics has been discerned: Apart from alcohol schizophrenics tend to abuse cannabis and psychostimulants including cocaine and hallucinogenes, whereas narcotics are abused only infrequently. Whether these recent figures for substance abuse and dependence are due to a real increase (32) or to improved diagnostic instruments and differences in the classification of psychiatric disorders or to selected samples (3,122) is still a matter of controversy.

In comparison with other schizophrenics dual diagnosis schizophrenics show more positive (psychotic) and less negative symptoms. In this review some clinical and neuro-biological problems concerning the concept of drug-induced psychosis and basic principles of pharmacotherapy and psychotherapy in schizophrenic patients with substance abuse are discussed.

Zusammenfassung

Während das Vorkommen seltener, durch einen chronischen Alkoholismus ausgelöster schizophreniformer Psychosen als gesichert gelten kann, ist die nosologische Einordnung schizophreniformer Psychosen bei Drogenkonsumenten ungleich schwerer. Ein gehäuftes Auftreten schizophrener Psychosen oder Psychosen mit ,,eigengesetzlichem Verlauf'' wurden für eine Reihe von Mißbrauchsformen wahrscheinlich gemacht und z.B. bei chronischem Haschischkonsum behauptet. Einige klinische und epidemiologische Untersuchungen deuten in diese Richtung, ein überzeugender Beweis dafür steht aber noch aus.

Umgekehrt wurde vor allem in der angloamerikanischen Literatur in den letzten Jahren eine hohe Prävalenz von Substanzmißbrauch bei Schizophrenen berichtet. Dabei wurden Prävalenzraten für Drogenmißbrauch und -abhängigkeit von 7-65 % mitgeteilt. Es zeigte sich ein relativ typisches Mißbrauchsmuster bei Schizophrenen: Abgesehen von Alkohol nehmen Schizophrene bevorzugt Cannabis, Psycho-stimulantien einschl. Kokain, aber auch Halluzinogene, dagegen eher selten Opiate ein. Ob die in den letzten Jahren gefundene hohe Prävalenz für Drogenmißbrauch und -abhängigkeit bei Schizophrenen tatsächlich eine reale Zunahme darstellt (32) oder z.B. auf verbesserte Diagnoseinstrumente, geänderte psychiatrische Klassifikationssysteme oder unterschiedliche Zusammensetzung der untersuchten Stichproben zurückzuführen ist (3,122), kann derzeit nicht sicher beantwortet werden.

Klinisch zeichnen sich Schizophrene mit zusätzlichem Substanzmißbrauch vor allem durch eine Häufung produktiv-psychotischer Symptome und eine weniger ausgeprägte Negativsymptomatik aus. In diesem Artikel wird der Versuch gemacht, einige klinische und neurobiologische Fragestellungen, die sich aus dem Konzept der drogeninduzierten Psychose ergeben, aufzuzeigen. Ein Schwerpunkt des Artikels liegt auf der Darstellung einiger pharmakotherapeutischer und psychotherapeutischer Konzepte zur Behandlung Schizophrener mit Substanzmißbrauch. Dabei werden u.a. der Einsatz von Methadon und anderer Psychopharmaka und Grundzüge der Psychotherapie und Rehabilitation suchtkranker Schizophrener dargestellt.

    >