Fortschr Neurol Psychiatr 1997; 65(12): 555-561
DOI: 10.1055/s-2007-996363
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verwendung paramedizinischer Verfahren durch MS-Patienten - Patientencharakterisierung und Anwendungsgewohnheiten

Use of Alternative Medicine by Patients with Multiple Sclerosis - Users' Characterisation and Patterns of UseM.  Winterholler , F.  Erbguth , B.  Neundörfer
  • Neurologische Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
09. Januar 2008 (online)

Abstract

The use of alternative medicine is growing in all Western countries. Little is known about the modalities and patterns of use of alternative medicine by patients suffering from multiple sclerosis.

Patients and methods: We analysed an anonymous questionnaire that was sent to and answered by 129 former inpatients who had multiple sclerosis diagnosed by typical clinical and laboratory findings.

Results: 82 of 129 patients (63.6%) have been using alternative therapies. They were treated with a total of 87 different alternative healing methods or substances. Some patients used up to 9 different methods. The mean duration of the alternative treatment was 2.6 (0-20) years. Most patients used homoeopathy (n = 35), herbs (29 different substances, 32 users), different relaxation methods like yoga (n = 38) and various diets (n = 21). The most important motivation to look for alternative medicine was the aim to participate actively in the healing process. Most patients thought that there was some positive effect from the alternative treatment but did not inform their general practitioner or neurologist about it.

Discussion: Like in other chronic diseases many MS-patients use alternative medicine. The experiences of these treatments forms part of the patient's coping with the disease.

Zusammenfassung

Die Anwendung alternativer Heilmethoden hat in den vergangenen Jahren in allen westlichen Ländern stark zugenommen. Über die Häufigkeit, Ausmaß und Motivation der Anwendung paramedizinischer Heilmethoden bei der MS liegen bislang nur sehr wenige Daten vor.

Patienten und Methode: Wir verschickten an 225 MS-Patienten, die in den Jahren 1985-1990 in der Neurologischen Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg stationär behandelt worden waren, einen anonymen Fragebogen mit insgesamt 20 Fragen.

Ergebnisse: Von 225 verschickten Fragebogen erreichten uns 129 (57,3%) korrekt ausgefüllt, 36 (16%) der Patienten waren in der Zwischenzeit verstorben oder unbekannt verzogen, 60 (26,7%) Fragebogen wurden nicht zurückgeschickt oder waren falsch ausgefüllt worden.

82 von 129 Patienten (63.6%) gaben an, zumindest zeitweise paramedizinische Heilmethoden additiv oder ausschließlich zu verwenden. Insgesamt wurden 87 verschiedene Behandlungsformen genannt, von einzelnen Patienten bis zu neun Methoden. Die mittlere Dauer der Anwendung der paramedizinischen Methoden betrug 2,6 (0 - 20) Jahre. Am häufigsten wurden Homöopathie (35 Patienten), verschiedene Phytopharmaka (29 Substanzen, 32 Anwender), verschiedene Entspannungsverfahren (38 Patienten) und Diäten (21 Patienten) genannt. Wichtigste Motivation war eine aktive Beteiligung am Heilungsprozeß.

Am häufigsten wurde eine Selbstmedikation betrieben (43.9%), von 25 (30.5%) der Patienten wurden die - selbst zu tragenden - Kosten der ,,alternativen" Behandlung auf über 1000 DM geschätzt. Lediglich die Hälfte der Anwender gab an, mit Vertretern der Schulmedizin über ihre weitergehenden Therapieversuche zu sprechen.

Diskussion: Wie bei anderen chronischen Erkrankungen wenden sehr viele MS-Patienten paramedizinische Heilmethoden an. Die Anwendung dieser Verfahren stellt einen nicht unwesentlichen Teil des Copings dieser Patienten dar. Eine (sozial-)medizinische Betreuung der Patienten sollte dies berücksichtigen.